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Niemand hat Anspruch auf seinen Kundenstamm – daher ist das Abwerben Teil eines funktionierenden Wettbewerbs und gewollt (vgl. auch § 1 GWB). Allerdings hat die Rechtsprechnung Regeln aufgestellt, wann das Abwerben unzulässig ist und damit gegen Wettbewerbsrecht verstößt. So hatte 2011 das Kammergericht einen Fall zu entscheiden, in dem ein Makler, der als Subunternehmer tätig war, nach Ende der Zusammenarbeit weiterhin für einen Verkaufinteressenten bezüglich eines bestimmten Objekts tätig war. Beides war ihm während seiner Tätigkeit das Unternehmen bekannt geworden.  Das Kammergericht hielt die nach Beendigung der Zusammenarbeit entfaltete Tätigkeit des Subunternehmers in der Kombination Verkaufsinteressent und Objekt für unzulässig. Allerdings nur insoweit, als das der Subunternehmer die Betreung des konkreten Objekts im Rahmen seiner Tätigkeit übertragen worden sein muss.

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Beschluss vom 25. 3. 2011

5 W 62/11

 

….

 

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 15. Februar 2011 – 15 O 42/11 – teilweise geändert:

 

Dem Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

 (über das im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Verbot hinaus) untersagt,

 im geschäftlichen Verkehr bis zum 3. Januar 2012 Grundstücke, die der Antragsgegner im Rahmen seiner Provisionstätigkeit bei der Antragstellerin kennen gelernt hat und die ihm von der Antragstellerin zur Vermittlung im Rahmen seiner Provisionstätigkeit übertragen worden waren, Kaufinteressenten anzubieten und/oder zu vermitteln, wie in Bezug auf das Mehrfamilienhaus E. Damm …, 13403 Berlin, geschehen.

 Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

 2. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragstellerin 1/10 und der Antragsgegner 9/10 zu tragen. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 3/10 und der Antragsgegner 7/10 zu tragen.

 3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 € festgesetzt.

 

Gründe

 

A.

 Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet, §§ 935, 940 ZPO.

 I.

Die von dem Antragsteller beanstandete Konkurrenztätigkeit des Antragsgegners ist im zugesprochenen Umfang wegen einer Verletzung nachvertraglicher Loyalitätspflichten aus der zwischen den Parteien am 9.8.2010 geschlossenen „Provisionsvereinbarung“ zu untersagen.

 

1.  Die Antragstellerin hat vorgetragen, über die bei ihr als Praktikantin tätige C… R… sei der Antragstellerin im Dezember 2010 das Grundstück E. Damm … in 13403 Berlin (deren Eigentümerin die Mutter der Praktikantin C… R… sei) zur Vermittlung eines Verkaufs angeboten worden. Der Antragsgegner sei intern von der Antragstellerin mit der Vermittlung betraut worden und dieser habe im Dezember 2010 in seiner Eigenschaft als freier Mitarbeiter der Antragstellerin (Provisionsvertreter auf der Grundlage der „Provisionsvereinbarung“ vom 9.8.2010, Anlage AST 03) das Grundstück mehreren Interessenten angeboten. Auch nach der Beendigung der „Provisionsvereinbarung“ am 4.1.2011 sei der Antragsgegner weiterhin hinsichtlich des Grundstückes E. Damm … – nunmehr als Mitgesellschafter (zusammen mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Antragstellerin) und Prokurist neu gegründeter Maklergesellschaften – vermittelnd gegenüber Interessenten tätig geworden.

 Dieser Vortrag ist überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht, § 294 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 156, 139, 142; NJW 1996, 1682). Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass der Antragstellerin ein Vermittlungsauftrag hinsichtlich des oben genannten Grundstückes erteilt worden ist. Dafür sprechen nicht nur das unter der Firma der Antragstellerin erstellte Exposee (Anlage AST 09) sowie der Umstand, dass die Tochter der Eigentümerin zugleich Praktikantin der Antragstellerin war und des weiteren der im Namen der Antragstellerin mit Interessenten geführte E-Mail-Verkehr (Anlage AST 22), insbesondere die vom Antragsgegner selbst für die Antragstellerin geführte Korrespondenz (Anlage AST 23), sondern auch die für die Erstellung des Exposees verwendeten Daten und die Interessenten im Vorfeld des Besichtigungstermins vom 29.12.2010 übergebenen Unterlagen betreffend das in Rede stehende Grundstück (vgl. Anlage AST 23). In seiner E-Mail vom 28.12.2010 an den Interessenten des Besichtigungstermins hat der Antragsgegner sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, weitere Unterlagen habe die Eigentümerin wegen der Kürze der Zeit (noch) nicht vorlegen können (Anlage AST 24). Dies lässt darauf schließen, dass die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin im Einvernehmen mit der Eigentümerin aufgenommen und durchgeführt worden ist. So hat auch der Antragsgegner selbst der Antragstellerin eine Beteiligung an Provisionserlösen angeboten und die am 19.1.2011 anwaltlich im Namen der Grundstückseigentümerin ausgesprochene Abmahnung der Antragstellerin wegen einer auftragslosen Vermittlungstätigkeit ist zurückgenommen worden (Anlage AST 13).

 Der Antragsgegner unterliegt als ehemaliger Subunternehmer der Antragstellerin nachvertraglichen Loyalitätspflichten, die es ihm verbieten, unmittelbar nach Beendigung der Subunternehmertätigkeit mit denselben Kunden und hinsichtlich desselben Objekts einen Vertrag vorzubereiten (vgl. BGH, GRUR 1998, 1047, juris Rn. 18 – Subunternehmervertrag; WRP 2005, 349, juris Rn. 21 f – Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter).

 

a) Zwar darf ein ausgeschiedener Vertriebsmitarbeiter (etwa typischerweise ein Handelsvertreter) die während seiner Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse und Geschäftsgeheimnisse grundsätzlich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen unbeschränkt verwenden, wenn er keinem vertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt und solange er nur Informationen verwertet, die er in seinem Gedächtnis bewahrt oder auf die er aufgrund anderer Quellen zugreifen kann, zu denen er befugtermaßen Zugang hat – er also insbesondere nicht auf schriftliche Unterlagen zurückgreift, die er während der Beschäftigungszeit angefertigt hat (BGH, GRUR 2009, 603, TZ. 15 m.w.N. – Versicherungsuntervertreter; BGHZ 38, 391, 396 – Industrieböden; GRUR 1999, 912 – Weinberater; GRUR 2002, 91, 92 – Spritzgießwerkzeuge; GRUR 2003, 453, 454 – Verwertung von Kundenlisten; GRUR 2006, 1004, TZ. 14 – Kundendatenprogramm; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 10.41).

 b) Allerdings ist eine Kundenschutzklausel in einem Subunternehmervertrag (etwa zur Durchführung von wiederkehrenden Reinigungsarbeiten bei bestimmten Kunden) rechtlich unbedenklich, wenn sie dem Subunternehmer für die Dauer eines Jahres verbietet, unmittelbar nach Beendigung des Subunternehmervertrages mit demselben Kunden und hinsichtlich desselben Objekts einen Reinigungsvertrag abzuschließen (BGH, a.a.O., juris Rn. 18, Subunternehmervertrag; a.a.O., juris Rn. 21 f, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter; Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 10.103).

Insofern wird durch eine solche Kundenschutzklausel hinsichtlich des Karenzzeitraums die aus den vertraglichen Beziehungen folgende selbstverständliche Nebenpflicht konkretisiert, dass der Subunternehmer den durch den Generalunternehmer herbeigeführten Kontakt zu dem Kunden nicht dazu benutzen darf, anstelle des Hauptunternehmers eine eigene Vertragsbeziehung mit dem Kunden zu begründen. Zugleich kann mit der Regelung der Streit darüber ausgeschlossen werden, ob es zu dem Vertragspartnerwechsel durch aktives Abwerben oder dadurch gekommen ist, dass die Initiative von dem Kunden ausgegangen ist, der ein Interesse daran haben kann, vertraglich nur mit denjenigen verbunden zu sein, der die Reinigungsarbeiten tatsächlich durchführt, oder der den Kostenanteil sparen will, den bisher der Generalunternehmer vereinnahmt hat (BGH, a.a.O., juris Rz. 18, Subunternehmervertrag; a.a.O., juris Rn. 23, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter).

Der Zweck derartiger Vereinbarungen zu Subunternehmeraufträgen liegt in der arbeitsteiligen Durchführung der Arbeiten, indem der Generalunternehmer die Kunden akquiriert, er die Durchführung der konkreten Tätigkeiten einschließlich der Vorhaltung des erforderlichen Personals, der Maschinen und des sonstigen Materials aber dem Subunternehmer überlässt, während dieser von allen durch die Akquisition von Aufträgen verursachten Belastungen freigestellt ist und auch nicht eine umfangreiche Unternehmensorganisation vorhalten muss, um etwa zusätzlich geworbene Kunden sachgerecht versorgen zu können (BGH, a.a.O., juris Rn. 19, Subunternehmervertrag; a.a.O., juris Rn. 23, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter). Dieser Aufgaben- und Risikoverteilung entspricht die Verteilung des eingenommenen Entgelts. Der ausgewogene Leistungsaustausch wird jedoch empfindlich gestört, wenn der Subunternehmer, der bei der Vertragsabwicklung zwangsläufig in Kontakt mit dem Kunden des Hauptunternehmers tritt, anstelle desselben unmittelbare Vertragsbeziehungen mit diesem Kunden knüpft. Indem er, ohne im Bereich der Subunternehmertätigkeit eigene Aufwendungen für den Aufbau des Kundenstammes erbracht zu haben, an die Stelle des Generalunternehmers tritt, macht er sich illoyal die Früchte von dessen Bemühungen zu Nutze (BGH, a.a.O., juris Rn. 19, Subunternehmerauftrag; a.a.O., juris Rn. 23, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter).

 c) Vorliegend erbringt die Antragstellerin Maklerdienste im Bereich von Immobilien. Die Maklertätigkeit ist dadurch geprägt, dass der Makler Kunden mit einem gegensätzlichen Interesse (Verkäufer einerseits, Käufer andererseits) – also zwei verschiedene Kundenstämme – suchen und zusammenführen muss. Der Makler will daher Kundschaft aus zwei unterschiedlichen Lagern gewinnen, während etwa ein Handelsvertreter grundsätzlich nur Kundschaft in eine Richtung (Käufer) sucht.

 aa) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob und inwieweit der Antragsgegner einem Konkurrenzschutz hinsichtlich des Kundenstamms der Antragstellerin betreffend „Kaufinteressenten“ unterliegt. Auch wenn der Antragsgegner nach der „Provisionsvereinbarung“ gegenüber dem Kaufinteressenten nicht als selbstständiger Makler, sondern als Untervertreter im Namen der makelnden Antragstellerin tätig geworden ist (die so angesprochenen Kaufinteressenten deshalb möglicherweise nicht zu einem eigenen Kundenstamm des Antragsgegners gehörten, vgl. BGH, GRUR 2009, 603, TZ. 24 – Versicherungsuntervertreter), mag hinsichtlich derart für die Antragstellerin geworbener Kunden die Anwendung der Grundsätze zur regelmäßig freien Konkurrenz ausgeschiedener Vertriebsmitarbeiter (vgl. oben a) in Betracht kommen. Denn gegenüber den Kaufinteressenten hat der Antragsgegner eine typische Vertriebstätigkeit (Absatz von Waren in einem weiteren Sinn) entfaltet. Auf eine selbstständige oder unselbstständige Ausübung dieser Tätigkeit kommt es insoweit nicht an (BGH, a.a.O., TZ. 16, Versicherungsuntervertreter). Vorliegend bedarf dies aber keiner Entscheidung, weil die Antragstellerin nach ihrer Antragstellung und insbesondere der in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform nur einen Kundenschutz im Hinblick auf „Verkaufsinteressenten“ (Grundstückseigentümer und die zu diesen dem Antragsgegner bekannt gewordenen Daten) beansprucht.

 bb) Hinsichtlich der Verkaufsinteressenten entspricht die Vertragsgestaltung der Parteien in der „Provisionsvereinbarung“ aber der eines Subunternehmervertrages.

Der Antragsgegner sollte – gegen eine prozentuale Beteiligung an der der Antragstellerin zufließenden Maklerprovision – von der Antragstellerin gewonnene Verkaufsinteressenten („Grundstücke und Objekte“) intern übernehmen und weit gehend auf eigenes wirtschaftliches Risiko Kaufinteressenten suchen und für einen Vertragsabschluss mit den Verkaufsinteressenten gewinnen. Letztlich sollte der Antragsgegner damit eine Maklertätigkeit ausüben mit der Besonderheit, dass seine Kundschaft „Verkaufsinteressenten“ von der Antragstellerin auf deren Kosten gesucht und ihm übergeben wird und der Antragsgegner dann die weitere Maklertätigkeit hinsichtlich der Kundschaft „Kaufinteressenten“ selbständig, aber im Namen der Antragstellerin ausführt. Dies entspricht der typischen Interessenlage eines Subunternehmervertrages, wie sie den Entscheidungen des BGH (a.a.O., Subunternehmervertrag und Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter) zugrunde lag (Gewinnung des Kunden durch den Generalunternehmer, Durchführung der Reinigungsarbeiten durch den Subunternehmer „im Namen“ des Generalunternehmers). Auch vorliegend haben die Parteien – bei prozentualer Aufteilung der Erlöse – zur Durchführung der Maklerleistung eine Arbeitsteilung vereinbart, wonach der Antragsgegner die regelmäßig typische Maklerleistung (die Suche von Kaufinteressenten) auf eigenes beträchtliches Risiko übernommen hat, er aber durch die Antragstellerin von allen durch die Akquisition von Makleraufträgen (von Verkaufsinteressenten) verursachten Belastungen freigestellt wurde und auch nicht eine umfangreiche Unternehmensorganisation vorhalten musste.

Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner nach der „Provisionsvereinbarung“ auch für von ihm gewonnene Verkaufsinteressenten über die Antragstellerin und zu den Bedingungen dieser Vereinbarung tätig werden konnte (Ziff. 11 der Vereinbarung) und – wegen eines Konkurrenzverbotes während der Vertragslaufzeit – musste (Ziff. 2 Abs. 2 der Vereinbarung). Zum einen wird es sich insoweit in der Vorausschau der Vertragsparteien nur um Ausnahmefälle gehandelt haben, weil ansonsten der Antragsgegner die Maklertätigkeit allein hätte ausüben können. Zum anderen erfasst das von der Antragstellerin erstrebte Verbot nur nicht vom Antragsgegner geworbene Objekte (Verkaufsinteressenten). Denn von ihm selbst gewonnene Verkaufsinteressenten hätte der Antragsgegner nicht erst „im Rahmen seiner Provisionstätigkeit bei der Antragstellerin kennen gelernt“, sondern bereits vorher eigenständig ermittelt.

 Unerheblich ist es vorliegend auch, wenn der Antragsgegner die typische Maklertätigkeit (Suche nach Kaufinteressenten und Vermittlung des Abschlusses) möglicherweise unter Inanspruchnahme wesentlicher Büroleistungen der Antragstellerin (möglicherweise Erstellen der Exposees, Entgegennahme von Anfragen der durch Werbung angesprochenen Kaufinteressenten usw.) ausgeführt hat. Das berechtigte Kundenschutzinteresse eines Generalunternehmers gegenüber seinem Subunternehmer wird nicht dadurch geschmälert oder infrage gestellt, dass der Generalunternehmer dem Subunternehmer zusätzlich auch bei der Ausführung des Auftrages Hilfestellungen leistet. Rechtlich muss nur die Grenze einer Selbstständigkeit des Subunternehmers gewahrt bleiben, denn auf ein Anstellungsverhältnis können die Grundsätze zum Kundenschutz im Subunternehmerverhältnis nach ihrer Interessenlage (wegen des fehlenden unternehmerischen Risikos und der fehlenden unternehmerischen Gewinnchance des angestellten Vertriebsmitarbeiters) nicht übertragen werden. Vorliegend kann nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin noch von einer rechtlich selbständigen Betätigung des Antragsgegners im Rahmen der „Provisionsvereinbarung“ ausgegangen werden.

 3. Es ist hier ebenso wenig entscheidend, dass die Parteien (anders als im Fall des BGH „Subunternehmervertrag“; im Fall des BGH “Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter“ war das umfassende vertragliche Wettbewerbsverbot nichtig) nicht ausdrücklich eine Kundenschutzklausel in die „Provisionsvereinbarung“ aufgenommen hatten.

 Wenn das Verbot, unmittelbar nach Beendigung der Subunternehmertätigkeit mit dem vom Generalunternehmer geworbenen Kunden und hinsichtlich desselben Objektes einen eigenen Vertrag abzuschließen, nur eine selbstverständliche Nebenpflicht der Vereinbarungen zur Subunternehmertätigkeit darstellt (so ausdrücklich BGH, a.a.O., juris Rn. 18, Subunternehmervertrag; a.a.O., juris Rn. 21 f, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter), dann ist dieses Verbot auch ohne ausdrückliche Regelung im Subunternehmervertrag als vertragliche Nebenpflicht verankert (dahingehend auch BGH, a.a.O., juris Rn. 21 f, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter).

 4.  Allerdings besteht ein solches Verbot nur in angemessenen zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Grenzen (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 18, Subunternehmervertrag; vgl. auch BGH, a.a.O., juris Rn. 25, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter). Vorliegend ist daher das von der Antragstellerin beantragte Verbot in dem vom Senat ausgesprochenen Umfang zu begrenzen und die sofortige Beschwerde hinsichtlich des weitergehenden Unterlassungsantrages zurückzuweisen.

 a) Insoweit ist das Verbot zum einen zeitlich auf ein Jahr zu beschränken. Für Maklerleistungen im Immobilienbereich kann davon ausgegangen werden, dass die von Verkaufsinteressenten angebotenen Objekte regelmäßig in einem solchen Zeitraum vermittelt werden können oder ansonsten das Verkaufsinteresse verloren geht oder der Verkaufsinteressent andere Makler in Anspruch nehmen möchte. Ob vertraglich ein längerer Zeitraum eines Kundenschutzes vereinbart werden könnte (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 22, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter), kann hier mangels einer dahingehenden ausdrücklichen Regelung dahingestellt bleiben.

 b) Zum anderen ist das Verbot dahin einzuschränken, dass der Antragsgegner das Objekt (das konkrete Verkaufsinteresse) nicht nur erstmalig im Rahmen seiner Provisionstätigkeit bei der Antragstellerin kennen gelernt haben muss, sondern dass ihm das so bekannt gewordene Objekt auch zur Vermittlung im Rahmen seiner Provisionstätigkeit von der Antragstellerin übertragen worden ist. Denn hinsichtlich der ihm nur gelegentlich im Rahmen seiner Tätigkeit für die Antragstellerin bekannt gewordenen Objekte fehlt es an der für einen Kundenschutz konstituierenden Vereinbarung und Durchführung einer Arbeitsteilung (zwischen zwei selbstständigen Unternehmen, Generalunternehmer und Subunternehmer; vgl. auch BGH, a.a.O., juris Rn. 25, Wettbewerbsverbot für GmbH-Alleingesellschafter).

 

II. Ein weitergehendes Verbot einer Konkurrenztätigkeit des Antragsgegners kann vorliegend mit Erfolg weder auf die Geheimhaltungsvereinbarung in Ziff. 7 der „Provisionsvereinbarung“, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 90 HGB in direkter oder analoger Anwendung, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 UWG noch auf § 4 Nr. 10 UWG gestützt werden.

 

1.  Die Geheimhaltungsvereinbarung in Ziff. 7 der „Provisionsvereinbarung“ ist beschränkt auf ein Verbot der Weitergabe von Informationen.

 a) Die Verschwiegenheitspflicht eines (Vertriebs-) Mitarbeiters beschränkt sich auf geheimhaltungsbedürftige Informationen. Diese darf der Mitarbeiter – auch arbeitsrechtlich – nicht an Dritte veräußern und auf diese Weise für sich verwerten. Dagegen folgt aus einer Verschwiegenheitspflicht noch kein weitergehendes Verbot, Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers selbst zu umwerben (BAGE, NJW 1988, 1686, juris Rn. 27). Daran anknüpfend ist die vertragliche Geheimhaltungsvereinbarung dahin zu verstehen, dass nur die Weitergabe der Informationen an Dritte untersagt sein soll, nicht aber die Verwertung der Informationen durch den Antragsgegner selbst bzw. in dessen eigener beruflicher oder unternehmerischer Tätigkeit. Dafür spricht auch, dass die Parteien in Ziff. 7 der „Provisionsvereinbarung“ keine Wettbewerbsabrede gesehen und insoweit auch keine Karenzentschädigung vereinbart haben.

 Vorliegend hat der Antragsgegner Informationen betreffend Verkaufsinteressenten nur in eigener unternehmerischer Tätigkeit verwertet bzw. zu verwerten versucht. Zwar ist er hierbei nicht als Einzelunternehmer, sondern als Mitgesellschafter und Prokurist einer in Gründung befindlichen juristischen Person aktiv geworden. Auf diese formaljuristische Unterscheidung kommt es vorliegend aber nicht an. Die Geheimhaltungsinteressen der Antragstellerin werden nicht dadurch stärker beeinträchtigt, dass der Antragsgegner nicht als Einzelkaufmann, sondern über eine von ihm geführte juristische Person die Informationen verwertet. Die Mitinhaberschaft des weiteren Gesellschafters hat insoweit keine wesentliche Bedeutung. Zum einen wird der Antragsgegner in der Gesellschaft maßgeblich selbst persönlich tätig. Zum anderen war auch der weitere Gesellschafter ein ehemaliger Mitgesellschafter (sogar der Geschäftsführer) der Antragstellerin. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass selbst in Bezug auf diesen Mitgesellschafter einer außen stehenden dritten Person erstmalig geheimhaltungsbedürftige Informationen der Antragstellerin mitgeteilt wurden.

 

b) Darüber hinaus hat der BGH vertraglichen Geheimhaltungsvereinbarungen selbständiger Vertriebsmitarbeiter keine weitergehenden rechtlichen Wirkungen und keine weitergehende rechtliche Wirksamkeit beigemessen als in der gesetzlichen Regelung des § 90 HGB vorgesehen (BGH, NJW 1993, 279, juris Rn. 17 ff [vorliegend ist die streitgegenständliche Geheimhaltungsvereinbarung von der Antragstellerin auch in „Provisionsvereinbarungen“ mit anderen Mitarbeitern verwendet worden, vgl. Anlage AST 26]; GRUR 1999, 934, juris Rn. 22, Ziffer 25 f/28 ff; vgl. auch BGH, GRUR 2002, 91, juris Rn. 64 – Spritzgießwerkzeuge). § 90 HGB stellt das Verwertungsverbot von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unter den Vorbehalt, „soweit dies nach den gesamten Umständen der Berufsauffassung eines redlichen Kaufmanns widersprechen würde“. Ein Widerspruch zur Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns fehlt aber insbesondere dann, wenn Informationen aus dem Gedächtnis verwertet werden (BGH, GRUR 2009, 603, TZ. 15 f m.w.N. – Versicherungsuntervertreter). Vorliegend ist hinsichtlich zweier in Rede stehender Verkaufsinteressenten nicht ersichtlich, dass diese Informationen nicht im Gedächtnis des Antragsgegners geblieben sein könnten.

 

c) Im Übrigen wäre eine über § 90 HGB hinausgehende Geheimhaltungsvereinbarung rechtlich als Wettbewerbsabrede aufzufassen (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 64, Spritzgießwerkzeuge; BAG, NJW 1988, 1686, juris Rn. 21 f; ZIP 1999, 295, juris Rn. 54), bei der eine Karenzentschädigung nicht wirksam abbedungen werden kann, § 90a Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 HGB. Fehlt – wie vorliegend – die Vereinbarung einer Karenzentschädigung, so ist die Wettbewerbsabrede (insbesondere zum Schutz desjenigen Mitarbeiters, der sich an das Wettbewerbsverbot hält) zwar nicht nichtig (vgl. BAG, NJW 1964, 1641, juris Rn. 27; OLG Nürnberg, BB 1960, 1261; OLG Düsseldorf, BB 1962, 731; OLG Karlsruhe, VersR 1973, 857; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Auflage, § 90a Rn. 18, 32). Die Berufung des Unternehmers auf die Wettbewerbsabrede kann aber eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB darstellen, wenn der Unternehmer für die Wettbewerbsenthaltung überhaupt nichts zahlen will, obwohl er angemessen zahlen muss (BAG, NJW 1964, 1641, juris Rn. 30). Dies liegt hier angesichts der fehlenden Vereinbarung irgendeiner Karenzentschädigung nahe, zumal damit der Spekulation durch den Unternehmer Vorschub geleistet wird, der ehemalige Vertriebsmitarbeiter werde sich an das Wettbewerbsverbot halten, ohne den Anspruch auf eine Karenzentschädigung zu erkennen und zu erheben. Jedenfalls muss der Unternehmer bei einer fehlenden Bezifferung der Karenzentschädigung spätestens nach der Kündigung und vor oder bei Beendigung der Tätigkeit dem Vertriebsmitarbeiter seine Zahlungsbereitschaft bezüglich der Entschädigung für die Unterlassung des Wettbewerbs mitteilen (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Dazu ist vorliegend nichts ersichtlich.

 

b) Aus § 4 Nr.11 UWG i.V.m. § 90 HGB folgt – wie erörtert – wegen des fehlenden Widerspruchs zur Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns (im Fall einer Verwertung im Gedächtnis verbliebener Informationen) weder bei einer direkten noch analogen Anwendung des § 90 HGB ein weitergehender Unterlassungsanspruch der Antragstellerin.

 

c) Ebenso wenig kann insoweit § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 17 UWG mit Erfolg herangezogen werden.

 Hinsichtlich des Geheimhaltungsgebots aus § 17 Abs. 1 UWG folgt dies vorliegend schon daraus, dass diese Vorschrift nicht auf selbständig tätige Vertriebsmitarbeiter anwendbar ist (BGH, GRUR 2009, 603, TZ. 10 – Versicherungsuntervertreter).

 Ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG kommt deshalb nicht in Betracht, weil sich der Antragsgegner die streitgegenständlichen Informationen nicht „unbefugt“ verschafft hat. Insoweit gilt für eine im Gedächtnis verbliebene Information nichts anderes als bereits im Rahmen des § 90 HGB erörtert (BGH, a.a.O., TZ. Ziffer 15 f, Versicherungsuntervertreter).

 

d) Bei einer Verwertung im Gedächtnis verbliebener Informationen kann dann auch nicht von einer unlauteren gezielten Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG ausgegangen werden (BGH, NJW 1993, 1786, juris Rn. 18; Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 10.41).

 

B. Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 92 Abs. 1, § 3 ZPO.

 

Quelle: KG

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