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Keine Titelschutz für historische Begebenheiten – Curveball

Auch Werktitel genießen Schutz über das MarkenG als geschäftliche Bezeichnungen  Dritten ist es nach § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen § 15 Abs. 2 MarkenG benutzt, kann vom Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr nach § 15 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Nicht aber dann, wenn der Titel selber keinen Schutz genießt, da er lediglich historische Begebenheiten nennt.

Dies hat aktuell das Kammergerich bestätigt.

Leitsätze der Entscheidung (KJ Verfasser)

  1. Das Markenrecht darf nicht die Hand dazu reichen, unter Annahme einer Ähnlichkeit von Werken bzw. ihrer Kategorie die Historie der Gefahr einer Monopolisierung durch den sie zuerst Aufzeichnenden auszusetzen.
  2. Sobald für ein bestimmtes historisches Ereignis ein bestimmtes Schlagwort geprägt worden ist, steht dieses Schlagwort für dieses historische Ereignis. Mit der Verbindung dieses Schlagwortes mit dem historischen Ereignis wird es Teil desselben und bezeichnet dieses. Es erhält somit einen rein beschreibenden Charakter.
  3. Historische Begebenheiten einschließlich der für sie – von wem auch immer – geprägten und damit selbst in die Geschichtswissenschaft eingegangenen Schlagworte können grundsätzlich nicht unter dem Gesichtspunkt des Titelschutzes nach dem Markengesetz monopolisiert werden. Es fehlt regelmäßig an einer Verwechslungsgefahr sich gegenüberstehender, Geschichte wiedergebender Werke.

 

Kammergericht, Beschluss vom 25.3.2022 5 U 1032/29

(…)

Tenor

I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 02. April 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 16 O 118/20 – wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

II. Das genannte Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

III. Der Berufungswert wird auf 36.666,- Euro festgesetzt.

IV. Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 23. April 2020 auf 36.666,- Euro festgesetzt.
Gründe

 

Die Antragstellerin macht sowohl eigene als auch fremde Schutzrechte an dem Buchtitel „Curveball“ geltend. Die Antragsgegnerin ist eine Filmproduzentin, die einen Film, der auch den Begriff „Curveball“ im Titel enthält, produziert und veröffentlicht hat.

Die Antragstellerin beruft sich für die ihr zustehenden Titelschutzrechte auf ein Buch des Autors Bob Drogin, wobei sie behauptet, alleiniger Titel dieses Werkes sei „Curveball“. Der Autor Bob Drogin habe der … mit Vertrag vom 15.12.2011 (Anlage AST 7) eine Option für den Erwerb der exklusiven Rechte einschließlich der Rechte an dem Titel „Curveball“ eingeräumt. Die Rechte aus dieser Option habe die … mit Vertrag vom 30.04.2015 (Anlage AST 6) auf die Antragstellerin übertragen. Am 05.06.2019 sei die Option ausgeübt worden und der Kaufpreis gezahlt worden (Anlage AST 8). Darüber hinaus habe der Inhaber der Titelschutzrechte ihr auch das Recht übertragen, dessen Rechte geltend zu machen und gerichtlich durchzusetzen.

Die Antragsgegnerin hatte geplant, ihren Film u.a. mit dem Titel „Curveball“ bzw. mit einem Titel, in dem der Begriff „Curveball“ enthalten ist, auf der Berlinale 2020 erstmals zu zeigen. Mit Schreiben vom 06.02.2020 (AST 14) mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen der geplanten Veröffentlichung dieses Films ab. Die Antragsgegnerin wies die erhobenen Vorwürfe mit anwaltlichem Schreiben vom 14.02.2020 (AST 15) zurück.
Mit Schriftsatz vom 03.03.2020, beim Landgericht Berlin am selben Tag eingegangen, beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Antrag, es der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu untersagen, einen Film unter Verwendung des Titels „Curveball“ anzukündigen, zu bewerben, vorzuführen, zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen oder ankündigen, bewerben vorführen, vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.
Das Landgericht hat den Antrag nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 02.04.2020 zurückgewiesen. Dabei hat es eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG verneint.
Das Urteil ist den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 20.05.2020 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 18.06.2020, beim Kammergericht eingegangen am gleichen Tag, hat die Antragstellerin Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt. Mit Schriftsatz vom 20.07.2020, am selben Tag beim Kammergericht eingegangen, hat die Antragstellerin ihre Berufung begründet.
Die Antragstellerin rügt im Wesentlichen:
Randnummer8
Der Titel „Curveball“ gehöre zu einem in Deutschland existierenden Werk und habe seit der Veröffentlichung des Werkes ein Titelvorrecht. Es werde seit Oktober 2007 bis heute auf dem deutschen Markt zum Verkauf angeboten. Der Titel besitze ferner eine hohe Kennzeichnungskraft. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den Titeln und den zu ähnlichen Werkgattungen gehörenden Titeln bestehe eine Verwechslungsgefahr zwischen den streitigen Titeln. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Titel das Einzelwort „Curveball“ sei und dass der Titel keine Zusätze oder Untertitel enthalte. Dieser Titel als Originaltitel eines Romans habe einen hohen Grad an Unterscheidungskraft. Der Autor Bob Drogin sei maßgeblich an der Prägung des Begriffs im Zusammenhang mit der im Buch beschriebenen Geschichte beteiligt. Der Titel habe ferner keinen beschreibenden Inhalt und sei von der Antragsgegnerin für eine ähnliche Art von Arbeit (Buch und Film) verwendet worden. Im Übrigen liege auch eine Urheberrechtsverletzung vor. Die Antragsgegnerin gebe selbst zu, dass sie ihren Film auf einen abgeleiteten Artikel der Los Angeles Times in deutscher Sprache im Politikmagazin „Der Spiegel“ mit dem Titel „Wie der deutsche Geheimdienst die US Invasion im Irak rechtfertigte“ gestützt habe, der von dem selben Autor John Goetz verfasst wurde, der zusammen mit Bob Drogin den Artikel der Los Angeles Times über die „Curveball“-Saga geschrieben habe, und der der Antragstellerin zusammen mit Bob Drogin die exklusiven Filmrechte gewährt habe. Die Antragsgegnerin habe also wissentlich einen Film auf der Grundlage desselben Artikels der Los Angeles Times desselben Autors John Goetz und desselben Filmtitels „Curveball“ wie die Antragstellerin gedreht, ohne die Rechte gekauft zu haben oder irgendwelche exklusiven Filmrechte oder Lizenzvereinbarung mit der Los Angeles Times, John Goetz oder Bob Drogin abschließen zu lassen, von denen die Antragstellerin alle exklusiven Filmrechte gekauft habe.
Die Antragstellerin kündigt an, zu beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 2. April 2020 (Geschäftszeichen 16 O 118/20) wird es der Antragsgegnerin und Berufungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt,
einen Film unter Verwendung des Titels „Curveball“ anzukündigen, zu bewerben, vorzuführen, zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen, oder ankündigen, bewerben, vorführen, vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.
Die Antragsgegnerin kündigt an, zu beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin tritt dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Im Hinblick auf die mit der Berufungsbegründung neu eingereichten Angriffsmittel rügt die Antragsgegnerin Präklusion. Ein Zulassungsgrund gemäß § 531 Abs. 2 ZPO sei nicht gegeben. Die nunmehr von der Antragstellerin auf ca. 200 Seiten eingereichten Glaubhaftmachungsmittel hätten ihr sämtlichst bereits vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz zur Verfügung gestanden und hätten unschwer vorgetragen werden können. Davon abgesehen seien die Glaubhaftmachungsmittel in weiten Teilen für das Verfahren ohne Belang und führten auch nicht zu einer Begründung des von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruchs.
B.
I.
Die Berufung ist gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, mit einer Begründung versehen und auch im Übrigen zulässig.
II.
Der Senat hat die Berufungsbegründung der Antragstellerin zur Kenntnis genommen und die gegen die landgerichtliche Entscheidung angeführten Argumente beraten. Im Ergebnis dieser Beratung beabsichtigt der Senat, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil diese – wie er einstimmig meint – offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache zugleich keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist. Vor der beabsichtigten Zurückweisung gewährt der Senat hiermit rechtliches Gehör, § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
1.
In der Sache hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall. Das zur Berufungsbegründung Vorgebrachte vermag das vom Landgericht gefundene Ergebnis nicht zu erschüttern und gibt – ausgehend von dem in der Berufungsinstanz Thematisierten – lediglich Anlass zu folgenden Hinweis.
Das Landgericht hat zu Recht die begehrte einstweilige Verfügung nicht erlassen. Es fehlt an einem Verfügungsanspruch, denn die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin die begehrte Unterlassung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen. Ein Anspruch auf die Unterlassung der Verwendung des Titels „Curveball“ schlechthin kann nicht festgestellt werden (hierzu unter 1.1). Zudem folgt weder ein Anspruch aus §§ 15 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 2, 5 Abs. 3 MarkenG (hierzu unter 1.2) noch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG (hierzu unter 1.3).
1.1
So, wie die Antragstellerin ihren mit der Berufung weiterverfolgten erstinstanzlichen Antrag formuliert hat, erfasst dieser nicht nur die Verwendung des Filmtitels „Curveball“ für den von der Antragsgegnerin produzierten Film, wie er in der Anlage AST 13 beworben wird, sondern jeglichen Film mit dem Titel „Curveball“. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Antrag nicht auf eine konkrete Verletzungsform beschränkt ist und auch in der Anspruchsbegründung nicht nur das Filmplakat aus Anlage AST 13, sondern auch die Bewerbung des Films in Interviews (Anlage AST 12a) beanstandet wird. Die Antragstellerin begründet dies damit, dass sie an dem Titel des Buches des Autors Bob Drogin die Filmrechte für „Curveball“ erworben hätte. Mit dieser Begründung kann das beantragte Schlechthinverbot für jeglichen Film mit dem Titel „Curveball“ jedoch schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil nicht auszuschließen ist, dass der Titel, etwa wenn er mit anderen Bestandteilen kombiniert wird oder eine andere, z.B. auf Baseball bezogene Geschichte zum Inhalt hat, (erst recht) keine Verwechslungsgefahr begründet (vgl. BGH, Urteil vom 31.03.2010 – I ZR 36/08 – Verbraucherzentrale, GRUR 2010, 1020, Rdnr. 10 nach juris).
1.2
Die Antragstellerin hat gegenüber der Antragsgegnerin auch bezogen auf den konkret in der Anlage AST 13 beworbenen Film keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 15 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2, 5 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG.
1.2.1
Da, wie sogleich auszuführen ist, die vorliegend reklamierten Titelschutzrechte schon nicht bestehen, kann dahinstehen, ob die Antragstellerin die Rechtekette in Bezug auf den Erwerb dieser Titelschutzrechte ausreichend dargetan hätte.
1.2.2
Die von der Antragstellerin reklamierten Titelschutzrechte (§§ 15 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2, 5 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG) bestehen nicht.
1.2.2.1
Werktitel sind nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnungen geschützt. Dritten ist es nach § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen § 15 Abs. 2 MarkenG benutzt, kann vom Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr nach § 15 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff. Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 102/10 – Stimmt´s?, GRUR 2012, 1265, Rdnr. 23 nach juris).
Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das immaterielle Arbeitsergebnis, das geistige Produkt, einen eigenen Bezeichnungsschutz benötigt. Im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes müssen auch geistige Leistungen, soweit sie als Gegenstand des Rechtsverkehrs bezeichnungsfähig sind, einer Kennzeichnung im Rechtsverkehr zugänglich sein, durch die sie von anderen Leistungen geistiger Art unterscheidbar werden (BGH, Urteil vom 31.01.2019 – I ZR 97/17 – Das Omen, GRUR 2019, 535, Rdnr. 30 nach juris; BGH, Urteil vom 21.01.1993 – I ZR 25/91 – Zappel-Fisch, GRUR 1993, 767, Rdnr. 26 nach juris). Werktitel im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG dienen daher grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, Urteil vom 13.10.2004 – I ZR 181/02 – Das Telefon-Sparbuch, GRUR 2005, 264, Rdnr. 29 nach juris). Es muss demnach für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält, dass also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der bezeichneten Werke irrt (BGH – I ZR 181/02 – Das Telefon-Sparbuch, a. a. O., Rdnr. 29 nach juris).
Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Werknähe, der Kennzeichnungskraft des älteren Titels und der Ähnlichkeit der Titel (BGH – I ZR 102/10 – Stimmt´s?, a. a. O., Rdnr. 23 nach juris). Bei allen drei zunächst festzustellenden und sodann in eine Gesamtabwägung einzustellenden Verwechslungsfaktoren kann jeweils eine sehr hohe (weit überdurchschnittliche), hohe (überdurchschnittliche), normale (durchschnittliche), geringe (unterdurchschnittliche) und sehr geringe (weit unterdurchschnittliche) Ähnlichkeit (der Waren-/Dienstleistungen bzw. Zeichen) bzw. Kennzeichnungskraft Ergebnis der Prüfung sein (BGH, Urteil vom 05.12.2012 – I ZR 85/11 – Culinaria/Villa Culinaria, GRUR 2013, 833, Rdnr. 55 nach juris zum Markenrecht). Der geringere Grad eines Faktors kann dabei durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden. Besteht allerdings eine absolute Werkunähnlichkeit, kommt auch bei einer Identität der sich gegenüberstehenden Titel und einer erhöhten Kennzeichnungskraft des älteren Titels eine Verwechslungsgefahr nicht in Betracht; Entsprechendes gilt bei einer absoluten Titelunähnlichkeit (Thalmaier in BeckOK, Markenrecht, 28. Edition, Stand: 01.01.2022, § 15 Rdnr. 47).
Hinsichtlich der Werknähe gilt – ausgehend davon, dass die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung dann vorliegt, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält – grundsätzlich, dass bei einer Titelkollision zwischen Werken verschiedener Gattungen wie etwa Sprachwerken (Büchern) und Filmwerken eine Verwechslungsgefahr in der Regel fernliegt (BGH, Urteil vom 15.11.1957 – I ZR 83/56 – Sherlock Holmes, BGHZ 26, 52, Rdnr. 21 nach juris). Gleichwohl kann Werknähe auch zwischen einem Roman und einem Film bestehen. Denn die Werkkategorie der Filme weist zu Romanen deshalb eine besonders enge Beziehung auf, weil in Filmen häufig Romanvorlagen umgesetzt werden (BGH, Urteil vom 23.01.2003 – I ZR 171/00 – Winnetous Rückkehr, GRUR 2003, 440, Rdnr. 27 nach juris; BGH – I ZR 83/56 – Sherlock Holmes, a. a. O., Rdnr. 21 nach juris). Insoweit geht es um den Schutz des älteren Titels gegenüber dem Titel des neueren Werks, wenn dieser den irrigen Eindruck erweckt, es handele sich um eine Bearbeitung, beispielsweise eine Verfilmung oder Dramatisierung des vorbestehenden Werkes (BGH – I ZR 83/56 – Sherlock Holmes, a. a. O., Rdnr. 21 nach juris).
Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft eines Werktitels kommt es nicht darauf an, ob es sich bei ihm um ein in den allgemeinen Sprachgebrauch der betreffenden Sprache eingegangenes geflügeltes Wort handelt. Für die Frage des Grades der Unterscheidungskraft und die für den Kollisionszeitpunkt zu bestimmende Kennzeichnungskraft des Klagetitels ist vielmehr die konkrete Eignung zur Unterscheidung unterschiedlicher Werke voneinander von Bedeutung (BGH, Urteil vom 06.06.2002 – I ZR 108/00 – 1, 2, 3 im Sauseschritt, GRUR 2002, 1083, Rdnr. 14 nach juris für die deutsche Sprache). Die Kennzeichnungskraft oder Unterscheidungskraft bezeichnet somit die Eignung eines Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden. Sie fehlte, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft (BGH – I ZR 97/17 – Das Omen, a. a. O., Rdnr. 19 nach juris). Inhaber eines Werktitelrechts ist dabei grundsätzlich der Verfasser des Werkes, und zwar sowohl bei einem von Natur aus unterscheidungskräftigen Titel als auch bei einem Titel, der erst durch die vom Verleger veranstaltete Benutzung Unterscheidungskraft und damit Schutz erlangt. Nicht maßgeblich ist dagegen, von wem die Idee zum Titel stammt, wer durch die umfangreiche Benutzung eines Werkes mit einem originär nicht unterscheidungskräftigen Titel zu seiner Schutzfähigkeit beiträgt oder wer ansonsten lediglich mit der Produktion, der Vermarktung oder dem Vertrieb eines Werkes beschäftigt ist (BGH – I ZR 97/17 – Das Omen, a. a. O., Rdnr. 32 nach juris).
Hinsichtlich der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Werktitel ist darauf abzustellen, welchen Gesamteindruck die beiderseitigen Bezeichnungen im Verkehr erwecken (BGH – I ZR 108/00 – 1, 2, 3 im Sauseschritt, a. a. O., Rdnr. 18 nach juris; BGH, Urteil vom 22.09.1999 – I ZR 50/97 – FACTS I, GRUR 2000, 504, Rdnr. 22 nach juris). Die Ähnlichkeit der kollidierenden Werktitel ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil auch Werktitel auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in (schrift-)bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. zum Markenschutz BGH, Beschluss vom 06.02.2020 – I ZB 21/19 – INJEKT/INJEX, GRUR 2020, 870, Rdnr. 58 nach juris). Die Beurteilung der Ähnlichkeit auf der Grundlage des Gesamteindruckes schließt nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. zum Markenschutz BGH, Beschluss vom 09.07.2020 – I ZB 80/19 – YOOFOOD/YO, GRUR 2020, 1202, Rdnr. 26 nach juris). Prägenden Charakter hat ein Zeichenbestandteil, wenn die weiteren Bestandteile des Zeichens in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen. Weil sich der Verkehr gerade an den unterscheidungskräftigen Bestandteilen eines Zeichens orientiert, kommt es für die Prüfung des prägenden Charakters auf die Kennzeichnungskraft der Zeichenbestandteile an (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2001 – I ZR 211/98 – Tagesschau, GRUR 2001, 1050, Rdnr. 29 nach juris; zum Markenschutz BGH, Beschluss vom 09.07.2015 – I ZB 16/14 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE, GRUR 2016, 283, Rdnr. 13 juris).
1.2.2.2
Bei Heranziehung der vorstehenden rechtlichen Grundsätze fehlt es vorliegend an einer Verwechslungsgefahr zwischen dem Buch „Curveball“ des Autors Bob Drogin und dem von der Antragsgegnerin geplanten bzw. schon realisierten Film „Curveball“.
1.2.2.2.1
Mit dem Landgericht ist bereits von absoluter Werkunähnlichkeit auszugehen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass das ältere Werk ein Buch und das neuere Werk ein Film ist. Entscheidend ist vielmehr, dass beide Werke beanspruchen, dass sie – wenngleich im Rahmen einer jeweils selbst gewählten Dramaturgie oder Erzähltechnik und gegebenenfalls unter der Wahl unterschiedlicher Ausgangspunkte und unter Ziehung unterschiedlicher Schlussfolgerungen (die die Werke dann allerdings auch schon wieder voneinander unterscheiden) – eine wahre historische Begebenheit wiedergeben. Sie treten dem Verkehr mit dem Anspruch gegenüber, die Geschichte des Informanten des Bundesnachrichtendienstes (BND), …, der den Decknamen „Curveball“ erhielt, und seinen Einfluss auf den im Jahre 2003 von der sogenannten „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA und Großbritanniens gegen den Irak geführten Irakkrieg (auch als „Zweiter Irakkrieg“ oder „Dritter Golfkrieg“ bezeichnet) aufzuzeigen. Bereits in der Antragsschrift vom 03.03.2020 (dort S. 8 f. = Bl. 8 f. d. A.) bezeichnet die Antragstellerin das in Rede stehende Buch als „Enthüllungsbuch über den Irakkrieg“. Vor diesem Hintergrund gibt es sicherlich eine tatsächliche Ähnlichkeit im Inhalt beider Werke. In einem gedachten – hier nicht vorliegenden – Extremfall der exakten Wiedergabe historischer Ereignisse müssten beide Werke sogar absolut identisch sein. Eine auf dem Bestreben der Wiedergabe historischer Ereignisse beruhende tatsächliche Ähnlichkeit im Inhalt beider Werke kann aber nicht dazu führen, anzunehmen, das jüngere Werk sei im Sinne des Werktitelrechts dem älteren ähnlich. Denn diese Ähnlichkeit beruht nur darauf, dass bereits der Autor des älteren Werks von der Historie „abschreibt“, was dann in der Folge auch der Autor des jüngeren Werks unternimmt. Die Prüfung der Werkähnlichkeit dient der Vorbereitung der Prüfung der Verwechslungsgefahr. Es geht also darum, ob ein Werk für das andere gehalten werden kann, ob nämlich die Gefahr besteht, dass der Verkehr das jüngere Werk für das ältere hält. Vorliegend kann der Verkehr aber nicht das jüngere Werk für das ältere halten (oder für eine Bearbeitung desselben). Denn beide Werke leiten sich von einer noch älteren Vorgabe ab, nämlich der Historie. Zu dieser allein stellt der Verkehr einen Bezug her, wenn er mit dem jüngeren Werk – gleiches gilt für das ältere Werk – in Kontakt kommt. Die Rechtsordnung – hier in Gestalt des Markenrechts – darf nicht die Hand dazu reichen, unter Annahme einer Ähnlichkeit von Werken bzw. ihrer Kategorie die Historie der Gefahr einer Monopolisierung durch den sie zuerst Aufzeichnenden auszusetzen.
Einen anderen Bezug könnte der Verkehr allenfalls dann herstellen, wenn das ältere Werk bewusst keine Darstellung der historischen Wahrheit sein will, sondern Fiktion, und das neuere Werk sich genau daran anhängt. Es kommt also darauf an, was bei dem älteren Werk im Vordergrund steht: Will das Werk, für das Werktitelschutz begehrt wird, letztlich die Historie nacherzählten – und sei es auch ausgehend von einem nicht der überwiegenden Meinung entsprechenden Ausgangspunkt und/oder unter Ziehung anderer Schlussfolgerungen – oder will es primär eine fiktive Story vor dem Hintergrund geschichtlicher Ereignisse erzählen. Wenn das ältere Werk letztlich Geschichtsschreibung betreiben will, leitet es sich von der Historie ab; dann aber kann ein anderes Werk, das ebenfalls diese Historie behandelt, nicht als dem älteren Werk im Sinne des Werktitelrechts ähnlich angesehen werden. Dies gilt auch dann, wenn dieses ältere Werk Wissenslücken durch Annahmen füllt und insoweit einen fiktiven Anteil enthält. Geschichtsschreibung kommt in aller Regel nicht ohne Derartiges aus, weil es grundsätzlich immer unbekannte Fakten und Einflüsse gibt, die auch dem gründlichsten Historiker und der umfangreichsten Nachforschung unbekannt bleiben müssen. Wenn das ältere Werk demgegenüber – etwa in der Form des historisierenden Romans – eine fiktive Story erzählen will und lediglich in deren Rahmen geschichtliche Ereignisse als Hintergrund, als Kulisse nutzt, kann es sich um ein Werk handeln, hinsichtlich dessen – bei Vorliegen der unter 1.2.2.1 genannten Voraussetzungen – Werktitelschutz bestehen kann.
Dass das Buch von Bob Drogin eine fiktive Story hätte erzählen wollen und lediglich in deren Rahmen geschichtliche Ereignisse nutzen würde, wird aber antragstellerseits gar nicht behauptet. Nach dem Vortrag der Antragstellerin handelt es sich bei diesem Buch im Gegenteil um ein „Enthüllungsbuch“. Es will die historische Wahrheit darstellen. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin vorgetragen, dass es sich bei ihrem Film gerade nicht um eine Verfilmung des Buches von Bob Drogin handele. Sie hat im Schriftsatz vom 30.03.2020 (dort S. 2 = Bl. 22 d. A.) unter Bezugnahme auf einen Artikel im Tagesspiegel vom 28.02.2020 ausgeführt, bei dem Film handele es sich um eine Agentensatire, die enthülle, wie der BND vor dem Irakkrieg versagt habe, wobei es darum gehe, „der Wahrheit auf die Sprünge zu helfen“ (vgl. https://www.tagesspiegel.de/kultur/bnd-schelte-in-politsatire-curveball-wir-machen-die-fakten/25594248.html). Dem ist die Antragstellerin erstinstanzlich – und auch zweitinstanzlich – schon nicht entgegengetreten.
Die Antragstellerin kann sich vor diesem Hintergrund auch nicht mit Erfolg auf ihre Auffassung stützen, bei dem Buch handele es sich um einen Roman. Auch wenn man diese – für sich genommen wenig aussagekräftige – Genreeinteilung akzeptieren wollte, würde dies nicht dazu führen, das Buch, für dessen Titel die Antragstellerin Rechte reklamiert, als im Ergebnis fiktive Story, und den Film der Antragsgegnerin als filmische Umsetzung dieser fiktiven Story anzusehen. Denn die Antragstellerin bleibt dabei, dass das von ihr als „Roman“ angesehene Buch historische Ereignisse wiedergeben will und sie behauptet nicht, dass das Werk der Antragsgegnerin eine filmische Wiedergabe dieses Buches darstellt.
Die vorstehenden Erwägungen sind bereits im Rahmen der Prüfung der Werkähnlichkeit anzustellen, nicht aber erst in einer nachrangigen Prüfung des § 23 MarkenG. Insoweit käme allein § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG in Betracht, der die freie Verwendbarkeit von Angaben ohne Unterscheidungskraft sowie von beschreibenden Angaben ermöglicht und somit dem Freihaltebedürfnis bestimmte Begriffe im geschäftlichen Verkehr Rechnung trägt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25.07.2019 – 2 U 73/18 – WRP 2019, 1602, Rdnrn. 104, 108 nach juris). Diese Vorschrift regelt indes die vom Inhaber einer Marke oder geschäftlichen Bezeichnung nicht untersagbare Verwendung bestimmter Bezeichnungen. Es geht hier also – für den Bereich des Markenrechts bzw. den Bereich des Unternehmenskennzeichens – um das Kennzeichen als solches, nicht aber um (den Vergleich von) Waren oder Dienstleistungen bzw. Branchennähe. Auf den Bereich des Werktitelrechts übertragen bedeutet dies, dass § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ein etwaiges Freihaltebedürfnis hinsichtlich des Werktitels selbst betreffen könnte, nicht aber ein Freihaltebedürfnis hinsichtlich des Werks, vorliegend der Wiedergabe der Historie. Lediglich am Rande wird noch darauf hingewiesen, dass bei der – zu verneinenden – Frage, ob unter dem Gesichtspunkt einer reklamierten Werkeähnlichkeit eine Monopolisierung der Historie ermöglicht werden kann, § 23 MarkenG auch deshalb nicht als eine taugliche Schutzschranke erscheint, weil diese Norm unter dem Vorbehalt ihres Abs. 2 steht. Nach diesem findet Abs. 1, also die Freiheit der Benutzung bestimmter Bezeichnungen, nur dann Anwendung, wenn die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Das durch diese Einschränkung geschaffene Einfallstor birgt eine zu große Unsicherheit. Der Schutz des Rechts jedes Menschen, historische Ereignisse (im Rahmen eines Werks) wiederzugeben, kann daher nicht (erst) dem – an dieser Stelle ohnehin nicht passenden – § 23 MarkenG überlassen bleiben.
1.2.2.2.2
Dem Titel „Curveball“ kommt vorliegend keinerlei Kennzeichnungskraft für das Buch von Bob Drogin zu. Unerheblich ist, ob die Verwendung eines derartigen Begriffs zur Bezeichnung eines politischen Enthüllungsbuches nicht schon von Haus aus als beschreibend angesehen werden müsste. Jedenfalls, sobald für ein bestimmtes historisches Ereignis ein bestimmtes Schlagwort geprägt worden ist, steht dieses Schlagwort für dieses historische Ereignis. Mit der Verbindung dieses Schlagwortes mit dem historischen Ereignis wird es Teil desselben und bezeichnet dieses. Es erhält somit einen rein beschreibenden Charakter. Das Schlagwort steht darüber hinaus aber nicht als Titel für das die Historie nacherzählende Werk, sondern als – zusammengefasste, eben schlagwortartige – Beschreibung der Historie selbst. Da aber einerseits – wie oben ausgeführt – die Kennzeichnungskraft oder Unterscheidungskraft die Eignung eines Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden, bezeichnet, andererseits ein für ein bestimmtes historisches Ereignis geprägtes Schlagwort dieses Ereignis bezeichnet und nicht ein dieses Ereignis nacherzählendes Werk, kann das Schlagwort nicht als Titel dieses Werks Kennzeichnungskraft für dieses Werk haben. Dabei kommt es nicht auf den Inhalt und gegebenenfalls die Originalität des Schlagwortes an. Der Eintritt der beschreibenden Wirkung ist vielmehr dem Vorgang des Prägens eines Schlagwortes für ein bestimmtes historisches Ereignis immanent. Im Werktitelrecht ist – wie oben ausgeführt – auch nicht maßgeblich, von wem die Idee zum Titel stammt. Dann aber muss erst recht unerheblich sein, wer ein bestimmtes Schlagwort für ein bestimmtes historisches Ereignis geprägt hat. Unerheblich ist daher, ob derjenige, der das betreffende historische Ereignis als erster nacherzählt, das betreffende Schlagwort für das Ereignis verwendet, vielleicht sogar „erfunden“ hat. All dies gilt auch vorliegend hinsichtlich des Begriffs „Curveball“ sowohl als Deckname des BND-Informanten … als auch als Bezeichnung der Vorgänge rund um diesen Informanten im Vorfeld des Irakkrieges 2003.
Im vorstehend Ausgeführten liegt der Unterschied zu einem Titel eines rein fiktiven Werks. Bei Letzterem kann der Titel für das Werk stehen (dies muss aber nicht so sein, siehe unten unter 1.2.2.2.4.4). Bei einem mit einem bestimmten Teil der Historie verbunden Schlagwort steht das Schlagwort aber eben für diese Historie und nicht für die – erste, zweite, dritte oder wievielte auch immer – Nacherzählung der Historie.
Auch an dieser Stelle kann der Schutz der Verwendung des Schlagwortes/Titels nicht dem mit der oben bereits genannten Unsicherheit behafteten § 23 MarkenG überlassen bleiben.
1.2.2.2.3
Die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Titel ist allenfalls gering.
Fraglich ist zunächst, ob auf Antragstellerseite allein der Begriff „Curveball“ heranzuziehen ist. Im Bereich des Markenrechts ist eine Marke durch ihre Eintragung definiert ist. Derartiges fehlt bei einem Werktitel, für den Schutz beansprucht wird. Hier kann – wie auch ansonsten bei geschäftlichen Bezeichnungen – nur darauf abgestellt werden, was dem Verkehr als Kennzeichen gegenübertritt. Dies kann indes dahinstehen, denn selbst für den Fall, dass auf Antragstellerseite allein der Begriff „Curveball“ heranzuziehen ist, wäre die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Titel allenfalls gering.
Jedenfalls auf Antragsgegnerseite kann nur darauf abgestellt werden, wie der nach Auffassung der Antragstellerin verletzende Titel der Öffentlichkeit gegenübertritt. Hierbei ist zu berücksichtigen, welchen Gesamteindruck der Verkehr hat. Danach kann aber nicht – isoliert – ein einzelner Bestandteil herausgegriffen und mit dem Titel, für den die Antragstellerin Schutz begehrt, verglichen werden. Vorliegend tritt der Titel „Curveball“ für den Film der Antragsgegnerin dem Verkehr ausweislich des Filmplakats (in schwarz-weiß als Anlage AST 13; in Farbe als Anlage AG 5) gerade nicht isoliert entgegen. Insoweit ist bereits die Unterüberschrift „A true story. Unfortunately“ als – rudimentäre – nähere Beschreibung des Inhalts des Filmes zu berücksichtigen. Ferner ist das die Erscheinung prägende Bild des Filmplakats zu berücksichtigen. Auf diesem ist zu sehen, wie ein in dunkler Farbe gehaltener Mann mit Brille Dokumente – unter anderem ein Blatt mit der Aufschrift „Curveball“, das Foto eines Gesichts sowie einen deutschen Reisepass -, die mit roten, an Blut erinnernde Flecken gesprenkelt sind, unter einen in den Farben schwarz-rot-gelb gehaltenen Teppich kehrt. Dieses Bild, welches ebenfalls einen näheren Hinweis auf den Inhalt des Filmes gibt, nämlich, dass es in diesem darum geht, dass bestimmte Dokumente und Vorgänge, die mit dem Vergießen von Blut in Zusammenhang stehen, vor der Öffentlichkeit der Bundesrepublik Deutschland verborgen werden sollten, ist trotz seines beschreibenden Anklangs in den Vergleich der Titel miteinzubeziehen. Denn das Bild einschließlich der die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehenden kräftigen Farben dominiert das gesamte Filmplakat.
1.2.2.2.4
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung fehlt es an einer Verwechslungsgefahr.
1.2.2.2.4.1
Angesichts absoluter Werkunähnlichkeit, fehlender Kennzeichnungskraft des älteren Titels und geringer Titelähnlichkeit kann keine Verwechslungsgefahr angenommen werden.
1.2.2.2.4.2
Selbst für den Fall, dass man im Bereich des Titelvergleichs nur die Begriffe „Curveball“ vergleichen wollte und – bei (1.) klanglicher Übereistimmung, bei (2.) aufgrund gewisser Unterschiede hinsichtlich der Druckweise weitgehender Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild und bei (3.) Übereinstimmung im Bedeutungs- oder Sinngehalt bei denjenigen Verkehrskreisen, die die „Curveball-Affäre“ kennen – von weitgehender Titelähnlichkeit ausgehen sollte, würde Verwechslungsgefahr fehlen. Denn die in Rede stehenden Werke sind absolut unähnlich und dem älteren Titel fehlt die Kennzeichnungskraft.
Die Antragstellerin kann sich auch im Rahmen einer anzustellenden Gesamtabwägung nicht mit Erfolg darauf berufen, der Autor Bob Drogin habe den Begriff „Curveball“ erfunden oder geprägt und nur er oder derjenige, der von ihm Rechte erhalten habe, dürfe die Geschichte des BND-Informanten „Curveball“ bzw. die Curveball-Affäre unter dem Titel „Curveball“ wiedergeben. Im Bereich des Werktitelschutzes spielt es – wie ausgeführt – grundsätzlich keine Rolle, wer – was vorliegend ohnehin nicht in Betracht kommt, weil es den fraglichen Begriff in der englischen Sprache bereits gab – einen Titel „erfunden“ hat oder wer einen Titel geprägt hat. Werktitel dienen – wie ebenfalls ausgeführt – grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Durch einen Werktitel soll ein bestimmter gedanklicher Inhalt namensmäßig benannt und von anderen gedanklichen Inhalten, von anderen Werken, unterscheidbar gemacht werden. Nicht maßgeblich ist daher, von wem die Idee zum Titel stammt, oder wer durch umfangreiche Benutzung eines Werkes zur Schutzfähigkeit eines – zuvor vielleicht originär nicht unterscheidungskräftigen Titels – beiträgt (siehe erneut BGH – I ZR 97/17 – Das Omen, a. a. O., Rdnr. 32 nach juris). Die hier von der Antragstellerin aufgeworfene Frage betrifft denn auch nicht die Frage der Verwechslungsgefahr, sondern die Frage, wer Inhaber eines etwaigen Werktitelrechts ist. Inhaber eines Werktitelrechts ist grundsätzlich der Verfasser des Werks (siehe erneut BGH – I ZR 97/17 – Das Omen, a. a. O., Rdnr. 32 nach juris). Verfasser des vorliegend in Rede stehenden Werks ist Bob Drogin, von welchem die Antragstellerin ihre Rechte ableiten will.
Bob Drogin – bzw. der, der von ihm Rechte herleitet – könnte aber nur für den Fall Werktitelschutz beanspruchen, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen in Bezug auf das Werk und dessen Titel vorliegen. Das ist aber vorliegend gerade nicht der Fall. Der Film der Antragsgegnerin begründet nicht die Gefahr, dass der Verkehr diesen Film für das Buch von Bob Drogin (oder dessen filmische Umsetzung) hält.
Bob Drogin – bzw. der, der von ihm Rechte herleitet – kann daher nicht verlangen, nur er dürfe die Geschichte des BND-Informanten „Curveball“ bzw. die Curveball-Affäre unter dem Titel „Curveball“ wiedergeben. Er kann damit nicht den Begriff „Curveball“, der seinerseits inzwischen längst als Schlagwort für eine bestimmte historische Gegebenheit in die Geschichtswissenschaft eingegangen ist, selbst Teil der Historie geworden ist und – beschreibend – für diese Historie steht, für die zugrunde liegende geschichtliche Gegebenheit monopolisieren.
Das Werktitelschutzrecht leitet sich, wie ausgeführt, von der Erkenntnis ab, dass das immaterielle Arbeitsergebnis, das geistige Produkt, einen eigenen Bezeichnungsschutz benötigt, und dass vor diesem Hintergrund und im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes geistige Leistungen, soweit sie als Gegenstand des Rechtsverkehrs bezeichnungsfähig sind, einer Kennzeichnung im Rechtsverkehr zugänglich sein müssen, durch die sie von anderen Leistungen geistiger Art unterscheidbar werden. Ein die Historie wiedergebendes Werk ist aber nicht „als Gegenstand des Rechtsverkehrs“ gerade mit dem Schlagwort „bezeichnungsfähig“, das die Historie selbst bezeichnet; das Schlagwort als Kennzeichnung eines bestimmten historischen Ereignisses macht nicht zwei oder mehrere dieses historische Ereignis beschreibende Werke voneinander unterscheidbar (sondern dient dazu, als Kurzbezeichnung des betreffenden historischen Ereignisses dieses selbst von anderen, ebenfalls unter bestimmten Kurzbezeichnungen bekannten historischen Ereignissen bei der Erörterung und Diskussion der Historie dergestalt „unterscheidbar“ zu machen, dass, wenn ein betreffendes Schlagwort angesprochen wird, der interessierte Verkehr weiß, welcher geschichtliche Vorgang damit gemeint ist).
Lediglich am Rande wird darauf hingewiesen, dass nach den Angaben von Bob Drogin selbst in seinem Buch (dort Chapter 5, in der Hardcover-Ausgabe auf Seite 34, in der Taschenbuchausgabe auf Seite 43) der Begriff „Curveball“ – ursprünglich noch in der Schreibweise „Curve Ball“ – Anfang des Frühjahrs 2000 von einer Abteilung der amerikanischen Defense Intelligence Agency (DIA), nämlich dem Defense HUMINT Service, als Deckname für … vergeben worden sei.
1.2.2.2.4.3

 

Die Richtigkeit des Vorstehenden ergibt sich auch vor dem Hintergrund folgender Kontrollüberlegungen:
1.2.2.2.4.3.1
Diejenigen Verkehrskreise, die bereits eines der beiden Werke, nämlich entweder das Buch von Bob Drogin oder den Film der Antragsgegnerin, kennen, oder die zuvor schon die Bedeutung des Begriffs „Curveball“ in dem hier verwendeten Sinn kannten, erwarten, wenn sie auf das zweite Werk aufmerksam werden, dass auch in diesem lediglich die Historie erzählt wird, wenn auch vielleicht in anderer Darbietungsform oder mit anderem Schwerpunkt oder mit anderer Bewertung. Diese Verkehrskreise werden keiner Verwechslungsgefahr ausgesetzt. Diejenigen Verkehrskreise, die keines der Werke kennen, können bei erstmaliger Lektüre eines der beiden ohnehin nichts verwechseln. Dies hat bereits das Landgericht auf Seite 6 seines Urteils zutreffend herausgearbeitet.
1.2.2.2.4.3.2
Nachfolgende Beispiele sollen zur Verdeutlichung dienen:
Wenn jemand heute ein Werk (ein neues Buch, einen Film…) mit dem Titel „The Second World War“ herausbringt, denkt der Verkehr, und zwar der informierte Verkehr, da der uninformierte ohnehin keiner Verwechslungsgefahr ausgesetzt ist, es werde die Geschichte des spätestens am 01.09.1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen (nach mancher Lesart allerdings schon im Sommer 1937 mit dem japanischen Angriff auf China) beginnenden, nach und nach alle Großmächte und weite Teile der Welt einbeziehenden und mit der der Kapitulation der europäischen Achsenmächte nachfolgenden Kapitulation Japans im August/September 1945 endenden Krieges, der allgemein als der „Zweite Weltkrieg“ bezeichnet wird, darstellen; der Verkehr verwechselt es aber nicht mit dem (sechsbändigen) Werk „The Second World War“ von Winston Churchill, das ebenfalls diese Historie wiedergibt (oder mit einem anderen der zahlreichen weiteren Bücher mit diesem Titel).
Wenn jemand heute ein Werk mit dem Titel „Der neue Kurs“ herausbringt, denkt der Verkehr, es werde die Geschichte der (vorübergehenden) Neuausrichtung der (vor allem Innen-) Politik des Deutschen Kaiserreichs nach der 1890 erfolgten Entlassung des langjährigen Reichskanzlers Otto von Bismarck, welche Bismarcks durch Förderung gesellschaftlicher Konflikte und durch Bekämpfung – angeblicher – innenpolitischer Gegner gekennzeichnete Methodik der Einigung der Mehrheitsgesellschaft und des Machterhalts zu überwinden suchte, darstellen; er verwechselt es aber nicht mit dem Buch „Der neue Kurs“ von Otto Hammann, das ebenfalls diese Historie wiedergibt.
Wenn jemand heute ein Werk mit dem Titel „The Zimmermann Telegram“ herausbringt, denkt der Verkehr, es werde die Geschichte der wesentlich zum Kriegseintritt der USA im Ersten Weltkrieg auf Seiten der Entente-Mächte beitragenden, von dem deutschen Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Arthur Zimmermann, Anfang 1917 an die mexikanische Regierung gerichteten codierten und von Großbritannien decodieren und den USA zugeleiteten Angebots eines Bündnisses gegen die USA mit dem Versprechen, einen mexikanischen (Revanche-) Angriff gegen die USA zu goutieren, darstellen; er verwechselt es aber nicht mit dem Buch „The Zimmermann Telegramm“ von Barbara Tuchman, das ebenfalls diese Historie wiedergibt.
Um ferner noch Beispiele zu geben für Titel, welche – schon auf den ersten Blick – weniger beschreibend sind:
Wenn jemand heute ein Werk mit dem Titel „The Few“ herausbringt, denkt der Verkehr, es werde die Geschichte der Piloten der Royal Air Force, die im Zweiten Weltkrieg (vor allem) im Sommer und Herbst des Jahres 1940 in der „Battle of Britain“ (im Deutschen meist „Luftschlacht um England“ genannt) die Angriffe der deutschen Luftwaffe auf Großbritannien abwehrten, und die seit Winston Churchills auf sie gemünzten dankbarem Ausspruch „Never in the field of human conflict, was so much owed by so many to so few“ allgemein als „The Few“ bezeichnet werden, darstellen; er verwechselt es aber nicht mit dem Buch „The Few“ von Dilip Sarkar, das ebenfalls diese Historie wiedergibt (oder mit dem Buch von Alex Kershaw, das sich hauptsächlich mit freiwilligen amerikanischen Piloten im Dienst der Royal Air Force in der Battle of Britain beschäftigt, oder mit einem der anderen Bücher mit demselben Titel).
Wenn jemand heute ein Werk mit dem Titel „The Blitz“ herausbringt, denkt der Verkehr, es werde unter Verwendung einer seit damals gängigen Abkürzung des deutschen Wortes „Blitzkrieg“ die Geschichte der Bombenangriffe der deutschen Luftwaffe auf Großbritannien im Zweiten Weltkrieg – und dort vor allem in den Jahren 1940 und 1941 – dargestellt; er verwechselt es aber nicht mit dem Buch „The Blitz“ von Winston G. Ramsey, das ebenfalls diese Historie wiedergibt (oder mit einem der anderen Bücher mit demselben Titel).
Wenn jemand heute ein Werk mit dem Titel „Overlord“ oder „Operation Overlord“ oder „D-Day“ herausbringt, denkt der Verkehr, es werde die Geschichte der im Zweiten Weltkrieg am 06.06.1944 (dem sogenannten „D-Day“) beginnenden Invasion der Westalliierten in der Normandie, welcher die Alliierten (letztlich) den Codenamen „Operation Overlord“ gaben, dargestellt; er verwechselt aber keines dieser Werke mit dem Buch „Overlord“ von Max Hastings oder dem Buch „D-Day“ von Antony Beevor, die ebenfalls diese Historie wiedergeben (oder mit einem der anderen Bücher mit entsprechendem Titel oder mit dem Titel „Operation Overlord“).
Diese Aufzählung könnte beliebig erweitert werden. Man denke an (etwaige) Veröffentlichungen zu historischen Ereignissen unter den Schlagworten/Titeln

 

„Gunpowder Plot“, „Long Parliament“, „Pride’s Purge“, „Rump Parliament“, „Bloody Assizes“, „South Sea Bubble“, „War of Jenkins’s Ear“, „Corn Laws“, „Peterloo Massacre“, „Bedchamber Crisis“, „Splendid Isolation“, „Scramble for Africa“, „Eastern Question“, „The Great Game“, „Bulgarian Horrors“, „Peace with Hono(u)r“ [1878, 1938 und 1973], „Midlothian Campaign“, „Home Rule“, „Jameson Raid“, „Kruger Telegram“, „Boxer Rebellion“, „Khaki Election“, „Entente Cordiale“, „The War to end all Wars“, „Great Depression“, „The Locust Years“, „Peace for our Time“, „Sickle Cut“, „Operation Catapult“, „Eagle Day“, „Operation Compass“, „Operation Torch“, „Mulberry Harbour“, „Operation Unthinkable“, „Marshall Plan“, „Cambridge 5“, „The Troubles“ „Watergate“, „9/11“ [= „nine eleven“], „Panama Papers“, „Brexit“ etc. oder – aus dem Deutschen – „Canossagang“ „Wiener Kongress“, „Wartburgfest“, „Hambacher Fest“, „Vormärz“, „Emser Depesche“, „Persönliches Regiment“, „Panthersprung“, „Oktoberrevolution“ „Dolchstoßlegende“, „Tag von Potsdam“, „`Reichskristallnacht´“, „Fall Weiß“, „Unternehmen Seelöwe“, „Unternehmen Barbarossa“, „`Endlösung´“, „Stunde Null“, „Spiegel-Affäre“, „Radikalenerlass“, „Sonthofen-Strategie“, „Deutscher Herbst“, „Nato-Doppelbeschluss“, „Wende“ [1982 und 1989], „IM Sekretär“, „Agenda 2010“, „Hartz 4“ etc..
Der Senat will mit den vorstehenden ausführlichen Beispielen folgenden Punkt und seine Bedeutsamkeit nochmals klar hervorheben: Historische Begebenheiten einschließlich der für sie – von wem auch immer – geprägten und damit selbst in die Geschichtswissenschaft eingegangenen Schlagworte können grundsätzlich nicht unter dem Gesichtspunkt des Titelschutzes nach dem Markengesetz monopolisiert werden. Es fehlt regelmäßig an einer Verwechslungsgefahr sich gegenüberstehender, Geschichte wiedergebender Werke. Zum einen erwartet der (informierte) Verkehr nur, dass in diesen Werken die Historie dargestellt wird mit der Folge, dass keine Werkähnlichkeit angenommen werden kann. Zum anderen steht, wenn für ein bestimmtes historisches Ereignis ein bestimmtes Schlagwort geprägt wird, dieses Schlagwort in der Folge als – zusammengefasste, eben schlagwortartige – Beschreibung für dieses historische Ereignis, nicht aber für dessen (erstmalige) werkmäßige Erfassung mit der Folge, dass es an einer Kennzeichnungskraft dieses Schlagwortes für diese werkmäßige Erfassung fehlt.
1.2.2.2.4.4
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn ein Begriff oder ein Name für ein bestimmtes historisches Ereignis oder eine bestimmte historische Person steht, der Autor eines rein fiktiven Werks (oder eines lediglich vor dem Hintergrund eines historischen Rahmens spielenden, überwiegend fiktiven Werks), welchem der Autor diesen Begriff oder diesen Namen als Titel gibt, keine Titelschutzrechte in Anspruch nehmen kann. Auch für ein derartiges Werk kann ein historischer Begriff nicht monopolisiert werden. Unter ihm kann von anderen weiterhin die Historie dargestellt werden (oder eine weitere fiktive Story erzählt werden).
Wenn also heute jemand ein Werk mit dem Titel „Julius Cäsar“ (oder „Julius Caesar“ oder nur „Cäsar“ oder „Caesar“) herausbringt, denkt der Verkehr, es werde Leben und Wirken des römischen Feldherrn und Politikers dieses Namens dargestellt; der Verkehr verwechselt es aber nicht – etwa – mit dem Theaterstück „Julius Caesar“ von William Shakespeare oder mit einer der zahlreichen anderen künstlerischen Beschäftigungen mit der historischen Figur Cäsars. Das Herausbringen eines neuen historischen Werks oder eines weiteren künstlerischen Werkes mit einem der eingangs dieses Absatzes genannten Titel ist daher zulässig.
Entsprechendes gilt, um noch ein Beispiel zu einem Sachbegriff anzuführen, etwa für den Fall, dass jemand ein Werk mit dem Titel „V2“ herausbringt. Für diesen Fall denkt der Verkehr, es werde die Geschichte der im Zweiten Weltkrieg vom Deutschen Reich (unter unmenschlichem Einsatz von Zwangsarbeitern) entwickelten „Vergeltungswaffe 2“ (oder eben kurz „V2“), einer mit Sprengstoff bestückten, als vermeintliche „Wunderwaffe“ ab Ende 1944 eingesetzten, aber letztlich für den Kriegsausgang nicht mehr entscheidenden Boden-Boden Rakete – und möglicherweise auch das Fortleben ihrer Technik in den Raketenprogrammen der Alliierten bis hin zur (amerikanischen) Saturn-5-Rakete, der 1969 die erste Mondlandung gelang -, dargestellt; der Verkehr verwechselt dieses Werk aber nicht etwa mit dem Roman „V2“ von Robert Harris, der sich (überwiegend) fiktional mit dem Thema beschäftigt.
1.2.3
Es kommt nicht mehr entscheidend darauf an, dass zudem § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter dem Gesichtspunkt der Freihaltungsbedürftigkeit des Zeichens „Curveball“ eingreift, weil diese Bezeichnung inzwischen längst als Schlagwort für die historischen Ereignisse rund um den BND-Informanten … in die Geschichtswissenschaft eingegangen und Teil der Historie geworden ist.
1.3
Der Antragstellerin steht auch kein Anspruch wegen – hilfsweise geltend gemachter – Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu.
1.3.1
Am Titel „Curveball“ kann der Antragstellerin kein Urheberrechtsschutz zustehen. Ein Schutz für die vorliegende, nur aus einem einzigen Wort bestehende Bezeichnung, welche überdies keinen Neologismus darstellt, scheidet schon deshalb aus, weil insoweit keine hinreichende eigene schöpferische Gestaltung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.1988 – I ZR 211/86 – Verschenktexte, GRUR 1990, 218, Rdnr. 19 nach juris; BGH – I ZR 83/56 – Sherlock Holmes, a. a. O., Rdnr. 19 nach juris; BGH, Urteil vom 25.02.1977 – I ZR 165/75 – Der 7. Sinn, GRUR 1977, 646, Rdnr. 19 nach juris). Lediglich am Rande wird erneut darauf hingewiesen, dass der Autor Bob Drogin, von welchem die Antragstellerin ihre Rechte ableitet, nach dem Inhalt seines Buches nicht derjenige war, der den BND-Informanten … oder den diesen betreffenden verfahrensgegenständlichen Vorgang erstmals als „Curveball“ bezeichnet hat.
1.3.2
Mangels klarem anderweitigen Vortrag geht der Senat – auch im wohlverstandenen Kosteninteresse der Antragstellerin – nicht davon aus, mit den knappen Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift (auch in Ansehung des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 30.03.2020, vgl. dort S. 1 bis 2 Mitte) würden Urheberrechte im Hinblick auf mehr als den Titel „Curveball“ geltend gemacht. Lediglich ergänzend wird insoweit darauf hingewiesen, dass eine Urheberrechtsverletzung durch Verfilmung des von Bob Drogin gesammelten Stoffs nicht im Ansatz schlüssig dargelegt ist.
2.
Die Aussichtslosigkeit der Berufung ist offensichtlich. Offensichtlichkeit setzt nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit der Berufung gleichsam auf der Hand liegt; sie kann auch das Ergebnis einer gründlichen Prüfung sein (BT-Drs. 17/6406, S. 9, linke Spalte). Eine Berufung hat dann offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, wenn die Ausführungen des Berufungsführers keine Anhaltspunkte enthalten, die eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aus rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen rechtfertigen (Heßler in Zöller, ZPO, 34. Aufl., 2022, § 522 ZPO, Rdnr. 36). So liegt es hier. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen unter 1. verwiesen werden.
3.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts im Urteilswege. Die Entscheidung beruht auf der in diesem Beschluss zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung und den besonderen Umständen des Einzelfalls.
4.
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Ausreichende Gründe, aufgrund derer vorliegend eine mündliche Verhandlung geboten wäre (vgl. dazu BT-Drs. 17/6406, S. 9, linke Spalte), sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
C.
Die beabsichtigte Festsetzung des Berufungswerts auf 36.666,- Euro beruht auf § 3 ZPO in Verbindung mit §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG. Dementsprechend ist in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 23.04.2020 der Verfahrenswert der ersten Instanz ebenfalls auf 36.666,- Euro herabzusetzen, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
I.
1.
Gemäß § 51 Abs. 1 GKG ist der Streitwert unter anderem in Verfahren über Ansprüche nach dem Markengesetz nach billigem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen, wobei in auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahren nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG zusätzlich § 3 ZPO heranzuziehen ist. Für die Bemessung ist in erster Linie das wirtschaftliche Interesse des Unterlassungsgläubigers an der Anspruchsverwirklichung, also an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, maßgebend (vgl. BGH, Beschluss vom 26.04.1990 – I ZR 58/89 – Streitwertbemessung, GRUR 1990, 1052, Rdnr. 19 nach juris; BGH, Beschluss vom 15.09.2016 – I ZR 24/16 – Finanzsanierung, GRUR 2017, 212, Rdnr. 8 nach juris jeweils zum Wettbewerbsrecht; BGH, Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 1/15 – Tannöd, GRUR 2016, 1275 Rdnr. 33 nach juris zum Urheberrecht; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., 2021, § 142 Rdnr. 2; Senat, Beschluss vom 21.10.1997 – 5 W 5834/97 – KGR 1998, 170, Rdnr. 6 nach juris zum Markenrecht). Dieses Interesse ist nach der Gefährlichkeit, dem sogenannten „Angriffsfaktor“ (vgl. BGH, Beschluss vom 12.09.2013 – I ZR 58/11 – Streitwertaddition, WRP 2014, 192, Rdnr. 9 nach juris zum Markenrecht), der zu unterbindenden Handlung anhand des drohenden Schadens zu bestimmen. Es hängt unter anderem von dem Wert des verletzten Rechts, den Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung), der Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, nachheriges Verhalten, Unterlassungspflichten gegenüber Dritten) sowie der Nachahmungsgefahr ab (vgl. Senat, Beschluss vom 23.09.2002 – 5 W 106/02 – NJW-RR 2003, 1505, Rdnr. 3 nach juris zum Wettbewerbsrecht; Senat, Beschluss vom 02.02.2021 – 5 W 14/21 – S. 2 zum Markenrecht).
2.
Vorstehende Grundsätze gelten entsprechend für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Verfahrenswert regelmäßig mit 2/3 eines entsprechenden Hauptsachenwertes bemessen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 20.02.2021 – 5 W 1024/20Rdnr. 33 nach juris; Senat, Beschluss vom 16.09.2020 – 5 W 1086/20 -, unter I.1; Senat, Beschluss vom 26.11.2004 – 5 W 146/04 -, KGR Berlin 2005, 208, Rdnr. 20 nach juris).
3.
Wird ein Anspruch nicht nur auf ein Schutzrecht gestützt, sondern – hilfsweise – auch auf eine weitere Rechtsposition, ist ein angemessener Aufschlag auf den für das hauptsächlich verfolgte Recht angenommenen Wert vorzunehmen (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 26.10.2021 – 5 U 85/21 – unter Bezugnahme auf das Urteil vom selben Tage zum selben Geschäftszeichen).
II.
Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist der Wert im vorliegenden Fall hinsichtlich des auf Werktitelrecht gestützten Anspruchs mit 33.333,- Euro (2/3 von 50.000,- Euro) zu bemessen, da keine besonderen Umstände erkennbar sind, die insoweit einen Zu- oder Abschlag rechtfertigen würden. Für den hilfsweise geltend gemachten Urheberrechtsanspruch hält der Senat vorliegend ein Zuschlag von 10 % für angebracht. Es ergibt sich somit ein Gesamtwert von 36.666,- Euro.
D.
Der Senat gibt ferner zu bedenken, dass sich nach KV-GKG Nr. 1222 die Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren von 4,0 auf 2,0 ermäßigen, wenn das Verfahren nicht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO endet, sondern die Berufung zurückgenommen wird.