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UWG -Nachahmungssschutz nach Vertriebseinstellung (OLG Frankfurt 6 U 233/16)

 

UWG -Nachahmungssschutz nach Vertriebseinstellung

1. Grundsätzlich kann die Einstellung des Vertriebs einer Ware dazu führen, dass die „gewisse Bekanntheit“ im Verkehr nicht mehr vorhanden ist.

2.Wird die Gestaltung einer Ware mit einem Modellwechsel nicht aus dem Gedächtnis des Verkehrs eliminiert, sondern lebt in dieser fort, kann die „gewisse Bekannheit“ fortbestehen- Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht Waren des täglichen Bedarfs mit hohen Wiederanschaffungsfrequenzen in Rede stehen, sondern Luxusgüter mit langen Lebenszeiten.

Leitsätze KJ

 

OLG Frankfurt 6. Zivilsenat
Urteil vom 25.10.20186 U 233/16

 

(…)

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 17.11.2016, Az. 2-03 O 526/15 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche wegen behaupteter Nachahmung eines Uhrenmodells unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes. Die Klägerin ist ein Schweizer Unternehmen. Sie stellt Uhren des gehobenen Preissegmentes her und vertreibt diese in Deutschland, so unter anderem auch die streitgegenständliche „A“.

Die Beklagte bewarb im Jahr 2015 die auf Bl. 18 der Klageschrift dargestellte schwarz-goldene bzw. schwarz-silberne Uhr mit goldener Aufschrift unter der Bezeichnung „B“, die die Klägerin als rechtsverletzend angreift.

Die Ausgestaltung der Produkte lässt sich folgender Gegenüberstellung entnehmen:

(an dieser Stelle befindet sich ein Foto der Uhren)

Das Landgericht hat durch Urteil vom 17.11.2016, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagte bis auf einen kleinen Teil der Zinsforderung hinsichtlich der Abmahnkosten antragsgemäß zur Unterlassung, Auskunft und Abmahnkostenersatz verurteilt und die Schadensersatzpflicht festgestellt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, da nicht entscheidend sei, ob die Parteien Uhren in unterschiedlichen Preissegmenten anböten. Das Uhrenmodell weise auch eine wettbewerbliche Eigenart auf, die nicht durch dritte Produkte geschwächt sei. Eine entsprechende Darlegung der Schwächung sei der Beklagten nicht gelungen. Das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform sei unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig. Es liege eine nahezu identische Nachahmung vor. Auch die Anbringung einer „B“ stehe der Herkunftstäuschung nicht entgegen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie trägt vor, mit dem streitgegenständlichen Modell der „A“ habe die Klägerin aufgrund eines Modellwechsels im Jahr 2015 nur noch 159 Uhren nach Deutschland vertrieben und im Jahr 2016 bis Mai noch 25 Stück. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Parteien Mitbewerber seien. Diese seien nämlich nicht in demselben Bereich des Uhrenmarktes tätig: Die Beklagte biete Uhren im Bereich von 20-40 € an, während die Klägerin ihre Uhren in einem höherpreisigen Segment anbiete, das auch nur über Juwelierfachgeschäfte angesprochen werde. Weiterhin fehle es an einer wettbewerblichen Eigenart. Die Klägerin habe insoweit nur ältere Belege aus den Jahren 2001-2008 vorgelegt. Die Beklagte haben im Übrigen die Umsätze bestritten. Ihr vorgelegter Formenschatz bis zum Jahr 2008 stehe der Annahme einer wettbewerblichen Eigenart entgegen. Jedenfalls fehle es an einer Nachahmung. Die angegriffene Ausführungsform der Beklagten weise nicht den für das Modell der Klägerin typischen harmonischen Übergang zwischen den Kettengliedern auf. Weiterhin nehme der Verkehr auch erhebliche Unterschiede im Ziffernblatt wahr. Das Armband sei grobschlächtiger und der Verschluss in Gegensatz zum Modell der Klägerin abtrennbar. Auch in der Seitenansicht erkenne der Verkehr erhebliche Unterschiede, da das Modell der Klägerin dünner sei. Schließlich sei auch die unterschiedliche Qualität der Uhren zu berücksichtigen sowie die Tatsache, dass die Beklagte die „B“ angebracht habe.

Die Beklagte beantragt:

das am 17.11.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (2-03 O 526/15) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.10.2018 (Bl. 643 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach §§ 3, 4 Nr. 3b, 8 I UWG und die hieraus resultierenden Folgeansprüche aus §§ 9, 12 I, UWG, § 242 BGB bejaht. Die „C-Uhr“ der Klägerin weist – auch nachdem der Verkauf aufgrund des vorgenommenen Modellwechsels so gut wie eingestellt ist -weiterhin eine wettbewerbliche Eigenart auf. Der Vertrieb der mit hoher Ähnlichkeit versehenen Nachahmungen der Beklagten stellt eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung dar, da es an der notwendigen gewissen Bekanntheit – jedenfalls noch – nicht fehlt.

1. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Parteien im Sinne von § 2 I Nr. 3 UWG Mitbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Uhren sind.

Grundsätzlich sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses im Sinne des § 2 I Nr. 3 UWG keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH WRP 2014, 1307 Rn. 32 – nickelfrei; BGH WRP 2015, 1326 Rn. 19 – Hotelbewertungsportal). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht daher nicht nur dann, wenn zwei Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen. Es besteht vielmehr auch dann, wenn zwischen den Vorteilen, die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH WRP 2014, 1307 – nickelfrei).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann hier nicht mit dem Argument der Beklagten in Frage gestellt werden, die Beklagte bewege sich aufgrund des Verkaufspreises von 20 – 40 € in einem anderen Markt als die Klägerin, die ihre Uhren zu vierstelligen Beträgen und auch nur über Fachgeschäfte vertreibe. Diese Unterschiede mögen zwar einen klassischen Substitutionswettbewerb ausschließen. Gleichwohl ist der Hersteller des Luxusprodukts Mitbewerber des Nachahmers, weil der Vertrieb der Nachahmung zu seinen Lasten geht (i.E. auch BGH GRUR 1985, 876 – Tchibo/Rolex; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 2, Rnr. 110a, § 4, Rnr. 3.19; Beater WRP 2009, 768, 777; Köhler, WRP 2009, 499). Die Beklagte kann mit ihrem Angebot von günstigen Uhren die Marktchancen der Klägerin auf einem Drittmarkt, nämlich dem Markt für Luxus-Uhren, beeinträchtigen. Denn der massenhafte Vertrieb von Billigimmitaten kann den potentiellen Käufer echter D-Uhren vom Kauf abhalten.

2. Dem Uhrenmodel „D1“ kommt auch wettbewerbliche Eigenart zu.

a) Voraussetzung für eine wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses ist, dass seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Diese Merkmale bestimmen nicht nur den wettbewerbsrechtlichen Schutzgegenstand und seinen Schutzumfang, sondern sind auch für die Feststellung einer Verletzungshandlung maßgeblich. Die Annahme einer Nachahmung im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG setzt voraus, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH GRUR 2017, 79, 85 , Rnr. 58 -Segmentstruktur).

Auszugehen ist von dem in Anlage K 6 dargestellten Uhrenmodell, das seit April 2008 vertrieben wird. Die Uhr weist Merkmale auf, die in ihrer Kombination ungewöhnlich und besonders elegant wirken. Der Gesamteindruck wird geprägt von der übergangslosen Integration des Uhrengehäuses in die Armbandgestaltung. Gehäuse und Armband erscheinen wie aus einem Stück. Die Uhr wirkt – trotz ihrer insgesamt hochwertigen Anmutung – schlicht und minimalistisch. Dieser Eindruck wird dadurch erreicht, dass die Außenlinien der T-förmigen Doppelglieder des Armbands durch farblich angepasste Zierstreifen an den Seiten des Uhrengehäuses fortgeführt werden. Die Grundform des Gehäuses ist rechteckig. Die innenliegenden rechteckigen Glieder des Armbands sind farblich an das Ziffernblatt angepasst (schwarz) und bilden damit einen farblichen Kontrast zu den Außenkanten. Insgesamt ist dem Uhrenmodell ein zumindest durchschnittlicher Grad an wettbewerblicher Eigenart zuzumessen.

b) Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die wettbewerbliche Eigenart nicht durch vorbekannte Gestaltungen in Frage gestellt wird. Es obliegt der Beklagten dazulegen und zu bewiesen, dass eine an sich zuzubilligende wettbewerbliche Eigenart im Hinblick auf vorbekannte Gestaltungen nicht oder nur beschränkt besteht (BGH GRUR 1998, 477 – Trachtenjanker). Die Beklagte vermochte nicht darzulegen, dass die vorgelegten Entgegenhaltungen bereits vor dem Modell der Klägerin am Markt waren. Die Entgegenhaltungen auf Seite 4 bis 6 der Klageerwiderung (Bl. 119 – 121) hat das Landgericht zu Recht schon deshalb nicht berücksichtigt, da die Beklagte gar nicht dargetan hat, dass dieser Formenschatz schon im Jahr 2008 vorhanden war. Soweit die Beklagte in der Berufung nunmehr behauptet, es handele sich um Formenschatz aus dem Zeitraum „bis 2008“, ist dieser Vortrag pauschal und daher nicht zu berücksichtigen.

c) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die wettbewerbliche Eigenart sei jedenfalls nachträglich durch die sinkenden Verkaufszahlen in Fortfall geraten.

Die wettbewerbliche Eigenart muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Anbietens der Nachahmung auf dem Markt noch fortbestanden haben (BGH GRUR 1985, 876, 878 – Tchibo/Rolex I); sie fehlt oder geht verloren, wenn die prägenden Gestaltungsmerkmale des nachgeahmten Originals, z.B. durch eine Vielzahl von Nachahmungen, Allgemeingut geworden sind, der Verkehr sie also nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH WRP 2015, 1090 Rnr. 11 – Exzenterzähne; BGH GRUR 2007, 984 Rnr. 24 – Gartenliege; BGH WRP 2016, 854 Rnr. 16 – Hot Sox). Die Eigenart geht nicht schon dann verloren, wenn der Hersteller das Original (u.U. schon jahrelang) nicht mehr vertreibt, da z.B. gerade bei Schmuck und Uhren sich immer noch zahlreiche Schmuckstücke im Verkehr befinden und das Auftreten von Plagiaten auf dem Markt ohne weiteres zu der Fehlvorstellung auf dem Markt führen kann, die Klägerin habe einen eingestellten oder reduzierten Vertrieb wieder aufgenommen bzw. ausgeweitet (vgl. Senat, OLG Frankfurt WRP 2007, 1108, 1110 – Panther Schmuck). Die zurückgehenden Verkaufszahlen (Bl. 14) können daher schon aus diesem Grunde einen Fortfall der wettbewerblichen Eigenart nicht begründen; im Übrigen kann dann, wenn – wie hier – die wettbewerbliche Eigenart dem Leistungsergebnis nämlich durch eine ungewöhnliche Gestaltung oder sonstiger Merkmale „angeboren“ ist und nicht durch erhebliche Bekanntheit (mit-)begründet wurde, ein Rückgang der Bekanntheit durch Einstellung des Vertriebs die Eigenart nicht entfallen lassen. Erforderlich ist in diesem Fall aber jedenfalls die Feststellung einer „gewissen Bekanntheit“ im Rahmen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 3 UWG (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Sambuc, 4. Aufl. 2016, UWG § 4 Abs. 3 Rnr. 106).

3.) Das im Klageantrag eingeblendete Uhrenmodell ist mit dem Landgericht als nahezu identische Nachahmung einzustufen.

a) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit kommt es auf die Gesamtwirkung der einander gegenüberstehenden Produkte an. Denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen. Es ist weiter der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (BGH GRUR 2007, 795 Rnr. 32 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 80 Rnr. 39 – LIKEaBIKE).

b) Die Uhren der Beklagten übernehmen sämtliche prägenden Merkmale der „C“. Es kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden.

Zu Recht hat das Landgericht die vorhandenen Abweichungen als nicht ausreichend angesehen, um einen nachahmungsbegründenden Erinnerungseindruck des Verkehrs zu verneinen. Die von der Beklagten vorgebrachten Unterschiede sind Teil einer zergliedernden Betrachtungsweise, die im Ergebnis aber nicht zu einem abweichenden Gesamteindruck führt. So weist die Beklagte zwar zu Recht darauf hin, dass das Uhrgehäuse des Modells der Beklagten auf der Oberseite durch einen „Querbalken“ eingerahmt wird, was das Modell der Kläger nicht aufweist. Der Erinnerungseindruck des Verkehrs wird hierdurch jedoch schon deshalb nicht getrübt, weil dieser „Querbalken“ als Teil des Uhrarmbandes bzw. dessen Abschluss in Form eines T-Elements wahrgenommen wird und somit mit diesem im Eindruck verschmilzt. Die vom Beklagten behaupteten „Vereinzelungserscheinungen“ aufgrund eines grobschlächtigeren Eindrucks sind optisch für den Senat nicht wahrnehmbar. Da ein Angebot auch über das Internet stattfindet, sind „haptische“ Aspekte schon deshalb nicht zu berücksichtigen; gleiches gilt für die behaupteten Qualitätsunterschiede. Auch die Unterschiede in der Seitenansicht vermag der Senat erst bei näherem Hinsehen zu erkennen. Der markanteste Unterschied ist sicherlich das Ziffernblatt; auch hier ist jedoch der passend zum Armband gehaltene Hintergrund des Ziffernblattes identisch, was den Gesamteindruck mehr prägt als die Frage, wie die im Einzelnen die Zahlen des Zifferblattes dargestellt werden. Schließlich ist dem angesprochenen Verkehr – zu dem die Mitglieder des Senat gehören – bekannt, dass Uhren einer Serie regelmäßig mit verschiedenen Zifferblattgestaltungen angeboten werden, was zur Vernachlässigung dieses Aspekts für den Gesamteindruck führt.

Das zentrale Gepräge der Uhr sind die T-Elemente des zweifarbigen Armbandes, die rechteckige Uhrengehäuseform und die optische Flucht mit der Folge des harmonischen Gepräges Uhr/Armband. All das ist auch bei der angegriffenen Uhr der Beklagten verwirklicht.

Die vorhandenen Unterschiede wird der Verkehr erst bei direkter Gegenüberstellung und genauer Betrachtung wahrnehmen, was – worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat – im Bereich des § 4 Nr. 3 UWG zu unterbleiben hat.

4. Es fehlt auch nicht an der sowohl für eine betriebliche Herkunftstäuschung als auch den Tatbestand der Rufausbeutung notwendigen „gewissen Bekanntheit“ (vgl. BGH GRUR 2005, 166, 169 – Puppenausstattungen; BGH GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; BGH GRUR 2006, 79 Rnr. 35 – Jeans I; BGH GRUR 2007, 984 Rnr. 34 – Gartenliege; Harte/Henning/Sambuc § 4 Nr. 3 Rn. 86; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG § 4 Rnr. 3.41a – 3.41c) des nachgeahmten Erzeugnisses bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise. Ist dem Verkehr das nachgeahmt Erzeugnis nicht (mehr) bekannt, scheiden mangels bestehender Herkunftsvorstellung und mangels bestehenden Rufes sowohl die Herkunftstäuschung als auch die Rufausbeutung tatbestandlich aus. Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (BGH, GRUR 2007, 339 – Stufenleitern; BGH, GRUR 2007, 984 – Gartenliege; BGH, WRP 2013, 1189 – Regalsystem; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rnr. 9.41a). Dabei genügt bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung in noch relevantem Umfang ergeben kann (BGH GRUR 2010, 80 Rn. 36 – LIKEaBIKE); eine Verkehrsgeltung ist hingegen nicht erforderlich. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem die angegriffene Ausführungsform erstmals angeboten wurde, im Streitfall also das Jahr 2015 sowie der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, da die Klägerin einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend macht.

Die „gewisse Bekanntheit“ hat zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch vorgelegen. Für die Zeiträume vor dem Modellwechsel im Jahr 2014 kann dies angesichts der von der Klägerin dargelegten und durch die Aussage der Zeugin X (s.o.) bewiesenen Verkaufszahlen nicht in Frage stehen. So wurden im Jahr 2010 2.959 Stück, im Jahr 2011 2.523 Stück, im Jahr 2012 1.888 Stück sowie in den Jahren 2013 – 2015 zusammen 2.421 Stück von der Klägerin an ihre Händler geliefert. Dies ist vor dem Hintergrund der Hochpreisigkeit der Uhren der Klägerin sowie angesichts der Tatsache, dass aufgrund dieser Hochpreisigkeit der Verkehr die Uhren nicht nur flüchtig wahrnimmt, ohne weiteres geeignet, die notwendige Gewissheit zu begründen. Soweit die Beklagte diese Zahlen bestritten hat, ist der Senat nach der durchgeführten Beweisaufnahme mit der erforderlichen Sicherheit von deren Richtigkeit überzeugt (§ 286 ZPO). Die Zeugin X, die aufgrund ihrer beruflichen Stellung als Produktmanagerin für die D und ihres Zugriff auf das Buchhaltungssystem der Klägerin über die nötige Sachkunde verfügt, hat die von der Klägerin und vom Senat zugrunde gelegten Zahlen bestätigt. Sie hat weiterhin ausgesagt, dass kein Zwischen-/Großhandel existiert und die Bestellungen bei der der Klägerin ganz überwiegend zur Deckung des aktuellen Bedarfs der Händler in Auftrag gegeben werden. Weiterhin ist nach Angaben der Zeugin das Preisniveau in Europa weitgehend identisch, was Exporte in andere Länder weitgehend ausschließt. Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu zweifeln, hat der Senat nach dem persönlichen Eindruck aus der Beweisaufnahme nicht. All diese Aspekte bieten Gewähr dafür, dass die Abverkaufszahlen der Klägerin ohne Abstriche auch als Abverkaufszahlen des Einzelhandels gegenüber dem Endkunden zugrunde gelegt werden können: Das Fehlen eines Zwischenhandels, sehr geringe „Lagerhaltung“ aufgrund der Marktstruktur und der Hochpreisigkeit sowie in fehlender Anreiz für einen Export in das europäische Ausland sind hierfür ausreichende Indizien.

Aber auch der starke Rückgang der Verkaufszahlen in den Folgejahren (2015: 159 Uhren, 2016: 25 Uhren, Zahlen für 2017 und 2018 nicht vorgelegt) sind jedenfalls derzeit noch nicht geeignet, einen Wegfall der „gewissen Bekanntheit“ zu begründen. Zwar kann grundsätzlich die Einstellung des Vertriebs zu einem späteren Zeitpunkt dazu führen, dass die „gewisse Bekanntheit“ im Verkehr nicht mehr vorhanden ist. Dieser Zeitpunkt ist jedoch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (vier Jahre nach Modellwechsel) noch nicht erreicht. Sowohl die Tatsache, dass die Klägerin 2015 und 2016 nur noch minimalen Umsatz und 2017 und 2018 gar keinen Umsatz mehr mit dem „C“ getätigt hat und bekanntheitssteigernde bzw. -erhaltende Werbung nur für den Zeitraum bis 2010, nicht aber nach 2010 vorgetragen ist, führen nicht zum Wegfall der gewissen Bekanntheit. Zu berücksichtigen ist insoweit nämlich, dass die Gestaltung der Uhr mit dem Modellwechsel nicht aus dem Gedächtnis des Verkehrs eliminiert wird, sondern in der Erinnerung fortlebt. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – nicht Waren des täglichen Bedarfs mit hohen Wiederanschaffungsfrequenzen in Rede stehen, sondern Luxusgüter mit langen Lebenszeiten. Die Anschaffung einer Uhr im vierstelligen Eurobereich geschieht entweder nur alle paar Jahre, so dass für diesen Zeitraum die Erinnerung fortbesteht, oder sie geschieht bei Sammlern häufiger; diese werden allerdings aufgrund ihrer genaueren Marktkenntnis dezidierter Erinnerungen haben und sich noch lange an die Gestaltung erinnern.

Ob – wie die Klägerin meint – eine derartige Bekanntheit sich unter dem Gesichtspunkt der Serie auch daraus ergeben kann, dass gemeinsame Merkmale von Gestaltungen über mehrere Modellwechsel hinweg bestehen bleiben, kann daher dahinstehen. Aus der Entscheidung „Ballerinaschuh“ (GRUR 2018, 832 ) ergibt sich dies jedenfalls nicht, da der BGH dort nur dem Berufungsgericht für das weiteren Verfahren die Prüfung aufgegeben hat, ob insoweit unter dem Gesichtspunkt der Serie ein Leistungsschutz zu begründen ist.

5.) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen einer Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 3a UWG erfüllt sind. Maßgeblich ist insoweit der Kaufzeitpunkt. Der Käufer wird den Schriftzug „B“ auf dem Ziffernblatt der angegriffenen Ausführungsformen zur Kenntnis nehmen. Die Klägerin hat allerdings substantiiert dargelegt, dass im Uhrensektor bei bekannten Herstellern der Einsatz von Zweitmarken für den „Kaufhausbereich“ nicht unüblich ist (Bl. 155). Der Verkehr kann damit evtl. zur Vorstellung wirtschaftlicher Verbindungen gelangen.

Es liegt jedenfalls eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung nach § 4 Nr. 3b Fall 1 UWG vor. Denn selbst wenn der Verkehr in der Kaufsituation aufgrund der oben genannten Umstände keiner Herkunftstäuschung unterliegen sollte, werden jedenfalls Dritte, die bei den Käufern die Nachahmung sehen, zu einer irrigen Vorstellung über die Echtheit verleitet (BGH GRUR 1985, 876, 877 – Tchibo-Rolex I: Angebot von Billigimitationen einer Rolex-Uhr, damit Käufer bei Dritten „Eindruck schinden“ können; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2012, 200, 210: Nachahmung des iPad; Senat, GRUR-RR 2012, 213, 215: Nachahmung einer Luxus-Handtasche). Ob eine Gütevorstellung i.S. von § 4 Nr. 3 b Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind.

Die Integral-Uhren der Klägerin gehören zum gehobenen Preissegment und sind damit als Luxusprodukt einzustufen. Der Nachahmungsgrad ist hoch. Die angegriffenen Uhrenmodelle sind damit geeignet, den Prestigewert des Originals widerzuspiegeln.

6.) Die Folgeansprüche auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Ersatz der Abmahn- und Testkaufkosten hat das Landgericht zu Recht aus §§ 9, 12 I UWG, § 242 BGB zugesprochen. Hiergegen erinnert die Berufung auch nichts.

7.) Der neue Tatsachenvortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 22.10.2018 war nicht zu berücksichtigen, da der Schriftsatz nicht nur nach § 296a ZPO nach Schluss der mündlichen Verhandlung, sondern sogar nach Verkündung des Urteils bei Gericht eingegangen ist.

8.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

9.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Der Senat hat allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall angewendet.

Jüdemann Rechtsanwälte