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Kein Unterlassungsanspruch bei Parodie eines Werkes, OLG Hamburg, Urteil vom 10.06.2021 – 5 U 80/20

OLG Hamburg: Die Parodie eines Werkes stellt eine zulässige freie Benutzung nach § 24 Abs.1 UrhG dar

Otto Waalkes ist nicht nur einer der bekanntesten Komiker Deutschlands, sondern auch Künstler. Als Hommage an den Pop-Art-Künstler James Rizzi schuf Waalkes eine Reihe von Gemälden, bei denen er sich an Rizzis Werken orientierte, die berühmten Rizzi-Birds aber mit Ottifanten ersetzte. Im Zentrum des Rechtsstreits steht das Gemälde “Ottifanten in the City”, welches an das Rizzi-Werk “Summer in the City” angelehnt ist. Die Klägerin, welche Rizzis Werke in Deutschland vermarktet und über die ausschließlichen Rechte verfügt, klagte unter anderem auf Unterlassung nach § 97 Abs. 1 am Landgericht Hamburg. Das Gericht wies die Klage ab, da es Waalkes Werk als zulässige Parodie eingestuft hat.

Die Berufung der Klägerin wies das OLG Hamburg zurück. Das Vervielfältigungsrecht des Urhebers nach § 16 UrhG sperrt die freie Benutzung eines Werkes i.S.v. § 24 Abs. 1 UrhG nicht. Die in freier Benutzung eines geschützten Werkes geschaffene Gestaltung ist selbstständig und unabhängig vom benutzten Werk. Die Verwertung kann daher nicht nach § 97 Abs. 1 UrhG untersagt werden. Ob eine Vervielfältigung oder freie Benutzung vorliegt, richtet sich nach dem äußeren oder inneren Abstand zwischen ursprünglichem und neuem Werk. Die dem ursprünglichen Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge müssen verblassen und in dem neuen Werk derart zurücktreten, dass das ältere Werk in dem neuen nur noch schwach durchschimmert. Das OLG verneinte einen äußeren Abstand, da es sich bei Waalkes Werk um eine nahezu identische Kopie handelt, was auch wohl so gewollt war. Jedoch liegt ein ausreichender innerer Abstand zwischen beiden Werken. Zum Ausdruck kommt der innere Abstand insbesondere bei einer sogenannten antithematischen Behandlung, welche gerade bei Parodien charakteristisch ist.  Kennzeichnend für Parodien ist “zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen”. Das trifft bei “Ottifanten in the City”  zu. Die Aufhebung des § 24 UrhG führe durch die europarechtskonforme Auslegung des Gerichts nicht zur Unzulässigkeit.

In der Sache hat die Klägerin behauptet, der Beklagte habe das komplette Klagemuster abgepaust, in weiten Teilen übernommen und sich hierdurch eigenes Schaffen erspart.  Das Verletzungsmuster erinnere nicht nur an das Original, sondern kopiere es schlicht zu 80 – 90 % identisch. Die auf dem Werk von James Rizzi befindlichen „Rizzi-Birds“ sowie die Menschen seien lediglich durch „Ottifanten“ und den Künstler Otto in Person ersetzt worden. Ebenso seien die auf dem Rizzi-Werk zu erkennenden Nasen an den Gebäuden und den Himmelskörpern lediglich gegen Rüssel ausgetauscht worden. Es handele sich damit beim Verletzungsmuster nicht um eine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs.1 UrhG, da der Beklagte kein gegenüber dem Klagemuster neues, selbstständiges Werk geschaffen habe. Die Klägerin argumentiere auch mit der Verwässerung des Originalwerkes durch fast identische Kopien. Zudem machte die Klägerin wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend und berief sich auf Leistungsschutz.

Otto Waalkes hatte sich auf Parodienschutz berufen und vorgetragen, der inzwischen verstorbene Rizzi habe ihm die Parodien erlaubt.

OLG Hamburg: https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/KORE230692021