Medienrecht – Fernsehrecht – LG Stuttgart vom 9.10.2014 (11 O 15/14) Hungerlohn am Fließband – Daimler unterliegt gegen den SWR
Ein für den SWR tätiger Journalist hatte sich von einer Leiharbeitsfirma einstellen lassen, um verdeckt recherchieren zu können.
In der Betriebs halle der Daimler AG in Stuttgart-Untertürkheim war er dann vom 5. bis 18. März 2013 im Bereich der Verpackung von Zylinderköpfen tätig. Mit vier versteckten Kameras fertigte er heimlich Videoaufnahmen, die im Rahmen einer Reportage am 13. Mai 2013 im ARD ausgestrahlt wurde.
Die Daimler AG vertrat die Auffassung, dass der Sender das Bildmaterial nicht ausstrahlen dürfe, weil dessen Beschaffung rechtswidrig gewesen sei, die Videoaufnahmen keine rechtswidrigen Verhaltensweisen wiedergeben würden und die Daimler AG durch die Ausstrahlung des Bildmaterials erheblich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt werde.
Nach Ansicht des Landgerichts Stuttgart sei die Herstellung der Videoaufnahmen wegen Verletzung des Hausrechts zwar rechtswidrig gewesen, jedoch diene die Reportage einem eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse.
Die Reportage habe darüber informiert, dass der Einsatz von Arbeitskräften im Rahmen sog. Werkverträge dazu führen könne, dass diese trotz gleichwertiger Arbeitsleistung und Eingliederung in den Produktionsprozess wesentlich niedrigere Löhne als die Stamm- und Leiharbeitnehmer des Unternehmens erhielten, die jedenfalls teilweise durch Leistungen der öffentlichen Hand („Hartz-IV“) aufgestockt werden müssten. Die Ausstrahlung des Videomaterials im Rahmen der Reportage sei nicht rechtswidrig gewesen, sondern durch die Meinungs- und Rundfunkfreiheit des SWR (Art. 5 GG) gerechtfertigt. Die Daimler AG könne daher keine Unterlassung der zukünftigen Ausstrahlung verlangen.
Quelle: Pressemeldung des LG Stuttgart
Anwalt Medienrecht Berlin