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Influencer – Persönlichkeitsrechte

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Influencer – Persönlichkeitsrechte

influencer-persoenlichkeitsrechte – Was Influencer für ihrer Follower interessant macht, sind u.a. Content von Bildern und Videos, die regelmäßig und oft hoher Frequenz über die verschiedenen Channels verbreitetet werden – abhängig von der dahinterstehenden Marketing Strategie. Aber egal, welche Form des Storytellings gewählt wird, allen gemeinsam ist der private Moment, um den Influencer so authentisch wie möglich erscheinen zu lassen. Authentizität ist der wichtigste Faktor beim Influencer-Marketing (Nymoen, Influencer,

Um dies zu erreichen, ist es notwendig, das Private öffentlich zu machen und es zu „vergesellschaften“. Der Betrachter soll und muss Teil des Privaten werden können.  Um dies zu bewerkstelligen, bedarf es der Verbreitung von Audio- und Videomaterial, dass nicht nur den Influencer zeigt, sondern auch seine Umgebung, sein Umfeld – sei es auf Reisen, in der eigenen und fremden Wohnung, unter Freunde und Bekannten –

Soweit es um Abbildungen von Personen, der Aufnahmen und Nutzung deren Stimmen, oder die Erwähnung von Personen in Beiträgen geht, stehen immer Fragen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Debatte. Einfacher ausgedrückt: wenn meine Beiträge in irgend einer Weise andere Personen erwähnen oder beinhalten, können auch deren Rechte verletzt sein – was im schlimmsten Fall zu Abmahnungen und Schadenersatzansprüchen führen kann.

Was ist überhaupt das „Allgemeine Persönlichkeitsrecht“

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein durch das Grundgesetz gewährleistetes Grundrecht, das zwar nicht vor jedem Eingriff schützt, dass aber dazu führt, dass bei jedem Eingriff eine Güter- und Pflichtenabwägung erfolgt um  zwischen den schützenswerten Interessen der betroffenen Person und den im Bereich des Medienrechts relevanten Belangen der in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheiten vorzunehmen.

Oder einfacher ausgedrückt – ich darf als Influencer über eine andere Person dann berichten oder urteilen, wenn mein Recht etwa auf freie Meinungsäußerung, dass ebenfalls ein Grundrecht darstellt, gegenüber dem Recht  der betreffenden Person überwiegen. Und je nach Inhalt meiner Aussage kann das Ergebnis mal für mich positiv, mal negativ ausgehen. So sind Äußerungen über Prominente, die sich auf deren Sozialsphäre beziehen zulässig, bezüglich Ihrer Intimsphäre dagegen nicht.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich aus dem Grundgesetz ab – aus dem Schutz der Würde des Menschen und seinem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs.1).Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BGH umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen.

Wer ist Träger des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht steht grundsätzlich nur natürlichen Personen zu – weder Tiere, noch Unternehmen sind Träger dieses Rechts. Daher kann ich zwar den Geschäftsführer einer GmbH beleidigen, nicht aber die GmbH selber. Aber auch hier gibt es den Grundsatz, dass ein „Unternehmerpersönlichkeitsrecht gibt, das neben dem sogenannten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb besteht.

Wie lange gilt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht beginnt bei der Geburt und endet NICHT mit dem Tod der Person – in veränderter Funktion besteht als es sogenanntes postmortales Persönlichkeitsrecht weiter. Je bekannter die betreffende Person, desto länger gilt das postmortale Persönlichkeitsrecht. Für Abbildungen gilt § 22 S.2 KUG – danach bedarf es nach dem Tod des Abgebildeten bis zum Ablauf von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. In seiner „Emil Nolde“ Entscheidung hat der Bundesgerichtshof 1989 entschieden, dass der postmortale Persönlichkeitsschutz eines bekannten Malers auch noch 30 Jahre nach seinem Tod nicht entfallen ist (BGH, Urteil vom 8. Juni 1989 – I Zr 135/87).

Wann liegt ein rechtswidriger Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht vor?

Nicht jeder Eingriff stellt auch eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht dar. Ob ein solcher Eingriff vorliegt, hängt von der Schwere des Eingriffs ab. Liegt eine wirksame Einwilligung vor, liegt keine Rechtsverletzung vor.

Diese ist davon abhängig, welcher Lebensbereich des Betroffenen berührt ist – hierzu werden die Lebensbereiche in Sphären aufgeteilt. Im Wesentlichen handelt es sich um

die Intimsphäre

die Privatsphäre

die Sozialsphäre

und die Öffentlichkeitssphäre.

Hinzu kommt die Vertraulichkeits-/Geheimnissphäre

Wichtig zu wissen: zum einen können sich die Sphären überschneiden, zum anderen werden die Begriffe nicht ganz einheitlich verwendet. Maßgeblich ist stets der Einzelfall.

 

Intimsphäre

Die Intimsphäre ist wegen seiner Nähe zur Menschwürde der unantastbare Bereich, über den sich jeder Berichterstattung verbietet, sofern keine Einwilligung vorliegt. Hierzu gehören die Sexualität (BGH, Urteil vom 24.11.1987 –  VI ZR 42/87), der Gesundheit (BGH, Urteil vom 18.9.2012 VI ZR 291/19), oder der Inhalt von Tagebüchern (BVerfG, Beschluss vom 14.09.1989 – 2 BvR 1062/87).  Sie umfasst nach dem BGH insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern (BVerfGE 80, 367), bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten (BVerfGE 27, 344), im Bereich der Sexualität (BVerfGE 47, 46; 49, 286), bei sozial abweichendem Verhalten (BVerfGE 44, 353) oder bei Krankheiten (BVerfGE 32, 373.)

Soweit die Gesundheit von Prominenten betroffen ist, macht die Rechtsprechung teilweise eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Informationen der Intimsphäre zugehören. Diese werden eher der Privatsphäre zugeordnet. So entschied der BGH 2012 (Urteil vom 18. September 2012 – VI ZR 291/10), dass die Berichterstattung über die in der Öffentlichkeit bekannte wahre Tatsache, eine (namentlich genannte) Entertainerin sei durch Krankheit aus ihrer Karriere herausgerissen worden, zulässig war. In einer anderen Entscheidung zum Fall des verunglückten Rennfahrers Thomas Schumacher entschied der BGH (Urteil vom 29. November 2016 – VI UR 382/15), u.a., dass es der Presse nicht generell untersagt werden, öffentliche Verlautbarungen einer in der Öffentlichkeit bekannten Person zu seinem medizinischen Zustand zum Anlass einer Darstellung über die aus medizinischer Sicht zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Verfügung stehenden medizinischen Hilfsmittel zu machen.

Privatsphere

Die Privatsphere berührt  in erster Linie der häuslichen Bereich und das Leben in der Familie. Dies betrifft nicht nur das Geschehen hinter der Haustür, sondern u.a. das Zusammensein zweier Menschen, sofern es bewusst die Öffentlichkeit ausschließen soll. Dieses Recht auf Wahrung der Privatsphere gilt für jeden, auch für Prominente.

Das Recht gilt jedoch nicht schrankenlos – ihm steht das Recht auf frei Meinungsäußerung sowie die Presse- und Kunstfreiheit gegenüber. Insbesondere bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, besteht das Rechte der Öffentlchkeit, informiert zu werden. Nach der Rechtsprechung des BGH rechtfertigt aber nicht alles, wofür sich Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, dessen  Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten.

Diese Grundsätze geltend auch für Influencer.

Die Sozialsphäre ist das Feld, in wir uns in die Öffentlichkeit begeben und das Private verlassen und in Kontakt mit anderen Personen treten. Das sind unsere beruflichen und gewerblichen und auch politischen Unternehmungen, aber auch der Einkauf bei Aldi. Nach dem Bundesgerichtshof  (u.a. Urteil vom 17.11.2009 – VI ZR 226/08) handelt es sich um den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht.