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Deutsche Gericht können auch bei bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ausländische Internetseiten zuständig sein – notwendig hierfür ist allerdings,  dass  der Begehungsort  im Inland liegt – hierfür reicht es aus, dass die Seite bestimmungsgemäß sich auch an Nutzer im Inland richtet.

In einem vom Landgericht Köln entschiedenen Fall war dies nicht der Fall,  so dass deutsche Gerichte unzuständig waren.

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Die Entscheidung:

 

LG Köln vom 26. August 2009

Aktenzeichen: 28 O 478/08

 

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten über Äußerungen der Beklagten. Beide stammen aus Russland, sie sind gemeinsam in Moskau zur Schule gegangen. Der Kläger hat einen Wohnsitz in …, die Beklagte lebt in den USA. Der Kläger  ist russischer Geschäftsmann mit bis dato untadeligem Ruf. Nach dem von der Beklagten bestrittenen Vortrag des Klägers haben sich die Äußerungen auf dem Internet-Portal www…..com befunden.

Die Internetseite www…..com ist eine in russischer Sprache gefasste Internetseite. Die Domain wird über die Firma … in … betrieben, die Domain WHOIS zeigt die Verwaltung über einen deutschen Server an, indem als Nameserver die Domains “…” und “….de” eingetragen sind.

In der Moskauer Wohnung des Klägers wurde am 29.06.2004 ein Klassentreffen veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit sahen sich die Parteien zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder. Die Beklagte verfasste anschlißend für Freunde einen Reisebericht (“Sieben Tage in Moskau”), in dem sie unter “Der dritte Tag” unter anderem über das Klassentreffen berichtete.

 

Nach der von dem Kläger eingereichten Übersetzung (Anlage MS 1, 2. Teil) des Textes (Anlage MS 1, 1. Teil) finden sich in dem in russischer Sprache abgefassten Bericht – in die deutsche Sprache übertragen – folgende Äußerungen:

a.  im Aufzug zur Moskauer Wohnung des Klägers rieche es nach Urin

b.  der Kläger sei Eigentümer eines Landhauses, eines Restaurants, sowie eines Schweizer Kontos mit  Kapital und habe einen persönlichen Fahrer

c.  der Kläger habe seit der Schulzeit sehr zugenommen.

Darüber hinaus wurde der Kläger als “Pilz”, “Pfannkuchen mit Pfanne” – diese Äußerung ist hinsichtlich der  zutreffenden Übertragung allerdings streitig -oder “Pfau” sowie “Sjunja” bezeichnet.

Weiterhin findet sich in dem Text unter anderem folgendes (wiederum in die deutsche Sprache übertragen):

“Um drei Uhr rief mich … an.”

“Wohnhaus in der Nähe der Metro-Station “Sokol”, ein Gebäude in .–Form mit mehreren Aufgängen, daß noch zu Stalin-Zeit aufgebaut wurde, man nannte solche Gebäude – “Generalskije” (für Generäle bestimmt)”; •

“Über den Fußgängertunnel erreichten wir die gegenüberliegende Seite von Leningradshij Prospekt und gingen (…) an der bekannten Kirche, dem Kaufhaus (…) vorbei und traten in den großen Hof mit mehrjährigen Bäumen ein. Der Aufgang … (gemeint ist der Kläger) befand sich weit in der Ecke des Hofes. (…) Die Wohnung … befand sich im zehnten Stock (…)”.

“Die … Wohnung war sehr groß. (…) Solche geräumige Wohnung bildete sich nachdem zwei Dachzimmerwohnungen gekauft wurden und dort eine Eurorenovierung durchgeführt wurde.”

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Unterlassung, Zahlung einer Geldentschädigung und Auskunft geltend. Er behauptet – wie dargestellt -der Reisebericht habe sich nach dem Klassentreffen in dem Internetportal www…..com befunden, von wo sie nach seiner Inkenntnissetzung des Providers entfernt worden seien. Er behauptet, die zuerst genannten Behauptungen seien unwahr und macht geltend, die ihm gegebenen Bezeichnungen seien geeignet, ihn in seiner Persönlichkeit herabzuwürdigen. Unzulässig sei es auch, seinen Namen und die genaue Lage seiner Moskauer Wohnung zu veröffentlichen; insofern bestehe ein Anspruch auf Anonymität.

