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Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags vom 1. Januar 2008 (GlüStV) ist wirksam. Es verstößt insbesondere nicht gegen das Recht der Europäischen Union. Das hat der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden.

 

In den fünf Fällen, in  denen jetzt Urteile verkündet wurden, haben in- und ausländische Wettunternehmen auch nach dem 1. Januar 2008, also nach dem Inkrafttreten des Glückspielstaatsvertrags, ihr Wettangebot im Internet unter ihren jeweiligen Domainnamen präsentiert und beworben. Deutsche Spieler konnten dieses Angebot nutzen. Die Wettunternehmen wurden von verschiedenen staatlichen Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Klagen waren vor den Instanzgerichten überwiegend erfolgreich. Nur die Landgerichte Wiesbaden und München I sowie das Oberlandesgericht München hatten sie abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof, der erstmals über die Rechtslage nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags zu entscheiden hatte, hat die Klagen der Lottogesellschaften für begründet erachtet. Soweit den Beklagten von Behörden der DDR im Jahr 1990 vor der Wiedervereinigung Genehmigungen zum Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen erteilt worden sind, folgt daraus keine Berechtigung, diese Tätigkeit entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV nach dem 1. Januar 2008 im Internet auszuüben. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union können sich die Beklagten auch nicht auf eine durch einen anderen Mitgliedstaat – etwa Gibraltar oder Malta – erteilte Erlaubnis berufen, um in Deutschland Glücksspiele im Internet anzubieten.

 

Das Verbot von Glücksspielen im Internet gem. § 4 Abs. 4 GlüStV stellt zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der Europäischen Union dar. Die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele wie Suchtbekämpfung, Jugendschutz und Betrugsvorbeugung können aber Beschränkungen der Spieltätigkeit rechtfertigen. Wegen der größeren Gefahren des Internets, insbesondere Anonymität, fehlende soziale Kontrolle und jederzeitige Verfügbarkeit, darf dieser Vertriebsweg stärker als herkömmliche Absatzwege eingeschränkt werden.

 

Das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erfüllt auch die vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelte Anforderung der Kohärenz. Danach müssen Maßnahmen, mit denen ein Mitgliedstaat die Spieltätigkeit beschränkt, dazu beitragen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Da es sich bei § 4 Abs. 4 GlüStV um eine eigenständige Regelung handelt, kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Glücksspielstaatsvertrag insgesamt das Kohärenzkriterium erfüllt. Es ist deshalb hier unerheblich, welche Regeln in Deutschland für Automatenspiele oder herkömmliche Spielbanken gelten, die eine persönliche Anwesenheit der Spieler voraussetzen. Das Angebot von Pferdewetten im Internet ist verboten. Allerdings wird es bislang von den Bundesländern geduldet. Das führt aber im Hinblick auf die vergleichsweise geringe Bedeutung der Pferdewetten nicht zur Ungeeignetheit des Internetverbots zur Gefahrenabwehr.

 

Der Bundesgerichtshof hat § 5 Abs. 3 GlüStV, der die Werbung für öffentliches Glücksspiel u.a. im Internet verbietet, ebenfalls als wirksam angesehen.

 

Die Beurteilung des Bundesgerichtshofs deckt sich mit der des Bundesverwaltungsgerichts, das am 1. Juni 2011 ebenfalls eine Entscheidung über die Zulässigkeit privater Sportwetten verkündet hat (8 C 5.10, juris).

 

Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 92/09 – Sportwetten im Internet II

 

LG Wiesbaden – 13 O 119/06 – Urteil vom 29. November.2007

 

ZfWG 2007, 471

 

OLG Frankfurt am Main – 6 U 261/06 – Urteil vom 4. Juni 2009

 

ZfWG 2009, 268

 

und

 

Urteil vom 28. September  – I ZR 189/08

 

LG München I– 4 HK O 11552/06 – Urteil vom 16. Dezember 2007

 

OLG München – 29 U 1669/08 – Urteil vom 16. Oktober 2008

 

MMR 2009, 195

 

und

 

Urteil vom 28. September  – I ZR 30/10

 

LG Bremen – 12 O 379/06 – Urteil vom 20. Dezember 2007

 

ZfWG 2007, 460

 

OLG Bremen – 2 U 4/08 – Urteil vom 29.Januar 2010

 

ZfWG 2010, 105

 

und

 

Urteil vom 28. September  – I ZR 43/10

 

LG Bremen – 12 O 333/07 – Urteil vom 31. Juli 2008

 

OLG Bremen – 2 U 96/08 – Urteil vom 12. Februar 2010

 

und

 

Urteil vom 28. September  – I ZR 93/10

 

LG Köln – 31 O 599/08 – Urteil vom 9. Juli 2009

 

ZfWG 2009, 311

 

OLG Köln – 6 U 142/09 – Urteil vom 12. Mai 2010

 

MMR 2010, 359

 

Karlsruhe, den 28. September 2011

 

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

 

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