Farbmarken – Streit um das NJW-Orange: Feststellungslast für Verkehrsdurchsetzung im Löschungsverfahren – BGH, Beschluss vom 22.07.2021 – I ZB 16/20
Farbmarken – Streit um das NJW-Orange – BGH: Die Feststellungslast, ob sich eine Marke im Verkehr durchgesetzt hat, obliegt dem Markeninhaber.
Es gibt kaum jemanden, der in seiner juristischen Tätigkeit nicht mit der “Neue Juristische Wochenschrift” (NJW) in Berührung gekommen ist. Die NJW gehört zu den bekanntesten juristischen Fachzeitschriften und wird vom Beck-Verlag herausgegeben. Sie sticht in den Bücherregalen durch ihre markante Farbe – einem grellen Orange – auffällig hervor. Das NJW-Orange wurde 2009 in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register als verkehrsdurchgesetzte Marke für juristische Fachzeitschriften eingetragen. Doch assoziieren Juristen und Juristinnen wirklich die Farbe “Orange” instinktiv mit der NJW und hat sich dadurch die Farbe in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt? Wem obliegt die Beweislast dafür, dass das NJW-Orange weiterhin besonderen markenrechtlichen Schutz verdient? Damit beschäftigte sich der BGH in seinem Beschluss vom 22.07.2021 – I ZB 16/20.
2015 beantragte die Antragstellerin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Löschung der Marke. Ihren Löschungsantrag stützte die Antragstellerin auf ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Es soll an den Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen Marke fehlen. Sowohl das DPMA als auch das Bundespatentgericht (BPatG, 26.02.2020 – 29 W (pat) 24/17) wiesen den Antrag zurück. Das BPatG kam zu dem Ergebnis, die Farbe “Orange” habe sich infolge ihrer Benutzung für juristische Fachzeitschriften gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt. Das Gericht zog hierfür Indizien wie Marktanteil, Verbreitungsgrad und Nutzungsdauer der Farbe heran und hielt aus diesen Gründen ein demoskopisches Gutachten für nicht notwendig. Zwar konnte das BPatG die Verkehrsdurchsetzung der Farbe “Orange” nicht zweifelsfrei feststellen, jedoch gingen verbleibende Zweifel zu Lasten der Antragstellerin. Diese Ansicht stützte das Gericht auf die bisherige Rechtsprechung des BGH.
Mit seiner Entscheidung vom 22.07.2021 – I ZB 16/20 hob der BGH den Beschluss des BPatG auf. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest und sieht die Feststellungslast nun bei dem Markeninhaber, dass sich das in Rede stehende Zeichen im Verkehr infolge Benutzung durchgesetzt hat. Der BGH stützt die Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung auf die neuere Rechtsprechung des EuGH. Der Beck-Verlag muss nun zu den Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung des NJW-Orange ergänzend vortragen und gegebenenfalls weitere Beweise, insbesondere ein demoskopisches Gutachten, vorlegen oder die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens beantragen.
Haben Sie Fragen zum Markenrecht? Wir helfen Ihnen gerne!
Verfasserin: Marta Teker
Beschluss des BPatG:
Beschluss des BGH: