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Hier aus aktuellem Anlass eine noch aktuelle Entscheidung des Landgerichts Frankfurt aus 2009:

 

 

Landgericht Frankfurt am Main

Az. 2-03 O 334/08

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

zu Zwecken des Wettbewerbs für eine „kosmetische Mesotherapieâ “ wie folgt zu werben:

1. „Nadellos liften, tadellos jünger aussehen“,

2. „Selbst tiefe Mimikfalten wie etwa Zornesfalten auf der Stirn können jetzt myotonologisch behandelt und geglättet werden. Ideal für Frauen, die das Skalpell fürchten und Spritzen nicht mögen. Perfekt für alle, die sich ein straffes, reines, ebenmäßiges Hautbild wünschen“,

3. „Wir … liften … ohne Spritze“,

4. „Rollen Sie die Zeit zurück“,

5. „Anti-Aging ohne Spritze mit der meso Therapy, dem Doppel-Lifting“,

6. „Endlich ist effizientes Lifting möglich. Ohne Botoxim-Gift, ohne Nadel und Skalpell: schnell, sicher und schmerzfrei – mit der meso Beauty Therapy“,

7. „Wer die Spritze nicht mag, findet nun bei Beauty Lift die angenehme Alternative“,

8. „Problemzonen liften“,

9. „Schnell und sofort biodynamisch geliftet …“,

10. „Im Gesicht: meso Lift statt Botoxime-Gift“,

11. „gilt als absolut schmerzfreie Alternative zur Chirurgie oder Unterspritzung“,

sofern dies jeweils geschieht wie in Anlagenkonvolut K2 wiedergegeben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 33.000,00 Euro und hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbeaussagen.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zum Schutz des lauteren Wettbewerbs. Die Beklagte vertreibt kosmetische Produkte und Therapien, u. a. die sog. „Mesotherapie“, die der Vorbeugung frühzeitiger Hautalterung, der Bekämpfung von Falten und Cellulite, dem Aufbau stark UV-Licht-geschädigter Haut und der Reduzierung dunkler Flecken im Gesicht dienen soll. Hierbei werden nach einer Vorbehandlung der betroffenen Hautpartien (Massage, Peeling) mittels eines computergesteuerten Kugelkopfes (sog. Con-In-Rollon) im Wege der Elektroporation die Muskeln mit elektrischen Impulsen stimuliert und gleichzeitig Biomoleküle wie Lipide, Elastin und Hyaluronsäure auf die Haut aufgebracht. Die Wirkstoffe sollen dabei bis in die mittleren Hautschichten gelangen. Die Beklagte warb hierfür im Internet unter dem Domains … und … wie aus den Screenshots vom 15.05.2008 in Anlage K2 (Bl. 10 ff. d. A.) ersichtlich.

Der Kläger hat die Beklagte wegen ihrer Werbeaussagen unter dem 11.05.2008 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert (Bl. 42 ff. d. A.). Dem ist die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 28.05.2008 entgegen getreten, gab jedoch am 02.06.2008 eine teilweise Unterlassungserklärung (Bl. 55 ff. d. A.) ab.

 

Die Beklagte hat prozessual die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei prozessführungsbefugt, weil ihm eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehörten, die Waren bzw. gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art wie diejenigen der Beklagten auf demselben Markt vertrieben. Er behauptet, ihm gehörten die aus der Anlage K 13 (Bl. 125 ff. d. A.) ersichtlichen Mitglieder an. Er sei personell, sachlich und finanziell genügend ausgestattet, um seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.

Er ist der Ansicht, die Wirkungsaussagen in der Werbung der Beklagten seien weit übertrieben und verstießen daher gegen die §§ 3 Nr. 1 HWG, 27 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 LFGB i. V. m. § 4 Nr. 11 UWG und §§ 3, 5 UWG. Die Beklagte vergleiche ihre kosmetische Behandlung mit einem operativen Lifting bzw. mit einer fachärztlichen Behandlung zur Faltenunterspritzung mit Botulinumtoxin (Botox) bzw. Hyaluronsäure und suggeriere dem Publikum vergleichbare Ergebnisse. Der Kläger behauptet, die der Behandlungsmethode beigemessenen Wirkungen kämen ihr nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zu bzw. seien wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Namentlich sei die Elektroporation, bei der durch sog. Ionenkanäle Stoffe wie Calcium, Kalium, Natrium oder Chlorid in die Zellhülle geschleust würden, kein anerkanntes Verfahren in der kosmetischen Medizin. Insbesondere lägen keine Erkenntnisse vor, dass durch die Ionenkanäle neben Wasser und Salzen auch die von der Beklagten benannten Biomoleküle wie Lipide, Elastin und Hyaluronsäure transportiert werden könnten. Auch fehle es an einem Nachweis, dass die Ionenkanäle durch Elektrostimulation geöffnet werden könnten. Kosmetische Pflegeprodukte wirkten nur auf die oberste Schicht der Oberhaut, die Hornschicht, die praktisch keinen Stoffwechsel mehr aufweise, und könnten nur in einem verschwindenden Maße in die beiden darunter liegenden Hautschichten (Lederhaut, Fettschicht) gelangen. Daher könnten Kosmetika auch keine nachhaltige Wirkung gegen Falten erzielen oder eine Glättung bewirken. Er ist der Ansicht, bereits die Verwendung der Bezeichnung „Lifting“ im Zusammenhang mit der kosmetischen Behandlungsmethode der Klägerin sei irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise unter „Lifting“ die operative (Gesichts-) Hautstraffung verstünden. Auch könne die Behandlung nicht zu einem „tadellosen“ Aussehen führen oder die natürliche Alterung der Haut rückgängig machen, mithin die Zeit „zurückrollen“. Ferner fehle der wissenschaftliche Nachweis dafür, dass schwache (Gesichts-) Muskeln mit elektrischen Impulsen trainiert werden könnten, dass sie neue Faser bildeten, stärker würden und Fältchen und Falten heben könnten. Der Kläger ist der Ansicht, die Werbung sei daher irreführend und auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Sie sei deshalb von der Beklagten zu unterlassen.

Der Kläger beantragt,

– wie erkannt –.

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klagebefugnis des Klägers sei nicht gegeben. Ihm stünden auch dem Grunde nach nicht die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche bereits verjährt.

Sie behauptet, die Wirkungsaussagen in ihrer Werbung seien zutreffend. Durch die Mesotherapie werde die Haut glatter, straffer und fester. Die Wirkungsdauer betrage mehrere Wochen. Es würden bei den angesprochenen Verkehrskreisen keine Erwartungen dahingehend hervorgerufen, dass vorhandene Falten in beträchtlichen Umfang restlos und dauerhaft beseitigt würden, was auch beim operativen Lifting bzw. der Faltenunterspritzung nicht gelänge. Bereits durch die Massage würden etwa durch Fehlmimik (z. B. Zusammenkneifen der Augen) verhärtete Muskeln entspannt, wodurch das Gesicht jünger wirke. Diesen Effekt habe auch das vorherige Peeling zum Abtragen von Vorhornungen. Anschließend würden schwache Muskeln mit elektrischen Impulsen so lange trainiert, dass sie neue Faser bildeten, stärker würden und Fältchen wie Falten heben würden. Durch die Elektrostimulation würden außerdem über die transepidermale Passagen die kosmetischen Wirkstoffe (Calcium, Kalium, Natrium, Lipide, Elastin, Hyaluronsäure) in die Tiefe der Haut geschleust. Die Ionisierung der Moleküle finde auf der Hautoberfläche statt. Sie ist der Ansicht, sie sei nicht zu den vom Kläger geforderten Wirksamkeitsnachweisen verpflichtet. Sie suggeriere nicht, dass die von ihr beworbene nichtinvasive kosmetische mesotherapeutische Behandlungsmethode vergleichbare Ergebnisse wie etwa ein operatives Lifting oder eine fachärztliche Behandlung zur Faltenunterspritzung mit Botox oder Hyaluronsäure erzielen könne. Sie behauptet, dies werde vom Verkehr auch nicht so erwartet. Die Beklagte behauptet, der Begriff Lifting werde vom Publikum nicht nur im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen verstanden. „Lifting“ bedeute nur heben und werde im Bereich der Kosmetik lediglich im Sinne von Heben der Haut, damit sie straffer aussehe, verstanden, was auf unterschiedliche Weise erfolgen könne. In diesem Zusammenhang unterscheide der Verbraucher aufgrund der langjährigen und breit gefächerten Werbung zwischen kosmetischen und chirurgischen Lifting. In diesem Zusammenhang sei etwa auch die Rede von „Lifting-Creme“ oder „Biolifting“.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Die Vorschrift regelt neben der materiellen Anspruchsberechtigung auch die prozessuale Klagebefugnis (Bergmann in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 261; BGH, NJW 1996, 3276 „Preisrätselgewinnauslobung III“, juris-Rn. 19).

Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, der insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen (so für den Kläger u. a. BGH, GRUR 2009, 179 „Konsumentenbefragung II“; BGH, GRUR 2004, 793 „Sportlernahrung II“, 794; BGH, NJW 1996, 3276 „Preisrätselgewinnauslobung III“). Für die ausreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers zur Verfolgung seiner satzungsmäßigen Zwecke spricht eine tatsächliche Vermutung (vgl. BGH WRP 1997, 439 „Geburtstagswerbung II“). Der Kläger ist seit mindestens 15 Jahren damit befasst, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen. Auch vor der Kammer hat er zahlreiche Verfahren anhängig gemacht. Es hat niemals Hinweise darauf gegeben, dass die Ausstattung des Klägers unzureichend sei. Der Kläger ist zudem im Jahre 2002 in die Unterlassungsklageverordnung aufgenommen worden. In einem solchen Fall kommt dem Kläger eine tatsächliche Vermutung zugute, dass seine Ausstattung den Anforderungen genügt, die die Beklagte nicht widerlegt hat.

Vorliegend wird auch die im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG geforderte erhebliche Zahl von Unternehmen erreicht, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Sie ist geeignet, eine repräsentative Vertretung von Mitbewerbern der Beklagten im klagenden Verband zu gewährleisten und einem missbräuchlichen Vorgehen des Klägers vorzubeugen.

Bei der Ermittlung der Zahl von Gewerbetreibenden, die der Beklagten auf demselben Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können (vgl. BGH GRUR 1997, 145, 146 „Preisrätselgewinnauslobung IV“; BGH GRUR 1998, 489, 491 „unbestimmter Unterlassungsantrag“), ist in räumlicher Hinsicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. In sachlicher Hinsicht wird der einschlägige Markt durch den Begriff der „Waren oder gewerblichen Leistungen gleicher oder verwandter Art“ gekennzeichnet. Dieser Begriff ist weit auszulegen (vgl. BGH GRUR 2006, 778 „Vermittelte Mitgliedschaft in einem Wettbewerbsverband“). Die beiderseitigen Waren (Leistungen) müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz der Waren des einen Mitbewerbers durch (irgendein) wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Vorausgesetzt wird das Vorliegen eines abstrakten Wettbewerbsverhältnisses. Für dieses genügt es, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen – sei es auch nur geringen – Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann (vgl. BGH GRUR 1997, 145 „Preisrätselgewinnauslobung IV“; BGH GRUR 1998, 489, 491 „unbestimmter Unterlassungsantrag“).

Es bestehen keine Bedenken, bei der Prüfung der Prozessführungsbefugnis des Klägers die Mitgliederliste, deren Richtigkeit von der Geschäftsführerin des Klägers an Eides Statt versichert worden ist, im Wege des Freibeweises zugrunde zu legen (vgl. BGH, WRP 1998, 177 „Fachliche Empfehlung III“, juris-Rn. 39). Das Vorbringen der Beklagten reicht nicht aus, die Richtigkeit der Liste in Zweifel zu ziehen. Insbesondere wurde an Eides Statt versichert, dass es sich um die „aktuelle“ Mitgliederliste handelt.

Aus der Mitgliederliste des Klägers sind vorliegend namentlich die dort aufgeführten 20 Hersteller und Vertreiber von Kosmetika, 15 Hersteller und Vertreiber von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln, zwei Kurkliniken, die auf kosmetische Behandlungen spezialisiert sind, 32 Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln, Naturkosmetik und Ökoprodukten und 2 Unternehmen der plastischen und kosmetischen Chirurgie zu nennen. In diesem Zusammenhang hat sich die Beklagte selbst darauf gestützt, dass klägerische Mitglieder, nämlich u. a. die …, ebenfalls Lifting-Produkte vertreiben.

Die vorgenannten Mitglieder des Klägers könnte der Absatz der von der Beklagten vertriebenen Behandlung beeinträchtigen. Denn die Verbraucher treffen die Auswahlentscheidung für ein Mittel bzw. eine Behandlungsmethode danach, ob das Angebot die Behebung bestimmter Beeinträchtigungen und die Herbeiführung eines gewünschten Körperzustands verspricht.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob die Mitglieder des Klägers ihre Produkte bzw. Dienstleistungen ausschließlich in Kosmetikinstituten anbieten bzw. vertreiben. Es reicht aus, dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht ganz unbedeutende Beeinträchtigung durch die Wettbewerbsmaßnahme mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben. Es ist auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist. Nicht erforderlich ist, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren und Dienstleistungen mit dem Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht. Auch müssen die Beteiligten nicht ein und denselben Kundenkreis oder dasselbe Sortiment haben. Ein Wettbewerbsverhältnis kann auch zwischen dem Vertrieb von Waren (z. B. Arzneimitteln) und von Dienstleistungen (z. B. Heilbehandlung in Sanatorien) bestehen (vgl. Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 8 UWG, Rn. 3.35, 3.38). Vorliegend ist mithin darauf abzustellen, ob der potentielle Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen zur Behandlung von Falten, Cellulite u. ä. anbietet. Dies ist bei Herstellern und Vertreibern von Kosmetika bzw. Naturkosmetik, Kurkliniken, die auf kosmetische Behandlungen spezialisiert sind, sowie Unternehmen der plastischen und kosmetischen Chirurgie der Fall.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Zulässigkeit des Klagebegehrens auch nicht unter dem Gesichtspunkt der missbräuchlichen Rechtsausübung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG in Zweifel gezogen werden. Wenn wie im Streitfall Interessen der Allgemeinheit berührt werden, ist es einem klagebefugten Wettbewerbsverein grundsätzlich nicht verwehrt, (zunächst) nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber nicht; die Entscheidung steht in seinem freien Ermessen wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will, zumal es dem Verletzer offen steht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen vorzugehen (vgl. BGH, GRUR 1997, 537 „Lifting Creme“, juris-Rn. 18).

Der Kläger kann gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 LFGB i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11, 5 Abs. 1, 8 UWG von der Beklagten auch Unterlassung der im Tenor näher bezeichneten Werbeaussagen verlangen.

Die Behandlungsmethode der Beklagten ist als kosmetisches Mittel im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen. Nach § 2 Abs. 5 S. 1 LFGB sind kosmetische Mittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen. Nicht umfasst sind jedoch Geräte (z. B. Massagegeräte) und andere Gegenstände (wie Schwämme, Zahnbürsten, Bürsten), auch wenn sie eine kosmetische Zweckbestimmung haben; bei denen es sich vielmehr um Bedarfsgegenstände i. S. v. § 3 Abs. 6 Nr. 3, Nr. 4 LFGB handelt, die dem Werbeverbot der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. HWG unterliegen (vgl. Meyer/Streinz, LFGB, BasisV, 1. Aufl., § 2 LFGB Rn. 95, 133, 135, 156).

Die von der Beklagten angepriesene Behandlung enthält mehrere Elemente, wobei die versprochene Wirkung gerade durch eine Kombination der verschiedenen Elemente erreicht werden soll. Sie besteht aus einer – manuellen – Vorbehandlung (Hautreinigung und Massage), einem speziellen Serum (bestehend u. a. aus Calcium, Kalium, Natrium, Lipide, Elastin und Hyaluronsäure) und schließlich dem Elektroporationsverfahren, das einerseits Muskeln stimulieren und andererseits die Wirkstoffe tiefer in die Haut einbringen soll. Schwerpunkt bei der Mesotherapie und der darauf gerichteten Werbung sind zwar nicht die kosmetischen Wirkstoffe also solches, sondern deren Applikation mit dem computergesteuerten Kugelkopf, mit dem das Verfahren der Elektroporation (Muskelstimulation und Einschleusen der Wirkstoffe) bewirkt werden soll. Diese Behandlung ist indessen im weiteren und hier ausreichenden Sinne jedenfalls dem Bereich der Kosmetik zuzurechnen, weil sie kosmetische Wirkungen hat, insbesondere zu einer Straffung und Glättung der Haut, und zu einer verbesserten Durchblutung und einer dadurch bewirkten frischeren Aussehen führen soll (vgl. OLG Köln, Urt. vom 17.07.2002, Az.: 6 U 23/02 „Anti-Cellulite-Massage-Hose“, Juris-Rn. 3, 5 – das jedoch gleichzeitig wegen der angeblich entwässernden Wirkung von einer Gesundheitsbezogenheit ausgeht und das HWG für einschlägig erachtet). Es würde auch Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen, wenn die Wirkungsaussagen für das verwendete Serum einerseits und die gesamte Behandlung einschließlich der Applikation des Serums andererseits an unterschiedlichen Maßstäben zu messen wären.

Die Werbung der Beklagten ist auch als irreführend im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 LFGB anzusehen. Danach ist eine Irreführung gegeben, wenn dem Mittel eine Wirkung beigelegt wird, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind oder fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Der Inhalt einer Wirkungsaussage wird dabei nach dem Maßstab des situationsadäquat aufmerksamen und umsichtigen Durchschnittsverbrauchers ermittelt.

Im Einzelnen:

Antrag I 1:

„Nadellos liften, tadellos jünger aussehen“

Die Verwendung des Begriffs „nadellos liften“ durch die Beklagte ist irreführend, weil diese Formulierung bei weiten Kreisen der Öffentlichkeit Assoziationen an das operative Liften weckt, also an durch chirurgische Eingriffe erzielte Hautstraffungen und Faltenbeseitigungen. Dies gilt auch bei Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten auf der Grundlage des vorgelegten Privatgutachtens des Dr. … vom 27.10.1995 (Anlage B 2), dass der Verbraucher angesichts der Vielzahl auf dem Markt angebotenen Lifting-Produkte heutzutage zwischen kosmetischem und chirurgischem Lifting unterscheide. Jedenfalls durch den Zusatz „nadellos“ wird eine klare gedankliche Verknüpfung mit Schönheitsoperationen bewirkt. Gleichzeitig wird auch eine Verbindung zur Faltenunterspritzung mit Botox (Injektionsnadel) hergestellt.

Auch wenn möglicherweise der Verkehr von einer derartigen kosmetischen Lifting-Behandlung nicht von den gleichen Ergebnissen wie nach einem chirurgischen Eingriff bzw. einer Faltenunterspritzung ausgeht, erwartet er zumindest aufgrund des Zusatzes „nadellos“ doch eine gewisse Annäherung an die durch ein operatives Lifting bzw. eine Faltenunterspritzung erzielten Resultate, d. h. hautglättende und hautstraffende Wirkungen durch deutliche Verminderung der Faltentiefe, und zwar mit einer gewissen Dauerhaftigkeit. Selbst Verbraucher, denen bekannt ist, dass herkömmliche Kosmetikprodukte keine erheblichen dauerhafte Effekte erzielen können, durchschauen damit noch nicht notwendig, dass dies auch bei der von der Beklagten angepriesenen Therapie der Fall ist. Denn der Verbraucher verfügt nicht über das erforderliche Wissen, um sicher abschätzen zu können, ob der Fortschritt der Forschung und Technik nicht doch ein Mittel bzw. eine Behandlungsmethode hervorbringen kann, die eine effektive dauerhafte Glättung und Straffung der Haut, vergleichbar einem operativen Eingriff bzw. einer Faltenunterspritzung, zu erreichen geeignet sind (vgl. BGH, GRUR 1997, 537 „Lifting-Creme“, juris-Rn. 20, 23 f.; LG Hamburg, Urt. vom 10.06.2003, Az.: 312 O 209/03 „Lifting Tagescreme“). Dies gilt vorliegend umso mehr, als hier durch die Anpreisung einer neuartigen Technik, der Elektroporation, die Hoffnung geweckt wird, nunmehr sei ein solcher Durchbruch erzielt worden. Durch die Formulierung „tadellos jünger“ wird dabei assoziiert, dass eine deutliche Verminderung von Falten erreicht werden kann.

Dass jedoch mittels der Mesotherapie Ergebnisse erzielt werden, die hinsichtlich Qualität und Dauer annähernd an die eines operativen Liftings oder einer Faltenunterspritzung herankommen, kann nicht als wissenschaftlich gesichert angesehen werden.

Soweit die Beklagte die Wirksamkeit ihrer Therapie als objektiv richtig und zugleich als wissenschaftlich gesichert dargestellt hat, trifft sie die Verantwortung für die Richtigkeit der umstrittenen Wirkweise, die sie dann auch beweisen muss. Der Verkehr soll nämlich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes vor unzutreffenden Wirkungsbehauptungen ebenso geschützt werden wie vor den Behauptungen von wissenschaftlich nicht hinreichend gesicherten Wirkweisen. Deshalb muss die Beklagte bei solchen Werbeaussagen in Bezug auf ihr kosmetisches Mittel insbesondere auch beweisen, dass die beworbenen Wirkungen als fachlich unumstritten angesehen werden können, also gesicherter Kenntnisstand der Wissenschaft sind (vgl. OLG Köln, Urt. vom 16.01.2007, Az.: 4 U 100/06 „Coffein-Shampoo“, juris-Rn. 28 m. w. N.; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 295; Meyer/Streinz, a. a. O., § 27 LFGB, Rn. 38, 41).

Der Tatsache, dass die beworbene Wirkweise bislang noch nicht gesicherter Kenntnisstand der Wissenschaft ist, kann die Beklagte dabei auch nicht dadurch begegnen, dass sie Sachverständigenbeweis oder richterliche Augenscheinsnahme dafür antritt, dass ihre Wirkungsaussage zutreffend ist. Für die entscheidende Frage, ob die Werbeaussage bislang nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert ist und allein deshalb die angesprochenen Verbraucher täuscht, kommt es weder darauf an, ob etwaig durchgeführte Untersuchungen fachgerecht erfolgten, noch darauf, ob ihre Ergebnisse richtig sind oder nicht. Der Irreführungstatbestand bezieht sich nämlich darauf, dass die Aussage nicht wissenschaftlich hinreichend gesichert ist, und nicht darauf, dass sie nicht zutrifft. Entscheidend ist vielmehr, ob etwaige neue Erkenntnisse immer noch nicht gesicherter Stand der Wissenschaft sind und allein deshalb nicht zur Grundlage einer uneingeschränkten Werbung mit den entsprechenden Aussagen gemacht werden dürfen. Hier muss eine völlig neue Wirksamkeitsbehauptung die gegen sie sprechenden Zweifel ausräumen und erst zum Stand der Wissenschaft werden. Dazu genügen im Bereich der Wissenschaft solche neuen Untersuchungsergebnisse auch dann nicht, wenn sie lege artis durchgeführt worden und als solche nicht zu beanstanden sein sollten (OLG Köln, Urt. vom 16.01.2007, Az.: 4 U 100/06, juris-Rn. 231 „Coffein-Shampoo“).

Der Vortrag der Beklagten zur wissenschaftlichen Absicherung ihrer Werbeangabe ist nicht ausreichend. In der Werbung selbst bezieht sich die Beklagte lediglich auf eine einzelne in-vitro-Studie, die zum wissenschaftlichen Nachweis nicht geeignet ist. Entsprechendes gilt für die Werbeaussagen und Einzelmeinungen der im Anlagenkonvolut B 9 aufgeführten Ärzte, die überwiegend selbst die Mesotherapie bzw. Mesoporation anbieten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in Anlage B 6 vorgelegten Beitrag „Eine neue transdermale Zuführung von Kosmetika (TMT systemâ) Elektroporation bei sonnengeschädigter Haut, Dehnungsstreifen und Cellulite“ vom Juni 2006. Dort heißt es vielmehr auf Seite 4:

„Statistisch zeigen die Ergebnisse eine Verbesserung bei Falten gemäß Glogau-Klassifikation, auch wenn diese nicht signifikant ist.“ (Hervorhebung durch die Kammer)

Auch das in Anlage B 27 vorgelegte Privatgutachten des Prof. … vom 10.12.2008 ist nicht geeignet, da eine konkrete Untersuchung der streitgegenständlichen Therapie nicht erfolgt ist und es im Übrigen auch erst nach dem beanstandeten Werbeauftritt erstellt wurde. Schließlich genügt auch die in Anlage B 29 vorgelegte Studie von Prof. Dr. med. … vom 15.01.2009 nicht zum Nachweis einer als herrschend anzusehenden, gefestigten Auffassung der Fachwelt, da sie nur an drei Probandinnen und wiederum erst nach der Bewerbung der Behandlung der Beklagten durchgeführt wurde.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird ihr nicht generell die Werbung mit den Begriffen „Lifting“ bzw. „Liften“ untersagt, sondern nur soweit durch eine Anpreisung ein mit einem chirurgischen Eingriff bzw. einer Faltenunterspritzung vergleichbarer Erfolg bezogen auf Qualität und Dauer in Aussicht gestellt wird. Daher liegt hier keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten bzw. kein Eingriff in ihre verfassungsmäßigen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Rechte vor, zumal sich ihre Werbung ohnehin nur auf den deutschen Sprachraum bezieht.

Antrag I 2:

„Selbst tiefe Mimikfalten wie etwa Zornesfalten auf der Stirn können jetzt myotonologisch behandelt und geglättet werden. Ideal für Frauen, die das Skalpell fürchten und Spritzen nicht mögen. Perfekt für alle, die sich ein straffes, reines, ebenmäßiges Hautbild wünschen.“

Hier gilt das zu Antrag I 1. Gesagte. Durch die Worte „Skalpell“ und „Spritzen“ wird eine gedankliche Verbindung zum operativen Liften und zur Faltenbehandlung mit Botox bzw. Hyaluronsäure hergestellt. Dass hier wissenschaftlich erwiesen ist, dass ein „straffes, reines, ebenmäßiges Hautbild“ vergleichbar wie nach einem chirurgischen Eingriff bzw. einer Faltenunterspritzung, und zwar bezogen auf Qualität und Dauerhaftigkeit erreicht werden kann, ist von der Beklagten nicht dargetan.

Antrag I 3:

„Wir … liften … ohne Spritze.“

 

Auch hier kann auf das zu Antrag I 1. Ausgeführte verwiesen werden.

Antrag I 4:

„Rollen Sie die Zeit zurück.“

Die Werbeaussage ist im Kontext irreführend, da auch der informierte Leser durch diese Formulierung davon ausgeht, dass der Alterungsprozess, namentlich die Faltenbildung und der Verlust von Elastizität der Haut rückgängig gemacht wird, und zwar längerfristig. Diese Wirkung ist jedoch wissenschaftlich nicht erwiesen.

Antrag I 5:

„Anti-Aging ohne Spritze mit der meso/Therapy, dem Doppel-Lifting“

Hier gilt wiederum das zu Antrag I 1. Gesagte. Durch die Formulierung „Doppel-Lifting“ wird sogar der „doppelte“ Effekt versprochen.

 

Antrag I 6:

 

„Endlich ist effizientes Lifting möglich. Ohne Botoxim-Gift, ohne Nadel und Skalpell: schnell, sicher und schmerzfrei – mit der meso/Beauty Therapy“

Hier kann wiederum auf das zu Antrag I 1. Ausgeführte verwiesen werden.

 

Antrag I 7:

„Wer die Spritze nicht mag, findet nun bei/Beauty Lift die angenehme Alternative“

 

Auch hier gilt das zu Antrag I 1. Gesagte.

Antrag I 8:

„Problemzonen liften“

Die Werbeaussage ist im Kontext irreführend. Insoweit ist auf das zu Antrag I 1. Ausgeführte zu verweisen.

Antrag I 9:

„Schnell und sofort biodynamisch geliftet …“

Hier gilt das zu Antrag I 8 Gesagte. Es wird zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „biodynamisch geliftet“ wird, aber die weiteren Werbeanpreisungen führen zur Irreführung, was den Erfolg der Behandlung angeht.

Antrag I 10:

„Im Gesicht: meso/Lift statt Botoxime-Gift“

Hier kann wiederum auf das zu Antrag I 1. Ausgeführte verwiesen werden.

Antrag I 11:

„gilt als absolut schmerzfreie Alternative zur Chirurgie oder Unterspritzung“

Auch hier gilt das zu Antrag I 1. Gesagte.

Die Unterlassungsansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 11 Abs. 1 UWG sechs Monate. Gemäß § 11 Abs. 2 UWG beginnt dabei die Verjährungsfrist, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von dem Anspruch Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen könnte. Beim Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG entsteht der Anspruch mit der Zuwiderhandlung. Dabei kann die Verjährung bei Unterlassungsansprüchen aufgrund einer Dauerhandlung nicht beginnen, solange der Eingriff noch fortdauert (vgl. Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 11 UWG Rn. 1.19, 1.21 m. w. N.). Dies ist bei Veröffentlichungen im Internet wie vorliegend gegeben. Jedenfalls am 15.05.2008 hat die Beklagte noch irreführend geworben.

Nachdem sich die Beklagte weigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, ist auch die für das Unterlassungsbegehren erforderliche Wiederholungsgefahr zu bejahen.

Die Entscheidung über die Androhung des Ordnungsmittels erfolgte gemäß § 890 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.02.2009 gebietet nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO), weil es sich einerseits um bloße Rechtsausführungen handelt und es andererseits auf die – nunmehr von der Beklagten bestrittenen – Behauptung des Klägers, nunmehr auch eigene Mitglieder wegen vergleichbarer Werbeaussagen abgemahnt zu haben, für die Entscheidung nicht ankam.