Veröffentlichung von Videoaufnahmen des Arbeitnehmers nach Ausscheiden aus dem Betrieb
Darf der Arbeitgeber Aufnahmen des Arbeitnehmers nach dessen Ausscheiden weiterhin verwenden, etwa zur Werbung auf der eigenen Internetseite?
Um es vorwegzunehmen – in den meisten Fällen lauter die Antwort: er darf es!
Grundsätzlich dürfen Aufnahmen nur mit Einwilligung des Betroffenen verbreitet und zur Schau gestellt werden. Dies gilt auch für Mitarbeiter Fotos und Videos. Für die Einwilligung hat der Arbeitgeber die Beweislast.
Da die Einwilligung aber meist unbefristet erteilt wird, endet die Nutzungsberechtigung nicht mit Ende des Arbeitsverhältnisses.Dies gelte jedenfalls dann, so das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus 2015, wenn die Bilddateien reinen Illustrationszwecken dienten und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportierten.
Eine einmal erteilte Einwilligung kann nur in Ausnahmefällen widerrufen werden – hierzu muss sich aber die Einstellung zu den Aufnahmen geändert haben. Allein aus dem Ende des Arbeitsverhältnisses könne dies grundsätzlich nicht geschlossen werden.
Eine Entschädigung für eine unzulässige Nutzung gibt es im Zweifelsfall nicht – zum einen ist in den meisten Fällen schon zweifelhaft, ob überhaupt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt.,
Videoaufnahme eines Arbeitnehmers – Veröffentlichung – Unterlassungsanspruch – Widerruf einer Einwilligung i.S.d. § 22 KunstUrhG
Entscheidung des BAG vom 19.2.2015 (8 AZR 1011/13)
(…)
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 2013 – 8 Sa 36/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung eines Videos zu Werbezwecken im Internet sowie um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10. Januar 2007, bezeichnet als „Betriebsvereinbarung“, trat der Kläger am 15. Januar 2007 als Monteur in ihre Dienste. Am 30. Oktober 2008 erklärte der Kläger – wie 25 weitere Arbeitnehmer der Beklagten – durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines neuen Internetauftritts der Beklagten von ihrer Homepage aus angesteuert und eingesehen werden.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 15. September 2011. Mit Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 ließ der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder erklären und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13. November 2011 auffordern, das Video von der Homepage zu entfernen. Ein vom Kläger eingeleitetes einstweiliges Verfügungsverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Die Beklagte hat am 26. Januar 2012 das Video von der Homepage genommen, sich jedoch vorbehalten, es in Zukunft erneut auf diesem Wege zu veröffentlichen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anfertigung und Veröffentlichung der Videoaufnahme stelle die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 BDSG dar, zu der der Kläger nicht formwirksam im Sinne des § 4a BDSG seine Einwilligung erteilt habe. Die Formvorschriften des BDSG seien nicht eingehalten worden, sodass die Beklagte die Daten des Klägers von Anfang an nicht habe nutzen dürfen. Daraus resultiere sowohl der Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 35 BDSG als auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus den §§ 611, 242 BGB aufgrund der mehrjährigen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Selbst wenn von einer wirksam erteilten Einwilligung auszugehen wäre, sei diese von vornherein auf die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses begrenzt gewesen. Zudem ergebe sich der Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch auch aus den §§ 823, 1004 BGB. Letzterer werde der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt, müsse aber mindestens den dreifachen Bruttomonatslohn betragen, mithin 6.819,75 Euro.
Der Kläger hat beantragt,
1.
der Beklagten zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,
hilfsweise:
der Beklagten zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,
hilfsweise:
der Beklagten zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist und die im Internet unter „http://www.b“ veröffentlicht sind/waren, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,
hilfsweise:
der Beklagten zu untersagen, die Filmaufnahmen, auf denen das Bildnis des Klägers zu sehen ist und die auf der Homepage „http://www.b“ durch nacheinander Anklicken der Links „Über uns“ und „B Firmenpräsentation-Video“ zu sehen sind/waren, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, eine Wiederveröffentlichung des zu Werbezwecken erstellten Videos, auf welchem der Kläger zu sehen ist, auf ihrer Homepage zu unterlassen,
für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 der Beklagten ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen, ersatzweise Ordnungshaft des Geschäftsführers der Beklagten,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 6.819,75 Euro betragen sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. April 2011.
Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Sachverhalt sei nach dem – spezielleren – § 22 KUG zu beurteilen. Die danach an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Einwilligung sei zeitlich unbefristet, jedenfalls aber nicht befristet auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger erteilt worden. Gründe für einen Widerruf dieser Einwilligung habe der Kläger nicht vorgetragen. Zudem liege ein individueller Bezug zur Person und zur Persönlichkeit des Klägers bei beiden fraglichen Videoszenen nicht vor. In Ermangelung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, insbesondere aber einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung komme ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 12. Dezember 2013 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg; die Klage ist unbegründet. Eine nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung hat der Kläger wirksam erteilt. Sie war nicht auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet. Einen Grund für seinen vorsorglich erklärten Widerruf der Einwilligung hat der Kläger nicht dargelegt.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Veröffentlichung des Videos nach § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iVm. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG habe der Kläger nicht. Er habe die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung zur Veröffentlichung der betreffenden Filmaufnahmen erteilt, da die von ihm am 30. Oktober 2008 geleistete Unterschrift auf der Namensliste sich erkennbar auf die vorangestellte Einverständniserklärung bezogen hat. Die Einwilligung sei zeitlich unbegrenzt, dh. nicht auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses begrenzt erteilt und mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht gegenstandslos geworden; sie sei nicht automatisch erloschen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Bilddateien reinen Illustrationszwecken dienten und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportierten.
Wirksam widerrufen habe der Kläger seine Einwilligung nicht. Nach allen Auffassungen werde für den Widerruf einer Einwilligung ein Grund verlangt. Wenigstens müsse sich die Einstellung des Einwilligenden zum Aussagegehalt der Videosequenzen geändert bzw. grundlegend gewandelt haben. Letzteres könne allein aus dem Ende des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht geschlossen werden. Im Übrigen lasse das Vorbringen des Klägers nicht erkennen, aus welchen Gründen ihm ein weiteres Festhalten an der Einwilligung nunmehr unzumutbar sein solle.
Infolge des bestehenden und nicht wirksam widerrufenen Einverständnisses des Klägers fehle es für einen etwaigen Schmerzensgeldanspruch schon an einer schuldhaften und rechtswidrigen Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.
B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
I. Rechtlich zutreffend hat das Landesarbeitsgericht als Anspruchsgrundlage § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB iVm. den §§ 22, 23 KUG und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde gelegt.
1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. BGH 8. April 2014 – VI ZR 197/13 – Rn. 8 mwN; 6. März 2007 – VI ZR 51/06 – Rn. 9 ff. mwN, BGHZ 171, 275; 6. März 2007 – VI ZR 13/06 – Rn. 9 ff. mwN). Nach diesem Schutzkonzept kommt eine Tangierung von Persönlichkeitsrechten grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar ist. Dies vorausgesetzt, kann die Veröffentlichung von „Bildern“ iSd. § 23 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 KUG ohne Einwilligung geschehen. Dagegen dürfen „Bildnisse“ einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse im Bereich der Zeitgeschichte handelt, wobei allerdings durch die Verbreitung berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden dürfen, § 23 Abs. 2 KUG.
2. Dieses Schutzkonzept, das auch der Senat seiner Beurteilung zugrunde legt, entspricht verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben. Das Bundesverfassungsgericht hat es ausdrücklich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden bezeichnet, dass der Bundesgerichtshof die rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen der §§ 22 ff. KUG anhand eines von ihm dazu entwickelten Schutzkonzeptes vornimmt, wobei er nicht grundsätzlich gehindert ist, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und dieses Schutzkonzept zu modifizieren (BVerfG 26. Februar 2008 – 1 BvR 1602/07 -, – 1 BvR 1606/07 -, – 1 BvR 1626/07 – Rn. 78 ff., BVerfGE 120, 180; vgl. auch 13. Juni 2006 – 1 BvR 565/06 – BVerfGK 8, 205 und 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/96 – BVerfGE 101, 361). Ebenso hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt die Prüfung des Bundesgerichtshofs nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG in Deutschland als mit dem in Art. 8 der Grundrechtecharta der EU verankerten Recht jeder Person auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten für vereinbar erklärt (EGMR 7. Februar 2012 – 40660/08, 60641/08 -). Schließlich wird von der überwiegenden Meinung der urheberrechtlichen Literatur das aus §§ 22, 23 KUG entwickelte abgestufte Schutzkonzept als verfassungs- und europarechtskonform angesehen (vgl. BeckOK UrhR/Engels 3. Aufl. KUG § 22 Rn. 11 ff.; ausführlich Götting in Schricker/Loewenheim 4. Aufl. § 23 KUG Rn. 22 – 79).
3. Grundlage für den Anspruch des Klägers ist nicht § 35 Abs. 3 BDSG (Sperrung). Entgegen der Auffassung der Revision ist der Unterlassungsanspruch nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu beurteilen. § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG bestimmt, dass „andere Rechtsvorschriften des Bundes … soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind“, den Vorschriften des BDSG „vorgehen“.
a) Bei den §§ 22, 23 KUG handelt es sich um Rechtsvorschriften des Bundes. Zwar stammen sie aus dem Jahr 1907. Es handelt sich jedoch nicht um vorkonstitutionelles Recht. Anlässlich der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes 1965 ließ der Bundestag durch § 141 Nr. 5 UrhG die §§ 22, 23 KUG ausdrücklich in Kraft. Dass die damals beabsichtigte umfassende Neuregelung des Bildnisschutzes später scheiterte, ändert nichts daran, dass die §§ 22, 23 KUG als spezielles, Bildnis schützendes Bundesgesetz in Kraft blieben.
b) Der Unterlassungsantrag des Klägers zielt darauf ab, eine „Videoaufnahme, auf der er zu sehen ist“ nicht weiter (im Internet) zu veröffentlichen. Auch bewegte Abbildungen wie Videoaufnahmen können Bildnisse sein. § 22 Satz 1 KUG normiert die Voraussetzung dafür, dass „Bildnisse … verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt“, also veröffentlicht werden. Dies ist der Gegenstand des Streites zwischen den Parteien. Um die Erhebung personenbezogener Daten oder, mit anderen Worten, die Herstellung von Bildern oder Bildnissen (§ 3 Abs. 3 BDSG) geht es nicht. Sind somit für die Frage der Veröffentlichung die Regelungssachverhalte von KUG und BDSG kongruent, so gehen die Bestimmungen des KUG als spezialgesetzlicher Bildnisschutz vor. Auf die „Auffangfunktion“ des BDSG kann nicht, auch nicht hilfsweise oder ergänzend, zurückgegriffen werden. Auch auf etwa strengere gesetzliche Voraussetzungen des Bundesdatenschutzgesetzes kann grundsätzlich nicht verwiesen werden. Allerdings ist das KUG verfassungskonform auszulegen. Verfassungsgrundsätze, die zum Datenschutzrecht und dem BDSG geführt haben, sind bei der Anwendung des KUG zu beachten und zu wahren.
II. Die Veröffentlichung des Videos im Internet durch die Beklagte fällt unter die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 KUG, da das Video „Bildnisse“ des Klägers iSv. § 22 KUG enthält.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger in beiden Sequenzen erkennbar ist. Auch stand die Örtlichkeit nicht im Vordergrund; die Personendarstellung spielte keine derart untergeordnete Rolle, als dass sie auch hätte entfallen können, ohne dass sich Gegenstand und Charakter der Bilder verändert hätten. Die beiden den Kläger wenige Sekunden zeigenden Sequenzen waren kein bloßes „Beiwerk“ des Gesamtbilds. Die Person des Klägers war in ihnen individualisiert und erkennbar.
III. Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
1. Unter „Einwilligung“ iSd. § 22 KUG ist die vorherige Zustimmung zu verstehen, § 183 Satz 1 BGB. Deren Rechtsnatur wird von der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Vom Bundesgerichtshof ist die Einwilligung als Realakt eingeordnet worden (Einwilligung zu einem ärztlichen Heileingriff, vgl. BGH 22. April 1980 – VI ZR 121/78 – BGHZ 77, 74). Das Oberlandesgericht München (17. März 1989 – 21 U 4729/88 -) hat die Einwilligung in Bildnisveröffentlichungen dagegen mehrfach ausdrücklich als rechtsgeschäftliche Willenserklärung oder mindestens als geschäftsähnliche Handlung qualifiziert. Die Frage braucht nicht entschieden zu werden, da nach allen Ansichten die für Willenserklärungen geltenden Grundsätze jedenfalls entsprechend heranzuziehen sind.
2. Das KUG stellt für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf. Nach dem KUG kann daher grundsätzlich die Einwilligung auch formlos oder konkludent geschehen (LAG Schleswig-Holstein 23. Juni 2010 – 3 Sa 72/10 – Rn. 25).
a) Dies stellt einen erkennbaren Wertungswiderspruch zu den Einwilligungserfordernissen des § 4a Abs. 1 Satz 3 BDSG dar, der Schriftform verlangt, „soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen“ erscheint. Die in der datenschutzrechtlichen Literatur vertretene Auffassung, insoweit sei § 22 KUG keine „Vollregelung“ im Sinne einer lex specialis, ist nicht weiterführend. Eine Verweisung, wie in § 12 Abs. 3 TMG, auf das Datenschutzrecht erfolgt im KUG gerade nicht (vgl. aber Dix in Simitis BDSG 8. Aufl. § 1 Rn. 170 f.). Das KUG stellt eine bereichsspezifische, spezialgesetzliche Regelung dar. Infolge dessen kann es nicht darauf ankommen, ob sie in den Anforderungen und Voraussetzungen schwächer ausgestaltet ist als das BDSG, und zwar auch dann nicht, wenn dieses als „datenschutzrechtliches Grundgesetz“ aufgefasst wird.
b) Jedoch ist § 22 KUG verfassungskonform auszulegen. In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Pflicht der Gerichte bestätigt, zu prüfen, ob im Sinne einer Abwägung der betroffenen Belange, hier zwischen dem Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, eine Erlaubnis erforderlich ist, und wenn ja, in welcher Form (BVerfG 27. Oktober 2006 – 1 BvR 1811/99 – BVerfGK 9, 399; 11. Juni 1991 – 1 BvR 239/90 – BVerfGE 84, 192; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundlegend: BVerfG 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 ua. – BVerfGE 65, 1). Wegen der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, auch im Arbeitsverhältnis ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führt eine solche Abwägung im Ergebnis dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf. Nur dadurch kann verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolgt und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen.
3. Der Kläger hat schriftlich seine Einwilligung zur Veröffentlichung der ihn zeigenden Videodateien erteilt.
a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger durch Unterschreiben der Namensliste mit der Überschrift „Thema: Filmaufnahmen“ sein Einverständnis gemäß dem Vorblatt zur Nutzung seiner Bilder im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten inklusive ihrer „Ausstrahlung“ erteilt hat. Diese von der Revision nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffene, nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das Landesarbeitsgericht entsprechend den Vorgaben des Prozessrechts mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat und seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist sowie nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 42; 27. März 2014 – 6 AZR 989/12 – Rn. 37; 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 28). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Feststellung des Landesarbeitsgerichts stand. Die Würdigung, der Kläger habe seine Einwilligung erteilt, ist jedenfalls im Rahmen einer rechtlich erforderlichen Schriftform revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
b) Die Einwilligung wurde auch aus Anlass des hinreichend genau bezeichneten Auftrags an die Firma K von der Beklagten eingeholt, die im Vorblatt zum Ausdruck gebracht hat, dass das Einverständnis „zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit“ der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden“ darf. Es handelte sich also um eine anlassbezogene Einwilligung, die im Einzelfall eingeholt, klar bezeichnet und nicht zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt wurde. Insbesondere ist es auch keine Einwilligung, die vorab in allgemeiner Form im Arbeitsvertrag erteilt worden wäre.
c) Hinweise darauf, die am 30. Oktober 2008 durch Unterschrift auf der Namensliste erteilte Einwilligung habe nicht auf der freien Entscheidung des Klägers beruht, sind weder dem Berufungsurteil noch dem Akteninhalt zu entnehmen.
aa) Auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Dem steht weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO, entgegen. Mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb begeben sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte. Die zu § 4a BDSG formulierte Gegenauffassung (Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 4a Rn. 62) verkennt, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar einwilligungsfrei. Löste die Verweigerung einer außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen Einwilligung Benachteiligungen aus, so stellte dies einen groben Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten aus § 241 Abs. 2 und § 612a BGB dar, der zum Schadensersatz nach §§ 282, 280 Abs. 1 BGB verpflichtete. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, der Erhebung, Verarbeitung und Veröffentlichung seiner Daten – soweit erforderlich – zuzustimmen, besteht nicht.
bb) Dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass seine Unterschrift nicht auf seiner freien Entscheidung beruhte oder unter Druck und Zwang geschah. Zudem haben sechs Beschäftigte damals nicht unterschrieben, in einem Fall fehlt sogar der sonst von fremder Hand hinzugefügte Abwesenheitsvermerk „Urlaub, Krank oder Schule“. Ebenso hat der Kläger weder eine Anfechtung aus dem Grund widerrechtlicher Drohung erklärt (§ 123 Abs. 1 BGB), noch hat er andere Sachverhalte vorgetragen, die gegen eine frei entschiedene Einwilligung sprechen könnten.
IV. Die wirksame Einwilligung des Klägers iSd. § 22 KUG ist nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. September 2011 erloschen.
1. Dem Wortlaut nach ist die Einwilligung unbefristet erteilt worden, also ohne kalendermäßige Befristung und auch nicht beschränkt auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass jedenfalls dann, wenn das Bild oder der Film reinen Illustrationszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert, das Einverständnis des Arbeitnehmers nicht automatisch im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet, sondern vielmehr der Arbeitnehmer ausdrücklich Solches erklären muss. Die tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, im Streitfall sei ein individueller Bezug der Filmaufnahmen auf die Person des Klägers nicht gegeben, weil beide fraglichen Videosequenzen reinen Illustrationszwecken dienten, nämlich der Darstellung von Arbeitsabläufen im Betrieb der Beklagten. Dies gilt auch für die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, der handschriftliche Vermerk „Belegschaft“ auf dem Erklärungsformular ließe nicht den Schluss zu, dass die Einwilligung nur für die Dauer der Belegschaftszugehörigkeit des Klägers Gültigkeit entfalten sollte. Ein Fall der offensichtlichen Beschränkung der Einwilligung des Arbeitnehmers nur auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses liegt erkennbar nicht vor (vgl. Hessisches LAG 24. Januar 2012 – 19 SaGa 1480/11 -).
3. Die Einwilligung des Klägers ist schließlich nicht durch den – vorsorglich erklärten – Widerruf im Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 unwirksam geworden.
a) Eine zeitlich nicht beschränkt erteilte Einwilligung bedeutet im Grundsatz nicht, dass sie unwiderruflich erteilt worden wäre. Allerdings deutet ein Umkehrschluss aus § 28 Abs. 3a Satz 1 aE BDSG darauf hin, dass eine einmal erteilte Einwilligung nicht generell „jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann“. Es ist wiederum im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Seite, § 241 Abs. 2 BGB, eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Auf der Seite des Arbeitgebers stehen das Veröffentlichungsinteresse wie das wirtschaftliche Interesse an einer wenigstens kostendeckenden Verwertung der entstandenen Produktionskosten zu Werbezwecken. Auf der Seite des einwilligenden Arbeitnehmers steht sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das bei oder anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses neue Entscheidungskoordinaten bekommen haben kann, aber nicht muss.
b) In diesem Zusammenhang kann der Arbeitnehmer grundsätzlich anführen, dass mit seiner Person und mit der Abbildung seiner Erscheinung nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht weiter für das Unternehmen geworben werden soll. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem für die Verwendung zu Werbezwecken eine Vergütung nicht erfolgt war. Es muss aber mit der Person des ausgeschiedenen Arbeitnehmers oder mit seiner Funktion im Unternehmen geworben werden. Bei einer allgemeinen Darstellung des Unternehmens, auch wenn diese aus Werbezwecken erfolgt ist und ins Internet gestellt wird, bei der die Person und Persönlichkeit des Arbeitnehmers nicht hervorgehoben, sein Name nicht genannt und die Identität seiner Person auch sonst nicht herausgestellt wird und bei der zudem beim Betrachter nicht zwingend der Eindruck entsteht, es handele sich um die aktuelle Belegschaft, kann von einer wirtschaftlichen und persönlichkeitsrelevanten Weiter-„verwertung“ der Abbildung des Arbeitnehmers nicht ausgegangen werden. So wenig wie Arbeitnehmer, hier also der Kläger, aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten sind, der Verwendung und Herstellung ihrer Abbildung während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, so wenig können sie ihre einmal wirksam erteilte Einwilligung allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrufen. Im Ergebnis der in solchen Fällen vorzunehmenden Gesamtabwägung ist vielmehr zu verlangen, dass der widerrufende Arbeitnehmer einen Grund im Sinne einer Erklärung angibt, warum er nunmehr, anders als bei der Jahre zurückliegenden Erteilung der Einwilligung, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenläufig ausüben will.
c) Eine in diesem Sinne plausible Erklärung für den Widerruf hat der Kläger nicht gegeben. Es fällt zudem auf, dass die Zustimmung zur Veröffentlichung Ende 2008 erteilt wurde, der Widerruf jedoch erst knapp drei Jahre später erfolgte. Das Landesarbeitsgericht hat daher im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die erforderliche Einwilligung vom Kläger wirksam erteilt und nicht wirksam widerrufen wurde.
V. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht einen Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld abgelehnt.
01. Ein Fall des gesetzlichen „Schmerzensgeldanspruches“ nach § 253 Abs. 2 BGB liegt nicht vor, da der Kläger keine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung geltend macht.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens auslösen, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BAG 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 -; 28. Oktober 2010 – 8 AZR 546/09 -; 20. Juni 2013 – 8 AZR 482/12 -). Es ist jedoch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht hier einen schlüssigen Vortrag des Klägers, der auf eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung schließen lässt, verneint hat.
Eine solche ergibt sich nicht aus der unstreitigen Tatsache, dass die Beklagte auf das Aufforderungsschreiben des Klägers vom 4. November 2011 erst am 26. Januar 2012 das Video aus dem Internet genommen hat. Dies ist noch eine angemessene Reaktionszeit im Hinblick auf die schwierige Rechtslage. Auch ist die Überlegung des Berufungsgerichts rechtlich zutreffend, bei Unwirksamkeit des Widerrufs der Einwilligung komme eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine weitere Veröffentlichung im Internet nicht infrage.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Hauck
Breinlinger
Winter
Wein
Stefan Soost