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Dropshipping hat sich in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Geschäftsmodelle im E-Commerce entwickelt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Händler benötigen kein eigenes Lager, können flexibel auf Trends reagieren und mit geringem Startkapital einen Onlineshop betreiben. Doch gerade weil die Einstiegshürden niedrig sind, geraten viele Betreiber schnell in rechtliche Grauzonen – insbesondere, wenn es um Marken- und Urheberrechte geht. In diesem Artikel werden die wichtigsten Aspekte rund um Marken- und IP-Verletzungen im Dropshipping beleuchtet, Risiken anhand von Praxisbeispielen aufgezeigt und konkrete Handlungsempfehlungen gegeben.

Was sind Marken- und IP-Rechte?

Bevor wir uns den Risiken widmen, lohnt ein kurzer Blick auf die Grundlagen. Kennzeichenrechte schützen Marken, Namen, Logos, Slogans oder andere Kennzeichen, die ein Unternehmen oder dessen Waren von anderen unterscheiden. IP (Intellectual Property, also geistiges Eigentum) umfasst neben Marken auch Urheberrechte, Patente und Designrechte. Wer diese Rechte verletzt, etwa durch den Verkauf gefälschter Produkte, riskiert rechtliche Konsequenzen.

Warum ist Dropshipping besonders anfällig für IP-Verletzungen?

Beim klassischen Einzelhandel bezieht der Händler seine Waren direkt von Herstellern oder autorisierten Großhändlern. Im Dropshipping hingegen werden Produkte oft von internationalen Lieferanten – häufig aus China – bezogen. Die Kontrolle über die Herkunft und die Rechtmäßigkeit der Produkte ist dadurch erschwert. Hinzu kommt, dass viele Händler die Produkte nie selbst in den Händen halten, sondern lediglich die Plattform für den Verkauf bieten. Weiterhin ist die Weitergabe des Schadens gegen den Lieferanten faktisch nicht möglich.

Typische Fehlerquellen:

Unzureichende Prüfung der Lieferanten
Fehlende Kenntnisse über Markenrechte im Zielland
Verlockung durch günstige Preise für Markenprodukte
Übernahme von Produktbeschreibungen und Bildern ohne Erlaubnis
Praxisbeispiele für Markenverletzungen

Beispiel 1: Verkauf von gefälschten Markenartikeln
Ein Dropshipping-Händler entdeckt auf einer chinesischen Plattform günstige „Nike“-Schuhe und bietet sie in seinem Shop an. Die Schuhe sind jedoch keine Originalware, sondern Fälschungen. Nike wird darauf aufmerksam und lässt den Shop abmahnen. Der Händler muss Schadensersatz zahlen und seinen Shop schließen.

Beispiel 2: Nutzung geschützter Produktbilder

Ein Händler übernimmt die Produktfotos eines bekannten Herstellers für seinen Shop. Die Bilder sind jedoch urheberrechtlich geschützt. Der Rechteinhaber mahnt den Händler ab und fordert die Löschung der Bilder sowie eine Lizenzgebühr.

Beispiel 3: Verletzung von Designrechten

Ein Lieferant bietet trendige Kopfhörer an, die dem Design eines bekannten Herstellers zum Verwechseln ähnlichsehen. Der Dropshipping-Händler übernimmt das Angebot. Der Markeninhaber geht rechtlich gegen den Händler vor und erwirkt eine einstweilige Verfügung.

Rechtliche Grundlagen

Markenrecht
In Deutschland ist das Markenrecht im Markengesetz (MarkenG) geregelt. Es schützt eingetragene Marken vor Nachahmung und unerlaubter Nutzung. Wer ohne Genehmigung Produkte mit einer geschützten Marke vertreibt, begeht eine Markenrechtsverletzung. Weiterhin werden Marken durch die UMV und durch internationale Vereinbarungen geschützt.

Urheberrecht
Das Urheberrecht schützt kreative Werke wie Texte, Bilder, Musik oder Software. Auch Produktfotos und -beschreibungen fallen darunter. Die Nutzung ohne Erlaubnis ist verboten und kann abgemahnt werden.

Designrecht
Das Designrecht schützt die äußere Gestaltung von Produkten. Wer Designs kopiert, kann auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt werden.

Patentrecht
Patente schützen technische Erfindungen. Auch hier gilt: Der Verkauf patentverletzender Produkte ist verboten.

