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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die offene Videoüberwachung der Reeperbahn in Hamburg auf der Grundlage des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei zulässig ist.

Nach diesem Landesgesetz darf die Polizei unter anderem öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung und -aufzeichnung offen beobachten, soweit an diesen Orten wiederholt Straftaten begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist. Die Bildaufzeichnungen sind spätestens nach einem Monat zu löschen, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine aufgenommene Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist.

Auf dieser Grundlage installierte die Polizei auf der Reeperbahn zwölf Videokameras. Sie können um 360° geschwenkt und variabel geneigt werden. Die Kameras verfügen über eine Zoomfunktion. Sie werden in der Polizeieinsatzzentrale gesteuert. Dorthin werden die Bilder auf eine Monitorwand übertragen, die aus zwölf Bildschirmen für die einzelnen Kamerastandorte und einem größeren Bildschirm besteht, auf den jeweils ein Kamerabild als Großbild aufgeschaltet werden kann. Die Videobilder werden durch Mitarbeiter der Polizeieinsatzzentrale täglich 24 Stunden lang überwacht.

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem Haus an der Reeperbahn. Gegenüber diesem Haus ist eine der Kameras an einem Pfahl auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn in etwa vier Meter Höhe befestigt. Sie erfasst in ihrem Schwenkbereich das Wohnhaus und den davor liegenden Straßenraum. Auf die gegen diese Videoüberwachung gerichtete Klage der Klägerin haben das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Hamburg der Polizei untersagt, mit der Videoüberwachung auch die Wohnräume der Klägerin und den Eingangsbereich des Hauses zu erfassen.

Im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es deshalb nur noch um die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums durch die gegenüber dem Wohnhaus der Klägerin installierte Kamera. Insoweit sah das Bundesverwaltungsgericht die Videowachung als rechtmäßig an. Insbesondere besaß der Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der hier einschlägigen Vorschrift. Die Videoüberwachung nach dem Hamburgischen Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei dient der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgungsvorsorge. Soweit die Strafverfolgungsvorsorge betroffen ist, unterfällt diese zwar der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Strafverfahren. Der Bund hat aber in der Strafprozessordnung keine Vorschriften erlassen, die den hier inmitten stehenden Sachverhalt abschließend regeln und deshalb einen Zugriff der Länder verhindern. Namentlich die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Anfertigung und Aufbewahrung von Lichtbildern zu erkennungsdienstlichen Zwecken sowie über die Observation Tatverdächtiger weisen nach Einsatzzweck und Voraussetzungen bedeutsame Unterschiede zur offenen Videoüberwachung auf. Dass die aufgezeichneten Bilder, soweit nötig, im Strafverfahren verwendet werden können und sollen, macht die offene Videoüberwachung nicht zu einer Maßnahme der Strafverfolgung. In der Sache verfolgt der Gesetzgeber mit der offenen Videoüberwachung von Brennpunkten der Straßenkriminalität legitime Ziele, nämlich derartige Delikte zu verhüten und Vorsorge für ihre strafrechtliche Verfolgung zu treffen. Diese Ziele rechtfertigen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in dem hier allein noch streitigen Umfang.

BVerwG 6 C 9.11 – Urteil vom 25. Januar 2012

Vorinstanzen:
OVG Hamburg, 4 Bf 276/07 – Urteil vom 22. Juni 2010 –
VG Hamburg, 4 K 2800/06 – Urteil vom 24. Mai 2007 –