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Können Namen von Gottheiten beschreibend sein oder gegen gute Sitten verstoßen?

Mit dieser Frage hatte sich jüngst das Bundespatentgericht zu beschäftigen, nachdem das DPMA die Eintragung der Wortmarke „Narayana“ mit der Begründung abgelehnt hatte, die Kommerzialisierung des Wortes „Narayana“ durch die Erteilung einer Marke als Ausschlussrecht im Geschäftsverkehr widerspreche den religiösen und ethischen Wertvorstellungen dieser Verkehrskreise und werde als anstößig empfunden.

Auf die Beschwerde der Anmelderin hin, hob das BPatG die Entscheidung im Wesentlichen auf – lediglich für die Klassen 16, 41 und 29, war die Beschwerde teilweise unbegründet. ezug auf die Waren „Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]“ der Klasse 16 sowie die Dienstleistungen „Ausbildung“ der Klasse 41 stehe der Eintragung  des angemeldeten Wortzeichens als Marke nach Ansicht des BPatG ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen

Beschreibende Angaben

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im
Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Regelung verfolgt das im
Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen
Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können. Bei Druckereierzeugnisse nahm das BPatG an, dass sich diese thematisch mit der Figur „Narayana“ und deren Bedeutung im Hinduismus befassen könne. Auch bei der Ausbildung könne „Narayan“ als Beschreibung des Themas der Ausbildung befassen.

Beschreibend, aber kein Verstoß gegen die Guten Sitten, sofern keine Kühe betroffen sind

Anders als das DPMA konnte das BPatG keinen allgemeinen  Verstoß gegen die guten Sitten feststellen.

Von einem Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG ist auszugehen, wenn das angemeldete Zeichen geeignet ist, das Empfinden der
angesprochenen Verkehrskreise erheblich zu verletzen, indem es etwa in sittlicher, politischer oder religiöser Hinsicht anstößig oder herabwürdigend wirkt.

Trotz der Annahme, dass ein im Kontext des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG relevanter Teil der angesprochenen inländischen Verkehrskreise
den Begriff „Narayana“ kennt, bestünden nach Auffassung des Senats Zweifel daran, dass diese Verkehrskreise bereits die Kommerzialisierung eines religiösen Begriffes für sich gesehen – also ohne Bezug zu konkreten Waren und Dienstleistungen – als religiös anstößig werte.

Es bedürfe konkreter Anhaltspunkte, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen nicht nur als religiösen Begriff erkennen, sondern die Verwendung als Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als anstößig empfinden. Solche Anhaltspunkte können die für die
Anhänger des Hinduismus verbindlichen Regeln und Rituale sein.

Angesichts dieser für Hindugläubige so wichtigen Regel und der engen Verbindung der Kuh mit den von ihnen verehrten Gottheiten würden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung des zum Verzehr gedachten Fleisches einer Kuh mit dem Namen einer Gottheit als anstößig auffassen. In Bezug auf „Rindfleisch“ und damit in Bezug auf den Oberbegriff „Fleisch“ der Klasse 29 wie auch der Ware „Fleischextrakte“ stehe der Eintragung des Zeichens „NARAYANA“ daher das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entg

In Bezug auf die darüber hinaus beanspruchten Waren und Dienstleistungen seien derartige Anhaltspunkte dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die
Bezeichnung als anstößig empfinden würden, jedoch nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu dem Symbol der „Heiligen Kuh“ gibt es im Hinduismus sehr vielseitige
verschiedene Aspekte des Glaubens und wenige eindeutige Ge- und Verbote. Es gäbt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung der Bezeichnung „Narayana
von den praktizierenden Hindus in Deutschland nicht nur in Bezug auf Fleisch, sondern auch für die weiteren von der Anmeldung umfassten Waren und Dienstleistungen als anstößig wahrgenommen wird. Dies gilt auch – und erst recht – für Menschen mit anderen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, die daran gewöhnt sind, dass hindu-religiöse Traditionen auch in nichtreligiöse Bereiche des Alltags, wie z. B. in den Esoterik-, Wellness- und Fitnessmarkt,
Eingang gefunden haben.

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Kai Jüdemann

Fachanwalt für Urheber -und Medienrecht