Haftung im Dropshipping

Viele Händler glauben, sie seien nicht haftbar, weil sie die Produkte nicht selbst herstellen oder lagern. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Nach deutschem Recht haftet der Händler für alle Produkte, die er in den Verkehr bringt – unabhängig davon, ob er sie physisch in den Händen hält. Auch Plattformen wie Amazon oder eBay können bei wiederholten Verstößen Shops sperren oder löschen.

Die Rolle der Lieferanten

Die Auswahl des Lieferanten ist entscheidend. Viele Dropshipping-Anbieter auf Plattformen wie AliExpress oder Alibaba bieten Markenprodukte zu Spottpreisen an. Häufig handelt es sich dabei um Plagiate. Händler sollten sich nicht auf Aussagen der Lieferanten verlassen, sondern eigenständig prüfen, ob die Ware echt ist und alle Rechte eingehalten werden.

Haftung des Lieferanten

Sitzt der Lieferant der Ware in Deutschland, kann der Händler, gegen den Ansprüch gestelt werden, den Händler auf Schadenersatz in Anspruch nehmen. Ausserhalb Deutschlands ist das dagegen schwierig, ausserhalb der Union fast unmöglich.

Tipps zur Lieferantenprüfung:

Nach Zertifikaten und Nachweisen fragen
Bewertungen und Erfahrungen anderer Händler recherchieren
Testbestellungen durchführen
Im Zweifel auf den Verkauf von Markenprodukten verzichten

Risiken und Konsequenzen

Abmahnung und Unterlassung
Die häufigste Folge einer Marken- oder Urheberrechtsverletzung ist die Abmahnung. Der Rechteinhaber fordert den Händler auf, die Verletzung zu beenden und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Häufig werden auch Anwaltskosten und Schadensersatz verlangt.

Schadensersatzforderungen
Neben den Kosten für die Abmahnung können hohe Schadensersatzforderungen auf den Händler zukommen. Diese richten sich nach dem entstandenen Schaden oder dem erzielten Gewinn.

Strafrechtliche Konsequenzen
In schweren Fällen – etwa bei gewerblichem Handel mit Plagiaten – drohen sogar strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu Freiheitsstrafen.

Verlust des Shops
Plattformen wie Shopify, Amazon oder eBay reagieren empfindlich auf IP-Verletzungen und sperren bei wiederholten Verstößen Shops dauerhaft.

Internationale Besonderheiten
Marken- und IP-Rechte sind territorial. Was in China erlaubt ist, kann in Deutschland oder den USA verboten sein. Händler müssen daher die Rechte in allen Ländern prüfen, in die sie verkaufen.

Beispiel: Unterschiedliche Markenrechte
Ein Produktname ist in China nicht geschützt, in Deutschland aber sehr wohl. Der Verkauf in Deutschland ist dann trotzdem eine Markenverletzung.

Schutzmaßnahmen für Händler
1. Sorgfältige Lieferantenauswahl
Nur mit seriösen, nachweislich lizenzierten Lieferanten zusammenarbeiten. Im Zweifel lieber auf den Verkauf von Markenprodukten verzichten.

2. Eigene Marken aufbauen
Statt fremde Marken zu verkaufen, lohnt es sich, eine eigene Marke anzumelden und zu schützen.

3. Markenrecherche
Vor dem Verkauf prüfen, ob Markenrechte bestehen. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) bietet eine kostenlose Recherche an.

4. Eigene Produktfotos und -texte
Keine fremden Bilder oder Texte verwenden, sondern eigene Inhalte erstellen oder lizensieren.

5. Rechtliche Beratung
Im Zweifel einen spezialisierten Anwalt hinzuziehen, um Risiken zu minimieren.

Fazit
Dropshipping bietet enorme Chancen, birgt aber auch erhebliche rechtliche Risiken – insbesondere im Bereich Marken- und IP-Recht. Wer erfolgreich und langfristig handeln möchte, sollte sich intensiv mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen, Lieferanten sorgfältig prüfen und im Zweifel auf den Verkauf von Markenprodukten verzichten. Nur so lassen sich teure Abmahnungen, Schadensersatzforderungen und der Verlust des eigenen Shops vermeiden.

Rechtsanwalt Kai Jüdemann

Der Artikel ersetzt keine anwaltliche Beratung Kontaktieren Sie uns. Jüdemann Rechtsanwälte