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Gerüchte sind wie wilde Feuer, die sich viral verbreiten und die Gemüter in Aufruhr versetzen. Sie sind das Salz in der Suppe des Tratsches und der Yellow Press, immer auf der Suche nach der nächsten großen Enthüllung oder Skandalgeschichte. Ein Gerücht kann eine unschuldige Person innerhalb von Sekunden zur Zielscheibe eines Shitstorms machen oder einen Prominenten in den Schmutz ziehen.

Die Welt des Sensationsjournalismus lebt von Gerüchten, Halbwahrheiten und Skandalen. Jeder möchte die neueste Schlagzeile lesen, die schockierendste Enthüllung erfahren oder das pikanteste Detail über eine Berühmtheit erfahren. Doch Vorsicht ist geboten: Die Verbreitung von falschen Gerüchten kann nicht nur den Ruf einer Person ruinieren, sondern auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In der Welt des Sensationsjournalismus gilt es daher, mit Bedacht vorzugehen. Nach der Rechtsprechung ist es wichtig zu beachten, dass die Verbreitung eines Gerüchts nicht nur die Existenz des Gerüchts selbst behauptet, sondern auch den Gegenstand des Gerüchts als Verdachtsäußerung mitteilt. Selbst wenn das Gerücht als solches gekennzeichnet ist, behält es seinen Charakter als Tatsachenbehauptung bei und wird somit mindestens im Sinne von § 186 StGB verbreitet.

Der Schutz vor der Verbreitung von Gerüchten ist daher genauso wichtig wie der Schutz vor unwahren Tatsachenbehauptungen, da in der Mitteilung eines Gerüchts nicht nur die Behauptung einer wahren Tatsache liegt, sondern auch die Verbreitung der Äußerung eines Dritten. Der Betroffene ist somit gegen die Verbreitung und Aufstellung von Gerüchten in gleicher Weise geschützt wie gegen unwahre Tatsachenbehauptungen.

Hierzu etwa das OLG Stuttgart Urteil vom 16.10.2019 – 4 U 120/19

„Wird ein Gerücht wiedergegeben, behauptet derjenige, der das Gerücht veröffentlicht, nicht nur die Tatsache, dass dieses Gerücht existiert, sondern teilt gleichzeitig – gleichsam in verdeckter Gestalt – den Gegenstand des Gerüchts als Verdachtsäußerung mit, der durch die Kennzeichnung als Gerücht seinen Charakter als Tatsachenbehauptung nicht verliert, sondern durch seine Mitteilung mindestens i. S. v. § 186 StGB verbreitet wird (so schon das Reichsgericht in seinen Urteilen vom 17.11.1891, RGSt 22, 221, 223, und vom 06.03.1906, RGSt 38, 368 f.). Der Betroffene ist mithin gegen die Verbreitung und Aufstellung von Gerüchten in gleicher Weise geschützt wie gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, eben weil in der Mitteilung eines „Gerüchts“ wie auch sonst, wenn über die Äußerung eines Dritten berichtet wird, nicht (nur) die Behauptung der (wahren) Tatsache liegt, der Dritte habe sich entsprechend geäußert, sondern (zumindest) die Verbreitung der Äußerung des Dritten, wenn nicht ohnehin anzunehmen ist, dass sich der Äußernde den Inhalt der fremden Äußerung (die Äußerung des Dritten) zu eigen gemacht hat (BGH GRUR 1986, 683 – Ostkontakte BGH NJW 1996, 1131, 1132 – Polizeichef BGH NJW 1997, 1148, 1149 – Stern-TV; BGH NJW 2010, 760 Rnrn. 11, 13; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 16 Tz. 4, 11 ff.: speziell zum Gerücht: BGH NJW 1977, 1288 f. – Abgeordnetenbestechung OLG Brandenburg, NJW-RR 2002, 1269, 1270 m.w.N.; OLG Frankfurt, AfP 2003, 63, 64; Weyhe, in: Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl., Kap. 37 Rn. 59; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 414; Prinz/Peters, Medienrecht, Rnrn. 16, 39). Für die Verbreitung eines „Gerüchts“ gilt insoweit nichts Anderes wie für das Verbreiten eines „Verdachts“ (zu Recht ausdrückliche Gleichsetzung bei OLG Brandenburg, ebenda; Prinz/Peters, a.a.O., Rn. 39; siehe auch Korte, Praxis des Presserechts, § 2 Rn. 220), gegen die der Betroffene grundsätzlich in gleicher Weise geschützt ist wie gegen eine insoweit nicht eingeschränkte Behauptung, weil ansonsten den Anforderungen an die Zulässigkeit der Äußerung eines Verdachts ohne weiteres dadurch entgangen werden könnte, dass lediglich die Äußerungen Dritter, welche den Vorwurf beinhalten, wiedergegeben werden bzw. über diese berichtet wird (…  – zum Ganzen zusammenfassend: Senat, Urteil vom 08.02.2017, 4 U 166/16, juris Rn. 145Panama Papers).“