030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

In einer aktuellen Entscheidung hat das BPatG Ausführungen zu den Fragen einer möglichen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Artikel 3 GG gemacht. Eine solche Verletzung kann vorliegen, wenn bei einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohen nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt werden.

Voraussetzung ist,  dass  sich  die  bisherige Amtspraxis  als  willkürlich  herausstellt  und  nicht  erkennen  lässt,  welche  der vorangegangenen  Entscheidungen rechtmäßig  und  welche rechtswidrig  waren  (BPatG  29 W (pat) 43/04  – juris  Tz. 15  – print24). Das BPatG hat hierzu ausgeführt:

„Allein  aus  einer  oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf  einer  willkürlichen  Ungleichbehandlung  ableiten,  zumal  es  sich  um  rechtswidrig  vorgenommene Eintragungen oder  Eintragungen  vor Eintritt  einer  Richtlinien-  oder  Rechtsprechungsänderung  handeln  kann.  Niemand
kann  sich  auf  eine  fehlerhafte  Rechtsanwendung  zugunsten  eines  anderen berufen, um  eine identische  Entscheidung  zu  erlangen“.

Fragen? Wir vertreten in allen Fragen zum Recht des geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts. Bitte sprechen Sie uns an!

 

BUNDESPATENTGERICHT

29 W (pat) 3/10_______________________

(Aktenzeichen)

 

 

B E S C H L U S S

 

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 42 904.7

 

hat  der  29. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  am

11. April 2011  unter  Mitwirkung  der  Richterinnen  Kortge  und  Dorn  sowie  des

Richters Kruppa

 

BPatG 152
08.05

beschlossen:

 

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Pa-

tent- und  Markenamtes vom  28. März 2008 wird  aufgehoben,  so-

weit die Anmeldung bezüglich der Waren der

 

Klasse 19: Denkmäler (nicht aus Metall)

 

zurückgewiesen worden ist.

 

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

 

G r ü n d e

 

I.

 

Die Wort-/Bildmarke

 

ist am 11. Juli 2006 zur Eintragung als Marke  in das beim Deutschen Patent-  und

Markenamt (DPMA) geführte  Register für nachfolgende Waren  und Dienstleistun-

gen angemeldet worden:

 

Klasse 6: unedle Metalle und  deren  Legierungen; Baum ateri-

alien  aus  Metall;  transportable  Bauten  aus  Metall;

Schienenbaumaterial  aus  Metall; Kabel  und Drähte

aus  Metall  (nicht  für  elektrische  Zwecke);  Schlos-

serwaren  und  Kleineisenwaren;  Metallrohre;  Geld-

schränke; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 ent-halten; Erze;

 

Klasse 19: Baumaterialien (nicht  aus  Metall);  Rohre  (nicht  aus

Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen;

transportable Bauten  (nicht aus Metall);  Denkmäler

(nicht aus Metall);

 

Klasse 20: Möbel,  Spiegel,  Rahmen;  Waren,  soweit  in

Klasse 20  enthalten, aus  Holz, Kork,  Rohr,  Binsen,

Weide,  Horn,  Knochen,  Elfenbein,  Fischbein,

Schildplatt, Bernstein, Perlm utter, Meerschaum und

deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen;

 

Klasse 21: Geräte  und Behälter für Haushalt und Küche  (nicht

aus  Edelmetall  oder  plattiert);  Kämme  und

Schwämme;  Bürsten  (mit  Ausnahme  von  Pinseln);

Bürstenmachermaterial;  Putzzeug;  Stahlspäne;  ro-

hes  oder  teilweise  bearbeitetes  Glas  (mit  Ausnah-

me  von  Bauglas); Glaswaren, Porzellan  und  Stein-

gut, soweit in Klasse 21 enthalten;

 

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwal-

tung; Büroarbeiten.

 

Mit  Beschluss vom  28. März 2008 hat  die  Markenstelle für  Klasse 35  die  Anmel-

dung überwiegend  gemäß  §§ 37 Abs. 1  und 8  Abs. 2 Nr. 1  MarkenG  wegen  feh-

lender Unterscheidungskraft  zurückgewiesen.  Für schutzfähig erachtet hat sie al-

lerdings  sämtliche  in  Klasse 35  angemeldeten  Dienstleistungen,  die  in  Klasse 6

beanspruchten  Waren  „unedle  Metalle  und  deren  Legierungen“,  „Geldschränke“

und  „Erze“  sowie die  Waren  in  Klasse 21  mit  Ausnahme  der  Waren „rohes oder

teilweise  bearbeitetes  Glas  (mit  Ausnahme  von  Bauglas);  Glaswaren,  Porzellanund Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten“. Zur Begründung hat sie  ausgeführt,

dass die werbeüblich grafisch ausgestaltete und sprachüblich aus den englischen

Begriffen  „urban“ („städtisch,  Stadt …“) und  „edition“  („Ausgabe, Produktreihe/se-

rie“)  gebildete  Wortkombination  von  den  angesprochenen  Verkehrskreisen  als

Sachhinweis  auf  eine  städtische  Produktreihe  verstanden  werde.  Zwar  sei  die

Wortzusammensetzung  nicht  lexikalisch  nachweisbar  und  entstamme  nicht  der

deutschen Sprache, aber „urban“ im Sinne von „städtisches Umfeld bzw. Lebens-

raum“ und „edition“ in der Bedeutung von „Ausgabe“ seien sowohl den angespro-

chenen Fachkreisen,  die sich  mit Stadtgestaltung  beschäftigten,  als auch interes-

sierten breiten Verkehrskreisen bekannt. Die für schutzunfähig erachteten Waren,

wie z. B. die transportablen Bauten und das Baumaterial, könnten der Gestaltung

des städtischen Lebensraumes  dienen. In  der Regel würden im ländlichen Raum

eher  Naturmaterialien  wie  Holz  oder  Backstein  verwendet,  während  in  Groß-

städten oft Glas und Stahlbeton verbaut würden. Auch bei Möbeln und Innenaus-

stattungen  gebe  es  einen  Landhaus-  oder  Countrystil,  während  eine  Stadtwoh-

nung  weniger  rustikal  eingerichtet  werde.  Parkbänke  könnten  zudem  speziell  für

den  städtischen Raum  angefertigt  und bestimmt sein. Wie  eine Internetrecherche

ergeben  habe,  seien  vergleichbare  Bezeichnungen,  wie  das  „Urbane  Jahrtau-

send“,  „Urbane  Qualitäten“,  „urbane  Mobilität“,  „Urbane  Innenentwicklung“  oder

„Urban  Communication“  nicht  ungewöhnlich  (Anlagen  zum  angefochtenen  Be-

schluss,  Bl. 112 – 116 VA).  Im  Zusammenhang  mit  Bauen  und  Baumaterialien

würden  bereits  Begriffe  wie  „urbane  Wohnungstypen“  und „Urbane  Dachverdich-

tung“ verwendet (Anlagen zum  angefochtenen Beschluss,  Bl. 110 f. VA). Das an-

gemeldete  Wort-/Bildzeichen  beschreibe  daher  lediglich  Produktart  und  Verwen-

dungsort der Waren. Die  von der Anmelderin angeführten  Voreintragungen  seien

nicht vergleichbar. Da es  kaum eine spezielle Produktlinie von Möbeln und Deko-

rationsartikeln  für  Dome  gebe,  sei  die  u. a.  für  Möbel  und  Dekorationsartikel  für

den Innen- und Außenbereich in Klasse 20 angemeldete und am 2. Juni 2005 ein-

getragene Wortmarke „DOM EDITION“ (30518849.6, Bl. 75 f. VA) zu Recht einge-

tragen  worden. Auch der Aussagegehalt der u. a. für Küchenmöbel in Klasse  20

am  5. Februar 2002  eingetragenen  Wort-/Bildmarke  „Edition  B1“  (30123934.7,

Bl. 80 – 84 VA) sei unklar. Die grafische  Ausgestaltung der  für vergleichbare Wa-

ren in Klasse 20 und 21 am  2. Oktober 2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke „FUN

EDITION“  (30035217.4,  Bl. 77 f. VA) enthalte deutlich mehr Gestaltungselemente

als  die  verfahrensgegenständliche Markenanmeldung,  welche nur über  eine wer –

beübliche Schriftart in grauer Farbe verfüge. Im Übrigen seien die Zeichen „urban

elements“  (30426339.7),  „URBAN  CAMPUS“  (30725908.0)  und  „URBAN  CLAS-

SICS“ (30751540.0) ebenfalls nicht eingetragen worden.

 

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß be-

antragt,

 

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Pa-

tent- und Markenamtes vom 28. März 2008 aufzuheben.

 

Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer am 14. April 2009 eingegangenen Beschwer-

debegründung  ihr  Waren-/Dienstleistungsverzeichnis  (Bl. 18 GA)  wie  folgt  einge-

schränkt:

 

Klasse 6: unedle  Metalle  und  deren  Legierungen;  transpor-

table Bauten aus Metall, nämlich Stadt- und Außen-

möblierungsartikel für den gewerblichen und öffent-

lichen Bereich; Geldschränke; Erze;

 

Klasse 19: transportable Bauten (nicht aus  Metall  (soweit  nicht

in Klasse 20 enthalten), nämlich Stadt-  und Außen-

möblierungsartikel für den gewerblichen und öffent-

lichen  Bereich  aus  Beton;  Denkmäler  (nicht  aus

Metall);
Klasse 20: Möbel, näm lich Stadt- und Außenmöblierungsartikel

für den  gewerblichen  und öffentlichen Bereich,  aus

Metall  (soweit  nicht  in  Klasse  19  enthalten)  Holz,

Kork,  Rohr,  Binsen,  Weide,  Horn,  Knochen,  Elfen-

bein,  Fischbein,  Schildplatt,  Bernstein,  Perlmutter,

Meerschaum  und  deren  Ersatzstoffe  oder  aus

Kunststoffen;

 

Klasse 21: Geräte  und Behälter für Haushalt und Küche  (nicht

aus  Edelmetall  oder  plattiert);  Kämme  und

Schwämme;  Bürsten  (mit  Ausnahme  von  Pinseln);

Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne;

 

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwal-

tung; Büroarbeiten.

 

Sie  trägt  vor, sie sei  ein  seit  fast  …  Jahren  bestehendes,  auf  die öffentliche  Frei-

raummöblierung  spezialisiertes  Unternehmen,  das  historische  und  moderne  Mö-

bel, Abfallbehälter,  Fahrradständer, Tische, Pflanzenkübel und  Sitzbänke aus un-

terschiedlichsten Materialien herstelle und das für deren hochwertige Verarbeitung

und  deren  ästhetisches  Design  bekannt  sei.  Der  von  Prof.  L…  aus  H…

entworfene  Kunststoff-Abfallbehälter  „CITYBOY“  sei  1985  als  ständiges  Ausstel-

lungsstück  in  die  neue  Samm lung  des  S……in  M…  aufgenommen  worden.  An

diese  Tradition  habe  sie  mit  der  Ein

führung ihrer „urban“-Zeichenserie nahtlos anknüpfen können (Ausdruck der Inter-

netseite der Anmelderin, Anlage B 3, Bl. 32 GA). Im Jahre 2002 habe sie mit ihrem

Premiumprogramm  „urban  selection“  ein  völlig  neues  Freiraummöblierungspro-

gramm  präsentiert. 2008 seien sowohl der  Abfallbehälter „Fly“ als auch die  Park-

bank  „Harmonie“  aus der „urban  selection“-Reihe von  der  international besetzten

Jury  des  renommierten  i…  für  exzellente  Gestaltung  aus

gezeichnet  worden  (Ausdruck  der  Internetseite  der  Anmelderin,  Anlage  B 4,

Bl. 33 GA).  Auch  vorliegend  gehe es  um  Außen-  und Stadtmöblierungsartikel für

den  gewerblichen  und  öffentlichen  Bereich.  Die  Abnehmer  ihrer  Produkte  seien

Großkunden wie  Gemeinden, Städte  oder Unternehmen, so  dass angesichts des

spezifischen  Charakters  der  Waren  spezialisierte,  gut  informierte,  aufmerksame

und  verständige  Verkehrskreise  angesprochen  seien,  die  den  Marken  in  diesem

Bereich  ein  besonderes  Interesse  sowie  besondere  Aufmerksamkeit  widmeten.

Die in Klasse 6 angemeldeten Waren seien keine Endprodukte,  sondern Rohstof-

fe, Halb- und Fertigfabrikate, welche unterschiedlichsten Zwecken dienten und kei-

nen Hinweis auf eine „Produktlinie für das urbane Umfeld“ oder eine „Ausgabe für

den  Stadtbereich“ gäben.  Entgegen der  Auffassung der Markenstelle komme Au-

ßenraummöblierung  auch  im  ländlichen  Raum  zum  Einsatz,  zumal  dieser  immer

mehr  „urbanisiert“  werde.  Die  Vielfalt  der  für  die  Außenmöblierung  produzierten

Bänke  sei zudem  derart  groß, dass eine Zuordnung  zum  städtischen oder  ländli-

chen Bereich nicht  möglich sei (Anlage B 1, Bl. 30 GA). Der Begriff „urban“ weise

nicht  auf  einen  konkreten  Stil  hin,  er  werde  in  vielfältiger  Weise  gebraucht  und

u. a. m it „modern“ gleichgesetzt. Das  Zeichen  habe daher einen

Anpreisungscharakter  im   Sinne  von  innovativen,  modernen  und  weltmännischen

Außenm öbeln, so dass es nicht geeignet sei, wesentliche Merkmale der fraglichen

Waren  und Dienstleistungen konkret zu bezeichnen. Ein Freihaltebedürfnis  schei-

de ebenfalls aus. Dem Wortbestandteil „edition“, der vor  allem  im  Sinne  von Her-

ausgabe und Ausgabe von Büchern und Zeitschriften, also in  Bezug auf das Ver-

lagswesen,  zu verstehen  sei, komme  im  Zusammenhang  mit Außenraummöblie-

rung  kein  sinntragender  Inhalt  zu.  Das  angemeldete  Zeichen  bezeichne  ange-

sichts der Auswahl an Interpretations- und Übersetzungsm öglichkeiten weder ein-

deutig noch beschreibend die Art (Möbel, Einrichtungsgegenstände), die Beschaf-

fenheit  (Holz,  Metall,  Beton),  die  Bestimmung  (Verwendung  im Außenbereich)  o-

der sonstige Eigenschaften der angemeldeten Waren. Der Bildbestandteil bestehe

neben  der  grauen  Farbe  aus  einer  besonderen,  auf  üblichen  Betriebssystemen

nicht erhältlichen Schriftart, der „Scala Sans Regular“, welche von dem Schriftart-

designer  M1…  entworfen  und  bereits  ausgezeichnet  worden  sei  sowie

von  der  Firma  F…  AG  in  B…  vertrieben  werde  (Anlage B 2,  Bl. 31 GA).

 

Das gewählte Schriftbild unterstreiche das zeitlose, klassische Design der Außen-möblierungsartikel,  indem  es  die  rundlichen  Formen  der  Wasserspiegelung  der

Bank „Elegance“,  einem  ihrer  Premiumprodukte,  aufgreife.  Die Farbe „grau“  kor-

respondiere mit dem  Grau der Edelstahlversion und der ebenfalls in grau gehalte-

nen  Wasserspiegelung,  welche  unter  ihren  Kunden  einen  hohen  Wiedererken-

nungswert  habe  (Anlagen B 5/1  bis  B 5/3,  Bl. 35 – 37 GA).  Das  L1…

…  habe  in  seinem  rechtskräftigen  Urteil  vom  13. Januar 2006  (…,

Bl. 67 – 74 VA) festgestellt, dass der Marke   für den Bereich der

Stadt-  und  Außenmöblierung  eine rein  beschreibende  Bestimmungsangabe  nicht

zu entnehm en sei. Der Zeichenbestandteil „urban“ sei der Stammbestandteil ihrer

Markenfamilie, welche die ebenfalls für Stadt- und Außenmöblierungsartikel in den

Klassen 6,  19  und  20  und  damit  teilweise  für  identische  Waren  am

10. Januar 2002  eingetragenen  Wort-/Bildmarken  „urban  selection“  (30201013),

„urban  basics“  (30201014),  „urban  classics“  (30201015)  und  „urban  projects“

(30201016) in ähnlicher grafischer Ausgestaltung umfasse. Die Programme „urban

basics“,  „urban  classics“  und  „urban  projects“  seien  2005 eingeführt  worden.  In-

nerhalb  des  angesprochenen  Fachpublikums  habe sie für  ihre Produkte  und den

Wortbestandteil  „urban“  einen  Bekanntheitsgrad  von  weit  über  … %  (vgl.  eides

stattliche  Versicherung  des  Geschäftsführers  R…  vom  10. Oktober 2008

nebst  Anlagen,  Bl. 34 GA).  Seit  2002  seien  …  Kataloge/Broschüren  an  die

maßgeblichen Verkehrskreise verteilt  worden.  Zusätzlich seien die Produkte  „ent-

sprechend ihrer Produktlinien“ in Fachzeitschriften umfangreich beworben worden

(Ausstellungsfotos  von  der  Messe  B1…  2007  in  München  u.  der  Messe  E…

…  2009,  B 5/3,  Bl. 37 GA;  Berichte  und  Anzeigen  in  Fachzeitschriften  von

2002 bis 2008, B 5/4 u. B 5/5, Bl. 38 u. 39 GA). Im Zuge der Ausrichtung der „Pro-

dukte  nach Produktlinien“  habe  somit  auch  der  Stammbestandteil „urban“  in  der

konkreten  grafischen  Ausgestaltung  eine  Verkehrsbekanntheit  im  Sinne  von  § 8

Abs. 3 MarkenG erlangt, die sich auf die angemeldete Wortkombination übertrage.

Im   Hinblick  auf  die  Vielzahl  der  vom  DPMA  eingetragenen  Zeichen  mit  den  Be-

standteilen  „urban“  (117 Marken, Anlage B 6, Bl. 40 – 44 GA) oder  „edition“ (419

Marken, Bl. 85 –102 VA) bestehe zudem ein Gleichbehandlungsanspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

II.

 

Die zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen un-

begründet.

 

1. Der  Eintragung  des  vorliegenden  Wort-/Bildzeichens  als

Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die in Klasse 19

beanspruchten „Denkmäler  (nicht  aus  Metall)“  kein absolutes Schutzhinder-

nis,  insbesondere  auch  nicht  das  der  fehlenden  Unterscheidungskraft  oder

des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2  MarkenG, entge-

gen.

Für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren der

Klasse 6: transportable Bauten aus Metall, nämlich Stadt- und

Außenmöblierungsartikel  für  den gewerblichen  und

öffentlichen Bereich;

 

Klasse 19: transportable Bauten (nicht aus  Metall  (soweit  nicht

in Klasse 20 enthalten), näm lich Stadt- und Außen-

möblierungsartikel für den gewerblichen und öffent-

lichen Bereich aus Beton;

 

Klasse 20: Möbel, näm lich Stadt- und Außenmöblierungsartikel

für den  gewerblichen  und öffentlichen Bereich,  aus

Metall  (soweit  nicht  in  Klasse 19  enthalten)  Holz,

Kork,  Rohr,  Binsen,  Weide,  Horn,  Knochen,  Elfen-

bein,  Fischbein,  Schildplatt,  Bernstein,  Perlmutter,

Meerschaum  und  deren  Ersatzstoffe  oder  aus

Kunststoffen

 

stellt die angemeldete Bezeichnung eine nicht unterscheidungskräftige Anga-be im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG dar.

 

a) Unterscheidungskraft  im  Sinne  des  § 8  Abs. 2  Nr. 1  MarkenG  ist  die

einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom  Verkehr als Unter-

scheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Wa-

ren  und  Dienstleistungen  als  von  einem  bestimmten  Unternehmen

stammend kennzeichnet und  diese Waren oder  Dienstleistungen  som it

von  denjenigen  anderer  Unternehmen  unterscheidet  (EuGH  GRUR

2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH  GRUR 2010, 825, 826

Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis  II; 935  Rdnr. 8 – Die  Vision; GRUR

2006, 850, 854 Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn  die Hauptfunk-

tion  der  Marke  besteht  darin,  die  Ursprungsidentität  der  gekennzeich-

neten  Waren  und  Dienstleistungen  zu  gewährleisten  (EuGH  GRUR

2006,  233,  235  Rdnr. 45  – Standbeutel;  229,  230  Rdnr. 27  – BioID;

a. a. O.  Rdnr. 66  – EUROHYPO;  BGH  GRUR 2008,  710  Rdnr. 12  – VI-

SAGE;  GRUR  2009,  949  Rdnr. 10  – My  World;  a. a. O.  – FUSSBALL

WM 2006;  GRUR 2005,  417,  418  – BerlinCard;).  Da  allein  das  Fehlen

jeglicher  Unterscheidungskraft  ein  Eintragungshindernis  begründet,  ist

ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede  auch noch so gerin-

ge  Unterscheidungskraft  genügt,  um  das  Schutzhindernis  zu  überwin-

den  (BGH  a. a. O.  – Marlene-Dietrich-Bildnis  II;  GRUR  2009,  411

Rdnr. 8  – STREETBALL;  778,  779  Rdnr. 11  – Willkommen  im   Leben;

949 f.  Rdnr. 10  – My  World;  a. a. O.  – FUSSBALL WM 2006).  Maßgeb-

lich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die be-

anspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffas-

sung der  beteiligten  inländischen Verkehrskreise, wobei auf  die Wahr-

nehmung des  Handels und/oder des  normal  informierten,  angemessen

aufmerksamen  und  verständigen  Durchschnittsverbrauchers  der fragli-

chen Waren  oder Dienstleistungen abzustellen  ist (EuGH GRUR 2006,

411,  412  Rdnr. 24  – Matratzen  Concord/Hukla;  GRUR  2004,  943,  944

 

 

 

– 11 –

 

 

Rdnr. 24  – SAT  2;  BGH  a. a. O.  – Die  Vision;  825,  826  Rdnr. 13  –

Marlene-Dietrich-Bildnis  II; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Ebenso  ist

zu  berücksichtigen,  dass  der  Verkehr  ein  als  Marke  verwendetes  Zei-

chen in  seiner  Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so  aufnimmt,

wie  es  ihm  entgegentritt,  ohne  es  einer  analysierenden  Betrachtungs-

weise  zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel;

BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421  –

RATIONAL  SOFTWARE  CORPORATION).  Ausgehend  hiervon  besit-

zen  Wortmarken  dann  keine  Unterscheidungskraft,  wenn  ihnen  die

maßgeblichen  Verkehrskreise  lediglich  einen  im  Vordergrund  stehen-

den  beschreibenden  Begriffsinhalt  zuordnen  (EuGH GRUR 2004,  674,

678  Rdnr. 86  – Postkantoor;  BGH  GRUR  2009,  952,  953  Rdnr. 10  –

DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR

2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 –

anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendun-

gen  der  deutschen  Sprache  oder  einer  geläufigen  Fremdsprache  be-

stehen,  die  – etwa  wegen  einer  entsprechenden  Verwendung  in  der

Werbung  oder  in den  Medien –  stets  nur  als  solche  und  nicht  als  Un-

terscheidungsm ittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. – FUSS-

BALL  WM 2006;  GRUR 2003,  1050,  1051  – Cityservice;  GRUR 2001,

1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen

keine  Unterscheidungskraft  vor  allem  auch  Zeichen,  die  sich  auf  Um –

stände  beziehen, welche  die  beanspruchten Waren  und  Dienstleistun-

gen zwar nicht unm ittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschrei-

bender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer be-

schreibenden  Angabe  erschöpfen  (BGH  GRUR  2010,  1100,  1102

Rdnr. 23  – TOOOR!;  a. a. O.  855  Rdnr. 28 f.  – FUSSBALL  WM  2006).

Dabei  gilt,  dass  je  bekannter  der  beschreibende  Begriffsgehalt  für  die

Waren  oder  Dienstleistungen  ist,  desto  eher  wird  er  auch  nur  als  sol-

cher  erfasst,  wenn  er  im  Zusammenhang  mit  der  Kennzeichnung  der

Ware  oder  Dienstleistung in Erscheinung tritt  (BPatG GRUR 2007,  58,

60  – BuchPartner). Hierfür  reicht es  aus,  dass  ein Wortzeichen,  selbst

wenn  es  bislang  für  die  beanspruchten  Waren  und  Dienstleistungen

nicht beschreibend  verwendet wurde oder es sich gar um eine sprach-

liche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein

Merkmal  dieser  Waren  und  Dienstleistungen  bezeichnen  kann  (EuGH

GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; 674, 678 Rdnr. 97  –

Postkantoor;  680,  681  Rdnr. 38  – BIOMILD;  GRUR 2003,  58,  59

Rdnr. 21  – Companyline);  dies  gilt  auch  für  ein  zusammengesetztes

Zeichen,  das  aus  mehreren  Begriffen  besteht,  die  nach  diesen  Vorga-

ben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen

nicht  infolge  einer  ungewöhnlichen  Veränderung  – etwa  syntaktischer

oder  semantischer  Art –  hinreichend  weit  von  der  bloßen  Zusammen-

fügung  ihrer  schutzunfähigen  Bestandteile  abweicht  (EuGH  MarkenR

2007,  204,  209  Rdnr. 77 f.  – CELLTECH; a. a. O.  Rdnr. 29  – BioID;

a. a. O.  Rdnr. 98 – Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O.

Rdnr. 28 – SAT 2).

 

b) Diesen  Anforderungen  an  die  Unterscheidungskraft  im  Sinne  des  § 8

Abs. 2  Nr. 1  MarkenG  genügt  das  angemeldete  Wort-/Bildzeichen  nur

für die in Klasse 19 beanspruchten „Denkmäler (nicht aus  Metall)“. Für

die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 6, 19 und

20 weist es einen  im  Vordergrund stehenden beschreibenden  Begriffs-

gehalt auf.

 

aa) Das  angemeldete  Zeichen  setzt  sich  aus  zwei  Wortbestandteilen  la-

teinischen Ursprungs, nämlich „urban“ und „edition“ zusammen, die m it

ihren  Bedeutungen „städtisch, für  die  Stadt, für städtisches Leben cha-

rakteristisch,  gebildet  und  weltgewandt,  weltmännisch“  (lat.  urbanus  =

zur  Stadt  gehörend,  Duden  – Deutsches  Universalwörterbuch,  6. Aufl.

2006  [CD-ROM];  Duden  –  Das  Fremdwörterbuch,  9. Aufl.  2007  [CD-

ROM])  und  „Auflage,  Ausgabe,  Bearbeitung,  Herausgabe,  Fassung,

Veröffentlichung  von  Büchern  oder  Musikalien“  (lat.  editio  =  Heraus-

gabe,  Duden  –  Deutsches  Universalwörterbuch,  a. a. O.;  Duden  – Das

Fremdwörterbuch,  a. a. O.;  weitere  Nachweise  vgl.  BPatG

29 W (pat) 2/09  –  Privat  Edition)  sowohl  in  den  deutschen  als  auch  in

den  englischen  Sprachgebrauch  eingegangen  sind  (Duden-Oxford  –

Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]).

 

bb) Alle  noch  beschwerdegegenständlichen  Waren der  Klassen  6,  19  und

20, bei denen es sich mit Ausnahme der nicht aus Metall bestehenden

Denkmäler um  transportable Bauten oder Möbel als Stadt- und Außen-

möblierungsartikel  für  den  gewerblichen  und  öffentlichen  Bereich  aus

Metall,  Beton, Holz  oder  anderen Materialien  handelt, können der Ge-

staltung  städtischer Anlagen oder  in  der Stadt gelegener  gewerblicher

Anlagen  und  deren  Möblierung,  z. B.  m it  Abfallbehältern,  Tischen,

Pflanzenkübeln, Sitzbänken etc., dienen.

 

cc) Der Begriff  „urban“ wird  dabei  nicht nur für  das Design von  Möbeln  im

Innenbereich, sondern  auch  für die  Gestaltung  von  Möbeln  im  Außen-

bereich  sowie  als  Synonym  für  Stadtgestaltung  und  Stadtmöblierung

verwendet, wie folgende Fundstellen belegen:

 

– Möbelmarkt  online  vom  26. April 2002  „VDM:  Urban  Design  als

neuer Einrichtungstrend“;  Möbel  Bo  Concept “ …  Mit  welcher Lei-

denschaft das dänische Möbelhaus für Urban Design an die Arbeit

geht …“ (www.boconcept.de);

 

– Meldung  der BauNetz Media vom 11. Mai 2004:  „Urban Design  –

Tagung zu öffentlichem Raum in Leipzig … soll nun die Gestaltung

öffentlicher  Räume  im  genaueren  Maßstab  them atisiert  werden.

Dazu  gehören  alle  Formen  der  Stadtmöblierung,  …“  (www.bau-

netz.de);

 

– Städtischer  Pressedienst  der  Stadt  Dortmund  vom

14. Januar 2005  „URBAN  DESIGN  –  Stadtmöblierung“

(http://dev.presse.dortmund.de);

 

– Buch mit dem Titel: Urban Design. Standpunkte und Projekte. Edi-

tion  Garten  und  Landschaft  –  Fraunhofer  IRB,  2006  (www.bau-

fachinformation.de);

 

– Das  unabhängige  Fachmagazin  für  Stadtmarketing  und  Wirt-

schaftsförderung  vom  24. März 2011:  „Urban-Design-Forum  auf

der Messe  Bau  07  in München  …  wurde  für  den  Bereich  Urban-

Design erstm als ein eigener Ausstellungsbereich eingerichtet. Da-

mit wird das Thema „Urban-Design“  –  Landschaftsarchitektur und

Stadtmöblierung  auf  der  BAU  07  weiter  ausgebaut.  …“  (www.-

stadtinfo.eu).

 

dd Der ursprünglich  aus dem Bereich des Verlagswesens stammende Be-

griff „Edition“ wird mittlerweile für Waren unterschiedlichster Art zur Be-

zeichnung  von  besonderen  Ausgaben  bzw.  Serien  eines  bestimmten

Produktes  oder  einer  bestimmten  Produktlinie  eingesetzt  (vgl.  EuGH

GRUR  2010,  931,  932  – COLOR  EDITION;  EuG  Urt.  v.

21. Januar 2011 T-310/08 – executive edition; BPatG 24 W (pat) 249/97

– ONLINE-Edition;  26 W (pat) 142/02  – EDITION;  24 W (pat) 121/06  –

hot edition; 24 W (pat) 122/06  – cool  edition).  Auch  im Bereich  des In-

neneinrichtungsmobiliars wird der Begriff in diesem Sinne benutzt (Mel-

dung  vom 7. August 2008  „Eigenartige Möbeledition  von  arndt  menne-

nöh“,  www.onejournal.de). Von Produktserien  wird  auch im  Sektor  der

Stadt- und Außenmöblierung gesprochen, wie z. B. von einer Sitzbank-

serie  (D  100 bis  D  400,  www.heinze.de),  von  einer  für  den  Außenbe-

reich  bestimmten  Möbelserie  „Urban  City“  (www.happy-kids.at),  von

einer Serie bei Abfallbehältern (www.madeko24.de), von seriengefertig-

ten Frontgitterzäunen  (www.heinze.de),  von  einer  Holzbank- oder  Me-

tallbankserie  (Serie  C 5,  Serie  C 8  u.  Serie  C 10,  www.madeko24.de),

von  Pflanzentrogserien  (Serien  D 1,  D 2  und  D 3,  www.madeko24.de)

und von einer Absperrpfostenserie (Serie G 2, www.madeko24.de).

 

ee) Mit  den  beschwerdegegenständlichen  Waren  werden  private  Ge-

schäftskunden  und  solche  der  öffentlichen  Hand  wie  Städte  und  Ge-

meinden  ebenso  wie  die  durchschnittlichen,  aufm erksamen  Bürgerin-

nen und Bürger in ihrer Eigenschaft als Wahlberechtigte und potentielle

Nutzer der beanspruchten Waren im öffentlichen  Raum angesprochen.

Ihnen  sind  die  Begriffe  „urban“  und  „edition“,  wie  bereits  dargestellt,

auch im  Bereich der Innen- und Außen- sowie der Stadtmöblierung ge-

läufig.

 

ff) Auch in ihrer Gesamtheit weist die Wortkombination des angemeldeten

Zeichens keinen über die Zusammenfügung zweier beschreibender Be-

griffe  hinausgehenden  Sinngehalt  auf.  Aufgrund  ihrer  Gesamtbedeu-

tung einer „städtischen Produktlinie“ bzw. einer „Ausgabe für die Stadt“

werden  die  angesprochenen  Verkehrskreise  in  Bezug  auf  die  be-

schwerdegegenständlichen  Waren  mit der angemeldeten  Bezeichnung

die  Vorstellung  einer  bestimmten  Sortiments-  oder  Produktlinienbe-

zeichnung  verbinden  und sie daher  nur  als  Hinweis auf  deren Art und

Bestimm ungszweck, nämlich für den städtischen Bereich, aber nicht als

betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

 

gg) Davon ausgenommen sind die in Klasse 19 beanspruchten „Denkmäler

(nicht aus Metall)“. Denn Denkmäler sind zum Gedächtnis an eine Per-

son oder an ein Ereignis errichtete, größere plastische, meist künstleri-

sche Darstellungen (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.),

die zwangsläufig einmalig sind und nicht in Serie produziert werden. Bei

ihnen  macht  die  angemeldete  Bezeichnung  mit  der  Bedeutung  einer

 

 

„städtischen  Produktlinie“  somit  keinen  Sinn.  Für  sie  ist  das  ange-

meldete Wort-/Bildzeichen  daher  unterscheidungskräftig.  Da  die  Wort-

folge auch keine Merkmale oder Eigenschaften von Denkmälern unmit-

telbar  beschreibt,  ist  ein Freihaltebedürfnis  nach  § 8 Abs. 2  Nr. 2  Mar-

kenG ebenfalls zu verneinen.

 

hh)  Der  Annahme  einer  beschreibenden  Angabe  der  angemeldeten  Wort-

folge  für  die  übrigen  beschwerdegegenständlichen  Waren  steht  nicht

entgegen,  dass  sie  eine  gewisse  Unbestimmtheit  dahingehend  auf-

weist, wie die städtische Produktlinie ausgestaltet ist und aufgrund wel-

cher Gestaltung sie für den städtischen Bereich besonders geeignet ist.

Denn  eine  beschreibende  Benutzung  setzt  nicht  voraus,  dass  die  Be-

zeichnung  feste  begriffliche  Konturen  erlangt  und  sich  eine  einhellige

Auffassung  zum  Sinngehalt  herausgebildet hat. Von  einem  die  Waren

oder  Dienstleistungen  beschreibenden  Begriff  kann  auch  auszugehen

sein,  wenn  das  Markenwort  verschiedene  Bedeutungen  hat  und  nur

eine der  möglichen  Bedeutungen die  Waren  oder Dienstleistungen be-

schreibt  (BGH GRUR 2008, 900,  901 Rdnr. 15  – SPA II; GRUR 2000,

882 f. – Bücher für eine bessere Welt).

 

b) Auch die  grafische  Ausgestaltung kann die Schutzfähigkeit des  Anmel-

dezeichens  nicht begründen.

 

Zwar  ist  von  dem  Grundsatz  auszugehen,  dass  einer  Wortelemente

enthaltenden Bildmarke – unbeschadet der fehlenden Unterscheidungs-

kraft dieser Wortelemente – als Gesamtheit Unterscheidungskraft  zuge-

sprochen  werden  kann,  wenn  die  grafischen  Elemente  ihrerseits  cha-

rakteristische  Merkmale  aufweisen,  in  denen  der  Verkehr  einen  Her-

kunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 – NEW MAN; a. a. O. –

anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 – BioID). Allerdings

vermögen  einfache  grafische  Gestaltungen  oder  Verzierungen  des

 

– 17 –

 

 

Schriftbildes,  an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige

Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wör-

ter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestal-

tungselemente  auch  für  sich  wegen  fehlender  Unterscheidungskraft

nicht  als  Marke  eingetragen werden können.  Es bedarf  vielmehr  eines

auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um  sich dem  Ver-

kehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. – anti Kalk; GRUR

2008, 710, 711 Rdnr. 20 – VISAGE). Das ist hier nicht der Fall.

 

Die  gewählte  Schriftgestaltung  in  grauer,  schnörkelloser  Druckschrift

auf weißem Grund ist, auch wenn es sich um eine besondere, auf übli-

chen  Betriebssystemen  nicht  erhältliche,  von  dem   Schriftartdesigner

M1…  entworfene  Schriftart  „Scala  Sans  Regular“  handelt,  nur

wenig  auffällig.  Aufgrund  der  sich  im   Rahmen  üblicher  Schriftgestal-

tungen bewegenden Bild- und Gesamtwirkung tritt die grafische Ausge-

staltung  des  Anmeldezeichens  gegenüber  den  Wortbestandteilen  zu-

rück und bleibt selbst nicht prägnant als betriebskennzeichnend in Erin-

nerung.

 

2. Da es an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben,

ob  der  angemeldeten  Bezeichnung  auch  ein  schutzwürdiges  Interesse  der

Mitbewerber  an  seiner  freien  Verwendbarkeit  entgegen  steht  (§ 8  Abs. 2

Nr. 2 MarkenG).

 

3. Die  Schutzhindernisse  des  § 8  Abs. 2  Nr. 1  und  2  MarkenG  können  auch

nicht gemäß § 8  Abs. 3 MarkenG durch  Verkehrsdurchsetzung überwunden

werden.

 

Die  Bestimmung des § 8  Abs. 3 MarkenG erfordert,  dass  sich  eine  zur  Ein-

tragung  angemeldete  Marke  infolge  ihrer  Benutzung  für  die  mit  ihr  bean-

spruchten  Waren  und  Dienstleistungen in  einem  erheblichen  Teil  der betei-

ligten  Verkehrskreise  durchgesetzt  hat.  Als  im  Rechtssinne  erheblich  ist  es

dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise in

der  Marke  nicht  mehr  nur  eine  nicht  unterscheidungskräftige  Sach-  oder

sonstige  Angabe,  sondern  einen  auf ein bestimmtes Unternehmen  bezoge-

nen kennzeichnenden Herkunftshinweis sehen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723,

727  Rdnr. 52  – Chiemsee;  GRUR 2002,  804,  808  Rdnr. 65  – Philips;  BGH

GRUR 2001,  1042,  1043  – REICH  UND  SCHOEN;  GRUR 2006,  760,  762  –

LOTTO; BPatG GRUR 2005, 337, 341 f. – VISAGE). Es ist daher eine schlüs-

sige  und durch  entsprechendes  Tatsachenmaterial belegte  Darlegung  erfor –

derlich, dass die Marke infolge ihrer Benutzung für die beanspruchten Waren

und/oder  Dienstleistungen  von  den beteiligten  Verkehrskreisen oder  zumin-

dest  einem erheblichen  Teil dieser  Kreise im  gesamten  Bundesgebiet wahr-

scheinlich als von einem Unternehmen stammend erkannt wird (Fezer/Grab-

rucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I,  Markenverfahrensrecht,  1. Teil,

2. Kap., Rdnr. 509).  Dies  setzt Angaben voraus, aus denen sich ergibt,  von

wem  in  welcher  Form   für  welche  Waren  und/oder  Dienstleistungen  in

welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Bezeichnung

im  Verkehr  nach  Art  einer  Marke  eingesetzt  worden  ist.  Hierfür  geeignete

Belege sind insbesondere Kataloge, Preislisten, Werbematerial (unter Anga-

be der jeweiligen Auflagenzahl) sowie Angaben zu den getätigten Werbeauf-

wendungen  und  zu  den  bisher  erzielten  Um sätzen  (Ströbele/Hacker,  Mar-

kenG,  9. Aufl.,  § 8  Rn. 432).  Diesen  Anforderungen  ist  die  Beschwerdefüh-

rerin  trotz  entsprechenden Hinweises des Senats  nicht  hinreichend nachge-

kommen.

 

Ihre Behauptung, innerhalb des angesprochenen Fachpublikums habe sie für

ihre  Produkte  und  den Wortbestandteil  „urban“  einen  Bekanntheitsgrad  von

weit über  … %  erreicht,  hat  sie  nicht  belegt. Ohne  Angaben zu  den getätig

ten Werbeaufwendungen und den bisher erzielten Umsätzen genügt die vonihr  vorgelegte  eidesstattliche  Versicherung  ihres  Geschäftsführers

R…  vom  10. Oktober 2008  nebst  Anlagen  (Bl. 34 GA)  nicht.  Sie  hat
auch weder  die von  ihr seit 2002 verteilten noch aktuelle Kataloge von 2009 und

2010  eingereicht.  Die  vorgelegten  Ausstellungsfotos  von  der  Messe  B1…

2007  in  M…  und  der  Messe  E…  2009  (B. 5/3,  Bl. 37 GA)

sowie  die  Berichte  und  Anzeigen  in  Fachzeitschriften  von  2002  bis  2008

(B 5/4 u. B 5/5, Bl. 38 u. 39 GA) sind allein nicht geeignet, den erforderlichen

Durchsetzungsgrad  zur  Überwindung des  Schutzhindernisses der  fehlenden

Unterscheidungskraft nachzuweisen.

 

4. Soweit  sich  die Beschwerdeführerin auf eine Vielzahl  eingetragener Marken

mit den Bestandteilen „urban“ (117 Marken, Anlage B 6, Bl. 40 – 44 GA) und

„edition“  (419  Marken,  Bl. 85 – 102 VA)  beruft,  sind  diese  entweder  nicht

vergleichbar  oder  sie  hat  trotz  ausdrücklichen  gerichtlichen  Hinweises  ihre

Mitwirkungsverpflichtung nicht erfüllt.

 

Zwar  kann  eine  uneinheitliche  Entscheidungspraxis  des  DPMA,  die  dazu

führt,  dass  in  einer  nicht  unerheblichen  Zahl  von  Fällen  wesentlich  gleiche

Sachverhalte  ohne  nachvollziehbaren  Grund  ungleich  behandelt  worden

sind, grundsätzlich eine Verletzung des  allgemeinen  Gleichheitsgrundsatzes

nach  Art. 3 GG  darstellen.  Dies  setzt  aber  voraus,  dass  sich  die  bisherige

Amtspraxis  als  willkürlich  herausstellt  und  nicht  erkennen  lässt,  welche  der

vorangegangenen  Entscheidungen rechtmäßig  und  welche rechtswidrig  wa-

ren  (BPatG  29 W (pat) 43/04  – juris  Tz. 15  – print24).  Allein  aus  einer  oder

wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der

Vorwurf  einer  willkürlichen  Ungleichbehandlung  ableiten,  zumal  es  sich  um

rechtswidrig  vorgenommene Eintragungen oder  Eintragungen  vor Eintritt  ei-

ner  Richtlinien-  oder  Rechtsprechungsänderung  handeln  kann.  Niemand

kann  sich  auf  eine  fehlerhafte  Rechtsanwendung  zugunsten  eines  anderen

berufen, um  eine identische  Entscheidung  zu  erlangen  (EuGH  GRUR 2009,

667,  668  Rdnr. 18  – Volks.Handy,  Volks.Camcorder,  Volks.Kredit  und

SCHWABENPOST).  Für  die  erforderliche  Bereinigung  des  Markenregisters

sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet

werden kann.

 

Was die  Voreintragungen  „DOM  EDITION“ (30518849.6,  Bl. 75 f. VA),  „Edi-

tion  B1“  (30123934.7,  Bl. 80 – 84 VA)  und  „FUN  EDITION“  (30035217.4,

Bl. 77 f. VA)  betrifft,  fehlt  es, wie die  Markenstelle zutreffend festgestellt  hat,

bereits an der Vergleichbarkeit. Die u. a. für Möbel und Dekorationsartikel für

den  Innen-  und  Außenbereich  in  Klasse 20  angemeldete  und  am

2. Juni 2005  eingetragene  Wortmarke  „DOM  EDITION“  ist  zu  Recht  für

schutzfähig erachtet worden, weil es keine spezielle Produktlinie von Möbeln

und  Dekorationsartikeln  für  Dome  gibt  oder  geben  wird.  Im  Gegensatz  zur

angemeldeten Bezeichnung  kann  der  für  Küchenmöbel  am  5. Februar 2002

eingetragenen  Wort-/Bildmarke  „Edition  B1“  kein  konkreter  Aussagegehalt

entnommen werden. Bei  der  u. a. für  vergleichbare Waren  in Klasse 20 und

21 am 2. Oktober 2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke   besitzt die gra-

fische  Ausgestaltung  derart  charakteristische  Merkm ale,  dass  diese  bereits

allein zur Schutzfähigkeit führt.

 

Die  ebenfalls  für  Stadt-  und  Außenmöblierungsartikel  in  den  Klassen  6,  19

und  20  und  damit  teilweise  für  identische  Waren  am  10. Januar 2002  ein-

getragenen  Wort-/Bildmarken  „urban  selection“  (30201013),  „urban  basics“

(30201014), „urban classics“ (30201015) und „urban projects“ (30201016) in

ähnlicher  grafischer  Ausgestaltung  rechtfertigen  ebenfalls  keinen  Eintra-

gungsanspruch.  Die  Wort-/Bildmarke  „urban  classics“  ist  bereits  am

26. September 2008  aufgrund  eines  Antrages  Dritter  wegen  mangelnder

Unterscheidungskraft gelöscht worden ( vgl. BPatG 26 W (pat) 10/07  – urban

classics).  Die  Eintragungen  der  Wort-/Bildmarken  „urban  selection“

(30201013),  „urban  basics“  (30201014)  und  „urban  projects“  liegen  bereits

mehr als neun Jahre zurück und sind schon deshalb nicht vergleichbar.

 

Hinsichtlich  der  übrigen  von  der  Beschwerdeführerin  aufgeführten  eingetra-

genen  Marken  mit  den  Bestandteilen  „urban“  (117  Marken,  Anlage  B 6,

Bl. 40 – 44 GA)  und  „edition“  (419  Marken,  Bl. 85 – 102 VA),  ist  sie  ihrer  –

die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast

nicht  nachgekommen.  Dazu  hätte  sie  substantiiert  zur  Vergleichbarkeit  des

Eintragungszeitpunkts,  des  Waren-  und  Dienstleistungsverzeichnisses,  der

Zeichen  selbst  und  der  jeweiligen Rechtsprechungssituation  vortragen  müs-

sen. Es genügt nicht, – wie hier – ähnlich geartete Voreintragungen ohne ei-

gene  Auswertung  und  Gegenüberstellung  nach  den  vorgenannten  Kriterien

schlicht  aufzuzählen (BPatG  GRUR  2009, 1173,  1175 – Freizeit-Rätsel-Wo-

che).

 

Kortge Dorn Kruppa