Urheberrecht: Verwertungsrechte, Nutzungsrechte und Lizenzen – Ein Überblick
Im Urheberrecht gibt es eine Vielzahl von Begriffen, die auf den ersten Blick verwirrend wirken können. Besonders häufig begegnet man den Ausdrücken „Verwertungsrecht“, „Nutzungsrecht“ und „Lizenz“. Doch was steckt eigentlich dahinter? Und wie unterscheiden sich diese Begriffe voneinander?
Verwertungsrechte und Nutzungsrechte: Zwei Seiten einer Medaille
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) unterscheidet grundsätzlich zwischen Verwertungsrechten und Nutzungsrechten. Verwertungsrechte sind die originären Rechte, die dem Urheber eines Werkes zustehen. Sie erlauben es ihm, sein Werk wirtschaftlich zu nutzen – etwa durch Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe.
Überträgt der Urheber diese Rechte ganz oder teilweise an andere, spricht man von Nutzungsrechten. Diese erlauben es dem Erwerber, das Werk auf eine bestimmte Art und Weise zu verwenden. Während Verwertungsrechte also beim Urheber liegen, beziehen sich Nutzungsrechte auf die Erlaubnis, das Werk zu nutzen – beispielsweise im Rahmen eines Verlagsvertrags.
Interessant ist dabei: In der Praxis werden die Begriffe oft nicht ganz trennscharf verwendet. So kann etwa das Recht, ein Buch zu veröffentlichen, sowohl als Verwertungsrecht als auch als Nutzungsrecht betrachtet werden – je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet.
Lizenz – das internationale Pendant
Gerade im internationalen Kontext und in der Vertragspraxis taucht häufig der Begriff „Lizenz“ auf. Gemeint ist damit meist das, was im deutschen Recht als Nutzungsrecht bezeichnet wird: Die Erlaubnis, ein Werk auf eine bestimmte Weise zu verwenden. In manchen Bereichen, wie etwa im Verlagswesen, wird der Begriff „Lizenz“ jedoch enger gefasst und bezieht sich nur auf bestimmte Unterarten von Nutzungsrechten.
Mit der zunehmenden Internationalisierung und der Verwendung englischsprachiger Verträge setzt sich der Begriff „Lizenz“ aber auch im deutschen Urheberrecht immer mehr durch.
Zwangslizenz und gesetzliche Lizenz
Nicht immer entscheidet allein der Urheber darüber, wer sein Werk nutzen darf. In Ausnahmefällen kann das Gesetz vorschreiben, dass ein Nutzungsrecht auch gegen den Willen des Urhebers eingeräumt werden muss – man spricht dann von einer Zwangslizenz. Ein Beispiel ist die Herstellung von Tonträgern unter bestimmten Voraussetzungen.
Daneben gibt es die sogenannte gesetzliche Lizenz: Hier erlaubt das Gesetz selbst bestimmte Nutzungen, meist gegen Zahlung einer Vergütung. Das exklusive Recht des Urhebers wird dadurch auf einen Anspruch auf angemessene Bezahlung reduziert.
Verschiedene Stufen der Nutzungsgewährung
Wenn ein Urheber jemandem die Nutzung seines Werkes gestattet, kann dies auf ganz unterschiedliche Weise geschehen – mit jeweils unterschiedlicher rechtlicher Wirkung:
Vollständige Übertragung: In seltenen Fällen kann das Urheberrecht vollständig auf eine andere Person übergehen, etwa durch Erbschaft.
Ausschließliches Nutzungsrecht: Der Berechtigte darf das Werk exklusiv nutzen; selbst der Urheber ist dann ausgeschlossen – es sei denn, er behält sich bestimmte Nutzungen vor.
Einfaches Nutzungsrecht: Mehrere Personen können das Werk parallel nutzen, ohne dass einer den anderen ausschließt.
Schuldrechtliche Erlaubnis: Hierbei handelt es sich um eine rein vertragliche Gestattung, die keine Wirkung gegenüber Dritten entfaltet.
Einwilligung: Die schwächste Form – sie kann jederzeit widerrufen werden und verschafft dem Nutzer keine gesicherte Rechtsposition.
Vertragsauslegung und Zweck der Nutzung
Ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde und in welchem Umfang, hängt oft davon ab, was die Vertragsparteien tatsächlich wollten. Ist dies im Vertrag nicht klar geregelt, muss der Zweck der Vereinbarung herangezogen werden. Dabei gilt: Je geringer der wirtschaftliche Wert der Nutzung, desto wahrscheinlicher handelt es sich nur um eine einfache Erlaubnis und nicht um ein umfassendes Nutzungsrecht – siehe auch „Zweckübertragungslehre“.
Fazit
Das Urheberrecht bietet vielfältige Möglichkeiten, wie Werke genutzt werden können – vom exklusiven Recht bis hin zur einfachen Erlaubnis. Wer ein Werk nutzen möchte, sollte stets genau prüfen, welche Rechte tatsächlich eingeräumt werden und welche rechtlichen Folgen dies hat. So lassen sich Missverständnisse und rechtliche Risiken vermeiden.
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht