OLG Karlsruhe: Verstoß gegen Unterlassungserklärung durch Abrufbarkeit von Lichtbild über Suchmaschine und unter URL
Bei der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sollte jedem klar sein, dass dem Inhalt der Erklärung mit der gebotenen Sorgfalt Rechnung getragen werden sollte. Es sollte sichergestellt werden, dass die nach dem Unterlassungsvertrag gebotenen Handlungen schnell und umfassend erfüllt werden. Durchaus umstritten ist aber teilweise, welche Handlungen überhaupt vorzunehmen sind und aufgrund welcher Tatsachen ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung angenommen bzw. nicht angenommen werden kann.
So entschied nun das OLG Karlsruhe mit seinem Urteil vom 14. April 2021, Az. 6 U 94/20, dass der Schuldner eines Unterlassungsvertrages gegen seine Verpflichtung, es zu unterlassen, ein Lichtbild ohne Urheberbenennung öffentlich zugänglich zu machen, verstößt, wenn dasselbe Lichtbild im Anschluss durch Eingabe einer URL oder durch Suche mit einer Suchmaschine im Internet weiterhin unter der Domainadresse des Schuldners von jedermann aufgerufen werden kann und der Urheber nicht benannt ist. Das besondere an der entschiedenen Fallkonstellation war, dass das streitgegenständliche Lichtbild über die URL nur abrufbar war, wenn diese direkt eingegeben wurde, d.h. diese bereits bekannt war oder über eine Bildsuchmaschine aufgefunden werden konnte, wenn nach dem konkreten – also vorbekannten – Bild, gezielt gesucht wurde:
„Der Senat hält an seiner oben unter (1) wiedergegeben Auffassung fest, nach der ein Schuldner – nach vorangegangener urheberrechtswidriger Nutzung eines Lichtbildes auf seiner Website – gegen seine nachfolgend eingegangene vertragliche Verpflichtung, es zu unterlassen, ein Lichtbild ohne Urheberbenennung öffentlich zugänglich zu machen, verstößt, wenn dasselbe Lichtbild im Anschluss durch Eingabe der URL oder durch Suche mit einer Suchmaschine im Internet weiterhin unter der Domainadresse des Schuldners von jedermann aufgerufen werden kann und der Urheber nicht benannt ist.[…]
Deshalb genügt es zur Erfüllung dieser Handlungspflicht nicht, das Lichtbild von der Website zu entfernen, es aber ohne selbst ergriffene technische Maßnahmen zur Verhinderung des Auffindens weiterhin im Internet ohne Urheberbenennung unter ihrer Domainadresse abzuspeichern. Denn es besteht aufgrund der vorangegangenen Nutzung des Lichtbildes auf ihrer Website die nicht nur abstrakte Möglichkeit, dass Dritte nach dem Lichtbild suchen, und dieses im Internet auf ihrer Seite auch ohne Verlinkung auf einer URL der Beklagten auffinden.“
Anders hatte die Rechtslage in einer vergleichbaren Konstellation das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. in seinem Urteil vom 16. Juni 2020, Az. 11 U 46/19 beurteilt. Es sah den Tatbestand eines öffentlichen Zugänglichmachens nicht erfüllt, da wegen der Voraussetzung der Vorkenntnis von der URL oder dem Lichtbild ein zu kleiner Kreis von Personen hiervon Kenntnis nehmen könnte:
„Denn der Begriff „öffentlich“ beinhalte bei europarechtlich zutreffender Auslegung des § 19a UrhG, der einer Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG diene, eine bestimmte Mindestschwelle, die bei einer allzu kleinen oder gar unbedeutenden Mehrzahl betroffener Personen nicht erreicht werde (EuGH, Urt. v. 26.4.2017 – C-527/15 Rn. 44 [dort zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe]). Beschränke sich der Personenkreis, für den das Lichtbild zugänglich sei, faktisch auf diejenigen Personen, denen die URL-Adresse zuvor, als das Lichtbild vor Abgabe der Unterlassungserklärung noch im Rahmen der Anzeige frei zugänglich gewesen sei, zur Kenntnis gelangt sei, oder denen die Adresse von solchen Personen weitergegeben worden sei, […]“
Das OLG Karlsruhe hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Eine abschließende Klärung der Rechtslage wäre für die geschilderte Fallkonstellation sinnvoll im Interesse aller Betroffenen.
Volltext der Entscheidung zu finden unter der URL: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=35182
Text verfasst und Titelbild bearbeitet durch: Marc Faßbender
Bearbeitetes Titelbild basiert auf lizenzfreiem Werk von: “Isaac Taylor” (https://www.pexels.com/de-de/foto/canon-kamera-2229671/)