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Unter der Federführung von Rechtsanwalt Dr. Moritz Ott haben Jüdemann Rechtsanwälte erfolgreich einen internationalen Performancekünstler auf Unterlassung in Anspruch genommen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Rechtsstreit zwischen unserem Mandanten, den wir vor dem Landgericht Berlin vertreten haben, und dem Beklagten, einem international erfolgreichen und renommierten Performancekünstler. Der Streit drehte sich um die Nutzung von Fotografien und Videomaterial, die unser Mandant von ihm erstellt hat. Er hatte dem Beklagten Nutzungsrechte an diesen Werken eingeräumt, jedoch war unklar, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum diese Rechte übertragen wurden.

Wir argumentierten, dass die Nutzungsrechte nur für einen bestimmten Zeitraum und gegen eine monatliche Pauschale eingeräumt wurden. Dies würden durch die Rechnungsstellung untermauert, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass das Foto- und Videomaterial bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum unseres Mandanten bleibt. Der Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass ihm umfassende und dauerhafte Nutzungsrechte zustehen, da er in der Vergangenheit die Werke regelmäßig verwendet hatte.

Ein zentraler Punkt in unserer Argumentation war die Zweckübertragungslehre.

  1. Entscheidung

Das Gericht ist unserer Argumentation gefolgt und entschied, dass die Nutzungsrechte nicht in dem von dem Beklagten angenommenen Umfang übertragen wurden. Es stellte fest, dass der Beklagte nicht ausreichend nachweisen konnte, dass ihm die gewünschten Nutzungsrechte dauerhaft und umfassend eingeräumt wurden. Dabei berücksichtigte das Gericht folgende allgemeine vertraglichen Auslegungsregeln:

„Für die vertragliche Rechteeinräumung gelten die allgemeinen vertraglichen Auslegungsregeln (Soppe, in: BeckOK, Urheberrecht, 40. Edition, Stand 1. November 2023, § 31 UrhG, Rn. 87). Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärung zu erforschen, wobei vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ist, unter Ein beziehung der Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihrem Zweck und der In teressenlage der Beteiligten (Wandtke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, Vorbe merkung zu §§ 31 ff UrhG, Rn. 125), wobei die Vertragsauslegung nach beiden Seiten hin interes sengerecht zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 22. April 2010 – I ZR 197/07 – Concierto de Aranju ez, GRUR 2010, 1093, 1095). Fehlt eine ausdrückliche Regelung, so ist von dem nach dem ge samten Vertragsinhalt von den Parteien übereinstimmend verfolgten Vertragszweck und den da nach vorausgesetzten Bedürfnissen der Vertragspartner auszugehen und zu fragen, ob und ge gebenenfalls in welchem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten zur Erreichung des Ver tragszwecks erforderlich ist. Denn nach dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG räumt der Urheber im Zweifel Nutzungsrechte nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck un bedingt erfordert. In dieser Auslegungsregel kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt wird (BGH, Urteil vom 22. Ja nuar 1998 – I ZR 189/95 – Comic-Übersetzungen, GRUR 1998, 680, 682). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die behauptete Nutzungsrechtseinräumung dem Vertragszweck ent spricht, liegt bei demjenigen, der sich darauf beruft (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1995 – I ZR 215/93 – Pauschale Rechtseinräumung, GRUR 1996, 121, 123).“

III. Argumentation

Sodann stellte das Gericht fest, dass unser Mandant seine wirtschaftlichen Interessen habe wahren

müssen; daher habe er die Nutzungsrechte nur in dem Umfang übertragen, der zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich war. Der Beklagte hätte klarstellen müssen, in welchem Umfang er die Nutzungsrechte erwerben wollte. Da dies nicht geschehen sei, bliebe unser Mandant der Urheber und Inhaber der Nutzungsrechte.

Folgende Erwägungen spielten eine Rolle

  1. Fehlende ausdrückliche Vereinbarung: Das Gericht stellte fest, dass zwischen den Parteien keine ausdrückliche schriftliche oder mündliche Vereinbarung über den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte existiert. Dies sei ein entscheidender Punkt; ohne eine solche Vereinbarung kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beklagten umfassende und dauerhafte Rechte zustehen.
  2. Rechnungstexte: Der Rechnungstext spreche ebenfalls eher dafür, dass unser Mandant dem Beklagten nur zeitlich beschränkte Nutzungsrechte eingeräumt habe.
    a) In den beiden beispielhaft vorgelegten Rechnungen hat unser Mandant dem Beklagten ausdrücklich für die jeweils in einem Monat verwendeten Fotografien und Videos oder für die Nutzungsrechte je eines Monats Beträge in Rechnung gestellt. Dies deute darauf hin, dass dies dem Willen der Parteien entsprach.
    b) Für eine dauerhafte Übertragung von Nutzungsrechten spreche insbesondere nicht der abschließende Satz jeder Rechnung: „Das Foto- und Videomaterial bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Klägers.“ Dieser Wortlaut beziehe sich eindeutig nicht auf Rechte sondern auf übergebenes Material; nichts spreche dafür, dass damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, mehr Rechte übertragen zu wollen als sich aus den sonstigen Umständen ergibt.
    c) Das hier gefundene Ergebnis widerspreche auch nicht der wirtschaftlichen Vernunft des Beklagten; es sei insbesondere nicht „absurd“. Denn der Beklagte gerate hier nicht gegenüber unserem Mandanten in eine erpressbare Lage – beide Parteien seien wechselseitig voneinander abhängig.
    d) Es sei nicht Sache unseres Mandanten zu verdeutlichen, dass ihm noch Nutzungsrechte verblieben; wer sichergehen will, müsse diese ausdrücklich bezeichnen.
    e) Auf spätere Entwicklungen komme es nicht an: Das Verhalten der Parteien lässt keinen hinreichend sicheren Schluss darauf zu.
  1. Fazit

Die Entscheidung des Gerichts bekräftigt die Bedeutung klarer vertraglicher Regelungen im Urheberrecht und zeigt auf wie wichtig es ist den tatsächlichen Umfang von eingeräumten Nutzungsrechten eindeutig zu definieren. Unser Mandant konnte erfolgreich nachweisen, dass die eingeräumten Rechte zeitlich beschränkt waren und somit weiterhin als Nutzungsberechtigter gilt.

 

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Dr. Moritz Ott