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Unsere Mandanten sind immer wieder von sogenannter Verdachtsberichterstattung betroffen, d. h. Zeitungen oder Blogger konfrontieren die Öffentlichkeit mit Vermutungen, Anschuldigungen und anderen oftmals beleidigenden Behauptungen. Die Rechtsprechung legt an die Voraussetzungen einer solchen Berichterstattung jedoch hohe Ansprüche. Insbesondere ist im Falle der Verdachtsberichterstattung die betroffene Person mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, den Anknüpfungstatsachen und mit den Argumenten zu konfronieren. Kurz man hat der betroffenen Person die Möglichkeit zu geben, sich dazu äußern –  dies gilt, s eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt vom 8. Mai 2024, auch für vermeintliche Indizien.

 

OLG Frankfurt 16. Zivilsenat, Urteil vom 8.Mai 2024
16 U 33/23

Leitsätze des Verfassers

1. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit verdient regelmäßig
die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den
Vorrang, wenn die publizistischen Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind.

2. Von einer Tatsachenbehauptung ist dabei auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung
entsprechend dem Verständnis des Durchschnittslesers der objektiven Klärung zugäng-
lich ist und als etwas Geschehens grundsätzlich dem Beweis offensteht. Demgegenüber
handelt es sich um eine Meinungsäußerung, wenn die Äußerung durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist.

3. Die Anwendung einer Berufungsvorschrift mag im Einzelfall unterbleiben, wenn
sie mit Besonderheiten und Charakter des Eilverfahrens nicht vereinbar ist. Soweit des-
wegen die Auffassung vertreten wird, dass die Vorschrift im vorläufigen Rechtsschutz
nicht anzuwenden sei, weil es aufgrund der Eilbedürftigkeit der Verfahren eher vorkom-
me als in normalen Klageverfahren, dass Tatsachen nicht sogleich vorgetragen werden,
sei es, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit die Informationen überhaupt nicht oder
nicht mit dem zur Substantiierung notwendigen Material beschafft werden konnten, oder
sei es, dass unter dem Zeitdruck die Relevanz der Tatsache nicht erkannt wurde, kann
dem dadurch Rechnung getragen werden, dass das Tatbestandsmerkmal der Nachläs-
sigkeit im Sinne der § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO enger auszulegen ist als im Hauptsachever-
fahren.

 

 

(…)

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 21.02.2023 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main (2-03 O 425/22) unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung von Ordnungsgeld von bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten
und höchstens zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrer Komplementä-
rin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
in Bezug auf den Verfügungskläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen
bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen bzw. online zum Abruf bereitzuhal-
ten und/oder bereithalten zu lassen:
(…)
wenn dies erfolgt wie seit dem 25. November 2022 unter www.(…).de, geschehen
und wie ersichtlich in dem Anlagenkonvolut AST3.
Die Berufung der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erlassverfahrens tragen der Verfügungskläger zu 14 % und die Verfü-
gungsbeklagte zu 86 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Verfügungsklä-
ger zu 15 % und die Verfügungsbeklagte zu 85 %.
Der Streitwert für das Erlassverfahren wird auf 110.000,00 € und für das Berufungsver-
fahren auf 100.000,00 € festgesetzt.

Die Kosten des Erlassverfahrens tragen der Verfügungskläger zu 14 % und die Verfü-
gungsbeklagte zu 86 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Verfügungsklä-
ger zu 15 % und die Verfügungsbeklagte zu 85 %.
Der Streitwert für das Erlassverfahren wird auf 110.000,00 € und für das Berufungsver-
fahren auf 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um presserechtliche Un-
terlassungsansprüche aufgrund eines Artikels in der Ausgabe „Zeitschrift2“ Nr. … vom
26.11.2022 auf S. 102 ff. sowie im Online-Magazin, der Autoren D, E, F, G, H und I unter
dem Titel „…“ und dem Untertitel „Talente (…)“ (Anlage AST 3, BI. 41 ff. d. A.).
Der Verfügungskläger ist Profi-Fußballspieler. Er spielt aktuell bei Verein1 und wurde in
die deutsche Fußballnationalmannschaft berufen. Die Verfügungsbeklagte verantwortet
das Nachrichtenmagazin „Zeitschrift2“ sowie das unter www.(…).de veröffentlichte On-
line-Magazin.
Im Vorfeld der Veröffentlichung gab es seit Mitte September 2022 Telefon- und Whats-
App-Kontakte zwischen dem Vater des Verfügungsklägers, Vorname2 A, und dem Journa-
listen J von der Zeitschrift „Zeitschrift1“. Am 11.11.22 übersandte dieser über die Anwäl-
tin des Vaters und Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers einen Fragenkatalog
zu seinen Recherchen über den Verfügungskläger. Im Rahmen eines folgenden Verfah-
rens des Verfügungsklägers gegen den Journalisten J, die Zeitschrift1 GmbH und die Ver-
lag1 GmbH vor dem Landgericht Frankfurt (Az. …) wegen eines Verbots der Verbreitung
einer Geburtsurkunde mit der Behauptung, diese betreffe den Verfügungskläger, dieser
sei nicht der leibliche Sohn von Vorname2 A und nicht am XX.XX.2004 geboren, versi-
cherte Vorname2 A am 12.11.2022 an Eides statt, dass der Verfügungskläger sein leibli-
cher Sohn und am XX.XX.2004 in Land1 geboren sei. Die zunächst erlassene Verbotsver-
fügung wurde später durch Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts aufgehoben.
Am 22.11.2022 sandte der hiesige Autor F eine E-Mail an die Prozessbevollmächtigte des
Verfügungsklägers mit dem Betreff „Anfrage Zeitschrift2“ (AST 4, BI. 61 d. A.). Am Folge-
tag antwortete diese und teilte mit, dass keine offizielle Stellungnahme abgegeben wer-
de, aus der zitiert werden dürfe, und führte u.a. aus, dass die von Herrn J übernomme-
nen Tatsachen unzutreffend seien (AST 4, BI. 59f. d. A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2022 ließ der Verfügungskläger die Verfügungs-
beklagte erfolglos abmahnen und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehr-
ten Unterlassungserklärung auf.
Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich behauptet, dass die Berichterstattung falsche
Angaben zu Alter und Herkunft des Verfügungsklägers, zu seiner Identität, zum Inhalt
einer WhatsApp-Nachricht des zweiten Bürgermeisters von Stadt2, zum Aufenthalt von
Vorname2 A in Land1 und zur Zwangsversteigerungssache vor dem Amtsgericht Ort2
enthalten habe. Er war der Ansicht, dass diese falschen Tatsachenbehauptungen ihn in
seiner Privatsphäre erheblich beeinträchtigt hätten und, sofern diese als Gerücht oder

Verdachtsäußerung zu behandeln gewesen seien, habe den aufgestellten Verdächtigun-
gen ein Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt.
Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich beantragt:
Im Wege der einstweiligen Verfügung- der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhand-
lung- der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zu-
widerhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht bei-
getrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Mona-
ten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchs-
tens zwei Jahre), zu verbieten,
(Von der Darstellung des Textes wird abgesehen – die Red.)
Das Landgericht hat den Anträgen teilweise (hinsichtlich der Anträge I. 7, 8 und 10)
stattgegeben und im Übrigen die Anträge zurückgewiesen. Es ist dabei davon ausge-
gangen, dass es sich bei der Äußerung, dass der Zwangsversteigerungstermin abge-
sagt wurde (Äußerung I. 10.) um eine unwahre Tatsache gehandelt habe. Aus dem vor-
gelegten Beschluss des AG Ort2 und der eidesstattlichen Versicherung des Vorname2 A
habe sich glaubhaft ergeben, dass dieser Termin stattgefunden hat. Weiter seien man-
gels ausreichender Glaubhaftmachung auch die Äußerungen von Vorname3 B, sie sei die
Schwester von As leiblicher Mutter und Vorname2 A habe diesen adoptiert (Äußerung
I.7.) sowie dass ihr Sohn Vorname4 C geäußert habe, dass A in einem Haus in der Nä-
he aufgewachsen sei und seine angeblichen leiblichen Eltern in einer wohlhabenden Ge-
gend des Ortes1 wohnen würden (Äußerung I.8.), zu untersagen gewesen. Diese hätten
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers beeinträchtigt, weil sie als
Anknüpfungstatsachen für die Behauptung gedient hätten, der Verfügungskläger habe
über seine Herkunft getäuscht. Es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Redak-
teurin mit diesen Personen in Land1 gesprochen und diese die angegriffenen Äußerun-
gen getätigt haben.
Im Übrigen hätten zulässige Verdachtsäußerungen vorgelegen. Die Verfügungsbeklag-
te habe deutlich gemacht, dass es sich bei den angegriffenen Äußerungen um Gerüch-
te handele und habe deutlich aufgezeigt, dass deren Wahrheit nicht feststehe. Die Be-
richterstattung sei auch nicht vorverurteilend. Aufgrund des medialen Interesses anläss-
lich der Fußballweltmeisterschaft und des höheren finanziellen Werts jüngerer Fußball-
spieler sei die Berichterstattung über das Alter des Verfügungsklägers auch nicht der Pri-
vatsphäre unterfallen. Es hätten auch ausreichende Beweistatsachen vorgelegen und die
Verfügungsbeklagte habe glaubhaft gemacht, dass sie ihrer journalistischen Sorgfalts-
pflicht nachgekommen sei und vor Veröffentlichung des Artikels hinreichend sorgfältige
Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt habe.Bereits das Verhalten von Vorna-
me2 A im Vorfeld der Berichterstattung habe ausreichende Anknüpfungspunkte für den
streitgegenständlichen Artikel geboten, zudem habe der Journalist J an Eides statt versi-
chert, dass sich Vorname2 A ihm gegenüber wie im Artikel behauptet verhalten und ge-
äußert habe. Die untersagten Äußerungen hätten auch nicht das Gewicht, die übrigen
Beweisanzeichen zu schmälern. Die eidesstattliche Versicherung des Vorname2 A vom
12.11.2022 sei nicht geeignet gewesen, die bestehenden Verdachtsmomente auszuräu-
men. Sie enthalte nur die Erklärung, dass der Verfügungskläger sein leiblicher Sohn und
am XX.XX.2004 in Stadt2, Land1, geboren sei und erkläre nicht die Kontakte und das
Verhalten von Vorname2 A gegenüber dem Journalisten. Die Kontakte seien durch die
Vorlage der WhatsApp Chats belegt worden sowie auch der Inhalt der Nachricht des 2.

Bürgermeisters von Stadt2. Auch die eidesstattliche Versicherung vom 17.12.2022 habe
den Indizien nicht entgegengestanden, da auch diese den Kontakt und die Weiterleitung
der Nachrichten nicht habe erklären können. Als weitere Indizien habe die Verfügungs-
beklagte glaubhaft vorgetragen, dass bereits im Jugendfußballbereich Zweifel durch Trai-
ner geäußert worden seien und der Verfügungskläger nicht an Jugendturnieren mit Al-
tersprüfung teilgenommen habe. Es sei auch ausreichend Gelegenheit zur Stellungnah-
me gegeben worden, die Anfrage vom 22.11.11 habe sich erkennbar auch an den Ver-
fügungskläger gerichtet. Wenn auch knapp, sei der Kern der Berichterstattung ausrei-
chend erkennbar gewesen.
Im Weiteren wird auf den Tatbestand und die Urteilsgründe des landgerichtlichen Urteils
vom 21.02.23 (Bl. 226ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger die abgewiesenen Verfügungsanträge
weiter, nimmt Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen und führt weiter aus, dass
seiner Ansicht nach das Landgericht für die Verbreitung der „Gerüchte“ über den Verfü-
gungskläger und dessen Alter (Anknüpfungs-)Tatsachen als wahr unterstellt habe, die
bestritten worden seien und von der Gegenseite weder dargelegt noch glaubhaft ge-
macht worden seien. Widersprüche der Gegenseite und Aspekte zugunsten des Verfü-
gungsklägers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. So sei die eidesstattliche
Versicherung des Vorname2 A (AST1, Bl. 34f) außer Betracht geblieben und nur auf die
eidesstattliche Versicherung des Journalisten abgestellt worden, obwohl dieser aufgrund
vorheriger eigener Berichterstattung ein erhebliches Eigeninteresse verfolge. Den An-
gaben des Vorname2 A sei ohne Gründe nicht geglaubt worden, unter Berücksichtigung
seiner Angaben hätte das Gericht zumindest dazu kommen müssen, dass sich zwei wi-
dersprechende Aussagen gleichberechtigt gegenüberstanden. Auf frühere Gerüchte ha-
be nicht abgestellt werden dürfen, da diese spätestens im Jahr 2017 durch die offizielle
Bestätigung des Alters des Verfügungsklägers durch Hamburger Behörden ausgeräumt
worden seien (BK1, Artikel bei Welt.de vom 14.10.2017, rp-online vom 15.10.2017 Bl.
325ff.). Die Berichterstattung würde sich darüber hinaus rassistischer Klischees bedie-
nen, wenn berichtet werde, dass afrikanische Spieler über ihr Alter täuschen würden. Zu-
dem sei der Verfügungskläger entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht ausrei-
chend zu den angeblichen Belegtatsachen im Vorfeld angehört worden. Die Anfrage ha-
be sich ohnehin nur an den Vater gewandt und diesem zwei Fragen gestellt. Die wesent-
lichen Punkte der Berichterstattung seien nicht benannt worden.
Die vom Landgericht aufgeworfenen Zweifel an der Herkunft des Verfügungsklägers ha-
be nicht einmal die Verfügungsbeklagte behauptet. Das Alter der Mutter des Verfügungs-
klägers sei für erstgebärende Mütter aus Land1 (Durchschnittsalter 2011 bei 19,7 Jah-
ren) nicht ungewöhnlich. Bei Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung des
Vorname2 A ergebe sich insbesondere, dass die angebliche Geburtsurkunde mit ande-
ren Angaben zur Person und Alter nicht den Verfügungskläger betreffe. Zudem, dass sich
Vorname2 A 2022 nicht in Land1 aufgehalten habe oder dies Herrn J berichtet habe. Die
diesbezügliche Äußerung (I.5) impliziere jedoch, dass es eine andere „echte“ Familie
des Verfügungsklägers in Land1 gebe, ohne dass dies der Fall sei. Auch habe Vorname2
bei den WhatsApp-Nachrichten Dritter nie von einer Drohung berichtet und es sei nicht
glaubhaft gemacht, dass die angeblichen Hintergründe in der Nachricht die Identität des
Verfügungsklägers betreffen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 21.04.23
(Bl. 302ff. d.A.) sowie Berufungserwiderung vom 26.06.23 (Bl. 374ff. d.A.) verwiesen.
Der Verfügungskläger beantragt,
unter (teilweiser) Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 21.02.23, Az. 2-03 O 425/22, wie folgt zu erkennen, und (auch) die folgende
einstweilige Verfügung zu erlassen:
Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche
Verhandlung – der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder ei-
ner Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens
250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
zu verbieten,
in Bezug auf den Verfügungskläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen
bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen bzw. online zum Abruf bereitzu-
halten und/oder bereithalten zu lassen:
(Von der Darstellung des Textes wird abgesehen – die Red.)
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Verfügungsklägers zurückzuweisen.
Mit ihrer eigenen Berufung beantragt die Verfügungsbeklagte,
die Ziffern I.2. und I.3. des Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 21. Fe-
bruar 2023 aufzuheben und den Verfügungsantrag auch insofern zurückzuwei-
sen.
Der Verfügungskläger beantragt,
die Berufung derVerfügungsbeklagten zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertieft
ihr Vorbringen im Hinblick auf die beiden vom Landgericht untersagten Äußerungen (Te-
nor I.2 und 3. entspricht I.7 und I.8 des Antrags). Die Untersagung der Äußerung I.10 (Te-
nor I.1.) werde nicht angegriffen, sie beruhe auf einem Versehen. Sie hält das Bestrei-
ten des Verfügungsklägers hinsichtlich der Äußerungen von Frau B (I.7) mit Nichtwissen
für unzulässig. Der Äußerung von Herrn C (I.8) sei die Verfügungsklägerseite überhaupt
nicht entgegengetreten. Jedenfalls ergebe sich die Glaubhaftmachung nun aus der vor-
liegenden eidesstattlichen Versicherung des Herrn H (Anlage BK1, Bl. 349). Dies sei der
Afrika-Korrespondent der Verfügungsbeklagten und er habe den Kontakt zu Frau E auf-
genommen und habe ihr Protokoll der Recherchen vor Ort vom 23.11.23 (Anlage BK2, Bl.
350f.) erhalten und weitergeleitet.
Zudem komme es bei der vorliegenden Verdachtsberichtserstattung nicht auf den Wahr-
heitsgehalt an, auch nicht auf eine Abwägung mit der eidesstattlichen Versicherung des
Vorname2 A, sondern nur darauf, ob und das ausreichende Anknüpfungstatsachen für

das Gesamtbild im Zeitpunkt der Berichterstattung vorlagen. Eine behördliche Entschei-
dung – ohne nähere Angaben was genau geprüft worden sei – widerlege einen solchen
Verdacht ebenfalls nicht. Auf eine vermeintlich unzureichende Konfrontation könne sich
der Verfügungskläger bereits deshalb nicht berufen, da er ausdrücklich untersagen ließ,
dass diese in die Berichterstattung einfließe und auch keine Anhaltspunkte aufgezeigt
habe, die Anlass zu Nachrecherchen gegeben hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom
22.05.2023 (Bl. 340ff. d.A.) sowie auf die Berufungserwiderung vom 23.05.23 (Bl. 355ff.
d.A.) verwiesen.
Der Verfügungskläger trägt ergänzend zur Berufung der Verfügungsbeklagten vor, dass
auch nach deren Berufungsbegründung ausreichende Anknüpfungstatsachen für die un-
tersagten Äußerungen fehlen würden. Ausreichende Belege über die Identität der ge-
nannten Personen habe die Verfügungsbeklagte auch hiernach nicht vorgelegt. Diesbe-
züglich läge auch keine Verdachtsberichtserstattung vor, sondern die Verfügungsbeklag-
te würde sich Aussagen Dritter zu eigen machen und müsse die Wahrheit der angeblich
feststehenden Tatsachen beweisen. Mit Schriftsatz vom „22.03.2024“, eingegangen am
06.05.2024, vertieft er seine in der mündlichen Verhandlung bereits dargelegte Rechts-
auffassung.
II.
1. Die Berufung des Verfügungsklägers hat in der Sache überwiegend Erfolg.
a. Dem Verfügungskläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen I.1-3, I.
4, 2. Satz, 6, 9 und II. 1-2 gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB i.V.m. Art. 2
Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zu.
Die Äußerungen I. 1, 2, 3, 4, 2. Satz, 6, 9, II. 1, 2 sind als Verdachtsäußerungen einzuord-
nen, die in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers eingreifen. Dies-
bezüglich mangelt es jedoch an einer ausreichenden Anhörung und Möglichkeit zur Stel-
lungnahme des Verfügungsklägers, so dass ein Anspruch auf Unterlassung besteht.
Über die Unterlassungsanträge ist aufgrund einer Abwägung des Rechts des Verfügungs-
klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs aus Art. 2 Abs. 1 GG,
Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK veranker-
ten Recht der Verfügungsbeklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reich-
weite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstän-
de des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Euro-
päischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse
des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil
vom 31.5.2022 – VI ZR 95/21, GRUR 2022, 1359 Rn. 17 m.w.N.). Um die Zulässigkeit ei-
ner Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen dabei einander in einer um-
fassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichti-
gen sind (BVerfG, NJW 2008, 358 [359]).
Bei dem vorliegenden Bericht in seiner Gesamtschau handelt es sich um eine Verdachts-
berichterstattung über Zweifel und Gerüchte am tatsächlichen Alter des Verfügungsklä-

gers als Profifußballer. Die Schilderung des Verdachts, dass der Verfügungskläger tat-
sächlich älter als angegeben sei, ist geeignet, sich erheblich auf das Ansehen des Ver-
fügungsklägers auszuwirken. Auch dürfte die Berichterstattung eine erhebliche Breiten-
wirkung haben. Überdies war der Verfügungskläger eindeutig identifizierbar. Demgegen-
über hat das von der Verfügungsbeklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffent-
lichkeit jedoch ebenfalls großes Gewicht. Die Berichterstattung leistete einen Beitrag zu
einer Diskussion von öffentlichem Interesse, denn das Alter eines Fußballprofis ist ein
erhebliches Kriterium bei dessen Marktwert und der Verfügungskläger stand aufgrund
seines Alters im Rahmen seiner Profikarriere und Nationalmannschaftskarriere im Blick-
punkt der Öffentlichkeit. Aufgrund dieser beruflichen Besonderheit ist das Alter des Ver-
fügungsklägers als Sportprofi auch nicht ausschließlich dessen Privatsphäre zuzuordnen,
sondern im Rahmen der beruflichen Bedeutung, nämlich der Auswirkung auf den Markt-
wert und auf die Teilnahme in der Nationalmannschaft mit dem 18. Geburtstag, der Sozi-
alphäre zuzurechnen.

Die Äußerungen
I.1. „Der Stadt1er Vorname1 A gilt als Wunderknabe. Schon lange gibt es Gerüchte um
das tatsächliche Alter und die Herkunft des Nationalspielers” bzw. „Zwei Konstanten blei-
ben: eine sensationelle Torquote und Zweifel an seinem Alter“,
2. „Laut einem Bericht der Zeitschrift1 soll es Drohungen aus Vorname1 Geburtsort
Stadt2 geben, seit der Fußballprofi im Oktober in den vorläufigen deutschen WM-Kader
berufen wurde. Man wolle den Hintergrund der Identität des Spielers veröffentlichen falls
Vorname1 für Deutschland und nicht für sein Heimatland1 spiele.“,
3. „Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass As Umfeld die Identität des Spielers ge-
fälscht hat, wäre dies ein herber Schlag für seine Karriere. Seit Jahren gibt es Spekulatio-
nen über As Alter“
4. Sollte das die wahre Urkunde As sein, wäre er in Wahrheit mehr als vier Jahre älter als
bisher angegeben. Vorname2 A wäre auch nicht der leibliche Vater“,
6. „In einem Telefonat habe Vorname2 A erklärt, die Nachricht (sc. zuvor zitierte Whats-
App auf Französisch) komme von einem Politiker aus Land1. Dieser habe gedroht, alles
auffliegen zu lassen, falls Vorname1 für Deutschland spielen werde, man wolle die Be-
hörden in Deutschland informieren“,
9. „Vorname1 A wäre nicht das erste afrikanische Talent, das unter falschen Angaben in
Europa spielt.“,
II.1. „Vorname1 A: Neue Zweifel an Alter und Herkunft des Nationalspielers“,
sowie
II.2. „Talente, die unter falscher Identität in Europa spielen“, als Unterüberschrift des
Onlineartikels zu der Äußerung II.1 mit Nennung des Verfügungsklägers, enthalten die
Schilderung des Verdachts, dass der Verfügungskläger tatsächlich älter als angegeben
sei und andere leibliche Eltern habe. Im Rahmen des Artikels benennt die Verfügungs-
beklagte die in den Jahren zuvor erfolgte Berichterstattung über Zweifel an dessen Al-
ter, die Angaben anderer Jugendtrainer und stellt diesen das Bestreiten des Verfügungs-
klägers, dessen Vater Vorname2 A sowie die behördliche Prüfung aus dem Jahr 2017 ge-

genüber. Im Weiteren berichtet die Verfügungsbeklagte von den Angaben des Journalis-
ten J, benennt dessen vorher erschienenen Artikel und dessen Kontakte mit dem Vater
des Verfügungsklägers sowie die per WhatsApp übersandte angebliche Geburtsurkunde
des Verfügungsklägers mit anderem Namen und Alter. Die Verfügungsbeklagte äußert in
dem Artikel deutlich und für den Durchschnittsleser erkennbar, dass es sich bei den Ge-
rüchten und Zweifeln nur um einen Verdacht handelt und dieser nicht bewiesen ist.
Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand
an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr da-
mit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine
Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizieren-
de Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorge-
worfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine
Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang
von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis
der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
Der für diese identifizierende Verdachtsberichterstattung erforderliche Mindestbestand
an Beweistatsachen lässt sich wie das Landgericht zutreffend ausführt aus den von der
Verfügungsbeklagten angestellten Recherchen herleiten. Wesentliche Indizien der Re-
cherchen stellen dabei zum einen die Angaben des Vaters des VerfügungsklägersVorna-
me2 A gegenüber dem Journalisten J, eine angebliche Geburtsurkunde des Verfügungs-
klägers sowie Textnachrichten Dritter über diesen dar, zum anderen die von der Verfü-
gungsbeklagten vorgenommenen Recherchen in Land1, in deren Folge sich der Artikel
auf Angaben einer Frau Vorname3 B und deren angeblichen Sohn Vorname4 C bezieht.
Den Wahrheitsgehalt der Äußerungen hat die Verfügungsbeklagte durch die Vorlage ei-
ner eidesstattlichen Versicherung des Herrn J glaubhaft gemacht. Das Landgericht hat
dabei auch die eidesstattlichen Versicherungen des Vorname2 A zutreffend berücksich-
tigt und gegenübergestellt.
Durch die erfolgte Berichterstattung findet auch keine Vorverurteilung des Verfügungs-
klägers statt. Die Verfügungsbeklagte ordnet die angegriffenen Äußerungen und Zweifel
an dem Alter und der Herkunft des Verfügungsklägers deutlich als bloßen Verdacht ein,
formuliert hinsichtlich der Angaben und etwaiger Folgen durchgehend im Konjunktiv und
legt dar, dass diese nicht bewiesen sind. Auch werden die der Verfügungsbeklagten be-
kannten gegenteiligen Tatsachen, wie das Bestreiten des Verfügungsklägers und dessen
Vaters, die behördliche Prüfung des Alters wiedergegeben und dem Durchschnittsleser
kein feststehender Sachverhalt geschildert, so dass dieser selbst Schlüsse ziehen kann.
Jedoch wurde dem Verfügungskläger im Vorfeld durch die Mail-Anfrage vom 22.11.2022
(AST4, Bl. 61 d.A.) keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die-
se richtet sich zwar auch an den Verfügungskläger, da die Anfrage ausdrücklich darauf
verweist, dass die Bevollmächtigte den Vater und den Verfügungskläger vertreten soll.
In dieser wird auch der Kernverdacht benannt, dass Gegenstand des Artikels das Alter
und die Herkunft des Verfügungsklägers seien soll, jedoch werden wesentliche Recher-
cheergebnisse, auf denen der Artikel basieren soll, nicht ausreichend benannt. Die Anfra-
ge bezieht sich ausschließlich auf die angeblich widersprüchlichen Angaben des Vaters
gegenüber dem Journalisten Js sowie eine Zwangsversteigerung von dessen Haus und
formuliert diesbezüglich zwei Fragen an den Vater des Verfügungsklägers. Die eigenen
Recherchen der Verfügungsbeklagten in Land1, insbesondere die Gespräche mit angeblichen

Angehörigen dort, werden nicht benannt oder angedeutet. Dies ergibt sich auch
nicht aus den zuvor erfolgten Anfragen des Journalisten J bei dem Verfügungskläger vom
11.11.22, da bei dessen Artikel und Anfrage im Rahmen der zuvor erfolgten Berichter-
stattung der „Zeitschrift1“ kein Bezug auf Recherchen in Land1 erkennbar ist.
Diese Recherchen zu Äußerungen von angeblichen Angehörigen in Land1 stellen im Ar-
tikel der Verfügungsbeklagten auch wesentliche Indizien für den geäußerten Verdacht
dar. Mit diesen Äußerungen wird die Tatsache behauptet, eine in Land1 lebende Frau na-
mens Vorname3 B habe gegenüber der Verfügungsbeklagten gesagt, sie sei die Schwes-
ter von As leiblicher Mutter und dabei gewesen als er geboren wurde und ihr Sohn habe
das Haus gezeigt, in dem der Verfügungskläger tatsächlich aufgewachsen sei. Weitere
Familienmitglieder, auch die angeblichen Eltern, hätten nicht über den Verfügungsklä-
ger reden wollen. Diese Äußerungen dienen jedoch darüber hinaus auch als Indiz für den
Verdacht, dass der Verfügungskläger andere Eltern habe und in der Folge das Bestreiten
des Verfügungsklägers nicht der Wahrheit entspreche. In Gesamtschau des streitgegen-
ständlichen Artikels erscheinen diese im Artikel dargestellten Indizien, wobei auch ein
Bild der angeblichen Tante des Verfügungsklägers im Artikel abgebildet wird, noch dazu
mit widersprüchlichen Angaben zu Alter (sei wahr) und Herkunft (habe andere Eltern) als
wesentliche Anhaltspunkte für den geteilten Verdacht, so dass hierüber die Möglichkeit
zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen.
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten war eine Gelegenheit zur Stellungnah-
me dazu nicht deshalb entbehrlich, weil der Verfügungskläger über seine Bevollmäch-
tigte (sofern diese überhaupt für den Verfügungskläger und nicht für den Vater antwor-
tete) die Veröffentlichung seiner Äußerungen untersagt hat. Denn die Möglichkeit der
Anhörung dient auch dem Zweck, dass der Autor seine Recherchen und Ergebnisse kri-
tisch hinterfragt und gegebenenfalls Nachermittlungen anstellen kann. Darüber hinaus
ist es durchaus möglich, dass der Verfügungskläger sich auf eine Frage, welche den vor-
genannten Themenkomplex betrifft, geäußert hätte, ohne eine diesbezügliche Veröffent-
lichung zu untersagen.
Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll dabei sicher-
stellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Betroffenen in Er-
fahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu
Wort kommen kann. Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur Gelegenheit zur
Stellungnahme erhält, sondern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis ge-
nommen und der Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird. Der
Standpunkt des Betroffenen ist dabei für den Leser nicht nur dann relevant, wenn sich
die Stellungnahme konkret zu den geäußerten Verdachtsmomenten verhält, sich der Be-
schuldigte vom Verdacht „entlasten“ kann. Auch die Information über ein bloßes Demen-
ti ist grundsätzlich geeignet, der Gefahr einer Vorverurteilung des Betroffenen zu begeg-
nen (BGH Urteil vom 16.11.2021, Az. VI ZR 1241/20, NJW 2022, 940 Rn. 25 m.w.N).
Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit verdient regelmäßig
die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den
Vorrang, wenn die publizistischen Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind (vgl. BGHZ
143, 199 = NJW 2000, 1036). Daraus folgt jedoch nicht, dass die zu diesen Sorgfalts-
pflichten bei einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung zählende Einholung ei-
ner Stellungnahme des Betroffenen im Hinblick auf den – im Zeitalter elektronischer Me-
dien noch gesteigerten- Aktualitätsdruck regelmäßig verzichtbar ist. Dies würde der Be-

deutung des Persönlichkeitsrechts nicht gerecht. Vielmehr besteht der Vorrang des In-
formationsinteresses grundsätzlich nur, wenn dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellung-
nahme gegeben wurde (BGH a.a.O. NJW 2022, 940 Rn. 28, 29).
Dabei kann nicht angenommen werden, dass die Presse jeden einzelnen Aspekt bzw.
alle einzelnen Anknüpfungstatsachen für den berichteten Verdacht in ihrer geplanten
Berichterstattung in einer Konfrontation aufzugreifen hat. Jedoch muss zumindest der
„wesentliche Kern“ der Vorwürfe und der Anknüpfungspunkte und Argumente darge-
stellt werden und dies wiederum abhängig vom Inhalt des geplanten Beitrages. Wird
wesentlich auf ein vermeintliches Indiz abgestellt, wird man im Gegenzug gerade dazu
eben auch die konträre Sichtweise des Betroffenen zu schildern haben im unmittelba-
ren Wechselspiel (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.11.2020, Az. 15 U 112/20 BeckRS 2020,
37979 Rn. 47).
Die vor der Veröffentlichung gebotene Konfrontation des Verfügungsklägers mit den Vor-
würfen war unter diesen Gesichtspunkten inhaltlich unzureichend und in der Folge könn-
te die konkrete Berichterstattung in einem für den durchschnittlichen Leser wesentli-
chen Punkt anders ausfallen, wenn eine Stellungnahme des Verfügungsklägers eingeholt
und berücksichtigt worden wäre. Die E-Mail Anfrage an die Bevollmächtigte des Vaters
und des Verfügungsklägers enthält insoweit keinen ausreichenden Hinweis auf die weite-
ren von der Verfügungsbeklagten angestellten Recherchen. Es wird zwar in der Anfrage
deutlich, dass es in dem geplanten Artikel um das Alter und die Karriere des Verfügungs-
klägers gehen soll, um Zweifel an seinem Geburtsdatum sowie seinen leiblichen Eltern.
Dies stellt auch den Kern der Berichterstattung über den Verfügungskläger dar. Das Be-
streiten des Verfügungsklägers sowie die in der Stellungnahme übersandten Schreiben
und Beschlüsse im einstweiligen Verfügungsverfahren hinsichtlich einer angeblichen Ge-
burtsurkunde sowie die Übersendung der eidesstattlichen Versicherung des Vorname2
A boten auch zunächst keinen weiteren Anlass weitere Ermittlungen durchzuführen. Die
Umstände der angeblichen Urkunde sowie die grundsätzliche Angabe des Alters durch
den Verfügungskläger und dessen Vater wurden im Rahmen der Anfrage auch berück-
sichtigt und im streitgegenständlichen Artikel wiedergegeben. Jedoch enthält die An-
frage keinen Hinweis auf die Recherchen und Angaben von angeblichen Verwandten in
Land1. Diese Rechercheergebnisse stellen jedoch ein wesentliches Indiz für den aufge-
stellten Verdacht dar und die Verfügungsbeklagte untermauert dies in dem streitgegen-
ständlichen Onlineartikel auch durch ein Lichtbild der angeblichen Tante, worauf der Ver-
fügungskläger nicht Stellung nehmen konnte, da dies nicht mitgeteilt wurde.
Diese Recherchen stellen auch einen neuen Aspekt (im Vergleich zur vorangehenden
Berichterstattung in der „Zeitschrift1“) in der Berichterstattung der Verfügungsbeklag-
ten dar, die mit einer weitergehenden Stellungnahme des Verfügungsklägers in ihrer Be-
deutung als Anknüpfungstatsache für den berichteten Verdacht geschmälert hätten wer-
den können, insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der von der Ver-
fügungsbeklagten zitierten Entscheidung des Senats (Urteil vom 30. Juni 2022, Az. 16 U
68/21).
Es ist auch nicht auszuschließen, dass bei Mitteilung, dass die Verfügungsbeklagte vor
Ort mit angeblichen Angehörigen gesprochen hat, unter Berücksichtigung der Äußerun-
gen des Verfügungsklägers im Rechtsstreit, zum einen eine verwertbare Äußerung des
Verfügungsklägers erfolgt wäre, zum anderen wäre auch ein bloßes Dementi als Reakti-
on im streitgegenständlichen Artikel darzusIndizien ein anderes Gewicht geben können,

so dass sich die unterlassene Konfrontation auch auf die konkrete Berichterstattung ausgewirkt hat.
b. Dem Verfügungskläger steht jedoch kein Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen
I. 4 1. Satz und I.5 zu.
Die Äußerungen
I.4. „Vier Tage später bekommt der Reporter per WhatsApp die Kopie einer Geburtskun-
de, ausgestellt in Stadt2 am XX.XX.2000, das geborene Kind heißt Vorname1 K.“
sowie
I.5. „Am 24. Oktober habe der Reporter den Vater erneut angerufen, er sei überrascht
gewesen, A in Stadt2 zu erreichen. Was er dort suche? Er wolle mit der Familie von Vor-
name1 sprechen.“
enthalten im Gegensatz zu vorstehendem keine Verdachtsberichterstattung gegenüber
dem Verfügungskläger, sondern sind als Tatsachenbehauptungen einzuordnen, deren
Wahrheit die Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat.
Von einer Tatsachenbehauptung ist dabei auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung
entsprechend dem Verständnis des Durchschnittslesers der objektiven Klärung zugäng-
lich ist und als etwas Geschehens grundsätzlich dem Beweis offensteht. Demgegenüber
handelt es sich um eine Meinungsäußerung, wenn die Äußerung durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist (vgl. nur Burkhardt, in: Wen-
zel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. A., Kap. 4 Rz. 43, 48; Korte Pres-
seR, § 2 Persönlichkeitsrechtliche Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit Rn. 172, beck-
online). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheits-
gehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie
nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185 [196] =
NJW 1999, 1322 [1324]; BVerfG, NJW 2003, 1856 [1857]; NJW-RR 2006, 1130 [1131]).
Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen,
dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen
Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäuße-
rung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regel-
mäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschrän-
kende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1 [17, 20f.] = NJW 1992,
1439 [1440]; BVerfGE 90, 241 [248f.] = NJW 1994, 1779; BGH, NJOZ 2008, 622 Rn. 12).
Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil
zu Grunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1 [8] = NJW 1996, 1529
[1530]; BVerfG, NJW 2008, 358 [359]; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856 [1857]; NJW
2004, 277 [278]; NJW-RR 2006, 1130 [1131]; BGH, NJOZ 2008, 622) (BGH, Urteil vom
11.3.2008 – VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110, beck-online).
Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der erfolgten Glaubhaftmachung bei diesen zwei
Äußerungen von wahren Tatsachenbehauptungen auszugehen.
Hinsichtlich des an den Reporter übersandten Dokuments (Äußerung I.4) ist es unstrei-
tig, dass dieser eine Nachricht empfangen hat, in der ein Dokument übersandt wurde,
welches eine Kopie einer Geburtsurkunde mit den genannten Daten darstellen soll. Diese
Äußerung enthält auch keinen Verdacht, dass es sich bei dem Dokument um eine echte

Urkunde handelt noch, dass das darin genannte Geburtsdatum und der Name tatsäch-
lich den Verfügungskläger betreffen. Dargestellt wird, dass ein Kind mit anderem Namen
als der Verfügungskläger an einem anderen Datum geboren wurde. Für sich betrachtet
beinhaltet diese Äußerung kein Indiz für den Verdacht gegen den Verfügungskläger. Erst
der zweite Satz der Äußerung – welcher gedanklich hiervon getrennt werden kann und
daher getrennt beurteilt werden kann – erhebt einen Verdacht in Bezug auf den Kläger.
Ausreichend ist daher, den zweiten Teil der angegriffenen Äußerung zu untersagen.
Die Äußerung (I.5) beinhaltet zum einen die Tatsachenbehauptung, dass der Vater des
Verfügungsklägers mit dem Journalisten Js am 24. Oktober telefoniert habe und dieser
dabei davon ausgegangen sei, den Vater dabei in Land1 zu erreichen. Der Umstand,
dass diese an dem Tag telefoniert haben, ist insoweit unstreitig. Der Umstand, dass der
Gesprächspartner den Vater so verstanden hat, dass dieser in Land1 war, ist von der
Verfügungsbeklagten glaubhaft gemacht worden. Zum anderen enthält die beanstande-
te Äußerung die Tatsachenbehauptung, dass der Journalist den Vater des Verfügungs-
klägers so verstanden habe, dass dieser mit „der Familie“ des Verfügungsklägers ge-
sprochen habe. Dies beinhaltet nicht den Verdacht, dass er selbst nicht Teil dieser Fami-
lie sei, sondern es eine andere leibliche Familie gebe. Die Äußerung wird vielmehr vom
maßgeblichen Durchschnittsrezipienten dahingehend verstanden, dass der Vater mit
weiteren Mitgliedern der Familie, welche in Land1 leben, gesprochen hat.
In der Folge hat die Verfügungsbeklagte diese Tatsachenbehauptungen durch Vorlage
der eidesstattlichen Versicherung des J glaubhaft gemacht. Das Landgericht hat diesbe-
züglich auch die beiden eidesstattlichen Versicherungen des Vaters und des Herrn J ge-
genübergestellt und der Versicherung des Herrn J zu Recht mehr geglaubt. In der eides-
stattlichen Versicherung des Vorname2 A (Bl. 35 d.A.) wird diesbezüglich lediglich pau-
schal angegeben, dass er sich im Jahr 2022 nicht in Land1 aufgehalten habe. Die eides-
stattliche Versicherung von J (Bl. 164, 166 d.A.) enthält im Gegenzug genaue Angaben
über die Dauer und die Themen des Telefonats sowie der Angaben des Vaters, weshalb
und wie lange er in Land1 sei. Auch bei den Inhalten des Gesprächs wurden Details in
Bezug auf den Aufenthalt in Land1 geschildert. Im Rahmen der gebotenen Würdigung
der Glaubhaftmachung ist zu berücksichtigen, dass es den Angaben des Vorname2 A an
jeglichen Details fehlt. So hätte dieser aufgrund des genauen Datum und der Angaben
zum Gespräch ohne Weiteres mitteilen können, wo er sich denn an dem genannten Tag
tatsächlich aufgehalten haben will und was im Gegenzug der tatsächliche Gegenstand
des über 13 Minuten dauernden Gesprächs gewesen seien soll, was jedoch nicht gesche-
hen ist. Das Landgericht ist daher rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es im Rah-
men der Abwägung der Glaubhaftmachung der Verfügungsbeklagten folgt.
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen die vom Landgericht untersagten Äuße-
rungen I.7 und I.8 hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch auf Unterlassung dieser Äußerungen aus
§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG angenom-
men. Die beanstandeten Äußerungen I.7 und I.8 sind zwar nicht als Verdachtsäußerun-
gen, sondern als Tatsachenbehauptungen einzuordnen,welche als Anknüpfungstatsa-
chen für die Behauptung dienen, der Verfügungskläger habe über seine Herkunft ge-
täuscht, so dass kein Anspruch mangels ausreichender Anhörung besteht. Die bestritte-
nen Äußerungen sind jedoch nicht (rechtzeitig) glaubhaft gemacht worden.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Bestreiten des Verfügungs-
klägers hinsichtlich der von diesen Personen getätigten Äußerungen mit Nichtwissen
gem. § 138 Abs. 4 ZPO zulässig ist, da dieser nicht an den Gesprächen beteiligt war und
dies daher weder eine eigene Handlung noch Gegenstand eigener Wahrnehmung ist.
Der Verfügungskläger hat dies (entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten in ihrer
Berufung) auch bereits in der Antragsschrift (Schriftsatz vom 22.12.22, S. 26, Bl. 26 d.A.)
auf die Äußerungen des Vorname4 C bezogen. Der Umstand, dass Frau Vorname3 B be-
hauptet, die Tante des Verfügungsklägers zu sein, bei dessen Geburt dabei gewesen zu
sein und seine angeblichen leiblichen Eltern in Ort1 wohnen würden, hat der Verfügungs-
kläger ebenfalls bestritten.
Eine Glaubhaftmachung ist in erster Instanz jedoch nicht erfolgt. Erst in der Berufung
hat die Verfügungsbeklagte die eidesstattliche Versicherung des Afrika-Korrespondenten
vorgelegt, in welcher dieser darlegt, dass er mit E Kontakt aufgenommen und diese ihm
ein Protokoll (als weiteres Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt) übersandt habe. Die-
ser Vortrag und diese Glaubhaftmachung sind jedoch nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzu-
lassen.
Die Regelung des § 531 Abs. 2 ZPO findet nach zutreffender Auffassung auch im Beru-
fungsverfahren des einstweiligen Rechtschutzes Anwendung (Zöller/Heßler, 35. Auflage
2024, § 531 ZPO Rn. 1 m.w.N.; a.A. MüKoZPO/Rimmelspacher ZPO § 531 Rn. 3; a.A. Ber-
neke, Neues Vorbringen im Berufungsverfahren zu Arrest und einstweiliger Verfügung,
Festschrift für Tilmann, 2003, S. 755 [763ff.]). Die Frage, wann eine Präklusion im Rah-
men des einstweiligen Verfügungsverfahrens anzunehmen ist, ist umstritten. Zum Teil
wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften der §§ 530, 531 ZPO keine Anwen-
dung finden, weil auch im erstinstanzlichen Verfügungsverfahrenverspätetes Vorbringen
nicht zurückgewiesen werden kann. Die Regelung, dass in der Berufungsinstanz neue
Angriffs- und Verteidigungsmittel gem. § 531 Abs. 2 ZPO nur unter den dort genannten
Voraussetzungen zuzulassen sind, gilt indes nach dem Gesetzeswortlaut, wie auch die
übrigen Vorschriften über das Berufungsverfahren, auch für einstweilige Verfügungsver-
fahren. Die Anwendung einer Berufungsvorschrift mag im Einzelfall unterbleiben, wenn
sie mit Besonderheiten und Charakter des Eilverfahrens nicht vereinbar ist. Soweit des-
wegen die Auffassung vertreten wird, dass die Vorschrift im vorläufigen Rechtsschutz
nicht anzuwenden sei, weil es aufgrund der Eilbedürftigkeit der Verfahren eher vorkom-
me als in normalen Klageverfahren, dass Tatsachen nicht sogleich vorgetragen werden,
sei es, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit die Informationen überhaupt nicht oder
nicht mit dem zur Substantiierung notwendigen Material beschafft werden konnten, oder
sei es, dass unter dem Zeitdruck die Relevanz der Tatsache nicht erkannt wurde, kann
dem dadurch Rechnung getragen werden, dass das Tatbestandsmerkmal der Nachläs-
sigkeit im Sinne der § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO enger auszulegen ist als im Hauptsachever-
fahren (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 22.1.2014, Az. 6 U 118/13, BeckRS 2014, 2653; An-
ders/Gehle/Göertz, 82. Aufl. 2024, § 531 ZPO Rn. 3 m.w.N.). Das Argument, es gebe für
die Anwendung keine sachliche Rechtfertigung, da die Anwendung nicht zu einer Be-
schleunigung der Verfahren führen könne, verkennt den Zweck der Regelung des § 531
Abs. 2 ZPO: Die Regelung dient nicht der Verhinderung einer Verzögerung des Verfah-
rens – dies ist auch keine Voraussetzung der Norm – sondern soll vermeiden, dass die
Parteien Tatsachenvortrag zurückhalten, um ihn erst in zweiter Instanz vorzubringen.
Die Vorschrift dient der Stärkung der ersten Instanz. Dieses Ziel steht nicht Widerspruch
zur grundsätzlichen Eilbedürftigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Soweit den

Parteien faktisch für die Vorbereitung des Tatsachenvortrages weniger Zeit zur Verfü-
gung steht, kann dem – wie oben genannt – im Rahmen der Auslegung der Zulassungs-
voraussetzungen Rechnung getragen werden. Eine Ausnahme von des § 531 Abs. 2 ZPO
ist auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil die betroffene Partei die Möglichkeit hat, das
Verfahren zur Hauptsache zu erzwingen und den ausgeschlossenen Vortrag dort vorzu-
tragen. Denn im Gegensatz zum Ausschluss im Hauptverfahren, welches die Folge hat,
dass die Partei mit dem Vortrag endgültig ausgeschlossen ist, bleibt es der Partei im vor-
läufigen Rechtsschutz unbenommen, den Vortrag im Hauptsacheverfahren nachzuholen.
Die Rechtsfolge der Präklusion im vorläufigen Rechtschutz ist daher sogar weniger gra-
vierend als im Hauptsacheverfahren.
Für die Verfügungsbeklagte war vorliegend nach Bestreiten in der Antragsschrift deut-
lich zu erkennen, dass die wesentlichen Aspekte und Anknüpfungstatsachen glaubhaft
zu machen sind. Eine Glaubhaftmachung erfolgte sodann hinsichtlich der Äußerungen
des Journalisten Js sowie der Chatnachrichten, bezüglich der Recherchen in Land1 hinge-
gen nicht. Gründe weshalb dies erst in der Berufungsinstanz geschah, sind nicht vorge-
tragen oder sonst aus der Akte ersichtlich, so dass auch unter Berücksichtigung der Be-
sonderheiten im vorläufigen Rechtschutz in diesem Fall von einer Präklusion auszugehen
ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist bei Entscheidungen im einstweiligen
Verfügungsverfahren nicht geboten, weil diese aufgrund Gesetzes vollstreckbar sind
(vgl. BeckOK ZPO/Mayer ZPO § 922 Rn. 9).
Über eine Zulassung der Revision war nicht zu befinden, weil im einstweiligen Verfü-
gungsverfahren eine Revision nicht statthaft ist (§ 542 Abs. 2 ZPO).
IV.
Der Streitwert war für das Erlassverfahren auf 110.000,00 € und für das Berufungs-
verfahren auf 100.000,00 € (wovon 80.000,00 € auf die Berufung des Verfügungsklä-
gers und 20.000,00 € auf die Berufung der Verfügungsbeklagten entfallen) festzusetzen
(§§ 53 Abs. 1 Nr. 1, 66 Abs. 3 GKG, § 3 ZPO).
Der Senat geht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Äußerungen in der Presse
oder anderen Medien – mit Ausnahme von Prominenten oder besonders spektakulären
Fällen, bei denen höhere Beträge in Betracht kommen- je nach Bedeutung und Schwe-
re von einem Gegenstandswert zwischen etwa 5.000,00 € und 15.000,00 € je selbständi-
ger, inhaltsverschiedener Äußerung aus.
Das Interesse des als Sportler der Öffentlichkeit bekannten Verfügungsklägers an der
Beseitigung der streitgegenständlichen Äußerungen in der in Rede stehenden Berichter-
stattung, welche zusätzlich online veröffentlicht wurde, ist demnach unter Berücksichti-
gung der Bedeutung und der Schwere und unter Beachtung des in einstweiligen Verfü-
gungsverfahren üblichen Abschlags von 1/3 wie folgt zu bemessen:
Im Erlassverfahren wurden 12 Äußerungen angegriffen, deren unterschiedlicher Inhalt
zwar eine Zusammenfassung bei der Bemessung des Streitwerts nicht geboten erschei-
– Seite 14 von 15 –
nen lässt, jedoch auf denselben Verdacht (Alter und Herkunft des Verfügungsklägers)
abzielen und daher im einstweiligen Verfügungsverfahren mit jeweils 5.000,00 € zu be-
messen sind. Davon sind 10 Äußerungen (Antrag I.) mehrfach (Print und Online Artikel)
veröffentlicht und daher bei der Wertfestsetzung zweifach zu bewerten. Im Berufungs-
verfahren waren davon insgesamt noch 11 Äußerungen streitgegenständlich, 9 Äuße-
rungen (davon 7 Äußerungen im Print und Onlinemedium) im Rahmen der Berufung des
Verfügungsklägers und 2 Äußerungen (beide Äußerungen im Print und Onlinemedium)
im Rahmen der Berufung der Verfügungsbeklagten

Quelle: hessenrecht

Unsere Mandanten sind immer wieder von sogenannter Verdachtsberichterstattung betroffen, d. h. Zeitungen oder Blogger konfrontieren die Öffentlichkeit mit Vermutungen, Anschuldigungen und anderen oftmals beleidigenden Behauptungen. Die Rechtsprechung legt an die Voraussetzungen einer solchen Berichterstattung jedoch hohe Ansprüche. Insbesondere ist im Falle der Verdachtsberichterstattung die betroffene Person mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, den Anknüpfungstatsachen und mit den Argumenten zu konfronieren. Kurz man hat der betroffenen Person die Möglichkeit zu geben, sich dazu äußern –  dies gilt, s eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt vom 8. Mai 2024, auch für vermeintliche Indizien.

 

OLG Frankfurt 16. Zivilsenat, Urteil vom 8.Mai 2024
16 U 33/23

Leitsätze des Verfassers

1. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit verdient regelmäßig
die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den
Vorrang, wenn die publizistischen Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind.

2. Von einer Tatsachenbehauptung ist dabei auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung
entsprechend dem Verständnis des Durchschnittslesers der objektiven Klärung zugäng-
lich ist und als etwas Geschehens grundsätzlich dem Beweis offensteht. Demgegenüber
handelt es sich um eine Meinungsäußerung, wenn die Äußerung durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist.

3. Die Anwendung einer Berufungsvorschrift mag im Einzelfall unterbleiben, wenn
sie mit Besonderheiten und Charakter des Eilverfahrens nicht vereinbar ist. Soweit des-
wegen die Auffassung vertreten wird, dass die Vorschrift im vorläufigen Rechtsschutz
nicht anzuwenden sei, weil es aufgrund der Eilbedürftigkeit der Verfahren eher vorkom-
me als in normalen Klageverfahren, dass Tatsachen nicht sogleich vorgetragen werden,
sei es, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit die Informationen überhaupt nicht oder
nicht mit dem zur Substantiierung notwendigen Material beschafft werden konnten, oder
sei es, dass unter dem Zeitdruck die Relevanz der Tatsache nicht erkannt wurde, kann
dem dadurch Rechnung getragen werden, dass das Tatbestandsmerkmal der Nachläs-
sigkeit im Sinne der § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO enger auszulegen ist als im Hauptsachever-
fahren.

 

 

(…)

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 21.02.2023 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main (2-03 O 425/22) unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung von Ordnungsgeld von bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten
und höchstens zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrer Komplementä-
rin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
in Bezug auf den Verfügungskläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen
bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen bzw. online zum Abruf bereitzuhal-
ten und/oder bereithalten zu lassen:
(…)
wenn dies erfolgt wie seit dem 25. November 2022 unter www.(…).de, geschehen
und wie ersichtlich in dem Anlagenkonvolut AST3.
Die Berufung der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erlassverfahrens tragen der Verfügungskläger zu 14 % und die Verfü-
gungsbeklagte zu 86 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Verfügungsklä-
ger zu 15 % und die Verfügungsbeklagte zu 85 %.
Der Streitwert für das Erlassverfahren wird auf 110.000,00 € und für das Berufungsver-
fahren auf 100.000,00 € festgesetzt.

Die Kosten des Erlassverfahrens tragen der Verfügungskläger zu 14 % und die Verfü-
gungsbeklagte zu 86 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Verfügungsklä-
ger zu 15 % und die Verfügungsbeklagte zu 85 %.
Der Streitwert für das Erlassverfahren wird auf 110.000,00 € und für das Berufungsver-
fahren auf 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um presserechtliche Un-
terlassungsansprüche aufgrund eines Artikels in der Ausgabe „Zeitschrift2“ Nr. … vom
26.11.2022 auf S. 102 ff. sowie im Online-Magazin, der Autoren D, E, F, G, H und I unter
dem Titel „…“ und dem Untertitel „Talente (…)“ (Anlage AST 3, BI. 41 ff. d. A.).
Der Verfügungskläger ist Profi-Fußballspieler. Er spielt aktuell bei Verein1 und wurde in
die deutsche Fußballnationalmannschaft berufen. Die Verfügungsbeklagte verantwortet
das Nachrichtenmagazin „Zeitschrift2“ sowie das unter www.(…).de veröffentlichte On-
line-Magazin.
Im Vorfeld der Veröffentlichung gab es seit Mitte September 2022 Telefon- und Whats-
App-Kontakte zwischen dem Vater des Verfügungsklägers, Vorname2 A, und dem Journa-
listen J von der Zeitschrift „Zeitschrift1“. Am 11.11.22 übersandte dieser über die Anwäl-
tin des Vaters und Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers einen Fragenkatalog
zu seinen Recherchen über den Verfügungskläger. Im Rahmen eines folgenden Verfah-
rens des Verfügungsklägers gegen den Journalisten J, die Zeitschrift1 GmbH und die Ver-
lag1 GmbH vor dem Landgericht Frankfurt (Az. …) wegen eines Verbots der Verbreitung
einer Geburtsurkunde mit der Behauptung, diese betreffe den Verfügungskläger, dieser
sei nicht der leibliche Sohn von Vorname2 A und nicht am XX.XX.2004 geboren, versi-
cherte Vorname2 A am 12.11.2022 an Eides statt, dass der Verfügungskläger sein leibli-
cher Sohn und am XX.XX.2004 in Land1 geboren sei. Die zunächst erlassene Verbotsver-
fügung wurde später durch Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts aufgehoben.
Am 22.11.2022 sandte der hiesige Autor F eine E-Mail an die Prozessbevollmächtigte des
Verfügungsklägers mit dem Betreff „Anfrage Zeitschrift2“ (AST 4, BI. 61 d. A.). Am Folge-
tag antwortete diese und teilte mit, dass keine offizielle Stellungnahme abgegeben wer-
de, aus der zitiert werden dürfe, und führte u.a. aus, dass die von Herrn J übernomme-
nen Tatsachen unzutreffend seien (AST 4, BI. 59f. d. A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2022 ließ der Verfügungskläger die Verfügungs-
beklagte erfolglos abmahnen und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehr-
ten Unterlassungserklärung auf.
Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich behauptet, dass die Berichterstattung falsche
Angaben zu Alter und Herkunft des Verfügungsklägers, zu seiner Identität, zum Inhalt
einer WhatsApp-Nachricht des zweiten Bürgermeisters von Stadt2, zum Aufenthalt von
Vorname2 A in Land1 und zur Zwangsversteigerungssache vor dem Amtsgericht Ort2
enthalten habe. Er war der Ansicht, dass diese falschen Tatsachenbehauptungen ihn in
seiner Privatsphäre erheblich beeinträchtigt hätten und, sofern diese als Gerücht oder

Verdachtsäußerung zu behandeln gewesen seien, habe den aufgestellten Verdächtigun-
gen ein Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt.
Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich beantragt:
Im Wege der einstweiligen Verfügung- der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhand-
lung- der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zu-
widerhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht bei-
getrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Mona-
ten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchs-
tens zwei Jahre), zu verbieten,
(Von der Darstellung des Textes wird abgesehen – die Red.)
Das Landgericht hat den Anträgen teilweise (hinsichtlich der Anträge I. 7, 8 und 10)
stattgegeben und im Übrigen die Anträge zurückgewiesen. Es ist dabei davon ausge-
gangen, dass es sich bei der Äußerung, dass der Zwangsversteigerungstermin abge-
sagt wurde (Äußerung I. 10.) um eine unwahre Tatsache gehandelt habe. Aus dem vor-
gelegten Beschluss des AG Ort2 und der eidesstattlichen Versicherung des Vorname2 A
habe sich glaubhaft ergeben, dass dieser Termin stattgefunden hat. Weiter seien man-
gels ausreichender Glaubhaftmachung auch die Äußerungen von Vorname3 B, sie sei die
Schwester von As leiblicher Mutter und Vorname2 A habe diesen adoptiert (Äußerung
I.7.) sowie dass ihr Sohn Vorname4 C geäußert habe, dass A in einem Haus in der Nä-
he aufgewachsen sei und seine angeblichen leiblichen Eltern in einer wohlhabenden Ge-
gend des Ortes1 wohnen würden (Äußerung I.8.), zu untersagen gewesen. Diese hätten
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers beeinträchtigt, weil sie als
Anknüpfungstatsachen für die Behauptung gedient hätten, der Verfügungskläger habe
über seine Herkunft getäuscht. Es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Redak-
teurin mit diesen Personen in Land1 gesprochen und diese die angegriffenen Äußerun-
gen getätigt haben.
Im Übrigen hätten zulässige Verdachtsäußerungen vorgelegen. Die Verfügungsbeklag-
te habe deutlich gemacht, dass es sich bei den angegriffenen Äußerungen um Gerüch-
te handele und habe deutlich aufgezeigt, dass deren Wahrheit nicht feststehe. Die Be-
richterstattung sei auch nicht vorverurteilend. Aufgrund des medialen Interesses anläss-
lich der Fußballweltmeisterschaft und des höheren finanziellen Werts jüngerer Fußball-
spieler sei die Berichterstattung über das Alter des Verfügungsklägers auch nicht der Pri-
vatsphäre unterfallen. Es hätten auch ausreichende Beweistatsachen vorgelegen und die
Verfügungsbeklagte habe glaubhaft gemacht, dass sie ihrer journalistischen Sorgfalts-
pflicht nachgekommen sei und vor Veröffentlichung des Artikels hinreichend sorgfältige
Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt habe.Bereits das Verhalten von Vorna-
me2 A im Vorfeld der Berichterstattung habe ausreichende Anknüpfungspunkte für den
streitgegenständlichen Artikel geboten, zudem habe der Journalist J an Eides statt versi-
chert, dass sich Vorname2 A ihm gegenüber wie im Artikel behauptet verhalten und ge-
äußert habe. Die untersagten Äußerungen hätten auch nicht das Gewicht, die übrigen
Beweisanzeichen zu schmälern. Die eidesstattliche Versicherung des Vorname2 A vom
12.11.2022 sei nicht geeignet gewesen, die bestehenden Verdachtsmomente auszuräu-
men. Sie enthalte nur die Erklärung, dass der Verfügungskläger sein leiblicher Sohn und
am XX.XX.2004 in Stadt2, Land1, geboren sei und erkläre nicht die Kontakte und das
Verhalten von Vorname2 A gegenüber dem Journalisten. Die Kontakte seien durch die
Vorlage der WhatsApp Chats belegt worden sowie auch der Inhalt der Nachricht des 2.

Bürgermeisters von Stadt2. Auch die eidesstattliche Versicherung vom 17.12.2022 habe
den Indizien nicht entgegengestanden, da auch diese den Kontakt und die Weiterleitung
der Nachrichten nicht habe erklären können. Als weitere Indizien habe die Verfügungs-
beklagte glaubhaft vorgetragen, dass bereits im Jugendfußballbereich Zweifel durch Trai-
ner geäußert worden seien und der Verfügungskläger nicht an Jugendturnieren mit Al-
tersprüfung teilgenommen habe. Es sei auch ausreichend Gelegenheit zur Stellungnah-
me gegeben worden, die Anfrage vom 22.11.11 habe sich erkennbar auch an den Ver-
fügungskläger gerichtet. Wenn auch knapp, sei der Kern der Berichterstattung ausrei-
chend erkennbar gewesen.
Im Weiteren wird auf den Tatbestand und die Urteilsgründe des landgerichtlichen Urteils
vom 21.02.23 (Bl. 226ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger die abgewiesenen Verfügungsanträge
weiter, nimmt Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen und führt weiter aus, dass
seiner Ansicht nach das Landgericht für die Verbreitung der „Gerüchte“ über den Verfü-
gungskläger und dessen Alter (Anknüpfungs-)Tatsachen als wahr unterstellt habe, die
bestritten worden seien und von der Gegenseite weder dargelegt noch glaubhaft ge-
macht worden seien. Widersprüche der Gegenseite und Aspekte zugunsten des Verfü-
gungsklägers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. So sei die eidesstattliche
Versicherung des Vorname2 A (AST1, Bl. 34f) außer Betracht geblieben und nur auf die
eidesstattliche Versicherung des Journalisten abgestellt worden, obwohl dieser aufgrund
vorheriger eigener Berichterstattung ein erhebliches Eigeninteresse verfolge. Den An-
gaben des Vorname2 A sei ohne Gründe nicht geglaubt worden, unter Berücksichtigung
seiner Angaben hätte das Gericht zumindest dazu kommen müssen, dass sich zwei wi-
dersprechende Aussagen gleichberechtigt gegenüberstanden. Auf frühere Gerüchte ha-
be nicht abgestellt werden dürfen, da diese spätestens im Jahr 2017 durch die offizielle
Bestätigung des Alters des Verfügungsklägers durch Hamburger Behörden ausgeräumt
worden seien (BK1, Artikel bei Welt.de vom 14.10.2017, rp-online vom 15.10.2017 Bl.
325ff.). Die Berichterstattung würde sich darüber hinaus rassistischer Klischees bedie-
nen, wenn berichtet werde, dass afrikanische Spieler über ihr Alter täuschen würden. Zu-
dem sei der Verfügungskläger entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht ausrei-
chend zu den angeblichen Belegtatsachen im Vorfeld angehört worden. Die Anfrage ha-
be sich ohnehin nur an den Vater gewandt und diesem zwei Fragen gestellt. Die wesent-
lichen Punkte der Berichterstattung seien nicht benannt worden.
Die vom Landgericht aufgeworfenen Zweifel an der Herkunft des Verfügungsklägers ha-
be nicht einmal die Verfügungsbeklagte behauptet. Das Alter der Mutter des Verfügungs-
klägers sei für erstgebärende Mütter aus Land1 (Durchschnittsalter 2011 bei 19,7 Jah-
ren) nicht ungewöhnlich. Bei Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung des
Vorname2 A ergebe sich insbesondere, dass die angebliche Geburtsurkunde mit ande-
ren Angaben zur Person und Alter nicht den Verfügungskläger betreffe. Zudem, dass sich
Vorname2 A 2022 nicht in Land1 aufgehalten habe oder dies Herrn J berichtet habe. Die
diesbezügliche Äußerung (I.5) impliziere jedoch, dass es eine andere „echte“ Familie
des Verfügungsklägers in Land1 gebe, ohne dass dies der Fall sei. Auch habe Vorname2
bei den WhatsApp-Nachrichten Dritter nie von einer Drohung berichtet und es sei nicht
glaubhaft gemacht, dass die angeblichen Hintergründe in der Nachricht die Identität des
Verfügungsklägers betreffen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 21.04.23
(Bl. 302ff. d.A.) sowie Berufungserwiderung vom 26.06.23 (Bl. 374ff. d.A.) verwiesen.
Der Verfügungskläger beantragt,
unter (teilweiser) Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 21.02.23, Az. 2-03 O 425/22, wie folgt zu erkennen, und (auch) die folgende
einstweilige Verfügung zu erlassen:
Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche
Verhandlung – der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder ei-
ner Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens
250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
zu verbieten,
in Bezug auf den Verfügungskläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen
bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen bzw. online zum Abruf bereitzu-
halten und/oder bereithalten zu lassen:
(Von der Darstellung des Textes wird abgesehen – die Red.)
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Verfügungsklägers zurückzuweisen.
Mit ihrer eigenen Berufung beantragt die Verfügungsbeklagte,
die Ziffern I.2. und I.3. des Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 21. Fe-
bruar 2023 aufzuheben und den Verfügungsantrag auch insofern zurückzuwei-
sen.
Der Verfügungskläger beantragt,
die Berufung derVerfügungsbeklagten zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertieft
ihr Vorbringen im Hinblick auf die beiden vom Landgericht untersagten Äußerungen (Te-
nor I.2 und 3. entspricht I.7 und I.8 des Antrags). Die Untersagung der Äußerung I.10 (Te-
nor I.1.) werde nicht angegriffen, sie beruhe auf einem Versehen. Sie hält das Bestrei-
ten des Verfügungsklägers hinsichtlich der Äußerungen von Frau B (I.7) mit Nichtwissen
für unzulässig. Der Äußerung von Herrn C (I.8) sei die Verfügungsklägerseite überhaupt
nicht entgegengetreten. Jedenfalls ergebe sich die Glaubhaftmachung nun aus der vor-
liegenden eidesstattlichen Versicherung des Herrn H (Anlage BK1, Bl. 349). Dies sei der
Afrika-Korrespondent der Verfügungsbeklagten und er habe den Kontakt zu Frau E auf-
genommen und habe ihr Protokoll der Recherchen vor Ort vom 23.11.23 (Anlage BK2, Bl.
350f.) erhalten und weitergeleitet.
Zudem komme es bei der vorliegenden Verdachtsberichtserstattung nicht auf den Wahr-
heitsgehalt an, auch nicht auf eine Abwägung mit der eidesstattlichen Versicherung des
Vorname2 A, sondern nur darauf, ob und das ausreichende Anknüpfungstatsachen für

das Gesamtbild im Zeitpunkt der Berichterstattung vorlagen. Eine behördliche Entschei-
dung – ohne nähere Angaben was genau geprüft worden sei – widerlege einen solchen
Verdacht ebenfalls nicht. Auf eine vermeintlich unzureichende Konfrontation könne sich
der Verfügungskläger bereits deshalb nicht berufen, da er ausdrücklich untersagen ließ,
dass diese in die Berichterstattung einfließe und auch keine Anhaltspunkte aufgezeigt
habe, die Anlass zu Nachrecherchen gegeben hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom
22.05.2023 (Bl. 340ff. d.A.) sowie auf die Berufungserwiderung vom 23.05.23 (Bl. 355ff.
d.A.) verwiesen.
Der Verfügungskläger trägt ergänzend zur Berufung der Verfügungsbeklagten vor, dass
auch nach deren Berufungsbegründung ausreichende Anknüpfungstatsachen für die un-
tersagten Äußerungen fehlen würden. Ausreichende Belege über die Identität der ge-
nannten Personen habe die Verfügungsbeklagte auch hiernach nicht vorgelegt. Diesbe-
züglich läge auch keine Verdachtsberichtserstattung vor, sondern die Verfügungsbeklag-
te würde sich Aussagen Dritter zu eigen machen und müsse die Wahrheit der angeblich
feststehenden Tatsachen beweisen. Mit Schriftsatz vom „22.03.2024“, eingegangen am
06.05.2024, vertieft er seine in der mündlichen Verhandlung bereits dargelegte Rechts-
auffassung.
II.
1. Die Berufung des Verfügungsklägers hat in der Sache überwiegend Erfolg.
a. Dem Verfügungskläger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen I.1-3, I.
4, 2. Satz, 6, 9 und II. 1-2 gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB i.V.m. Art. 2
Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zu.
Die Äußerungen I. 1, 2, 3, 4, 2. Satz, 6, 9, II. 1, 2 sind als Verdachtsäußerungen einzuord-
nen, die in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers eingreifen. Dies-
bezüglich mangelt es jedoch an einer ausreichenden Anhörung und Möglichkeit zur Stel-
lungnahme des Verfügungsklägers, so dass ein Anspruch auf Unterlassung besteht.
Über die Unterlassungsanträge ist aufgrund einer Abwägung des Rechts des Verfügungs-
klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs aus Art. 2 Abs. 1 GG,
Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK veranker-
ten Recht der Verfügungsbeklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reich-
weite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstän-
de des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Euro-
päischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse
des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil
vom 31.5.2022 – VI ZR 95/21, GRUR 2022, 1359 Rn. 17 m.w.N.). Um die Zulässigkeit ei-
ner Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen dabei einander in einer um-
fassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichti-
gen sind (BVerfG, NJW 2008, 358 [359]).
Bei dem vorliegenden Bericht in seiner Gesamtschau handelt es sich um eine Verdachts-
berichterstattung über Zweifel und Gerüchte am tatsächlichen Alter des Verfügungsklä-

gers als Profifußballer. Die Schilderung des Verdachts, dass der Verfügungskläger tat-
sächlich älter als angegeben sei, ist geeignet, sich erheblich auf das Ansehen des Ver-
fügungsklägers auszuwirken. Auch dürfte die Berichterstattung eine erhebliche Breiten-
wirkung haben. Überdies war der Verfügungskläger eindeutig identifizierbar. Demgegen-
über hat das von der Verfügungsbeklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffent-
lichkeit jedoch ebenfalls großes Gewicht. Die Berichterstattung leistete einen Beitrag zu
einer Diskussion von öffentlichem Interesse, denn das Alter eines Fußballprofis ist ein
erhebliches Kriterium bei dessen Marktwert und der Verfügungskläger stand aufgrund
seines Alters im Rahmen seiner Profikarriere und Nationalmannschaftskarriere im Blick-
punkt der Öffentlichkeit. Aufgrund dieser beruflichen Besonderheit ist das Alter des Ver-
fügungsklägers als Sportprofi auch nicht ausschließlich dessen Privatsphäre zuzuordnen,
sondern im Rahmen der beruflichen Bedeutung, nämlich der Auswirkung auf den Markt-
wert und auf die Teilnahme in der Nationalmannschaft mit dem 18. Geburtstag, der Sozi-
alphäre zuzurechnen.

Die Äußerungen
I.1. „Der Stadt1er Vorname1 A gilt als Wunderknabe. Schon lange gibt es Gerüchte um
das tatsächliche Alter und die Herkunft des Nationalspielers” bzw. „Zwei Konstanten blei-
ben: eine sensationelle Torquote und Zweifel an seinem Alter“,
2. „Laut einem Bericht der Zeitschrift1 soll es Drohungen aus Vorname1 Geburtsort
Stadt2 geben, seit der Fußballprofi im Oktober in den vorläufigen deutschen WM-Kader
berufen wurde. Man wolle den Hintergrund der Identität des Spielers veröffentlichen falls
Vorname1 für Deutschland und nicht für sein Heimatland1 spiele.“,
3. „Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass As Umfeld die Identität des Spielers ge-
fälscht hat, wäre dies ein herber Schlag für seine Karriere. Seit Jahren gibt es Spekulatio-
nen über As Alter“
4. Sollte das die wahre Urkunde As sein, wäre er in Wahrheit mehr als vier Jahre älter als
bisher angegeben. Vorname2 A wäre auch nicht der leibliche Vater“,
6. „In einem Telefonat habe Vorname2 A erklärt, die Nachricht (sc. zuvor zitierte Whats-
App auf Französisch) komme von einem Politiker aus Land1. Dieser habe gedroht, alles
auffliegen zu lassen, falls Vorname1 für Deutschland spielen werde, man wolle die Be-
hörden in Deutschland informieren“,
9. „Vorname1 A wäre nicht das erste afrikanische Talent, das unter falschen Angaben in
Europa spielt.“,
II.1. „Vorname1 A: Neue Zweifel an Alter und Herkunft des Nationalspielers“,
sowie
II.2. „Talente, die unter falscher Identität in Europa spielen“, als Unterüberschrift des
Onlineartikels zu der Äußerung II.1 mit Nennung des Verfügungsklägers, enthalten die
Schilderung des Verdachts, dass der Verfügungskläger tatsächlich älter als angegeben
sei und andere leibliche Eltern habe. Im Rahmen des Artikels benennt die Verfügungs-
beklagte die in den Jahren zuvor erfolgte Berichterstattung über Zweifel an dessen Al-
ter, die Angaben anderer Jugendtrainer und stellt diesen das Bestreiten des Verfügungs-
klägers, dessen Vater Vorname2 A sowie die behördliche Prüfung aus dem Jahr 2017 ge-

genüber. Im Weiteren berichtet die Verfügungsbeklagte von den Angaben des Journalis-
ten J, benennt dessen vorher erschienenen Artikel und dessen Kontakte mit dem Vater
des Verfügungsklägers sowie die per WhatsApp übersandte angebliche Geburtsurkunde
des Verfügungsklägers mit anderem Namen und Alter. Die Verfügungsbeklagte äußert in
dem Artikel deutlich und für den Durchschnittsleser erkennbar, dass es sich bei den Ge-
rüchten und Zweifeln nur um einen Verdacht handelt und dieser nicht bewiesen ist.
Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand
an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr da-
mit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine
Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizieren-
de Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorge-
worfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine
Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang
von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis
der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
Der für diese identifizierende Verdachtsberichterstattung erforderliche Mindestbestand
an Beweistatsachen lässt sich wie das Landgericht zutreffend ausführt aus den von der
Verfügungsbeklagten angestellten Recherchen herleiten. Wesentliche Indizien der Re-
cherchen stellen dabei zum einen die Angaben des Vaters des VerfügungsklägersVorna-
me2 A gegenüber dem Journalisten J, eine angebliche Geburtsurkunde des Verfügungs-
klägers sowie Textnachrichten Dritter über diesen dar, zum anderen die von der Verfü-
gungsbeklagten vorgenommenen Recherchen in Land1, in deren Folge sich der Artikel
auf Angaben einer Frau Vorname3 B und deren angeblichen Sohn Vorname4 C bezieht.
Den Wahrheitsgehalt der Äußerungen hat die Verfügungsbeklagte durch die Vorlage ei-
ner eidesstattlichen Versicherung des Herrn J glaubhaft gemacht. Das Landgericht hat
dabei auch die eidesstattlichen Versicherungen des Vorname2 A zutreffend berücksich-
tigt und gegenübergestellt.
Durch die erfolgte Berichterstattung findet auch keine Vorverurteilung des Verfügungs-
klägers statt. Die Verfügungsbeklagte ordnet die angegriffenen Äußerungen und Zweifel
an dem Alter und der Herkunft des Verfügungsklägers deutlich als bloßen Verdacht ein,
formuliert hinsichtlich der Angaben und etwaiger Folgen durchgehend im Konjunktiv und
legt dar, dass diese nicht bewiesen sind. Auch werden die der Verfügungsbeklagten be-
kannten gegenteiligen Tatsachen, wie das Bestreiten des Verfügungsklägers und dessen
Vaters, die behördliche Prüfung des Alters wiedergegeben und dem Durchschnittsleser
kein feststehender Sachverhalt geschildert, so dass dieser selbst Schlüsse ziehen kann.
Jedoch wurde dem Verfügungskläger im Vorfeld durch die Mail-Anfrage vom 22.11.2022
(AST4, Bl. 61 d.A.) keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die-
se richtet sich zwar auch an den Verfügungskläger, da die Anfrage ausdrücklich darauf
verweist, dass die Bevollmächtigte den Vater und den Verfügungskläger vertreten soll.
In dieser wird auch der Kernverdacht benannt, dass Gegenstand des Artikels das Alter
und die Herkunft des Verfügungsklägers seien soll, jedoch werden wesentliche Recher-
cheergebnisse, auf denen der Artikel basieren soll, nicht ausreichend benannt. Die Anfra-
ge bezieht sich ausschließlich auf die angeblich widersprüchlichen Angaben des Vaters
gegenüber dem Journalisten Js sowie eine Zwangsversteigerung von dessen Haus und
formuliert diesbezüglich zwei Fragen an den Vater des Verfügungsklägers. Die eigenen
Recherchen der Verfügungsbeklagten in Land1, insbesondere die Gespräche mit angeblichen

Angehörigen dort, werden nicht benannt oder angedeutet. Dies ergibt sich auch
nicht aus den zuvor erfolgten Anfragen des Journalisten J bei dem Verfügungskläger vom
11.11.22, da bei dessen Artikel und Anfrage im Rahmen der zuvor erfolgten Berichter-
stattung der „Zeitschrift1“ kein Bezug auf Recherchen in Land1 erkennbar ist.
Diese Recherchen zu Äußerungen von angeblichen Angehörigen in Land1 stellen im Ar-
tikel der Verfügungsbeklagten auch wesentliche Indizien für den geäußerten Verdacht
dar. Mit diesen Äußerungen wird die Tatsache behauptet, eine in Land1 lebende Frau na-
mens Vorname3 B habe gegenüber der Verfügungsbeklagten gesagt, sie sei die Schwes-
ter von As leiblicher Mutter und dabei gewesen als er geboren wurde und ihr Sohn habe
das Haus gezeigt, in dem der Verfügungskläger tatsächlich aufgewachsen sei. Weitere
Familienmitglieder, auch die angeblichen Eltern, hätten nicht über den Verfügungsklä-
ger reden wollen. Diese Äußerungen dienen jedoch darüber hinaus auch als Indiz für den
Verdacht, dass der Verfügungskläger andere Eltern habe und in der Folge das Bestreiten
des Verfügungsklägers nicht der Wahrheit entspreche. In Gesamtschau des streitgegen-
ständlichen Artikels erscheinen diese im Artikel dargestellten Indizien, wobei auch ein
Bild der angeblichen Tante des Verfügungsklägers im Artikel abgebildet wird, noch dazu
mit widersprüchlichen Angaben zu Alter (sei wahr) und Herkunft (habe andere Eltern) als
wesentliche Anhaltspunkte für den geteilten Verdacht, so dass hierüber die Möglichkeit
zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen.
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten war eine Gelegenheit zur Stellungnah-
me dazu nicht deshalb entbehrlich, weil der Verfügungskläger über seine Bevollmäch-
tigte (sofern diese überhaupt für den Verfügungskläger und nicht für den Vater antwor-
tete) die Veröffentlichung seiner Äußerungen untersagt hat. Denn die Möglichkeit der
Anhörung dient auch dem Zweck, dass der Autor seine Recherchen und Ergebnisse kri-
tisch hinterfragt und gegebenenfalls Nachermittlungen anstellen kann. Darüber hinaus
ist es durchaus möglich, dass der Verfügungskläger sich auf eine Frage, welche den vor-
genannten Themenkomplex betrifft, geäußert hätte, ohne eine diesbezügliche Veröffent-
lichung zu untersagen.
Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll dabei sicher-
stellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Betroffenen in Er-
fahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu
Wort kommen kann. Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur Gelegenheit zur
Stellungnahme erhält, sondern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis ge-
nommen und der Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird. Der
Standpunkt des Betroffenen ist dabei für den Leser nicht nur dann relevant, wenn sich
die Stellungnahme konkret zu den geäußerten Verdachtsmomenten verhält, sich der Be-
schuldigte vom Verdacht „entlasten“ kann. Auch die Information über ein bloßes Demen-
ti ist grundsätzlich geeignet, der Gefahr einer Vorverurteilung des Betroffenen zu begeg-
nen (BGH Urteil vom 16.11.2021, Az. VI ZR 1241/20, NJW 2022, 940 Rn. 25 m.w.N).
Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit verdient regelmäßig
die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den
Vorrang, wenn die publizistischen Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind (vgl. BGHZ
143, 199 = NJW 2000, 1036). Daraus folgt jedoch nicht, dass die zu diesen Sorgfalts-
pflichten bei einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung zählende Einholung ei-
ner Stellungnahme des Betroffenen im Hinblick auf den – im Zeitalter elektronischer Me-
dien noch gesteigerten- Aktualitätsdruck regelmäßig verzichtbar ist. Dies würde der Be-

deutung des Persönlichkeitsrechts nicht gerecht. Vielmehr besteht der Vorrang des In-
formationsinteresses grundsätzlich nur, wenn dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellung-
nahme gegeben wurde (BGH a.a.O. NJW 2022, 940 Rn. 28, 29).
Dabei kann nicht angenommen werden, dass die Presse jeden einzelnen Aspekt bzw.
alle einzelnen Anknüpfungstatsachen für den berichteten Verdacht in ihrer geplanten
Berichterstattung in einer Konfrontation aufzugreifen hat. Jedoch muss zumindest der
„wesentliche Kern“ der Vorwürfe und der Anknüpfungspunkte und Argumente darge-
stellt werden und dies wiederum abhängig vom Inhalt des geplanten Beitrages. Wird
wesentlich auf ein vermeintliches Indiz abgestellt, wird man im Gegenzug gerade dazu
eben auch die konträre Sichtweise des Betroffenen zu schildern haben im unmittelba-
ren Wechselspiel (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.11.2020, Az. 15 U 112/20 BeckRS 2020,
37979 Rn. 47).
Die vor der Veröffentlichung gebotene Konfrontation des Verfügungsklägers mit den Vor-
würfen war unter diesen Gesichtspunkten inhaltlich unzureichend und in der Folge könn-
te die konkrete Berichterstattung in einem für den durchschnittlichen Leser wesentli-
chen Punkt anders ausfallen, wenn eine Stellungnahme des Verfügungsklägers eingeholt
und berücksichtigt worden wäre. Die E-Mail Anfrage an die Bevollmächtigte des Vaters
und des Verfügungsklägers enthält insoweit keinen ausreichenden Hinweis auf die weite-
ren von der Verfügungsbeklagten angestellten Recherchen. Es wird zwar in der Anfrage
deutlich, dass es in dem geplanten Artikel um das Alter und die Karriere des Verfügungs-
klägers gehen soll, um Zweifel an seinem Geburtsdatum sowie seinen leiblichen Eltern.
Dies stellt auch den Kern der Berichterstattung über den Verfügungskläger dar. Das Be-
streiten des Verfügungsklägers sowie die in der Stellungnahme übersandten Schreiben
und Beschlüsse im einstweiligen Verfügungsverfahren hinsichtlich einer angeblichen Ge-
burtsurkunde sowie die Übersendung der eidesstattlichen Versicherung des Vorname2
A boten auch zunächst keinen weiteren Anlass weitere Ermittlungen durchzuführen. Die
Umstände der angeblichen Urkunde sowie die grundsätzliche Angabe des Alters durch
den Verfügungskläger und dessen Vater wurden im Rahmen der Anfrage auch berück-
sichtigt und im streitgegenständlichen Artikel wiedergegeben. Jedoch enthält die An-
frage keinen Hinweis auf die Recherchen und Angaben von angeblichen Verwandten in
Land1. Diese Rechercheergebnisse stellen jedoch ein wesentliches Indiz für den aufge-
stellten Verdacht dar und die Verfügungsbeklagte untermauert dies in dem streitgegen-
ständlichen Onlineartikel auch durch ein Lichtbild der angeblichen Tante, worauf der Ver-
fügungskläger nicht Stellung nehmen konnte, da dies nicht mitgeteilt wurde.
Diese Recherchen stellen auch einen neuen Aspekt (im Vergleich zur vorangehenden
Berichterstattung in der „Zeitschrift1“) in der Berichterstattung der Verfügungsbeklag-
ten dar, die mit einer weitergehenden Stellungnahme des Verfügungsklägers in ihrer Be-
deutung als Anknüpfungstatsache für den berichteten Verdacht geschmälert hätten wer-
den können, insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der von der Ver-
fügungsbeklagten zitierten Entscheidung des Senats (Urteil vom 30. Juni 2022, Az. 16 U
68/21).
Es ist auch nicht auszuschließen, dass bei Mitteilung, dass die Verfügungsbeklagte vor
Ort mit angeblichen Angehörigen gesprochen hat, unter Berücksichtigung der Äußerun-
gen des Verfügungsklägers im Rechtsstreit, zum einen eine verwertbare Äußerung des
Verfügungsklägers erfolgt wäre, zum anderen wäre auch ein bloßes Dementi als Reakti-
on im streitgegenständlichen Artikel darzusIndizien ein anderes Gewicht geben können,

so dass sich die unterlassene Konfrontation auch auf die konkrete Berichterstattung ausgewirkt hat.
b. Dem Verfügungskläger steht jedoch kein Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen
I. 4 1. Satz und I.5 zu.
Die Äußerungen
I.4. „Vier Tage später bekommt der Reporter per WhatsApp die Kopie einer Geburtskun-
de, ausgestellt in Stadt2 am XX.XX.2000, das geborene Kind heißt Vorname1 K.“
sowie
I.5. „Am 24. Oktober habe der Reporter den Vater erneut angerufen, er sei überrascht
gewesen, A in Stadt2 zu erreichen. Was er dort suche? Er wolle mit der Familie von Vor-
name1 sprechen.“
enthalten im Gegensatz zu vorstehendem keine Verdachtsberichterstattung gegenüber
dem Verfügungskläger, sondern sind als Tatsachenbehauptungen einzuordnen, deren
Wahrheit die Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat.
Von einer Tatsachenbehauptung ist dabei auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung
entsprechend dem Verständnis des Durchschnittslesers der objektiven Klärung zugäng-
lich ist und als etwas Geschehens grundsätzlich dem Beweis offensteht. Demgegenüber
handelt es sich um eine Meinungsäußerung, wenn die Äußerung durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist (vgl. nur Burkhardt, in: Wen-
zel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. A., Kap. 4 Rz. 43, 48; Korte Pres-
seR, § 2 Persönlichkeitsrechtliche Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit Rn. 172, beck-
online). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheits-
gehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie
nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185 [196] =
NJW 1999, 1322 [1324]; BVerfG, NJW 2003, 1856 [1857]; NJW-RR 2006, 1130 [1131]).
Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen,
dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen
Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäuße-
rung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regel-
mäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschrän-
kende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1 [17, 20f.] = NJW 1992,
1439 [1440]; BVerfGE 90, 241 [248f.] = NJW 1994, 1779; BGH, NJOZ 2008, 622 Rn. 12).
Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil
zu Grunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1 [8] = NJW 1996, 1529
[1530]; BVerfG, NJW 2008, 358 [359]; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856 [1857]; NJW
2004, 277 [278]; NJW-RR 2006, 1130 [1131]; BGH, NJOZ 2008, 622) (BGH, Urteil vom
11.3.2008 – VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110, beck-online).
Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der erfolgten Glaubhaftmachung bei diesen zwei
Äußerungen von wahren Tatsachenbehauptungen auszugehen.
Hinsichtlich des an den Reporter übersandten Dokuments (Äußerung I.4) ist es unstrei-
tig, dass dieser eine Nachricht empfangen hat, in der ein Dokument übersandt wurde,
welches eine Kopie einer Geburtsurkunde mit den genannten Daten darstellen soll. Diese
Äußerung enthält auch keinen Verdacht, dass es sich bei dem Dokument um eine echte

Urkunde handelt noch, dass das darin genannte Geburtsdatum und der Name tatsäch-
lich den Verfügungskläger betreffen. Dargestellt wird, dass ein Kind mit anderem Namen
als der Verfügungskläger an einem anderen Datum geboren wurde. Für sich betrachtet
beinhaltet diese Äußerung kein Indiz für den Verdacht gegen den Verfügungskläger. Erst
der zweite Satz der Äußerung – welcher gedanklich hiervon getrennt werden kann und
daher getrennt beurteilt werden kann – erhebt einen Verdacht in Bezug auf den Kläger.
Ausreichend ist daher, den zweiten Teil der angegriffenen Äußerung zu untersagen.
Die Äußerung (I.5) beinhaltet zum einen die Tatsachenbehauptung, dass der Vater des
Verfügungsklägers mit dem Journalisten Js am 24. Oktober telefoniert habe und dieser
dabei davon ausgegangen sei, den Vater dabei in Land1 zu erreichen. Der Umstand,
dass diese an dem Tag telefoniert haben, ist insoweit unstreitig. Der Umstand, dass der
Gesprächspartner den Vater so verstanden hat, dass dieser in Land1 war, ist von der
Verfügungsbeklagten glaubhaft gemacht worden. Zum anderen enthält die beanstande-
te Äußerung die Tatsachenbehauptung, dass der Journalist den Vater des Verfügungs-
klägers so verstanden habe, dass dieser mit „der Familie“ des Verfügungsklägers ge-
sprochen habe. Dies beinhaltet nicht den Verdacht, dass er selbst nicht Teil dieser Fami-
lie sei, sondern es eine andere leibliche Familie gebe. Die Äußerung wird vielmehr vom
maßgeblichen Durchschnittsrezipienten dahingehend verstanden, dass der Vater mit
weiteren Mitgliedern der Familie, welche in Land1 leben, gesprochen hat.
In der Folge hat die Verfügungsbeklagte diese Tatsachenbehauptungen durch Vorlage
der eidesstattlichen Versicherung des J glaubhaft gemacht. Das Landgericht hat diesbe-
züglich auch die beiden eidesstattlichen Versicherungen des Vaters und des Herrn J ge-
genübergestellt und der Versicherung des Herrn J zu Recht mehr geglaubt. In der eides-
stattlichen Versicherung des Vorname2 A (Bl. 35 d.A.) wird diesbezüglich lediglich pau-
schal angegeben, dass er sich im Jahr 2022 nicht in Land1 aufgehalten habe. Die eides-
stattliche Versicherung von J (Bl. 164, 166 d.A.) enthält im Gegenzug genaue Angaben
über die Dauer und die Themen des Telefonats sowie der Angaben des Vaters, weshalb
und wie lange er in Land1 sei. Auch bei den Inhalten des Gesprächs wurden Details in
Bezug auf den Aufenthalt in Land1 geschildert. Im Rahmen der gebotenen Würdigung
der Glaubhaftmachung ist zu berücksichtigen, dass es den Angaben des Vorname2 A an
jeglichen Details fehlt. So hätte dieser aufgrund des genauen Datum und der Angaben
zum Gespräch ohne Weiteres mitteilen können, wo er sich denn an dem genannten Tag
tatsächlich aufgehalten haben will und was im Gegenzug der tatsächliche Gegenstand
des über 13 Minuten dauernden Gesprächs gewesen seien soll, was jedoch nicht gesche-
hen ist. Das Landgericht ist daher rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es im Rah-
men der Abwägung der Glaubhaftmachung der Verfügungsbeklagten folgt.
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen die vom Landgericht untersagten Äuße-
rungen I.7 und I.8 hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch auf Unterlassung dieser Äußerungen aus
§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG angenom-
men. Die beanstandeten Äußerungen I.7 und I.8 sind zwar nicht als Verdachtsäußerun-
gen, sondern als Tatsachenbehauptungen einzuordnen,welche als Anknüpfungstatsa-
chen für die Behauptung dienen, der Verfügungskläger habe über seine Herkunft ge-
täuscht, so dass kein Anspruch mangels ausreichender Anhörung besteht. Die bestritte-
nen Äußerungen sind jedoch nicht (rechtzeitig) glaubhaft gemacht worden.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Bestreiten des Verfügungs-
klägers hinsichtlich der von diesen Personen getätigten Äußerungen mit Nichtwissen
gem. § 138 Abs. 4 ZPO zulässig ist, da dieser nicht an den Gesprächen beteiligt war und
dies daher weder eine eigene Handlung noch Gegenstand eigener Wahrnehmung ist.
Der Verfügungskläger hat dies (entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten in ihrer
Berufung) auch bereits in der Antragsschrift (Schriftsatz vom 22.12.22, S. 26, Bl. 26 d.A.)
auf die Äußerungen des Vorname4 C bezogen. Der Umstand, dass Frau Vorname3 B be-
hauptet, die Tante des Verfügungsklägers zu sein, bei dessen Geburt dabei gewesen zu
sein und seine angeblichen leiblichen Eltern in Ort1 wohnen würden, hat der Verfügungs-
kläger ebenfalls bestritten.
Eine Glaubhaftmachung ist in erster Instanz jedoch nicht erfolgt. Erst in der Berufung
hat die Verfügungsbeklagte die eidesstattliche Versicherung des Afrika-Korrespondenten
vorgelegt, in welcher dieser darlegt, dass er mit E Kontakt aufgenommen und diese ihm
ein Protokoll (als weiteres Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt) übersandt habe. Die-
ser Vortrag und diese Glaubhaftmachung sind jedoch nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzu-
lassen.
Die Regelung des § 531 Abs. 2 ZPO findet nach zutreffender Auffassung auch im Beru-
fungsverfahren des einstweiligen Rechtschutzes Anwendung (Zöller/Heßler, 35. Auflage
2024, § 531 ZPO Rn. 1 m.w.N.; a.A. MüKoZPO/Rimmelspacher ZPO § 531 Rn. 3; a.A. Ber-
neke, Neues Vorbringen im Berufungsverfahren zu Arrest und einstweiliger Verfügung,
Festschrift für Tilmann, 2003, S. 755 [763ff.]). Die Frage, wann eine Präklusion im Rah-
men des einstweiligen Verfügungsverfahrens anzunehmen ist, ist umstritten. Zum Teil
wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften der §§ 530, 531 ZPO keine Anwen-
dung finden, weil auch im erstinstanzlichen Verfügungsverfahrenverspätetes Vorbringen
nicht zurückgewiesen werden kann. Die Regelung, dass in der Berufungsinstanz neue
Angriffs- und Verteidigungsmittel gem. § 531 Abs. 2 ZPO nur unter den dort genannten
Voraussetzungen zuzulassen sind, gilt indes nach dem Gesetzeswortlaut, wie auch die
übrigen Vorschriften über das Berufungsverfahren, auch für einstweilige Verfügungsver-
fahren. Die Anwendung einer Berufungsvorschrift mag im Einzelfall unterbleiben, wenn
sie mit Besonderheiten und Charakter des Eilverfahrens nicht vereinbar ist. Soweit des-
wegen die Auffassung vertreten wird, dass die Vorschrift im vorläufigen Rechtsschutz
nicht anzuwenden sei, weil es aufgrund der Eilbedürftigkeit der Verfahren eher vorkom-
me als in normalen Klageverfahren, dass Tatsachen nicht sogleich vorgetragen werden,
sei es, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit die Informationen überhaupt nicht oder
nicht mit dem zur Substantiierung notwendigen Material beschafft werden konnten, oder
sei es, dass unter dem Zeitdruck die Relevanz der Tatsache nicht erkannt wurde, kann
dem dadurch Rechnung getragen werden, dass das Tatbestandsmerkmal der Nachläs-
sigkeit im Sinne der § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO enger auszulegen ist als im Hauptsachever-
fahren (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 22.1.2014, Az. 6 U 118/13, BeckRS 2014, 2653; An-
ders/Gehle/Göertz, 82. Aufl. 2024, § 531 ZPO Rn. 3 m.w.N.). Das Argument, es gebe für
die Anwendung keine sachliche Rechtfertigung, da die Anwendung nicht zu einer Be-
schleunigung der Verfahren führen könne, verkennt den Zweck der Regelung des § 531
Abs. 2 ZPO: Die Regelung dient nicht der Verhinderung einer Verzögerung des Verfah-
rens – dies ist auch keine Voraussetzung der Norm – sondern soll vermeiden, dass die
Parteien Tatsachenvortrag zurückhalten, um ihn erst in zweiter Instanz vorzubringen.
Die Vorschrift dient der Stärkung der ersten Instanz. Dieses Ziel steht nicht Widerspruch
zur grundsätzlichen Eilbedürftigkeit des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Soweit den

Parteien faktisch für die Vorbereitung des Tatsachenvortrages weniger Zeit zur Verfü-
gung steht, kann dem – wie oben genannt – im Rahmen der Auslegung der Zulassungs-
voraussetzungen Rechnung getragen werden. Eine Ausnahme von des § 531 Abs. 2 ZPO
ist auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil die betroffene Partei die Möglichkeit hat, das
Verfahren zur Hauptsache zu erzwingen und den ausgeschlossenen Vortrag dort vorzu-
tragen. Denn im Gegensatz zum Ausschluss im Hauptverfahren, welches die Folge hat,
dass die Partei mit dem Vortrag endgültig ausgeschlossen ist, bleibt es der Partei im vor-
läufigen Rechtsschutz unbenommen, den Vortrag im Hauptsacheverfahren nachzuholen.
Die Rechtsfolge der Präklusion im vorläufigen Rechtschutz ist daher sogar weniger gra-
vierend als im Hauptsacheverfahren.
Für die Verfügungsbeklagte war vorliegend nach Bestreiten in der Antragsschrift deut-
lich zu erkennen, dass die wesentlichen Aspekte und Anknüpfungstatsachen glaubhaft
zu machen sind. Eine Glaubhaftmachung erfolgte sodann hinsichtlich der Äußerungen
des Journalisten Js sowie der Chatnachrichten, bezüglich der Recherchen in Land1 hinge-
gen nicht. Gründe weshalb dies erst in der Berufungsinstanz geschah, sind nicht vorge-
tragen oder sonst aus der Akte ersichtlich, so dass auch unter Berücksichtigung der Be-
sonderheiten im vorläufigen Rechtschutz in diesem Fall von einer Präklusion auszugehen
ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist bei Entscheidungen im einstweiligen
Verfügungsverfahren nicht geboten, weil diese aufgrund Gesetzes vollstreckbar sind
(vgl. BeckOK ZPO/Mayer ZPO § 922 Rn. 9).
Über eine Zulassung der Revision war nicht zu befinden, weil im einstweiligen Verfü-
gungsverfahren eine Revision nicht statthaft ist (§ 542 Abs. 2 ZPO).
IV.
Der Streitwert war für das Erlassverfahren auf 110.000,00 € und für das Berufungs-
verfahren auf 100.000,00 € (wovon 80.000,00 € auf die Berufung des Verfügungsklä-
gers und 20.000,00 € auf die Berufung der Verfügungsbeklagten entfallen) festzusetzen
(§§ 53 Abs. 1 Nr. 1, 66 Abs. 3 GKG, § 3 ZPO).
Der Senat geht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Äußerungen in der Presse
oder anderen Medien – mit Ausnahme von Prominenten oder besonders spektakulären
Fällen, bei denen höhere Beträge in Betracht kommen- je nach Bedeutung und Schwe-
re von einem Gegenstandswert zwischen etwa 5.000,00 € und 15.000,00 € je selbständi-
ger, inhaltsverschiedener Äußerung aus.
Das Interesse des als Sportler der Öffentlichkeit bekannten Verfügungsklägers an der
Beseitigung der streitgegenständlichen Äußerungen in der in Rede stehenden Berichter-
stattung, welche zusätzlich online veröffentlicht wurde, ist demnach unter Berücksichti-
gung der Bedeutung und der Schwere und unter Beachtung des in einstweiligen Verfü-
gungsverfahren üblichen Abschlags von 1/3 wie folgt zu bemessen:
Im Erlassverfahren wurden 12 Äußerungen angegriffen, deren unterschiedlicher Inhalt
zwar eine Zusammenfassung bei der Bemessung des Streitwerts nicht geboten erschei-
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nen lässt, jedoch auf denselben Verdacht (Alter und Herkunft des Verfügungsklägers)
abzielen und daher im einstweiligen Verfügungsverfahren mit jeweils 5.000,00 € zu be-
messen sind. Davon sind 10 Äußerungen (Antrag I.) mehrfach (Print und Online Artikel)
veröffentlicht und daher bei der Wertfestsetzung zweifach zu bewerten. Im Berufungs-
verfahren waren davon insgesamt noch 11 Äußerungen streitgegenständlich, 9 Äuße-
rungen (davon 7 Äußerungen im Print und Onlinemedium) im Rahmen der Berufung des
Verfügungsklägers und 2 Äußerungen (beide Äußerungen im Print und Onlinemedium)
im Rahmen der Berufung der Verfügungsbeklagten

Quelle: hessenrecht