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Urheberrechtlicher Schutz einer Filmfigur

Literarische Figuren können urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Bundesgerichtshof hatte 2013 in seiner “Pippi Langstrumpf” (I UR 52/12) entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine fiktive Figur Urheberrechtsschutz genießt.

In seiner Entscheidung führt der BGH zunächst aus. dass nicht nur die konkrete Textfassung oder die unmittelbare Formgebung eines Gedanken urheberrechtlich schutzfähig ist, sondern auch eigenpersönlich geprägte Bestandteile und formbildende Elemente des Werkes, die im Gang der Handlung, in der Charakteristikund Rollenverteilung der handelnden Personen, der Ausgestaltung von Szenen und die “Szenerie”  liegen, genießen Urheberrechtsschutz.

Auch einzelnen Charaktere eines Sprachwerks können selbständigen Urheberrechtsschutz genießen. Dies gilt nicht nur für bildliche Darstellungen mit jeweils gleichbleibenden und das Äußere in schöperischer Weise prägende Elemente. Schutz genießen auch die allen Einzeldarstellungen zugrundeliegenden Charaktere alssolche, wenn diese sich durch eine unverwechselbare Kombination äußerer Merkmale, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und typischen Verhaltenswei-sen auszeichnen, somit zu besonders ausgeprägten Persönlichkeiten geformtsind und in den Geschichten jeweils in einer bestimmten charakteristischen Weise auftreten. Diese Grundsätze geltend auch für die in Sprachwerken geschaffenen Personen.

In die gleiche Richtung geht eine aktuelle Entscheidung des High Court of Justice BUSINESS AND PROPERTY COURTS OF ENGLAND AND WALES, INTELLECTUAL PROPERTY ENTERPRISE COURT vom 8. Juni 2022. Diese Entscheidung nimmt zum einen Bezug auf das deutsche, zum anderen auf das US Recht ( Gaiman v. McFarlane und Nichols v. Universal Pictures Corp.). In allen Entscheidungen wurde fiktiven Figuren die generelle Möglichkeit von Urheberrechtsschutz zugesprochen.

Darauf aufbauend  entschied der High Court  dass auch die fiktive Figur “Del Boy” aus der Sitcom “Only Fools and Horses” ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellt.

Dies wohl ist das erste Mal, dass englische Gerichte einer fiktive Figur eigene urheberrechtlichen Schutz gewährt haben.

Hintergrund des Verfahrens war eine nicht lizenzierte interaktive Diner Show mit dem Titel “Only Fools The (cushty) Dining Experience”. In dieser Show wurden fiktive Figuren aus der Sitcom “Only Foosl and Horses” mit ihren Schlagwörtern, Witzen, Wünschen, Sehnsüchten und Hintergrundgeschichten in einem Kontext präsentiert, der in der Sitcom selber nicht vorkam.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Figur  “Del Boy” Schutz genießt (“The identified features are in my judgment at least as distinctive and fine grained as those described by the German Court of Appeal in relation to Pippi Longstocking”). “The fact that both US and German law permits copyright to subsist in characters if they are sufficiently complex and distinctive is some reassurance that in accepting Mr Hill’s invitation to hold that Del Boy is a character protected by copyright I am not reaching a conclusion which is out of line with other systems of copyright law.”

Weiterhin kam das Gericht zum Ergebnis, dass die Verwendung der Figur das Urheberrecht verletzte und nicht von einem “fair dealing” in der Form einer Parodie oder Pastiche deckt sei.

Kai Jüdemann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht