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Der BGH hat entschieden, dass der Verkauf von Zeitungen über die, insbesondere aus amerikanischen Filmen bekannten sog. Stummen Verkäufern grundsätzlich zulässig ist.


Mehrere Berliner Zeitungsverlage,  die die „Berliner Zeitung“, den „Berliner Kurier“ und den „Tagesspiegel“ herausgeben, haben mit ihren Klagen versucht, die Axel Springer AG , die plante, die Zeitung „WELT KOMPAKT“ zu einem Kaufpreis von 70 Cent auch über ungesicherte Verkaufshilfen, sogenannte „Stumme Verkäufer“, abzusetzen, daran zu hindern.

Die Kläger hatten die Ansicht vertreten, diese Vertriebsart sei wettbewerbswidrig, weil sie in erheblichem Umfang auf eine Gratisabgabe hinauslaufe und die Verbraucher durch die Möglichkeit, sich die Zeitung ohne Bezahlung zu verschaffen, übermäßig angelockt würden. Auch führe die von der Beklagten geplante Praxis zu einer allgemeinen Marktbehinderung.

Das Landgericht hat den deswegen von den Klägern erhobenen Unterlassungsklagen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klagen geführt (KG GRURRR 2008, 171).

Der Bundesgerichtshof hat die Klageabweisung bestätigt. Ein Unterlassungsan-spruch wegen übertriebenen Anlockens bestehe jedenfalls deshalb nicht, weil es an einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf die Personen fehle, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten dazu verleiten lassen, die in deren Verkaufsautomaten angebotenen Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Außerdem verdiene die Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern keinen Schutz, die sich durch die ungesicherten Verkaufsboxen zu einem Diebstahl verleiten ließen.

Das beanstandete Verhalten des Springer-Verlages stelle auch keine wettbewerbswidrige Marktstörung dar. Unter diesem Gesichtspunkt könne einem Anbieter zwar untersagt werden, seine Waren in großem Umfang zu verschenken, wenn dadurch andere Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden und deswegen die ernstliche Gefahr bestehe, dass der Wettbewerb auf dem fraglichen Markt erheblich eingeschränkt werde. Der Vertrieb über stumme Verkäufer begründe aber eine solche ernste Gefahr für den Wettbewerb nicht. Dies hatte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 (BGH GRUR 1996, 778 – Stumme Verkäufer) noch anders beurteilt.

Im Streitfall kam hinzu, dass sich der Springer-Verlag gegenüber den Klägern verpflichtet hatte, auf den Verkaufsboxen deutlich darauf hinzuweisen, dass eine Zeitung nur gegen Bezahlung des Kaufpreises entnommen werden dürfe, Diebstahl verfolgt werde und Kontrolleure im Einsatz seien.

Urteile vom 29. Oktober 2009 – I ZR 180/07 und I ZR 188/07

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs