Nutzungsrechte können nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden (§34 Abs.1 UrhG). Eine Ausnahme gilt bei Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder von Teilen eines Unternehmens (§ 34 Abs. 3 UrhG).
§ 34 gilt auch in der Insolvenz des Lizenznehmers. Nutzungsrechte an Werken, können, sofern § 34 UrhG dies nicht ausnahmsweise zulässt, ohne Einwilligung des Urhebers auch in der Insolvenz nicht übertragen werden. Im Falle der Insolvenz fallen die Rechte, sofern diese nicht verwertet wurden, an den Urheber zurück.
Landgericht Köln, Urteil vom 14.12.2024 – 14 O 347/22
Leitsätze KJ
1. Welche Rechte ohne ausdrückliche Vereinbarung übertragen werden ist aus der Sicht des Urhebers nach Üblichkeitserwägungen, der Verkehrssitte, nach allen Begleitumständen und dem schlüssigen Verhalten der Parteien zu entscheiden. Im Zweifel ist von einer fehlenden Zustimmung wegen der gesetzlichen Regel des § 34 Abs. 1 S. 1 auszugehen.
2. Eine Verkehrssitte dahingehend, dass in der Insolvenz die Rechte „herausverkauft“ werden dürfen, ist nicht ersichtlich.
3. Die Nutzungsrechte fallen im Falle der Durchführung eines Insolvenzverfahrens, bei dem die Nutzungsrechte nicht verwertet wurden, an den Urheber zurück.
4. Nur der quotenmäßig zu berechnende Anteil der berechtigten Abmahnung ist erstattungsfähig.
Die Entscheidung:
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 6.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.279,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2020 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 82 % und die Beklagte zu 18 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
Der Kläger ist professioneller Fotograf. Er ist Ersteller der Lichtbilder in Anlage K2 (mit Ausnahme von Bild 8).
Er wurde von der zwischenzeitlich insolventen Firma B. mit Sitz in (…) wiederholt beauftragt, Fotowerkarbeiten auszuführen. Einzelheiten zur Intensität der Zusammenarbeit sind streitig, insbesondere ob die Zusammenarbeit rechtlich als Arbeitsverhältnis zu bewerten ist. Über das Vermögen der B. wurde im Jahr 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet, das Unternehmen in der Folge aufgelöst.
Die Beklagte unterhält unter der Domain www.entfernt.com einen Internetauftritt sowie einen Webshop zum Vertrieb von Objektiven. Mit Kaufvertrag vom 06. bzw. 11.12.2018 kaufte die Beklagte von dem für die insolvente B. mit Beschluss des AG Koblenz vom 01.10.2018 als Insolvenzverwalter bestellten Herrn Rechtsanwalt Dr. D. U. die Warenvorräte „Y. Optik Q.“ sowie das im Eigentum der B. stehende Know-how und unterhält seither, also seit Dezember 2018, die o.g. Webseite. Laut Kaufvertrag erwarb die Beklagte den gesamten Kundenstamm „Y. Optik Q.“ nebst Homepage und etwaigem Webshop, soweit sie in den Betriebsräumen der B. vorhanden waren und in deren Eigentum standen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Kaufvertrages in der Anlage K1, Bl. 11 ff. der Akte) Bezug genommen.
Im Rahmen von Beauftragungen des Klägers durch die B. sind die in Anlage K2 ersichtlichen Lichtbilder (mit Ausnahme von Bild 8) entstanden. Die B. erhielt hieran Nutzungsrechte, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist . Die B. hat die Lichtbilder jedenfalls auf der o.g. Webseite genutzt.
Die Beklagte legt mit der als Anlagen B15-B18 eine Auflistung zu Aufträgen der B. an den Kläger im Zeitraum Mai 2016 bis Februar 2018 vor, deren Inhalt streitig ist, sowie teilweise dazu entsprechende Rechnungen. Bei den Rechnungen in Anlagen B16-B18 findet sich unter der Position „Honorar V.“ stets der Text: „Pauschal, Sonderpreis, Inklusive Leistungen: Postproduktion, zeitliche und räumliche unbegrenzte Nutzungsrechte“. Es sind jeweils monatliche Pauschalpreise von 3.000,- € netto (bei Anlage B17 – Sonderpreis 1.500,- €) angegeben. Der Kläger selbst legt eine exemplarische Rechnung an die B. vor, die gleich formuliert ist und ebenfalls einen monatlichen Pauschalpreis von 3.000,- € netto vorsieht (Anlage K3).
Die Webseite www.entfernt.com wurde von der Beklagten zunächst ohne inhaltliche Änderung, nur unter Anpassung der Angaben der Verantwortlichen im Impressum, weiter genutzt. Die in Anlage K2 ersichtlichen Lichtbilder waren vor und nach Übernahme durch die Beklagte nicht mit einer Urheberbenennung zugunsten des Klägers versehen.
Auf der o.g. Webseite wurde u.a. das Produkt “F. 58 MM” dargestellt und zwar mit dem nachstehenden Text, dem der Name des Klägers hintan gestellt war, sodass er den Eindruck eines Zitats erweckte. Der Text lautet wie folgt:
„Mich hat überrascht, dass eine 80 Jahre alte Konstruktion heute absolut ohne Kompromisse professionell eingesetzt werden kann. Das F. 85 gibt meinen Bildern einen unvergleichlichen „Look“, den ich normalerweise nur durch intensiver [sic!] Bildbearbeitung erreiche. Die Brennweite von N01 mm verbindet die Nähe eines 50 mm Objektives mit der Bildwirkung einer etwas längeren Brennweite. Eine fantastische Kombination.“
Der Kläger ließ die Beklagte mit Schreiben seines früheren Rechtsanwalts vom 15.06.2020 abmahnen. Die Beklagte unterwarf sich mit Schreiben vom 22.06.2020, lehnte jedoch Schadensersatz-, Geldentschädigungs- und Aufwendungsersatzansprüche ab.
Der Kläger behauptet, allen Aufträgen mit der B. hätten seine AGB zu Grunde gelegen. Aufgrund vorrangiger Abrede zu den AGB habe er (nur) der B. jeweils zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Lichtbildern übertragen. Eine Übertragbarkeit der Nutzungsrechte durch die B. sei jedoch nicht vereinbart gewesen, wobei der Kläger auf § 3 seiner AGB verweist.
Er sei zu jeder Zeit als selbstständiger Fotograf tätig gewesen und habe neben den Aufträgen der B. für andere Auftragnehmer Werkleistungen erbracht. Dies ergebe sich auch aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Facebook-Account. Er habe der B. gegenüber stets Rechnungen gestellt, wobei er auch Spesen in Rechnung gestellt habe. Er sei zu jeder Zeit frei gewesen zu entscheiden, wie die Lichtbilder, zu deren Erstellung er den Auftrag von der B. erhalten hatte, angefertigt werden.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.12.2023 behauptet der Kläger, dass die Bilder Nrn. 3,4,5,7,14,15 gem. Anlage K2 zu der Kampagne „I. 35mm E.“ gehöre, wovon insgesamt von der B. 16 Fotos verwendet worden seien. Diese Kampagne sei mit vier aufeinanderfolgenden Rechnungen April (2x), Mai und Juni 2017 zu je 3.000,- € netto, insgesamt 12.000,- € netto abgerechnet worden. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 750,00 € netto. Die Bilder Nrn. 9,12 und 16 gem. Anlage K2 gehörten zur Kampagne „I. 50 mm und 100 mm“, wovon insgesamt von der B. 8 Fotos verwendet worden seien. Diese Kampagne sei mit drei Rechnungen, eine über 1.500,00 € und zwei über je 3.000,00 € netto (Anlagen K16a-c), somit insgesamt 7.500,00 € abgerechnet worden. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 937,50 € netto. Bild Nr. 1 gem. Anlage K2 gehöre zur Fotostrecke „H.“, wovon insgesamt von der B. 4 Fotos verwendet worden seien und die für 3.000,00 € netto (Anlage K17) lizenziert worden sei. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 750,00 € netto. Bild Nr. 2 gem. Anlage K2 gehöre zur Kampagne „F. 75 mm / K.-Shooting“, wovon insgesamt von der B. 8 Fotos verwendet worden seien und die für 3.000,00 € netto (Anlage K18) lizenziert worden sei. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 375,00 € netto. Die Bilder Nrn. 6 und 11 gem. Anlage K2 seien Fotos aus London und Köln, wovon insgesamt von der B. 8 Fotos verwendet worden seien und die mit zwei Rechnungen (Anlagen K19a und K19b) für 6.000,00 € netto lizenziert worden seien. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 750,00 € netto. Bild Nr. 13 gem. Anlage K2 gehöre zur Kampagne I. 35 mm, wovon insgesamt von der B. 4 Fotos verwendet worden seien und die für 3.000,00 € netto lizenziert worden sei. Es ergäbe sich ein Preis pro Foto der Kampagne von 750,00 € netto.
Er behauptet, das „Zitat“ auf der Webseite stamme nicht von ihm. Es sei mit der B. nicht abgestimmt gewesen. Er habe zur Zeit der Verantwortlichkeit der B. von diesem „Zitat“ keine Kenntnis gehabt. Er habe folglich auch der Beklagten keine Zustimmung erteilt, in dieser Art mit seinem Namen und dem „Zitat“ zu werben.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch wegen Urheberrechtsverletzung durch Verwendung von 15 Lichtbildern auf der Webseite der Beklagten. Er berechnet seinen lizenzanalogen Schadensersatz auf Grundlage der MFM-Tabellen 2019. Eine eigene einschlägige Lizenzierungspraxis habe er nicht. Er verhandle auf Grundlage seiner Preisliste im Einzelfall Preise aus. So sei dies auch im Verhältnis zur B. gewesen.
Der Insolvenzverwalter der B. habe mangels Vereinbarung einer Übertragbarkeit der Nutzungsrechte diese nicht an die Beklagte weiterveräußern können. Dies folge aus § 34 Abs. 1 UrhG, aber auch aus der Zweckübertragungslehre.
Er meint außerdem, dass ihm ein persönlichkeitsrechtlicher Geldentschädigungsanspruch wegen des „falschen Zitats“ in Höhe von 10.000,- € zustehe.
Er fordert zudem Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert in Höhe von 140.074,00 € (16 x 6.000,- € + 34.074,- € + 10.000,- €), was zu vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.743,43 € brutto führe.
Der Schadensersatz- und Geldentschädigungsanspruch sei mit 9 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Schadensersatz und eine Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 43.018,75 € zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.743,43 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei vor der Insolvenz der B. nahezu ausschließlich für diese tätig gewesen. Er sei weisungsabhängig, in den Geschäftsbetrieb eingegliedert und wirtschaftlich abhängig von der B. gewesen. Die B. habe als Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers die Reise- und Unterbringungskosten übernommen, insbesondere nach Los Angeles und Kuba, und zudem den Kläger mit kostenlosen Objektiven versorgt. Der Kläger habe auf seinem Facebook-Account nahezu ausschließlich Werbung für die B. gemacht, wozu er verpflichtet gewesen sei. Er sei in Crowdfunding Projekte der B. eingebunden gewesen.
Sie behauptet bzw. ist der Ansicht, die AGB des Beklagten seien im Verhältnis zur B. nie Vertragsgegenstand geworden, weil diese bereits nicht einbezogen worden seien.
Vielmehr habe die B. mit Fotografen stets auf Grundlage einer Mustervereinbarung zusammengearbeitet (siehe Anlage B13), dies sei auch für das Verhältnis mit dem Kläger anzunehmen.
Der Kläger habe mit Rechnung N02 vom 04.04.2017 (Anlage B25) Lizenzgebühren für mindestens 91 Bilder abgerechnet, darunter insgesamt sechs der streitbefangenen Bilder. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 32,97 netto pro Foto. Mit Rechnung N03 vom 27.06.2017 habe der Kläger Lizenzgebühren für mindestens 60 Bilder abgerechnet. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 50,00 netto pro Foto. Mit Rechnung N04 vom 28.07.2017 habe der Kläger Lizenzgebühren für mindestens 71 Bilder abgerechnet. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 42,25 netto pro Foto. Mit Rechnung N05 von Q4 2017 habe der Kläger Lizenzgebühren für mindestens 58 Bilder abgerechnet. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 51,72 netto pro Foto. Mit Rechnung N06 von Q4 2017 habe der Kläger Lizenzgebühren für mindestens 99 Bilder abgerechnet. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 30,30 netto pro Foto. Mit Rechnung N07 vom Q1 2018 habe der Kläger Lizenzgebühren für mindestens 60 Bilder abgerechnet. Da der Rechnungsbetrag pauschal EUR 3.000,00 betrage, ergebe sich eine Lizenzgebühr von EUR 50,00 netto pro Foto. Insgesamt betrag der durchschnittliche Preis pro Bild EUR 41,00.
Der Kläger habe gegenüber der B. die fehlende Urhebernennung niemals moniert. Er habe demnach auf die Nennung gegenüber der B. verzichtet.
Das vom Kläger monierte Zitat stamme von ihm, sei jedenfalls aber mit ihm abgesprochen gewesen. Es sei bereits in einer Pressemitteilung enthalten gewesen und in diesem Zusammenhang mit dem früheren Geschäftsführer der B. abgestimmt worden. Der Kläger sei hiermit ausdrücklich einverstanden gewesen, auch mit der Übernahme auf der Website zu Werbezwecken.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe auch „Bildrechte“ der B. vom Insolvenzverwalter erworben. Der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Er sei als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person der B. anzusehen. Der Arbeitgeber werde Inhaber des Arbeitsergebnisses mit der Folge, dass er ein umfassendes materielles Nutzungsrecht erwerbe. Dies sei auch hier anzunehmen. Infolge der Insolvenz der B. seien die Nutzungsrechte in die Insolvenzmasse gefallen, so dass der Insolvenzverwalter frei über sie verfügen konnte.
Selbst wenn der Kläger nicht als Arbeitnehmer einzuordnen wäre, so sei derjenige, der rechtmäßiger Betreiber der Website www.entfernt.com ist, berechtigt, die eingeräumten Rechte nutzen. Der Kläger habe auch ausweislich seiner Rechnungen an die B. (Anlage K4) folgende Rechteübertragung vorgenommen: „Pauschal. Inklusive Leistungen: Postproduktion, zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechte“. Dies führe zu einer freien Übertragbarkeit durch die B..
Soweit der Kläger Ansprüche aus der Verwendung der Bilder im Dezember 2018 ableiten möchte, erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Hilfsweise führt sie aus, eine Schadensberechnung auf Grundlage der MFM-Tabellen sei nicht gerechtfertigt. Auf Grundlage der konkreten Rechnungen und unter Annahme, dass jeweils eine Vielzahl von Lichtbildern vom Kläger an die B. lizenziert worden sind, ergebe sich ein geringer Lizenzbetrag pro Bild.
Ein Zuschlag wegen unterbliebener Urheberbenennung scheide aus, weil der Kläger gegenüber der B. hierauf verzichtet habe. Daran müsse er sich auch gegenüber der Beklagten festhalten lassen, weil sie die Webseite unverändert fortgeführt hat.
Auch mit Blick auf das „Zitat“ sei das Veröffentlichungsrecht in die Insolvenzmasse gefallen und habe vom Insolvenzverwalter rechtswirksam auf die Beklagte übertragen werden können.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I. Schadensersatz Urheberrecht
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung lizenzanalogen Schadensersatzes nach §§ 97 Abs. 2, 19a, 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG in Höhe von 6.000,- €.
a) Der Kläger ist aktivlegitimiert, weil die B. (bzw. ihr Insolvenzverwalter) Nutzungsrechte angesichts § 34 Abs. 1 UrhG nicht ohne Zustimmung des Klägers an die Beklagte übertragen konnte und deshalb die Rechte spätestens mit Löschung der B. an den Kläger zurückgefallen sind.
aa) Die Urheberschaft des Klägers für die hier noch gegenständlichen Lichtbilder ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Dabei handelt es sich um Lichtbildwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG.
bb) Die Kammer ist auf Grundlage des Sach- und Streitstandes der Ansicht, dass der Kläger seine Verwertungsrechte nicht im Wege einer vollständigen Rechteübertragung, etwa in Form eines Buy-Out-Vertrags, an die B. dergestalt übertragen hat, dass diese frei an Dritte übertragbar gewesen sein sollen. Durch den demgemäß anfallenden Rückfall der Rechte nach der Insolvenz der B. hat der Kläger demnach die Verwertungsrechte zurückerhalten.
Dabei hat der Kläger (auch nach eigenem Vortrag) der B. zunächst ausschließliche und „zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechte“ übertragen. Damit mag er in der Vergangenheit mit Blick auf die Verwertungsrechte der streitgegenständlichen Lichtbilder nicht mehr aktivlegitimiert gewesen sein, aber mit Blick auf Urheberpersönlichkeitsrechte – etwa das Urheberbenennungsrecht aus § 13 UrhG – jedenfalls seine Rechte behalten haben. An dieser Situation würde sich nichts ändern, wenn der Kläger tatsächlich Arbeitnehmer der B. gewesen sein sollte – deshalb kann eine Entscheidung zu diesem Streitpunkt dahinstehen. Nach § 43 UrhG gelten die §§ 31 ff. UrhG auch im Fall, dass der Urheber in einem Arbeitsverhältnis steht und es sich um Pflichtwerke handelt, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeitsverhältnisses nichts anderes ergibt. Dass sich hier aber „etwas anderes“ aus dem konkreten Verhältnis des Klägers zur B. ergeben sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es liegt vielmehr keine ausdrückliche fixierte Vertragsregelung zwischen dem Kläger und der B. vor, aus der sich ergeben könnte, dass hier ein vollständiger Buy-out o.Ä. vereinbart wäre. Auch handelt es sich um eine nicht unübliche Verbindung eines Unternehmens mit einem „freien Hausfotografen“, bei dem die Interessen des Fotografen an seinen Werken fortbestehen. Dies kann die auf Urheberrechtsstreitsachen spezialisierte Kammer aus eigener Erfahrung beurteilen.
Demnach kommt es entscheidend darauf an, ob Verwertungsrechte vom Insolvenzverwalter der B. an die Beklagte übertragen werden konnten und ggf. worden sind. Dies ist jedoch nicht der Fall.
An dieser Stelle ist im Ausgangspunkt § 34 Abs. 1 UrhG zu beachten. Demnach kann ein Nutzungsrecht nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Eine solche Zustimmung des Klägers liegt vorliegend – wohl unstreitig – nicht vor. Der Sonderfall des § 34 Abs. 3 UrhG ist nicht anwendbar, weil unstreitig keine Übertragung im Rahmen der Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens erfolgt ist.
Es kommt demnach auch nicht auf die zwischen den Parteien diskutierte Frage an, ob AGB des Klägers Anwendung finden. Denn in den AGB wäre mit Blick auf die Konstellation des § 34 Abs. 1 UrhG nichts von der gesetzlichen Regelung Abweichendes vereinbart (vgl. insoweit auch den Rechtsgedanken von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB).
Die Erklärung kann – wie jede nicht formbedürftige Willenserklärung – nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen. Für die Annahme einer konkludenten Zustimmung kommt es letztlich entscheidend auf den Vertragszweck an, mithin kommt der Übertragungszweckgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG zur Anwendung. Entscheidend ist also, ob der Zweck des Vertrages eine Weiterübertragung erlaubt oder voraussetzt. Das ist aus der Sicht des Urhebers nach Üblichkeitserwägungen, der Verkehrssitte, nach allen Begleitumständen und dem schlüssigen Verhalten der Parteien zu entscheiden. Im Zweifel ist von einer fehlenden Zustimmung wegen der gesetzlichen Regel des § 34 Abs. 1 S. 1 auszugehen. Für die Bewertung, ob eine konkludente Zustimmung vorliegt, kann zunächst der Charakter des Werkes eine Rolle spielen. Eine Zustimmung liegt bei Massenwerken geringer Schöpfungshöhe nahe, weniger bei der Übertragung von Rechten mit großem urheberpersönlichkeitsrechtlichem Einschlag. Die Honorarabrede hat auch größere Bedeutung bei der Auslegung. Im Regelfall ist von einer konkludenten Zustimmung auszugehen, wenn die Parteien eine Honorarabrede über die Aufteilung mit Dritten erzielter Verwertungserlöse getroffen haben. Umgekehrt kann eine fehlende Beteiligung des Rechtegebers am wirtschaftlichen Erfolg der Weitergabe der Nutzungsrechte gegen eine Zustimmung zur Übertragung an Dritte sprechen. Bei Werbeverträgen sollte die konkludente Zustimmung zur Weitergabe großzügig angenommen werden, wenn der Zweck auf eine umfassende Nutzungsmöglichkeit angelegt ist. Produktfotos für die Werbung dürfen im Regelfall zur Nutzung an die Vertriebspartner weitergegeben werden. Das Gleiche gilt für Arbeits- und Dienstverhältnisse; insbesondere eine wirtschaftlich gesicherte Anstellung des Urhebers, deren Arbeitsergebnisse dem Dienstherrn zustehen sollen, kann für eine konkludente Zustimmung sprechen. Auch in einer Insolvenz können keine hohen Anforderungen an das Vorliegen einer Zustimmung gestellt werden (vgl. Fromm/Nordemann/Jan Bernd Nordemann, 12. Aufl. 2018, UrhG § 34 Rn. 14 f. m.w.N.).
Vorliegend ist auf dieser Grundlage nach Ansicht der Kammer kein Grund ersichtlich, von einer konkludenten Zustimmung des Klägers auszugehen. Es handelt sich nicht um einfache Produktfotos oder „Massenware“, was die Kammer wiederum aus eigener Erfahrung bewerten kann. Die Vergütung in Form von monatlichen Pauschalvergütungen für eine nicht näher bestimmte Anzahl an Lichtbildern war auch nicht derart hoch, dass der Kläger hiermit jegliche Art der Verwertung, insbesondere durch Dritte, abgegolten erhalten hätte. Der Kläger hat selbst kein Verhalten gezeigt, dass auf eine Billigung der Übertragung der Nutzungsrechte hindeuten würde. Eine Verkehrssitte dahingehend, dass in der Insolvenz die Rechte „herausverkauft“ werden dürfen, ist nicht vorgetragen, auch nicht ersichtlich. Vielmehr steht die erneute Kommerzialisierung – auch nach § 31 Abs. 5 UrhG – regelmäßig dem Urheber, nicht dem Insolvenzverwalter zu. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, kann auch an dieser Stelle dahinstehen, weil selbst ein solches Arbeitsverhältnis allenfalls ein Indiz für eine konkludente Zustimmung wäre. Dieses Indiz wäre hier jedoch derart schwach, dass es nicht geeignet wäre, die obigen Aspekte zu überwiegen.
cc) Aus denselben Erwägung ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Zustimmung gem. § 34 Abs. 1 S.2 UrhG nicht verweigern dürfte. Wie beschrieben folgt aus der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Verbundenheit des Klägers zu seinen Werken und aus dem Zweckübertragungsgedanken, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Insolvenzverwalter die Nutzungs- und Verwertungsrechte nicht frei veräußern darf.
dd) Folglich sind die ursprünglich der B. eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Lichtbildern nicht wirksam an die Beklagte übertragen worden.
Ergänzend ist zu beachten, dass sich dem Vertrag in Anlage K1 zwischen der Beklagen und dem Insolvenzverwalter der B. dem Wortlaut nach schon nicht entnehmen lässt, dass hier Nutzungsrechte übertragen werden sollten. Die Kammer hat deshalb auch erhebliche Zweifel an einer wirksamen Übertragung von urheberrechtlichen Rechten mit Blick auf den insoweit zu beachtenden Bestimmtheitsgrundsatz für das Verfügungsgeschäft. Auch die von der Beklagten vorgelegte Anlage B6 hilft insoweit nicht weiter, weil der Insolvenzverwalter ausdrücklich schreibt, dass er nur Rechte übertragen wollte, „soweit diese Bildrechte übertragbar sind“. Zunächst vermag dies die Zweifel an der Bestimmtheit des Verfügungsgeschäftes nicht zu entkräften. Außerdem sind die Rechte wie oben dargestellt nicht ohne Zustimmung des Klägers übertragbar.
ee) Von der obigen Problematik isoliert zu betrachten ist die Frage, ob der Kläger dann wieder Inhaber der Verwertungsrechte geworden ist. Dies ist hier zu bejahen.
Insoweit kommt es angesichts des obigen Ergebnisses nicht weiter darauf an, ob der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht nach § 103 InsO ausgeübt hat, weil die B. unstreitig aufgehört hat, zu existieren. Weil die B. als Lizenznehmerin deshalb ihre Rechte nicht an die Beklagte übertragen hat, sind sie spätestens mit Beendigung der Rechtsfähigkeit der B. an den Kläger ipso iure zurückgefallen (vgl. BGH GRUR 2012, 916, Rn. 19 – M2 Trade; für die hiesige Konstellation auch OLG Köln, GRUR-RR 2010, 149, 151 – Kalk-Lady: Es ist anerkannt, dass die Nutzungsrechte im Falle der Durchführung eines Insolvenzverfahrens, bei dem die Nutzungsrechte nicht verwertet wurden, auf den Urheber zurückfallen. Das muss in der vorliegenden Fallkonstellation erst recht gelten, weil angesichts des Erlöschens der N ohne einen Rückfall an den Urheber niemand Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Lichtbild wäre und dessen weitere Verwertung damit definitiv unmöglich geworden wäre).
b) Die Beklagte ist auch unstreitig verantwortlich für die streitgegenständliche Webseite. Dort hat sie die 15 Werke gem. Anlage K2 (außer Nr. 8) öffentlich zugänglich gemacht gem. § 19a UrhG. Dies erfolgte rechtswidrig, da es ohne Zustimmung des Klägers erfolgte.
c) Die Beklagte handelte auch mit dem für § 97 Abs. 2 UrhG notwendigen Verschulden.
An das Maß der zu beachtenden Sorgfalt werden bei den absolut geschützten urheberrechtlichen Rechtspositionen strenge Anforderungen gestellt (vgl. BGH, GRUR 1998, 568 (569) – Beatles-Doppel-CD). Derjenige, der von fremden Werken Gebrauch macht, indem er diese in seinem Internetauftritt veröffentlicht, muss sich vergewissern, dass dies mit Erlaubnis des Berechtigten geschieht (vgl. v. Wolff/Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhG, § 97, Rn. 60). Insoweit besteht eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. Da ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten im Urheberrecht ausscheidet, schließt dies eine Überprüfung der Rechtekette mit ein, von der ein etwaiger Lizenzgeber seine behauptete Rechtsposition ableitet. Dies gilt auch in komplizierten oder rechtlich schwierigen Fallgestaltungen.
In rechtlichen Zweifelsfällen kann der Verletzer nicht einfach die ihm günstigere Ansicht unterstellen. Vielmehr handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt und dabei in Betracht ziehen muss, dass ein Gericht zu einer von seiner eigenen Einschätzung abweichenden Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit kommt. Der Verletzer trägt insoweit das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. Dreier/Schulze/Specht-Riemenschneider, 7. Aufl. 2022, UrhG § 97 Rn. 78).
Das Verschulden als zumindest einfach fahrlässiges Verhalten ist hier angesichts der anwendbaren strengen Sorgfaltsanforderungen anzunehmen, weil hier offenbar die Rechtslage nicht hinreichend durch die Beklagte geprüft worden ist. Selbst bei unterstellter Prüfung ist von einem Rechtsirrtum auszugehen, der gleichsam einen Fahrlässigkeitsvorwurf trägt.
d) Der Höhe nach besteht der Anspruch jedoch nur in Höhe von 6.000,- €. Im Übrigen ist die Klage insoweit unbegründet.
Der Kläger kann seinen Schadensersatzanspruch nach der von ihm gewählten Methode der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) beziffern.
aa) Ausweislich der Rechtsprechung des BGH in Sachen „Foto eines Sportwagens“ (Urt. v. 13.9.2018 – I ZR 187/17, GRUR 2019, 292) gilt bei der Berechnung von lizenzanalogen Schadensersatz bei der Rechtsverletzung von Lichtbildern grds. was folgt:
“Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 – Pressefotos; GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 407 Rn. 25 = WRP 2009, 319 – Whistling for a train; BGH, GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf die Intensität der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen (vgl. BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 39 f. = WRP 2010, 927 – Restwertbörse I). Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (vgl. Forch, GRUR-Prax 2016, 142 [144]).
Maßgebliche Bedeutung kommt einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers zu (LG Kassel, GRUR-Prax 2010, 560; Forch, GRUR-Prax 2016, 142 [143]). Fehlt es daran, liegt es für die Festsetzung einer angemessenen Lizenzgebühr nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem maßgeblichen Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 27 – Pressefotos; GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild, stRspr).
[…]
Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gem. § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu. Die tatrichterliche Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das RevGer. Überprüfbar ist lediglich, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 44 = WRP 2016, 66 – Tauschbörse II, mwN).”
bb) Nach diesen Grundsätzen ist zunächst nach einer eigenen Lizenzierungspraxis abzurechnen. Der Kläger meint zwar, dass er keine eigene einheitliche Lizenzierungspraxis habe. Dies entspricht jedoch nicht dem Sach- und Streitstand. Denn dem beiderseitigen Vortrag sind diverse Rechnungen aus dem Verhältnis des Klägers zur B. zu entnehmen. Die hier streitgegenständlichen Lichtbildwerke sind insoweit auch als Teil der mit diesen Rechnungen abgerechneten Leistungen lizensiert worden. Es besteht demnach sehr wohl eine konkrete Lizenzierungspraxis für die hier konkret gegenständlichen Lichtbildwerke, lediglich die Details dieser Lizenzierungspraxis sind nicht bekannt bzw. nicht ohne Weiteres ersichtlich. In solch einem Fall verbietet sich aber jedenfalls der Rückgriff auf die vom Kläger ins Spiel gebrachten MFM-Tarife.
Im Streitfall ist das zu zahlen, was der Kläger von der B. erhalten hat. Dabei hat der Beklagte nicht dargelegt, wie viele Bilder mit jeder einschlägigen Rechnung lizenziert worden sind, sodass nach seinem Vortrag weder ein konkreter Preis für die streitgegenständlichen Lichtbilder noch ein Durchschnittspreis für Lichtbildwerke im Verhältnis zur B. generell bestimmt werden kann. Die Beklagte hat hierzu im nachgelassenen Schriftsatz vom 21.11.2023, der Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.12.2023 ergänzend vorgetragen. Die Kammer muss jedoch nicht die mündliche Verhandlung wiedereröffnen. Angesichts des Sach- und Streitstandes bestehen genügend Anhaltspunkte, um einen lizenzanalogen Schadensersatzanspruch nach § 287 ZPO auf Grundlage der Lizenzierungspraxis des Klägers im Verhältnis zur B. zu schätzen.
Diesen angemessenen Lizenzpreis pro Foto schätzt die Kammer im hiesigen Fall auf 200,- € pro Lichtbildwerk, für die gegenständlichen 15 Lichtbildwerke auf 3.000,- €. Dabei hält die Kammer zunächst die von der Beklagten errechneten Durchschnittspreise für die Lichtbilder im Bereich von 30 – 50 € als nicht für angemessen und nicht heranziehbar. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger der B. die eher hohe Anzahl von Lichtbildern pro Rechnung überlassen habe, wie es die Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz darlegt. Denn insoweit bleiben diese bloßen Zahlen ohne Beleg und ohne Substanz. Die Beklagte trägt auch keine Verwendung von derart vielen Lichtbildern durch die B. vor.
Die Kammer hält jedoch auch die vom Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vorgetragenen Lizenzpreise pro Bild im Bereich von 375 – 937,50 € nicht für anwendbar. In formaler Hinsicht ist dieser Vortrag nach § 296a ZPO präkludiert. Gleichwohl hat die Kammer den Vortrag zur Kenntnis genommen und in ihre Entscheidung einfließen lassen, sodass die mündliche Verhandlung auch insoweit nicht wieder zu eröffnen war. Bei der klägerischen Darstellung fällt dabei zunächst auf, dass der Kläger von der Anzahl verwendeter Lichtbilder einer Kampagne auf die Anzahl lizenzierter Lichtbilder schließt. Dies erscheint angesichts des Beklagtenvortrags zu erheblich höheren Zahlen überlassener Lichtbilder pro Rechnung und der auch klägerseits zugestandenen Überlassung einer größeren Bildauswahl vor der Postproduktion jedoch nicht als zutreffender Berechnungsparameter. Der wahre Umfang der lizenzierten Lichtbilder an die B. bleibt folglich nach dem Klägervorbringen unklar. Der klägerische Vortrag zu bestimmten Kampagnen und der hergestellte Bezug zu Rechnungen bleibt dabei auch wenig überzeugend, insbesondere die Abrechnung von „Kuba-Fotos“ über vier Rechnungen zu je 3.000,- €, weil sich insoweit aus den in Bezug genommenen Rechnungen regelmäßig keine solche Zuordnung ergibt. Vielmehr wird regelmäßig „V. Z.“ angegeben, was für die hiesige Verwendung auf der Webseite schlicht unergiebig ist und deshalb einen weitergehenden Verwendungszweck annehmen lässt.
Insgesamt schätzt die Kammer demnach den Preis pro Lichtbild auf 200,- €, womit bezogen auf die monatlichen Rechnungen des Klägers zu je 3.000,- € 15 Lichtbilder abgegolten wären. Dieser Umfang erscheint angesichts der hier streitgegenständlichen Verwendung auf der Webseite und auch den übrigen Nutzungen durch die B., die – wenngleich nicht näher vorgetragen – unstreitig stattgefunden haben, als angemessen. Der Umstand, dass die B. regelmäßig die Dienste des Klägers in Anspruch nahm, zeugt von einem erhöhten und wiederkehrenden Bedarf an Lichtbildern durch die B.. In einem solchen Fall erscheinen Lizenzpreise von 750,- € oder mehr pro Lichtbild als sehr hoch und ökonomisch fragwürdig.
An dieser Schätzung ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger an die B. eine Art „Sonderpreis“ gewährt haben möchte. Wie oben dargelegt geht die Kammer davon aus, dass die hier konkreten Lichtbildwerke für die konkrete Veletzungshandlung bereits einen am Markt durchgesetzten Preis haben. Der Kläger kann hier – zumal er keine maßgeblich höheren Lizenzpreise bei anderen Lizenznehmern aufzeigt – keinen Zuschlag fordern.
cc) Dieser Betrag ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer (sowie des Berufungssenats und des BGH, zu letzterem: Urt. v. 13.9.2018 – I ZR 187/17, GRUR 2019, 292 – Foto eines Sportwagens) zu verdoppeln wegen fehlender Urheberbenennung nach § 13 UrhG. Die Verteidigung des Beklagten in diesem Zusammenhang bleibt unerheblich. Nur weil der Kläger der B. die Nutzung ohne Benennung offenbar erlaubt hat, bedeutet dies nicht, dass der Kläger dies auch gegenüber der Beklagten erlauben muss. Der Kläger als Urheber und Inhaber der Urheberpersönlichkeitsrechte kann gegenüber jedem Verwerter eigenständig entscheiden, ob er sein Benennungsrecht geltend machen will. Vorliegend stellt sich gerade wegen des Wechsels des Webseitenbetreibers die Problematik, dass die fehlende Benennung des Urhebers zu einem Vermögensschaden führt, weil dem Urheber dadurch Folgeaufträge entgehen (vgl. BGH GRUR 2015, 780 – Motorradteile). Dies gilt hier schon deshalb, weil die B. als regelmäßige Auftraggeberin für den Kläger weggefallen ist und er ein gesteigertes Interesse an der Generierung von neuen Aufträgen haben durfte.
Demnach ist der oben geschätzte lizenzanaloge Schadensersatz von 200,- € pro Foto bzw. 3.000,- € insgesamt zu verdoppeln auf 400,- € pro Foto bzw. 6.000,- € insgesamt.
e) Der Anspruch des Klägers auf urheberrechtlichen Schadensersatz unterliegt nicht der Verjährung. Dabei kann auch dahinstehen, wann der Kläger Kenntnis von der Nutzung durch die Beklagte hatte. Denn selbst bei Annahme der Regelverjährung könnte sich der Kläger auf § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB berufen, sodass eine zehnjährige Verjährungsfrist ab Entstehung des Anspruchs gilt, die hier jedenfalls nicht abgelaufen ist.
2. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen, jedoch nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, weil es sich insoweit nicht um eine Entgeltforderung gem. § 288 Abs. 2 BGB handelt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.09.2021, 6 U 34/21, GRUR-RS 2021, 62926, m.w.N.; Urteil der Kammer vom 13.7.2023 – 14 O 237/22, GRUR-RR 2023, 439). Der beantragte Verzugsbeginn am 01.08.2020 begegnet keinen Bedenken, weil der insoweit maßgebliche Beginn der Nutzung schon früher im Dezember 2018 begann.
II. Geldentschädigung Persönlichkeitsrecht
Ein Anspruch auf Zahlung einer persönlichkeitsrechtlichen Geldentschädigung besteht im hiesigen Fall nicht.
Dabei kann dahinstehen, ob eine Verletzung dem Grunde nach gegeben ist. Im Ergebnis ist jedenfalls die notwendige Erheblichkeitsschwelle für die Geldentschädigung nicht erreicht.
So gilt in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung der für entsprechende Ansprüche regelmäßig spezialzuständigen 28. Zivilkammer des LG Köln (siehe Urteil vom 10.11.2021 – 28 O 81/21, GRUR-RS 2021, 57396) Folgendes:
„Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kommt eine Geldentschädigung zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen dann in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Die Gewährung des Anspruchs auf eine Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass der Verletzte andernfalls wegen der erlittenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts ohne Rechtsschutz bliebe und damit der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückenhaft wäre. Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung und des Fehlens anderweitiger Ausgleichsmöglichkeiten muss dabei ein unabwendbares Bedürfnis für einen finanziellen Ausgleich bestehen (BGH, NJW 1995, 861; BVerfG, NJW 1973, 1221). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur auf Grund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BGH in GRUR 2010, 171 – Roman „Esra“, m.w.N.). Dies hängt insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs ab, etwa von dem Ausmaß der Verbreitung der verletzenden Handlungen, von der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens (vgl. BGH NJW 1996, 1131). Dabei kann schon ein einziger jener Umstände zur Schwere des Eingriffs führen (BGH, NJW 1996, 1131).“
Die Voraussetzungen sind hier offensichtlich nicht gegeben. Es handelt sich um einen Text, der auf einer Webseite neben Lichtbildwerken des Klägers zugänglich war. Der Text enthält keinen Inhalt, der den Kläger in seiner persönlichen Ehre angreifen würde. Es ist ein Werbetext für ein Produkt, das von Fotografen nachgefragt wird. Ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers erscheint alleine durch die Unterlassung der Veröffentlichung unter Nennung seines Namens in hinreichender Weise beseitigt. Es ist weder eine schwerwiegende Verletzung zu erkennen, noch ein Bedürfnis nach Geldentschädigung aus Billigkeitsgründen.
Daran ändert auch der zuletzt nochmals von Klägerseite herausgestellte Aspekt der Werbewirkung für die Beklagte nichts. Allein der Umstand, dass das Zitat auf der Webseite Teil einer Werbemaßnahme für das benannte Produkt ist, führt nicht zu einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung. Insoweit ist hier besonders der Einzelfall zu betrachten. Es handelt sich um einen Text und die Darstellung als Zitat, die von der Beklagten nicht aktiv initiiert worden ist, sondern lediglich nach „Kauf aus der Insolvenz“ der B. fortgeführt worden ist. Der wesentliche Vorwurf ist demnach eher bei den Verantwortlichen der B. zu erblicken. Der Beklagten fällt dabei eher eine Nachlässigkeit bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der bereits vorhandenen Inhalte zur Last. Hinzu kommt, dass es sich lediglich um eine Werbung auf einer eigenen Internetpräsenz handelt. Damit ist davon auszugehen, dass die Zugriffszahlen moderat waren und die Persönlichkeitsverletzung der Zuschreibung eines nicht gemachten Zitats nur eine beschränkte Wirkung nach außen hatte. Der Fall ist jedenfalls nicht vergleichbar mit einer Werbekampagne in auflagenstarken Medien bzw. auf stark frequentierten Online-Medien.
III. Abmahnkosten
Ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten folgt aus § 97a Abs. 3 UrhG bzw. aus §§ 677, 683, 670 BGB und besteht in Höhe von 2.279,35 €. Die Abmahnung war mit Blick auf 15 Bilder berechtigt, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen wird. Sie war auch wirksam gem. § 97a Abs. 2 UrhG.
Für den persönlichkeitsrechtlichen Anspruch war die Abmahnung im Sinne der Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ebenfalls berechtigt. Dabei konnte der Kläger es von der Beklagten verlangen, dass diese das unzutreffende Zitat unterlässt. Obschon der Sachverhalt insoweit streitig ist, erscheint der Vortrag der Beklagten bereits unsubstantiiert. Sie folgert die Richtigkeit des Zitats aus dem Vorliegen einer Pressemitteilung sowie sonstigen Äußerungen des Klägers auf sozialen Netzwerken. Diese Umstände vermögen jedoch konkret betrachtet nicht darzulegen, dass der Kläger diesen Text selbst verfasst hat oder dieser zumindest mit ihm abgestimmt war. Konkrete Umstände, die der als Zeuge benannte Herr A., ehemaliger Geschäftsführer der B., bestätigen sollte, lässt der Vortrag vermissen. Deshalb war auch keine Beweiserhebung zu diesem Aspekt notwendig.
Der maßgebliche Gegenstandswert beträgt 155.374,- €. Dieser muss mit Blick auf alle geltend gemachten (Streit-)Gegenstände berechnet werden, d.h. die Unterlassung betreffend 16 Fotos und den persönlichkeitsrechtlichen Schadensersatz-Anspruch wegen des Zitats. Für den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch ergibt sich demnach ein Wert von 96.000,- € (16 x 6.000,- €). Für den persönlichkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch kommen 10.000,- € hinzu. Ferner wurde Auskunft gefordert, den die Kammer mit 5% des Unterlassungsstreitwerts von 106.000,- €, d.h. 5.300,- € bemisst. Für die Zahlungsansprüche sind die vom Kläger bereits außergerichtlich konkret geforderten 44.074,- € anzusetzen.
Dies ergibt bei Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300, 1008 VV RVG) i.H.v. 2.640,30 € zzgl. Auslagen (Nr. 7001 u. 7002 VV RVG) von 20,00 € und 19 % USt. von 505,46 € insgesamt einen Betrag von 3.165,76 €.
Jedoch war diese Abmahnung nur teilweise berechtigt. Deshalb ist nur der quotenmäßig zu berechnende Anteil der berechtigten Abmahnung erstattungsfähig (vgl. BGH GRUR 2016, 516 Rn. 45 = WRP 2016, 581 – Wir helfen im Trauerfall; BGH GRUR 2019, 82 Rn. 38 = WRP 2019, 68 – Jogginghosen). Insoweit ist die Abmahnung mit Blick auf eines von 16 Lichtbildern unberechtigt gewesen, weil sich im Laufe dieses Verfahrens herausstellte, dass dieses von einem anderen Fotografen stammt. Außerdem war die Abmahnung mit Blick auf die Zahlungsansprüche nur in Höhe von 6.000,- € berechtigt. Die Abmahnung war demnach mit einem Gegenstandswert von 111.300,- € berechtigt. Dies entspricht im Verhältnis zum oben genannten Gesamtgegenstandswert einer Quote von 72%. Von den Abmahnkosten in Höhe von 3.165,76 € verbleibt demnach ein zu erstattender Betrag i.H.v. 2.279,35 €.
Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 ZPO und ist seit Ablauf der Fristsetzung in der Abmahnung begründet.
IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.
V. Der Streitwert wird auf 46.817,43 EUR festgesetzt.