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Gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung  der Beschwerdegebühr in Ausnahmefällen aus
Billigkeitsgründen angeordnet werden, sofern der Beschwerdeführer gerade durch einen Verfahrensfehler oder eine andere fehlerhafte Sachbehandlung des Deutschen Patent- und Markenamtes veranlasst worden ist, Beschwerde einzule-
gen. Sofern kein Verfahrensfehler vorliegt, die Vorentscheidung beispielsweise vertretbar war (hier hatte die Marke nur einen geringen Schutzbereich) bleibt der Beschwerdeführer auf seinen Kosten sitzen.

Hierzu eine aktuelle Entscheidung:

 

BUNDESPATENTGERICHT

26 W (pat) 551/10

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 065 988.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 31. August 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

BPatG 152
08.05

beschlossen:

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurück-
gewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 21. Juli 2010 die Anmeldung der für die Dienstleistungen der
Klasse 39: ,,Dienstleistungen einer Spedition (Güterbeförderung), Lagerung von
Waren,    Logistikdienstleistungen   auf    dem   Transportsektor“   beanspruchten
Wort-/Bildmarke 30 2009 065 988.5

wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-
kenG. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der durch die Kombination des Zei-
chens bewirkte Gesamteindruck gehe nicht über eine Zusammenfügung beschrei-
bender Elemente hinaus, sondern erschöpfe sich in deren bloßer Summenwir-
kung. Die Wortkombination ,,GEORGIEN TRANSPORT LOGISTIK GMBH“ ent-
halte lediglich die beschreibende Aussage, dass Transportlogistikdienstleistungen,
die Transporte von und nach Georgien beträfen, von einer GmbH erbracht würden
und sei daher nicht geeignet, den angesprochenen Verkehrskreisen als betriebli-
cher Herkunftshinweis zu dienen. Auch der mit einem Teil der georgischen Flagge
gefüllte Umriss des Landes Georgien vermöge der angemeldeten Marke in ihrer
Gesamtheit nicht zur Schutzfähigkeit zu verhelfen, weil der überwiegende Teil des
Verkehrs in ihrem Bildbestandteil lediglich eine Illustration des Wortes ,,Georgien“
sehen werde.

Auf die Beschwerde der Anmelderin hat der 26. Senat des Bundespatentgerichts
diese Entscheidung mit Beschluss vom 29. Juni 2011 aufgehoben. Er hat das an-
gemeldete Zeichen für schutzfähig erachtet und u. a. festgestellt, ohne nähere
analysierende Betrachtungsweise, die sich bei der Beurteilung der Unterschei-
dungskraft eines Zeichens i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verbiete, werde der
Verkehr die Bedeutung des Zeichens nicht auf dessen Wortbestandteil reduzieren.
Der Umriss des Staatsgebietes von Georgien sei sowohl dem durchschnittlichen
inländischen Interessenten für Transport- und Logistikdienstleistungen, als auch
dem angesprochenen Fachverkehr überwiegend unbekannt. Erst der Umstand,
dass der Betrachter des Gesamtzeichens in dessen Wortbestandteil auf die Be-
zeichnung eines Staates, nämlich ,,Georgien“ treffe, führe ihn zu der Annahme,
dass es sich bei dem ihm als solchen unbekannten Schattenriss eines Staats-
territoriums in Kombination mit der veränderten Darstellung einer Flagge um die
Illustration des im Wortbestandteil bezeichneten Staates handeln werde. Dieser
Umstand stelle einen gedanklichen Schritt dar, der letztlich dem Gesamtzeichen
zum notwendigen Mindestmaß an Unterscheidungskraft verhelfe.

Mit der Begründung, dass ihr bei richtiger Sachentscheidung durch das Deutsche
Patent- und Markenamt keine Gerichtskosten entstanden wären, beantragt die
Anmelderin sinngemäß die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

II.

Der gem. § 71 Abs. 3 MarkenG zulässige Antrag auf Erstattung der Beschwerde-
gebühr ist nicht begründet. Mit ihrem auslegungsbedürftigen, wörtlich als ,,Nieder-
schlagung der Gerichtskosten gem. § 20 GKG“ bezeichneten Antrag begehrt die
Anmelderin die Rückzahlung ihrer am 18. August 2010 geleisteten Beschwerde-
gebühr.

Nach § 71 Abs. 3 MarkenG kann eine solche Rückzahlung in Ausnahmefällen aus
Billigkeitsgründen angeordnet werden, sofern der Beschwerdeführer gerade durch
einen Verfahrensfehler oder eine andere fehlerhafte Sachbehandlung des Deut-
schen Patent- und Markenamtes in der Vorinstanz, wie beispielsweise die ekla-
tante Verkennung des Prüfungsumfangs mit schlechterdings unvertretbarem Er-
gebnis und einer Begründung mit nicht einschlägigen Textbausteinen (vgl. BPatG
GRUR 2003, 1069, 1070 ­ Nettpack), veranlasst worden ist, Beschwerde einzule-
gen (vgl. näher Knoll, Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. Rn. 32 zu § 71; In-
gerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn. 38 f. zu § 71). Solche Fehler sind im hiesigen
Fall nicht feststellbar.

Wie die Begründung der Entscheidung vom 29. Juni 2011 erkennen lässt, hat der
Senat innerhalb der zur Beurteilung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zei-
chens gebotenen Gesamtbetrachtung dessen Bildbestandteil eine andere rechtli-
che Bedeutung zugemessen als die Markenstelle, die die angegriffene Entschei-
dung vom 21. Juli 2010 gleichwohl mit einer in Aufbau und Argumentation nach-
vollziehbaren Begründung versehen hat. Die Aufhebung wegen anderer rechtli-
cher Bewertung durch das Bundespatentgericht stellt jedoch bei Vertretbarkeit der
vom Deutschen Patent- und Markenamt zugrunde gelegten Auffassung keinen
Rückzahlungsgrund dar (vgl. BPatG GRUR 2009, 188, 191 ­ Inlandsvertreter III;
BPatG GRUR 2004, 1030, 1033 ­ Markenregisterfähigkeit einer GbR; Knoll,
a. a. O. Rn. 32 zu § 71; Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 39 zu § 71). Dass im hiesigen
Verfahren über einen Grenzfall zu entscheiden war, hat der Senat nicht zuletzt
durch seinen Hinweis auf den geringen Schutzumfang des angemeldeten Zei-
chens am Ende seiner Entscheidung vom 29. Juni 2011 zu erkennen gegeben.

Aus diesen Gründen war der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu-
rückzuweisen.

Dr. Fuchs-Wissemann               Reker                         Dr. Schnurr

Bb