Er behauptet, durch die im Internet veröffentlichten Äußerungen habe er erhebliche Nachteile erlitten.

Freunde und Bekannte hätten diese im Internet gelesen und diese als für ihn höchst beleidigend empfunden.

Die Äußerungen seien für seine Konkurrenten und Kritiker ein gefundener Anlass gewesen, gegen ihn zu intervenieren, er habe sich Nachfragen ausgesetzt gesehen. Ein Schaden an seinem Ruf sei insofern entstanden, als er als jemand dargestellt werde, der mit Auslandsvermögen geprahlt habe, was in Russland so verstanden werde, als sei jemand sehr reich, was wiederum zu Spekulationen führe, woher das Geld stamme. Diese Spekulationen wiederum seien in einem Rechtsstreit gegen ihn verwendet worden; so habe er sich dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, er mache Waffengeschäfte, handele mit Drogen und hätte Kapital bei Schweizer Banken angehäuft. Da dies alles nicht zutreffe, müsse er sich gegen die Äußerungen wehren. Da die schweren Beeinträchtigungen des Klägers auch nicht in anderer Weise ausgeglichen werden könnten, stünde ihm auch ein Anspruch auf Geldentschädigung zu.

Der Kläger macht geltend, die Zuständigkeit des Landgerichts Köln sei gegeben. Nach § 40 EGBGB sei auf den Erfolgsort abzustellen, der bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet in der Regel am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen – also in … – liege. Die bestimmungsgemäße Abrufbarkeit der Internetseite sei nicht auf Russland beschränkt. Schon der Name der Domain zeige, dass die Seite sich an Nutzer in aller Welt, zumindest jedoch in Europa wende. Der Kläger, der der russischen Sprache mächtig sei, werde von den russischen Inhalten der Domain ebenfalls angesprochen. Er als Teilnehmer des Klassentreffens gehöre zu dem angesprochenen Publikum. Nutzer müssten damit rechnen, dass ihr Beitrag von Nutzern in ganz Europa und darüber hinaus von Nutzern mit russischen Sprachkenntnissen weltweit abgerufen werde. Dies ergebe sich auch aus der Nutzung der “com”-Domain. Schließlich sei auch maßgeblich, dass die Domain über einen deutschen Server verwaltet werde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

 

1. unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen, dem Kläger unmittelbar und/oder Dritten gegenüber, insbesondere über das Internet unter der Adresse “www…..com” oder sonst in Dritten wahrnehmbarer Weise zu behaupten,

a) im Aufzug zur Moskauer Wohnung des Klägers rieche es nach Urin;

b) der Kläger sei Eigentümer eines Landhauses, eines Restaurants, sowie eines Schweizer Konto’s mit Kapital und habe einen persönlichen Fahrer;

c) der Kläger habe auf dem Klassentreffen vom 29.06.2004 in Moskau sich würdevoll wie ein stolzer Pfauhahn bewegt (Seite 7 Abs. 3 der Übersetzung);

d) der Kläger habe seit der Schulzeit sehr zugenommen.

2. unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen,

a) den Kläger unmittelbar und/oder Dritten gegenüber, insbesondere über das Internet unter der Adresse www…..com oder sonst in Dritten wahrnehmbarer Weise herabzuwürdigen, indem sie den Kläger als Pilz, Pfannkuchen mit Pfanne oder Pfau bezeichnet oder ihn “Sjunja” nennt;

b) den Namen des Klägers und die genaue Lage der Moskauer Privatwohnung des Klägers in Form einer Wegbeschreibung zu veröffentlichen oder sonst Dritten mitzuteilen, wie im Internet unter der Adresse www…..com geschehen;

3. an den Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 4.000 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2008 zu zahlen;

4. dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, wann, über welchen Zeitraum und unter welchen Internetadressen die unter Ziffer 1 aufgeführten Äußerungen im Internet abrufbar gemacht worden sind.

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit sowie die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln bzw. deutscher Gerichte und beantragt

 

Klageabweisung.

 

Die Beklagte macht geltend, deutsche Gerichte seien unzuständig: weder Handlungs-noch Erfolgsort lägen in Deutschland. Im Hinblick auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 32 ZPO analog sei diese nur gegeben, wenn entweder die Tathandlung in Deutschland begangen sei oder der Taterfolg in Deutschland eingetreten sei. Der Text sei – unstreitig -in den USA verfasst am Wohnort der Beklagten. Auch der Erfolgsort sei nicht Deutschland, da hier nicht dritten Personen eine bestimmungsgemäße und nicht nur zufällige Kenntnisnahme vermittelt werde. Dabei sei die grundsätzliche weltweite Abrufbarkeit des Internets unerheblich; vielmehr müsse sich die Webseite gezielt an den deutschen Markt richten. Das sei wegen der Abfassung in russischer Sprache mit (naturgemäß) kyrillischer Schrift nicht der Fall, zumal Russisch keine Weltsprache sei. Weiter weise die Berichterstattung auch keinen inhaltlichen Bezug zu Deutschland auf, Gegenstand sei der Besuch einer in Amerika ansässigen Russin in Moskau. Unerheblich sei, wo der Provider seinen Sitz habe oder der Server stehe. Auch die Top-Level-Domain “com” sei unerheblich, weil diese weltweit benutzt werden könnte und keinen Indizwert für die bestimmungsgemäße Verbreitung habe. Unerheblich sei ferner, ob der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Entscheidend sei, ob der durch den Artikel angesprochene Leser eine Beziehung zum Lebenskreis des Geschädigten an seinem Wohnsitz hat. Angesprochen würden aber Leser aus Russland.

Jedenfalls sei die Klage auch unbegründet. Die Beklagte sei für die Veröffentlichung nicht verantwortlich. Der Beitrag sei nicht für eine öffentliche Verbreitung bestimmt gewesen; die Beklagte habe lediglich wenigen engen Freunden über das Klassentreffen berichten wollen. Sie habe diese weder angewiesen, den Beitrag zu veröffentlichen noch habe sie damit rechnen können, dass dieser ohne ihr Wissen veröffentlicht würde.

Sie sei somit nicht als Störer anzusehen. Auch habe sie es nicht schuldhaft unterlassen, für eine Entfernung des Beitrags von der Internetseite zu sorgen. Von der angeblichen Veröffentlichung habe sie erstmalig am 12.09.2007 erfahren, ohne dass ihr bewusst gewesen sei, auf welchen Text sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bezogen habe. Nach Erhalt des Textes habe sie versucht, den Text auf der Internetseite www…..com wiederzufinden, jedoch ohne Erfolg; deshalb müsse sie auch bestreiten, dass sich der streitgegenständliche Text jemals dort befunden habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sei, sei er vor Kenntniserlangung der Beklagten aus dem Internet entfernt worden.

Die streitgegenständlichen Äußerungen seien auch nicht persönlichkeitrechtsverletzend. Soweit es um Tatsachenbehauptungen gehe, seien diese wahr. So habe es im Aufzug nach Urin gerochen. Die Informationen zum Landhaus, zum Restaurant und zum Schweizer Konto sowie zum Fahrer stammten alle vom Kläger selbst, weshalb sie davon ausgehe, dass diese Informationen der Wahrheit entsprächen. Der Vergleich mit einem “stolzen Pfauhahn” habe in der russischen Sprache keinen ehrverletzenden Charakter. Im Übrigen seien auch die Attribute “würdevoll” und “stolz” positiv besetzt. Dass der Kläger, der unstreitig zu Schulzeiten schmächtig gewesen sei, seitdem zugenommen habe, entspreche der Wahrheit; die Bezeichnung als “gut genährter, wohlhabender Geschäftsmann” sei im Übrigen nicht ehrverletzend.

Die weiteren Beschreibungen als “Pilz”, “Pfannkuchen” und “Pfau” seien ebenfalls nicht geeignet, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen. Einem Pfau würden Würde und Stolz zugeschrieben; diese Bezeichnung sei also nicht beleidigend. Gleiches gelte im Hinblick auf die Bezeichnung “Steinpilz”, die darauf anspiele, dass der Kläger bei dem Klassentreffen einen schwarzen Frack mit schwarzer Fliege und ein weißes Hemd getragen habe. Entgegen der Behauptung des Klägers habe die Beklagte den Kläger nicht als Pfannkuchen oder Pfannkuchen mit Pfanne bezeichnet. Vielmehr gebe es im Russischen eine Redewendung,

die sich etwa als “zerfließender Pfannkuchen in der Pfanne” bezeichnen lasse. Beschrieben werde hiermit ein erkennbar zufriedenes und glückliches Lachen. Insofern sei die Übersetzung erkennbar unbrauchbar.

Mit “Sjunja” werde in der russischen Sprache nichts Negatives verbunden. Es sei eine Kurzform von “Anastasius”; der Begriff sei schon in der Schule der Kosename des Klägers gewesen. Es handele sich im Übrigen um eine liebevolle Bezeichnung für ein kleines Kind. In diesem Sinne sei der Begriff auch in dem Text verwandt worden.

Die Veröffentlichung des Namens und der Wegbeschreibung sei zulässig. Der Kläger trete mit diesem Namen auch im Internet auf und dürfe auch im Zusammenhang mit einem Klassentreffen genannt werden. Auch lasse sich aus der Beschreibung die Adresse des Klägers nicht ermitteln.

Es stünden dem Kläger weder Unterlassungs-noch Entschädigungsansprüche zu. Selbst wenn man eine Persönlichkeitsrechtsverletzung annehme, sei diese jedenfalls nicht schwerwiegend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Gemäß Beschluss vom 05.08.2009 ist zunächst über die Zulässigkeit der Klage verhandelt worden, § 280 Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage ist unzulässig.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die vorliegende Klage ist nicht gegeben, weil nicht davon auszugehen ist, dass die streitgegenständliche Persönlichkeitsrechtsverletzung in Deutschland begangen worden ist, so dass eine Begründung der Zuständigkeit des Landgerichts Köln über § 32 ZPO nicht anzunehmen ist.

Örtliche Zuständigkeit und internationale Zuständigkeit sind zwar grundsätzlich funktional voneinander zu trennende Regelungsbereiche. In ihrer positivrechtlichen Ausgestaltung sind sie allerdings teilweise miteinander verknüpft. So regelt die ZPO die internationale Zuständigkeit nur mittelbar durch stillschweigende Verweisung auf die Vorschriften des Zweiten Titels (“Gerichtsstand”, §§ 12 ff.): Soweit nach diesen Vorschriften ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ist es nach deutschem Recht auch international, d.h. im Verhältnis zu ausländischen Gerichten, zuständig (BGH NJW 1979, 1104). Sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit des LG Köln für die Entscheidung über die Klage hängen mithin davon ab, ob die vom Kläger behauptete unerlaubte Handlung der Beklagten, nämlich die angebliche Verletzung seines Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB) durch den beanstandeten Beitrag im Internet, also auch in seinem Bezirk “begangen” ist (§ 32 ZPO). Wäre das der Fall, so wären nach den Grundsätzen des internationalen Zivilprozessrechts die deutschen Gerichte zuständig; denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der der ausländischen Gerichte (BGH NJW 1975, 114; BGH NJW 1965, 1665; BGH, WM 1975, 915; NJW 1976, 1590).

Begehungsort im Fall des § 32 ZPO ist jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden ist. Das ist bei Begehungsdelikten sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat als (Handlungsort) als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen worden ist (Erfolgsort).

Der Schadensort als solcher ist ohne Belang (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. A., § 32, Rn. 16 m.w.N.). So gilt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass eine unerlaubte Handlung, die auf Äußerungen in Presseerzeugnissen beruht, einmal am Erscheinungsort des Druckwerkes, zum anderen aber auch an jenem Ort begangen wird, an dem dieses verbreitet wird, da die Verbreitung von Druckerzeugnissen, deren Inhalt unerlaubt in das Persönlichkeitsrecht des Verletzten eingreift, noch einen Teil der Verletzungshandlung selbst darstellt und deswegen den Tatbestand der unerlaubten Handlung (§ 823 I BGB) als eines seiner Teilstücke verwirklicht (vgl. BGH NJW 1977, 1590). Von einem Verbreiten kann dabei allerdings nur die Rede sein, wenn der Inhalt der Zeitschrift dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht wird. Es kann nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangen, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder Herausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert wird, und so außerhalb des üblichen, von der Zeitschrift erreichten Gebietes wohnenden Lesern zur Kenntnis kommt oder wenn jemand ein Exemplar nur zu dem Zwecke bezieht, um dadurch an seinem Wohnsitz erst den Gerichtsstand des Begehungsortes zu begründen. Immer muss der Leser des Druckerzeugnisses, dem dessen Inhalt zur Kenntnis gegeben werden soll, sich in dem Bereich aufhalten, den der Verleger oder Herausgeber nach seinen Intentionen auch wirklich erreichen will oder in dem er mit einer Verbreitung rechnen muss (BGH a.a.O).

Dies bedeutet zugleich, dass der Leser des Druckerzeugnisses, dem dessen Inhalt zur Kenntnis gegeben werden soll, sich in dem Bereich aufhalten muss, den der Verleger oder Herausgeber nach seinen Intentionen auch wirklich erreichen will oder in dem er mit einer Verbreitung rechnen muss. Der Wohnort des von den Äußerungen Betroffenen ist dann nicht maßgeblich, wenn dort das Druckerzeugnis nicht bestimmungsgemäß verbreitet worden ist. Als Begehungsort von Persönlichkeitsverletzungen mittels Presseerzeugnissen ist demgemäß neben dem Erscheinungsort nur der Ort der Verbreitung anzusehen, nicht dagegen unabhängig davon der Wohn-oder Aufenthaltsort des Geschädigten (BGH a.a.O.).

Es ist davon auszugehen, dass diese Grundsätze der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Verbreitung von Äußerungen über das Internet anzuwenden sind (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.2008, Az.: 15 U 17/08, BeckRS 2009 03316). Dies gilt nach Erfahrung der Kammer in gleicher Weise auch in anderen Rechtsgebieten, in denen Verletzungshandlungen über das Internet in Rede stehen. So werden Verletzungen von Marken-, Firmen-und Namensrechten im Internet nicht schon überall dort begangen, wo das Medium abrufbar ist, es muss vielmehr hinzukommen, dass sich der Internet-Auftritt hier bestimmungsgemäß auswirken soll (KG MMR 2007, 653; BGH GRUR 2005, 431, 432; OLG Düsseldorf a.a.O.).

Gleiches gilt für den Fall von Urheberrechtsverletzungen, also ebenfalls unerlaubte Handlungen, im Internet (vgl. OLG Köln, MMR 2008, 342). Auch hier reicht es nicht, wenn die Internetseite, auf der die Rechtsverletzung begangen wird, global und damit auch in Deutschland abgerufen werden kann. Dies genügt nämlich für die Annahme einer Begehung eines angenommenen Urheberrechtsverstoßes (auch) in Deutschland als Erfolgsort der Handlung nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei Wettbewerbsverletzungen im Internet der Erfolgsort dann im Inland zu belegen, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß hier auswirken soll (OLG Köln a.a.O.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Landgericht Köln für die Entscheidung der streitgegenständlichen, vom Kläger behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht zuständig. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Internetseite www…..com, auf der sich der Text nach seiner Behauptung befunden haben soll, in Deutschland und damit auch im Bezirk des Landgerichts Köln bestimmungsgemäß verbreitet wird. Unstreitig ist nicht nur der Text, um den es geht, sondern die gesamte Internetseite ausschließlich in russischer Sprache abgefasst worden. Dass der Inhalt der Internetseite dabei irgendeinen Inlandsbezug haben könnte, ist seitens des Klägers nicht vorgetragen, aber auch den Akten sonst nicht zu entnehmen. Der streitgegenständliche Text, der nach der Behauptung des Klägers von der Beklagten als einer in den USA lebenden Russin in den USA in das Internet eingespeist worden sein soll, handelt von einem privaten Ereignis, das in Moskau stattgefunden hat, nämlich dem Klassentreffen im Jahr 2004.

Dass sich die in kyrillischer Schrift abgefasste Internetseite bestimmungsgemäß auch an deutsche Nutzer richtet, ist auch entgegen dem Vorbringen des Klägers weder dem Namen der Domain “…” noch der TopLevel-Domain “com” zu entnehmen. Zum einen würde es nahe liegen, dass – für den Fall dass auch nichtrussischsprachige Europäerinnen die Seite aufsuchen sollen – eine irgendwie geartete Möglichkeit der Kenntnisnahme ihres Inhalt in zumindest einer in lateinischer Schrift abgefassten Sprache vorzusehen oder aber eine Übersetzungsmöglichkeit einzubauen. Da jedoch der durchschnittliche Rezipient in Deutschland, auf dessen Verständnis eines Textes es auch sonst im Presserecht ankommt, bekanntermaßen der russischen Sprache nicht mächtig ist und einen in kyrillischer Schrift abgefassten Beitrag gar nicht erst lesen können wird, ist nicht davon auszugehen, dass die Internetseite sich an deutsche Leser wendet. Daran ändert es auch nichts, dass auch in Deutschland Personen leben, die der russischen Sprache mächtig sind. Indes kann dies kein entscheidendes Kriterium sein, weil es in jedem Land Personen mit Fremdsprachenkenntnissen gibt.

