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EuGH verneint Sittenwidrigkeit für Markeneintragung von „Fack ju Göhte“

Der EuGH hat die Entscheidungen des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) sowie des Gerichts der Europäischen Union (EuG) zur Markenanmeldung des Filmtitels „Fack ju Göhte“ aufgehoben (Urt. v. 27.02.2020, Az. C-240/18 P). Die Trilogie um eine Klasse von Chaoten und ihren Aushilfslehrer Zeki Müller war an den Kinokassen Deutschlands ein riesiger Erfolg, die deutlich mehr als 20 Millionen Zuschauer anlockte. 2017 war der dritte Teil der Reihe der mit Abstand erfolgreichste Kinofilm in Deutschland. Allerdings konnte die Constantin Film GmbH „Fack ju Göhte“ bislang nicht erfolgreich als Unionsmarke in der EU eintragen lassen, da der Titel laut EUIPO sittenwidrig sei. Mit dem nach jahrelangem Rechtsstreit ergangenen Urteil des EuGH könnte die Markenanmeldung nun doch gelingen, da der EuGH keine Anzeichen dafür sah, dass der Titel der Filmkomödie von einer breiten deutschsprachigen Öffentlichkeit als moralisch verwerflich angesehen wird.

Bereits 2015 wollte die Constantin Film GmbH ihren Filmtitel als Marke, u.a. für Schmuck und Spiele, schützen lassen, scheiterte jedoch vor dem EUIPO. Dieses hatte bereits zuvor Titeln wie „READY TO FUCK“ und „FUCK THE BACKMISCHUNG“ die Eintragung als Marke versagt, „LECK MICH SCHILLER“ hingegen nicht. Der Ausdruck „Fuck you“ und somit das gesamte Zeichen „Fack ju Göhte“ seien vulgär und Verbraucher im deutschsprachigen Raum würden sich daran stören. Es könne auch nicht vom verletzenden Charakter der Beschimpfung dadurch abgelenkt werden, dass der Name des hoch angesehenen Schriftstellers Johann Wolfgang von Goethe bewusst falsch geschrieben sei. Im Gegenteil ergebe sich dadurch, so das EUIPO, eine „weitere Ebene des Sittenverstoßes, indem Goethe als Denkmal der deutschen Sprache in obszöner, degradierender Weise der Respekt versagt wird“. Weiter heißt es: “Da insbesondere autoerotische Aktivitäten in den Bereich der Intimsphäre der Persönlichkeit fallen, wirkt die in feindlicher Atmosphäre ausgesprochene Aufforderung dazu herabwürdigend, obszön und vulgär, da sie in unsachlicher Weise die derart angesprochene Person auf ihren Sexualtrieb reduziert.”

Auch das EuG erkannte in dem Filmtitel einen Sittenverstoß, an dem auch die Millionen Kinobesucher nichts änderten. Verbraucher seien im Falle einer Eintragung mit dem obszönen Titel im Alltag konfrontiert, sobald Produkte des täglichen Gebrauchs damit versehen würden. Sie gingen in solchen Fällen nicht von einem Scherz oder dem Titel eines erfolgreichen Films aus, wie es die Constantin Film GmbH behauptet hatte, sondern nähmen das Wortzeichen als anstößig wahr. Vergleiche mit Titeln wie „Die Wanderhure“ führten, so das EuG, zu keinem anderen Ergebnis, da dieser, anders als „Fack ju Göhte“, beschreibend für den Inhalt des gleichnamigen Films sei. Als Reaktion auf die erneute ablehnende Entscheidung legte die Constantin Film GmbH Rechtsmittel ein, sodass der Fall nun vor dem EuGH verhandelt wurde.

Die Luxemburger Richter hoben beide vorangegangenen Entscheidungen auf. Sie folgten damit der Empfehlung des Generalanwalts, der in seinen Schlussanträgen die Überzeugung vertrat, dass das EUIPO die Sittenwidrigkeit nicht isoliert von ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und ihrem Kontext allein auf den wörtlichen Inhalt der Marke stützen könne. Laut EuGH wurde die Tatsache nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Titel von einer breiten deutschsprachigen Öffentlichkeit gerade nicht als verwerflich wahrgenommen werde. Trotz des immensen Erfolgs und der damit einhergehenden großen Sichtbarkeit des Titels habe dieser offenbar nicht zu einem Meinungsstreit über seine Sittenhaftigkeit geführt. Für die Filme, die Fördermittel verschiedener Organisationen erhalten haben und vom Goethe-Institut zu Unterrichtszwecken verwendet werden, seien zudem jugendliche Zuschauer zugelassen worden. Der EuGH bestreitet zwar nicht, dass dem deutschen Publikum die Bedeutung des Ausdrucks „Fuck you“ bekannt ist, doch werde dieser anders als von einem englischsprachigen Publikum wahrgenommen. In der Muttersprache könne die Empfindlichkeit gegenüber einzelnen Wörtern und Formulierungen deutlich ausgeprägter sein als in einer Fremdsprache. Die lautschriftliche Übertragung ins Deutsche bewirke darüber hinaus eine zusätzliche Verfremdung, sodass nicht ersichtlich sei, dass aus der Sicht des deutschsprachigen Publikums das Wortzeichen einen Verstoß gegen grundlegende moralische Werte und Normen der Gesellschaft darstelle.

Nach der Entscheidung des EuGH muss nun das EUIPO erneut über die Eintragung des Titels als Unionsmarke entscheiden.

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