 

Dass der der russischen Sprache mächtige Kläger indes von dem Text persönlich angesprochen sein soll, weil er sich – entsprechend einer E-Mail – direkt an ihn wendet, ist nach dem Gesamtzusammenhang des Textes auch nicht anzunehmen. Dort wird in einem Bericht allgemein über einen Aufenthalt in Moskau berichtet, während dessen unter anderem ein Klassentreffen stattfand. Schon gar nicht ist erkennbar, dass der Text sich an den Kläger an seinem Wohnort in … richten könnte, ist doch nur von seiner Moskauer Wohnung die Rede. Im Übrigen lässt sich wie dargelegt ein Inlandsbezug gerade nicht daraus herleiten, dass der Betroffene im Inland einen Wohnsitz hat (OLG Düsseldorf a.a.O. unter Bezug auf BGH NJW 1977, 1590).

Dass der Name der Internetseite den Empfängerkreis, an den sie sich richtet, näher bezeichnet, nimmt auch der Kläger selbst nicht an, ist er doch keine “…”. Die Domain “com” ist eine sogenannte generische TopLevel-Domain und ebenso kein Anhaltspunkt für die bestimmungsgemäße Verbreitung der Internetseite in Deutschland; diese Domains sind weltweit im Einsatz und werden weltweit vergeben. Sie besagt nicht mehr, als dass eine kommerzielle Nutzung intendiert ist. Mithin besagt die Endung nicht mehr als die allgemeine Erfahrung, dass diese Seite weltweit abrufbar ist – ein Umstand, auf den es wie dargelegt nicht ankommt. Insgesamt liegt der Erfolgsort nicht in Deutschland bzw. im Bezirk des Landgerichts Köln.

Auch für einen Handlungsort in Deutschland spricht nichts. Es ist für die Frage der Zuständigkeit auch unerheblich, dass die Domain “www…..com” über die Firma A in N betrieben wird, dass also der Server dieses Unternehmens dort steht. Die Beklagte als die Autorin und diejenige, die angeblich den Text ins Internet stellte, handelte nicht wegen dieses Umstandes (auch) in Deutschland. Denn das Einstellen geschah nach der Behauptung des Klägers von den USA aus. Der Autor der Information handelt jedoch an dem Ort, von dem aus die Informationen zur Einspeisung in das Netz abgesandt wurden (vgl. von Hoffmann, Staudinger, BGB, zu Art. 40 EGBGB, Rn. 58). Da von diesem Ort aus weltweit auf Server zugegriffen werden kann und sodann über das Internet die Verbreitung weltweit erfolgt, kann der Standort des Servers kein Kriterium für die Zuständigkeitsbestimmung sein. Zum einen erfolgt die Wahl des Providers durch den Betreiber einer Domain oft aus Kostengründen und damit zufällig und nicht vorhersehbar aus der Sicht des Handelnden.

Zum anderen würde der Standort des Servers als ein maßgebliches Kriterium für die Zuständigkeit bei einem Pressedelikt – wie auch im vorliegenden Fall – zu den Auswirkungen führen können, die die höchstrichterliche Rechtsprechung gerade vermeiden wollte. So hat der BGH (NJW 1977, 1590, 1591) ausgeführt: “Es wäre nicht unbedenklich, auf diese Weise den ausländischen Herausgeber oder Redakteur stets den im deutschen Recht für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten entwickelten Rechtsregeln zu unterwerfen, selbst wenn er mit einer Verletzung der Persönlichkeitssphäre des Betroffenen außerhalb des Verbreitungsgebietes seines Presseerzeugnisses nicht rechnet, mithin meinen kann, er brauche nur die Normen zu beachten, die die Rechtsordnung im Verbreitungsgebiet vorgibt. Es könnte dann in der Sache ein ausländischer Tatbestand deutschem Recht unterstellt werden, ohne dass der Schädiger im Einzelfall damit rechnen muss”. Dies gilt uneingeschränkt auch im Bereich des Internets.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

 

Streitwert: 15.000,00 Euro.

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