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Ein aktueller Erlass der Senatsverwaltung für Inneres und Sport führt möglicherweise dazu, dass sich Polizeibeamte über den Richtervorbehalt bei Blutentnahmen hinwegsetzen. Nach Ansicht der Verwaltung hat der Betroffene geringfügige Eingriffe wie Blutentnahmen zu dulden. Der Hinweis auf den Richtervorbehalt findet sich war in dem Erlass, allerdings relativ weit am Ende. Es bleibt zu hoffen, dass der Leser bis zu dieser Stelle gelangt. Bei Gefährdung des Untersuchungszwecks soll auch die Polizei die Blutprobe anordnen können.

der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift

über die Feststellung von Alkohol-,

Medikamenten- und Drogeneinfluss

bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

und über die Sicherstellung und Beschlagnahme

von Führerscheinen

Vom 23. Juni 2010

InnSport III B 1 Telefon: 9027-2490 oder 9027-0, intern 927-2490

Aufgrund des § 6 Absatz 2 Buchstabe b AZG und des § 9 Absatz 3 ASOG Berlin wird im Einvernehmen mit der Senats­verwaltung für Justiz und der Senatsverwaltung für Gesund­heit, Umwelt und Verbraucherschutz folgende Verwaltungs­vorschrift erlassen:

1             – Allgemeines

Bei Verdacht einer unter der Einwirkung von Alkohol oder anderen, allein oder im Zusammenwirken mit Alkohol auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamente, Dro­gen) begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist zu prü­fen, ob eine Atemalkoholprüfung, eine körperliche Unter­suchung, eine Blutentnahme, eine Urinprobe oder eine Haar­probe in Betracht kommen. Besonders wichtig sind diese Maß­nahmen bei Verdacht schwerwiegender Straftaten sowie bei Verkehrsstraftaten und Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG; namentlich in diesen Fällen kann – sofern eine Straftat vorliegt – eine Sicherstellung oder Beschlagnahme von Führerscheinen in Betracht kommen.

2             – Atemalkoholprüfung

Atemalkoholprüfungen (Vortest und Atemalkoholmessung) sind keine körperlichen Untersuchungen im Sinne des § 81 a StPO. Eine rechtliche Grundlage für ihre zwangsweise Durch­setzung besteht nicht. Sie können daher, und weil sie ein aktives Mitwirken erfordern, nur mit Einverständnis der betroffenen Person durchgeführt werden und sollen die Entscheidung über die Anordnung einer Blutentnahme erleichtern. Die beweis­sichere Atemalkoholprüfung mittels Atemalkoholmessgerät dient darüber hinaus auch der Feststellung, ob die in §24a Absatz l StVG genannten Atemalkoholwerte erreicht oder überschritten sind. Wird die Atemalkoholprüfung abgelehnt oder das Test- beziehungsweise Messgerät nicht vorschrifts­mäßig beatmet, sind bei Verdacht auf rechtserhebliche Alkohol­beeinflussung eine körperliche Untersuchung und die Blutent­nahme anzuordnen.

2.1 – Verfahren bei der Atemalkoholmessung

Die Verwertbarkeit der Atemalkoholprüfung als Beweismittel hängt entscheidend davon ab, dass Fehlmessungen zu Lasten der betroffenen Person sicher ausgeschlossen werden. Deshalb darf die Atemalkoholmessung nur unter Beachtung der folgen­den Regeln durchgeführt werden.

2.1.1 Belehrung

Vor Durchführung der Atemalkoholmessung ist die betroffene Person ausdrücklich darüber zu belehren, dass die Messung nur mit ihrem Einverständnis durchgeführt wird und die Messung ihre Mitwirkungsbereitschaft voraussetzt. Der betroffenen Per­son ist dabei zu eröffnen, welche Straftat oder Ordnungswidrig­keit ihr zur Last gelegt wird und welche Straf- oder Bußgeldvorschriften in Betracht kommen können. Ablauf und Zweck der Messung sind zu erläutern, und auf die Folgen einer Weigerung oder einer nicht vorschriftsmäßigen Beatmung des Messgerätes ist hinzuweisen.

2.1.2 – Gewinnung der Atemprobe

Zur Atemalkoholmessung dürfen nur von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Braunschweig und Berlin zugelassene und von den zuständigen Eichbehörden geeichte Atemalkoholmessgeräte verwendet werden. Die Messung muss von dazu ausgebildeten Personen unter Beachtung des in DIN VDE 0405 Teil 3 beschriebenen Verfahrens und der für das jeweilige Messgerät gültigen Gebrauchsanweisung durchgeführt werden.

Der Messvorgang, der sich aus zwei Einzelmessungen zusam­mensetzt, darf frühestens 20 Minuten nach Trinkende erfolgen (Wartezeit).

Das Messpersonal achtet dabei besonders auf Umstände, durch die der Beweiswert der Messergebnisse beeinträchtigt werden kann. Es vergewissert sich, dass die Gültigkeitsdauer der Eichung nicht abgelaufen ist, die Eichmarke unverletzt ist, das Messgerät keine Anzeichen einer Beschädigung aufweist und stellt namentlich sicher, dass die Daten der betroffenen Person ordnungsgemäß in das Messgerät eingegeben werden, das Mundstück des Messgerätes gewechselt wurde und die betrof­fene Person in einer Kontrollzeit von mindestens zehn Minuten vor der Messung keine Substanzen aufnimmt, also insbeson­dere nicht isst oder trinkt, kein Mundspray verwendet und nicht raucht. Die Kontrollzeit kann in der Wartezeit enthalten sein. Während der Messung ist auf die vorschriftsmäßige Beatmung des Messgerätes zu achten. Nach der Messung hat sich das Messpersonal davon zu überzeugen, dass die im Anzeigefeld des Messgerätes abgelesene Atemalkoholkonzentration mit dem Ausdruck des Messprotokolls übereinstimmt. Zeigt das Messgerät eine ungültige Messung an und liegt die Ursache in einem Verhalten der zu untersuchenden Person, so ist bei der Wiederholungsmessung auf eine Vermeidung zu achten.

2.1.3 – Messprotokoll

Die Einhaltung des für die Atemalkoholmessung vorgeschriebe­nen Messverfahrens ist mittels Messprotokollausdruck zu do­kumentieren. Auf dem von dem Messgerät erstellten Ausdruck bestätigt das Messpersonal durch Unterschrift, dass es zur Be­dienung des Gerätes befugt ist und die Messung nach Maßgabe der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers durchgeführt wurde. Auf dem Messprotokoll ist für Rückfragen neben der Unterschrift auch der Familienname und die Dienststelle der den Test durchführenden Personen anzugeben. Das Messproto­koll ist zu den Ermittlungsakten zu nehmen.

1.1 – Löschung der personenbezogenen Daten

Nach Durchführung der Messungen und Ausdruck des Mess­protokolls sind die personenbezogenen Daten aus dem Mess­gerät zu löschen.

3 – Körperliche Untersuchung und Blutentnahme 3.1 – Rechtliche Grundlagen

3.1.1 – Beschuldigte und Betroffene

Bei Beschuldigten und Betroffenen sind ohne ihre Einwilligung die körperliche Untersuchung sowie die Blutentnahme zur Fest­stellung von Tatsachen zulässig, die für das Verfahren von Be­deutung sind, wenn kein Nachteil für ihre Gesundheit zu be­fürchten ist (§ 81a Absatz l StPO, § 46 Absatz l OWiG). Betrof­fene haben jedoch nur die Blutentnahme und andere gering­fügige Eingriffe zu dulden (§ 46 Absatz 4 OWiG).

3.1.2 – Andere Personen

Bei anderen Personen als Beschuldigten oder Betroffenen ist ohne Einwilligung

  • die körperliche Untersuchung nur zulässig, wenn sie als Zeu­gen in Betracht kommen und zur Erforschung der Wahrheit
    festgestellt werden muss, ob sich an ihrem Körper eine be­stimmte Spur oder Folge einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit befindet (§81c Absatz l StPO, §46 Absatz l OWiG);
  • die Blutentnahme nur zulässig, wenn kein Nachteil für ihre Gesundheit zu befürchten und die Maßnahme zur Erfor­schung der Wahrheit unerlässlich ist (§ 81c Absatz 2 StPO, § 46 Absatz l OWiG).

In diesen Fällen können die Untersuchung und die Blutent­nahme aus den gleichen Gründen wie das Zeugnis verweigert werden; beide Maßnahmen sind ferner unzulässig, wenn sie der betroffenen Person bei Würdigung aller Umstände nicht zuge­mutet werden können (§81c Absatz 3, 4 StPO, §46 Absatz l OWiG).

3.1.3- Verstorbene

Bei Leichen sind Blutentnahmen zur Beweissicherung nach § 94 StPO zulässig.

3.2 – Gründe für die Anordnung

3.2.1 – Regelfälle für die Anordnung

Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sind in der Regel anzuordnen bei Personen, die verdächtig sind, unter der Einwirkung von Alkohol und/oder von sonstigen auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamenten, Dro­gen) eine Straftat begangen zu haben, namentlich

  • ein  Fahrzeug  im  Straßenverkehr geführt  zu  haben  mit 0,3 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkohol­menge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkon­zentration führt, wenn es infolge des Alkoholkonsums zu Ausfallerscheinungen,   einer   verkehrswidrigen   Fahrweise oder einem Verkehrsunfall gekommen ist;
  • ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben mit 1,1 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkohol­menge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkon­zentration führt;
  • ein Fahrrad im Straßenverkehr geführt zu haben mit l ,6 Pro­mille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkoholmenge
    im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt;
  • ein Schienenbahn- oder Schwebebahnfahrzeug, ein Schiff oder ein Luftfahrzeug geführt zu haben, obwohl aufgrund
    der Gesamtumstände angenommen werden muss, dass sie nicht in der Lage waren, das Fahrzeug sicher zu führen;

eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, namentlich

  • im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden
    Mittels geführt zu haben (§ 24a Absatz 2 StVG);
  • ein Wasserfahrzeug geführt zu haben mit einer Blutalkohol­konzentration von 0,8 oder mehr Promille oder einer Alko­holmenge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkon­zentration   führt,   sofern  Schifffahrtspolizeiverordnungen
    entsprechende Bußgeldtatbestände enthalten;
  • nach § 3 Absatz 3 und § 61 Absatz l Nummer l SeeSchStrO in Verbindung mit § 15 Absatz l Nummer 2 des Seeaufga­bengesetzes oder § 7 Absatz l des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes;
  • nach § 8 Absatz 3 Nummer l, Absatz 4, 5 und § 45 Absatz 2 Nummer la, 2a und 3a BOKraft in Verbindung mit §61
    Absatz l Nummer 4 PBefG;
  • nach § l Absatz 3 und § 43 Nummer 3 LuftVO in Verbin­dung mit § 58 Absatz l Nummer 10 LuftVG.

3.2.2 Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24a Absatz l StVG

Bei Personen, die ausschließlich verdächtig sind, eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Absatz l Nummer l oder 2 StVG begangen zu haben, kann entsprechend Nummer 3.3. l statt der körperlichen Untersuchung und der Blutentnahme die Atemalkoholmessung (Nummer 2.1) durchgeführt werden.

3.2.3- Unklare Verdachtslage

Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sind in der Regel auch anzuordnen

  • bei unter Alkoholeinwirkung oder der Einwirkung sonstiger auf das Zentralnervensystem wirkender Stoffe (Medikamente, Drogen) stehenden Personen, die sich in oder auf einem Fahrzeug befinden oder befunden haben, wenn die das Fahrzeug führende Person nicht mit Sicherheit festzu­stellen und der Tatverdacht gegen sie, das Fahrzeug geführt zu haben, nicht auszuschließen ist;
  • bei unter Alkoholeinwirkung oder unter der Einwirkung sonstiger auf das Zentralnervensystem wirkender Stoffe
    (Medikamente, Drogen) stehenden anderen Personen (zum Beispiel Fußgänger, Beifahrer), wenn sie im Verdacht stehen, den Straßenverkehr gefährdet zu haben und wenn dadurch andere Personen verletzt oder an fremden Sachen bedeuten­
    der Schaden entstanden ist;
  • bei Verstorbenen, wenn Anhaltspunkte für die Einwirkung von Alkohol oder sonstigen auf das Zentralnervensystem
    wirkenden Stoffen (Medikamenten, Drogen) vorhanden sind (zum Beispiel Alkoholgeruch, Zeugenaussage, Art des zum
    Tode führenden Geschehens), es sei denn, ein Fremdver­schulden ist auszuschließen;
  • bei schwerwiegenden Straftaten und bei schweren Unfällen, die sich anhand örtlicher oder tageszeitlicher Bedingungen,
    aufgrund  der Straßen-  und  Witterungsverhältnisse oder durch übliche Fehlverhaltensweisen nicht oder nicht ausrei­chend erklären lassen;
  • wenn eine Atemalkoholprüfung nicht durchgeführt werden kann (vergleiche Nummer 2 Satz 5).

3.2.4 – Verdacht auf Medikamenten- oder Drogeneinfluss

Anhaltspunkte für das Einwirken sonstiger auf das Zentralner­vensystem wirkender Stoffe (Medikamente, Drogen) sind insbe­sondere typische Ausfallerscheinungen (körperliche Symptome und Verhaltensauffälligkeiten) oder unerklärliche Fahrfehler, die trotz auszuschließender Alkoholeinwirkung beziehungs­weise nicht eindeutiger oder ausschließlicher Alkoholbeeinflus­sung (zum Beispiel nach vorhergegangenem Atemalkoholtest) festgestellt werden. Als weitere Anhaltspunkte kommen das Auffinden von Medikamenten, Drogen oder Gegenständen, die dem Konsum von Betäubungsmitteln dienen sowie die positive Kenntnis früherer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Betracht.

3.3 Verzicht auf die Anordnung

3.3.1 – Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sollen grundsätzlich unterbleiben

bei den Privatklagedelikten des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB), der Beleidigung (§§ 185 bis 189 StGB) und der ein­fachen Sachbeschädigung (§ 303 StGB);

bei leichten Vergehen und bei Ordnungswidrigkeiten, mit Aus­nahme der unter Nummer 3.2.1 genannten Regelfälle, es sei denn, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Täter oder die Täterin schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sein könnte (§§20, 21, 323a StGB, §12 Absatz 2, §122 OWiG);

  • wenn im Rahmen der Atemalkoholprüfung bei vorschrifts­mäßiger Beatmung des elektronischen Atemalkoholprüfge­rätes weniger als 0,25 mg/1 angezeigt werden;
  • wenn die entsprechend Nummer 2. l durchgeführte Atem­alkoholmessung  einen  Atemalkoholwert  unter  0,55mg/1

ergeben hat und lediglich der Verdacht einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a
Absatz l Nummer l oder 2 StVG besteht.

3.3.2 – Ausnahmen

Die Maßnahmen müssen auch in diesen Fällen angeordnet wer­den

–              falls sie nach pflichtgemäßer Überprüfung wegen der Beson­derheiten des Einzelfalles (Schwere oder Folgen der Tat, Ver­dacht auf Medikamenten-  oder Drogeneinfluss, relative Fahruntüchtigkeit) ausnahmsweise geboten sind;

–              falls das Testergebnis zwar einen unter 0,25 mg/1 liegenden Atemalkoholwert ergibt, der Test aber erst später als    eine Stunde nach der Tat durchgeführt werden konnte und

  • äußere Merkmale (zum Beispiel gerötete Augen, enge oder weite Pupillen, Sprechweise, schwankender Gang)
    oder
  • die Art des nur durch alkoholtypische Beeinträchtigung erklärbaren Verkehrsverhaltens auf eine Alkoholbeeinflussung zur Tatzeit hindeuten;

–   auf Weisung der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft an die Polizei.

3.4 – Zuständigkeit für die Anordnung

Die Anordnung einer körperlichen Untersuchung sowie einer Blutentnahme steht dem Richter, bei Gefährdung des Unter­suchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwalt­schaft, deren Ermittlungspersonen und den Verfolgungsbehör­den zu. Sollen Minderjährige oder Betreute, die nicht beschul­digt oder betroffen sind, körperlich untersucht oder einer Blutentnahme unterzogen werden, so kann ausschließlich der Richter die Maßnahmen anordnen, falls der gesetzliche Vertre­ter zustimmen müsste, aber von der Entscheidung ausgeschlos­sen oder an einer rechtzeitigen Entscheidung gehindert ist (§ 81a Absatz 2, § Sie Absatz 3 und 5, § 94 StPO, § 46 Absatz l und 2, § 53 Absatz 2 OWiG).

3.5 – Verfahren bei der Blutentnahme

3.5.1 – Entnahme der Blutprobe

Blutentnahmen dürfen nur von Ärzten (einschließlich solcher im Praktikum) nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchge­führt werden. Ersuchen um Blutentnahmen sind an Ärzte zu richten, die dazu rechtlich verpflichtet oder bereit sind. Andere Ärzte sind nicht verpflichtet, Ersuchen um Blutentnahmen nachzukommen.

Da die Richtigkeit der bei der Untersuchung auf Alkohol sowie Drogen und Medikamente gewonnenen Messwerte wesentlich von der sachgemäßen Blutentnahme abhängt, ist dabei grund­sätzlich wie folgt zu verfahren:

–  Das Blut ist möglichst bald nach der Tat zu entnehmen.

–  Es ist durch Venen-Punktion mittels eines von der zuständi­gen Landesbehörde zugelassenen Blutentnahmesystems zu                entnehmen, bei dem die Verletzungs- und Kontaminations­gefahr minimiert ist. Die Einstichstelle ist mit einem geeigne­ten                    nichtalkoholischen Desinfektionstupfer, der luftdicht verpackt gewesen sein muss, zu desinfizieren.

Die Punktion ist in der Regel aus einer Vene der oberen Ex­tremitäten vorzunehmen.

Zumindest für die jeweiligen Nadelsysteme und Tupfer sind geeignete Entsorgungsgefäße vorzuhalten.

–   Bei Leichen ist das Blut aus einer durch Einschnitt freigeleg­ten Oberschenkelvene zu entnehmen. Dabei ist darauf zu
achten, dass keine Spuren vernichtet werden. Falls bei einer Obduktion die Blutentnahme aus der Oberschenkelvene
nicht  möglich  ist,  müssen  die  Entnahmestelle  und  die Gründe für die Wahl angegeben werden.

3.5.2 – Protokoll

Die polizeiliche Vernehmung/Anhörung über die Aufnahme von Alkohol, Drogen oder Medikamenten sowie die körper­liche Untersuchung sind nach Maßgabe des Formblattes „Pro­tokoll und Antrag zur Feststellung des Alkohols u. a. im Blut“ vorzunehmen. Sie sind möglichst umgehend nach der Tat durchzuführen, um den zur Tatzeit bestehenden Grad der alkohol-, drogen- oder medikamentenbedingten Einwirkung festzu­stellen. Das Protokoll ist zu den Ermittlungsakten zu nehmen. Sofern eine Ausfertigung der Untersuchungsstelle übersandt wird, ist sie in der Weise zu anonymisieren, dass zumindest An­schrift, Geburtstag und Geburtsmonat nicht übermittelt wer­den.

3.5.3 – Anordnung / Anwendung von Zwang

Beschuldigte oder Betroffene, die sich der körperlichen Unter­suchung oder Blutentnahme widersetzen, sind mit den unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforder­lichen Mitteln zu zwingen, die körperliche Untersuchung und/ oder die Blutentnahme zu dulden.

Gegen andere Personen als Beschuldigte oder Betroffene (ver­gleiche Nummer 3.1.2) darf unmittelbarer Zwang nur auf besondere richterliche Anordnungen angewandt werden (§ 81c Absatz 6 StPO, § 46 Absatz l OWiG).

3.5.4 – Zweite Blutentnahme

Eine zweite Blutentnahme ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur in Ausnahmefallen und unter Be­rücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles anzu­ordnen. Dazu besteht zum Beispiel Anlass, wenn

  • Anhaltspunkte für die Annahme gegeben sind, dass der Be­schuldigte oder Betroffene innerhalb einer Stunde vor der
    ersten Blutentnahme Alkohol zu sich genommen hat;
  • sich der Beschuldigte oder Betroffene auf einen Nachtrank beruft oder Anhaltspunkte für einen Nachtrunk vorliegen:
  • wenn der Beschuldigte oder Betroffene nicht unmittelbar nach der Tat ergriffen wurde und von seinem Recht auf Aus­sageverweigerung Gebrauch beziehungsweise offensichtlich falsche Angaben macht.

Die zweite Blutentnahme darf frühestens und soll nicht wesent­lich später als 30 Minuten nach der ersten Blutentnahme erfol­gen.

3.5.5 – Sicherung der Blutproben

Die körperliche Untersuchung und Blutentnahme anordnende oder eine von ihr zu beauftragende Person soll bei dem gesam­ten Blutentnahmevorgang zugegen sein. Sie hat darauf zu achten, dass Verwechselungen von Blutproben bei der Blutent­nahme ausgeschlossen sind. Die bei der Blutentnahme anwesende Person ist auch für die ausreichende Kennzeichnung der Blutprobe(n) verantwortlich. Zu diesem Zweck sollen mehrteilige Klebezettel verwendet wer­den, die jeweils die gleiche Identitätsnummer tragen. Die für die Überwachung verantwortliche Person hat die Teile des Klebezettels übereinstimmend zu beschriften. Ein Teil ist auf das mit Blut gefüllte Röhrchen aufzukleben. Der zweite Ab­schnitt ist auf das Untersuchungsprotokoll aufzukleben, das der Untersuchungsstelle übersandt wird. Ihm ist zugleich der dritte Abschnitt lose anzuheften. Er ist nach Feststellung des Blutalkohol- beziehungsweise Drogengehalts für das Gutachten zu verwenden. Der vierte Teil des Klebezettels ist in die Ermitt­lungsvorgänge einzukleben. Bei einer zweiten Blutentnahme ist auf den Klebezetteln die Reihenfolge anzugeben. Die Richtig­keit der Beschriftung ist von dem Arzt zu bescheinigen.

Die bruchsicher verpackten Röhrchen sind auf dem schnellsten Weg der zuständigen Untersuchungsstelle zuzuleiten. Bis zur Übersendung sind Blutproben möglichst kühl, aber ungefroren zu lagern.

3.6 – Verfahren bei der Untersuchung

Die Untersuchungsstelle hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Verwechselungen von Blut­proben ausgeschlossen werden. Die Aufzeichnungen über die Kennzeichnung der Proben und die Ergebnisse der Bestimmung von Blutalkohol und/oder von berauschenden Mitteln und de­ren Abbauprodukten sind für die Dauer von sechs Jahren oder bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufzubewah­ren, damit sie gegebenenfalls dem Gericht oder der Verfol­gungsbehörde vorgelegt werden können.

Die Blutalkoholbestimmung für forensische Zwecke ist entspre­chend den vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt aufgestell­ten Richtlinien (vergleiche Gutachten „Alkohol bei Verkehrsstraftaten“, 1966 sowie zweites Gutachten „Alkohol im Stra­ßenverkehr“, 1977) durchzuführen. Die „Empfehlungen zur Anpassung der Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes von 1966 an Gesetze, Verordnungen und Rechtsprechung“ der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Ge­sellschaft für Verkehrsmedizin und der Gesellschaft für Toxiko­logie und Forensische Chemie, 1997 sind zu beachten.

Wird die rechtlich zulässige Variationsbreite überschritten, muss die Analyse wiederholt werden. Dem Gutachten sind dann nur die Ergebnisse der zweiten Untersuchung zugrunde zu legen. Tritt ausnahmsweise auch bei dieser eine Überschreitung der zulässigen Variationsbreite ein, so ist dies im Gutachten zu erläutern.

Weichen Sachverständige im Einzelfall von den vorstehenden Grundsätzen ab, so haben sie dem Gericht oder der Verfol­gungsbehörde darzulegen, ob hierdurch die Zuverlässigkeit des Untersuchungsergebnisses beeinträchtigt wird.

Die Untersuchungsstellen haben zur Gewährleistung einer gleichbleibenden Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse laufend interne Qualitätskontrollen vorzunehmen und regelmäßig an Ringversuchen teilzunehmen.

Das Gutachten der Untersuchungsstelle ist umgehend der Be­hörde zuzuleiten, die die Untersuchung veranlasst hat, sofern diese nicht die Übersendung an eine andere Stelle angeordnet hat.

Die Blutprobenreste sollten gekühlt, das Blutserum muss tief­gekühlt aufbewahrt werden.

4 – Urinproben

Ergeben sich Anhaltspunkte für die Einnahme von Medika­menten oder Drogen, ist im Fall des Verdachts einer Straftat oder einer schwerwiegenden Ordnungswidrigkeit (zum Beispiel nach § 24a Absatz 2 StVG) neben der Blutentnahme auf die Ab­gabe einer Urinprobe hinzuwirken. Die Entscheidung trifft die die Blutentnahme anordnende Person grundsätzlich nach ärzt­licher Beratung. Eine solche Maßnahme ist jedoch nur mit Ein­willigung der betroffenen Person zulässig. Diese ist hierüber zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Für die Untersuchung der Urinprobe sollte Urin in ausreichender Menge (möglichst 50 bis 100 ml) zur Verfügung stehen.

Gibt die betroffene Person eine Urinprobe nicht ab, ist bei der Blutentnahme darauf zu achten, dass nicht nur die für die Alko­holfeststellung übliche Blutmenge (ca. 8 bis 10 ml) entnommen wird. In diesen Fällen sollen im Hinblick auf weitergehende Un­tersuchungen mindestens 15 ml Blut der betroffenen Person entnommen werden. Bis zur Übersendung sind Urinproben möglichst kühl zu lagern. Sie müssen in dicht schließenden Behältnissen sowie fes­tem Verpackungsmaterial gegebenenfalls gemeinsam mit gleich­zeitig entnommenen Blutproben auf schnellstem Weg der zu­ständigen Untersuchungsstelle zugeleitet werden. Dabei sollen mit der Blutprobe gleichlautende Identitätsnummern verwendet werden. Die Untersuchungsstelle hat die Urinprobe, soweit sie nicht einer sofortigen Untersuchung unterzogen wird, zur Sicherung einer gerichtsverwertbaren Untersuchung auf berau­schende Mittel unverzüglich tiefzufrieren und tiefgefroren auf­zubewahren.

Forensisch relevante Analyseberichte sind durch Einsatz spe­zieller Methoden abzusichern. Der hierzu erforderliche Stan­dard ist durch regelmäßige interne und externe Qualitäts­kontrollen zu gewährleisten.

5 – Haarproben

Daneben kommt die Sicherung einer Haarprobe durch Ab­schneiden in Betracht, wenn die längerdauernde Zufuhr von Medikamenten und Drogen in Frage steht. Die Entnahme einer Haarprobe stellt eine körperliche Untersuchung dar und darf gegen den Willen des Beschuldigten nur von dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungsperso­nen angeordnet werden (§ 81a Absatz 2 StPO).

Die Haarprobe kann durch Angehörige des Polizeidienstes ent­nommen werden.

Bei der Probenahme ist Folgendes zu beachten:

  • Die Probenahme, das Verpacken und Versenden darf nicht in der Nähe von Rauschmittelasservaten stattfinden.
  • Die Entnahme sollte in erster Linie über dem Hinterhaupts­höcker erfolgen. Ist dies nicht möglich, muss die Entnahme­stelle entsprechend dokumentiert werden.
  • Die Probe sollte aus einem mindestens bleistift- bis kleinfin­gerdicken Strang bestehen.
  • Die Haare sind vor dem Abschneiden mit einem Bindfaden, möglichst 2 bis 3 cm von der Kopfhaut entfernt, fest zusam­menzubinden.

Die zusammengebundenen Haare sind möglichst direkt an der Kopfhaut abzuschneiden. Sollte dies nicht möglich sein, ist die Länge der zurückgebliebenen Haarreste zu dokumen­tieren.

Die entnommene Haarprobe ist fest in Papier oder Alumini­umfolie einzurollen. Die Probenbeschriftung mit Probenkennung, Bezeichnung der Entnahmestelle, Kennzeichnung von kopfnahem Ende und Haarspitze sowie Angaben zur Länge der verbliebenen Haarreste ist auf dem Bogen zu vermerken.

Für die Sicherung der Qualität der Untersuchung gilt Nummer 4 Absatz 5 entsprechend.

6 – Vernichtung des Untersuchungsmaterials
6.1 – Untersuchungsproben

Die den Betroffenen entnommenen Untersuchungsproben ein­schließlich des aus ihnen aufbereiteten Materials und der Zwi­schenprodukte sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie für das betreffende oder ein anderes anhängiges Straf- beziehungs­weise Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht mehr benötigt wer­den, im Regelfall nach rechtskräftigem Abschluss des oder der Verfahren. Etwas anderes kann sich im Einzelfall insbesondere dann ergeben, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen von Um­ständen vorhanden sind, welche die Wiederaufnahme des Ver­fahrens oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist rechtfertigen können. Die Entschei­dung über die Vernichtung hat diejenige Stelle zu treffen, der jeweils die Verfahrensherrschaft zukommt.

6.2 – Untersuchungsbefunde

Die Untersuchungsbefunde sind zu den Verfahrensakten zu nehmen und mit diesen nach den dafür geltenden Bestimmun­gen zu vernichten.

7 – Sicherstellung/Beschlagnahme von Führerscheinen

7.1 – Voraussetzungen

Liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111 a Absatz l, 6 StPO, §§ 69, 69b StGB) vor, so ist der Führerschein sicherzustellen oder zu beschlagnahmen (§ 94 Absatz 3, § 98 Absatz l, § 11 la Absatz 6 StPO).

7.1.1 -Atemalkoholprüfgerät

Ist ein Kraftfahrzeug geführt worden, so hat die Führerscheinbeschlagnahme/-sicherstellung jedenfalls dann zu erfolgen, wenn bei vorschriftsmäßiger Beatmung des elektronischen Atemalkoholprüfgerätes 0,55 mg/1 und mehr angezeigt werden oder Anhaltspunkte für eine relative Fahruntüchtigkeit beste­hen.

7.1.2  – Weigerung

Der Führerschein ist auch dann sicherzustellen oder zu be­schlagnahmen, wenn von einer relativen oder absoluten Fahr­untüchtigkeit auszugehen ist, die beschuldigte Person sich wei­gert, an der Atemalkoholprüfung mitzuwirken und deshalb eine Blutentnahme angeordnet und durchgeführt wird.

7.2 Verfahren

7.2.1 – Abgabe an die Staatsanwaltschaft

Der sichergestellte – auch freiwillig herausgegebene – oder be­schlagnahmte Führerschein ist unverzüglich mit den bereits vorliegenden Ermittlungsvorgängen der Staatsanwaltschaft zu­zuleiten oder – bei entsprechenden Absprachen – dem Amtsge­richt, bei dem der Antrag nach § 11 la StPO oder Antrag auf be­schleunigtes Verfahren nach § 147 StPO gestellt wird. Die Vor­gänge müssen vor allem die Gründe enthalten, die eine vorläu­fige Entziehung der Fahrerlaubnis erforderlich erscheinen lassen.

7.2.2 – Rückgabe an Betroffene

Steht fest, dass lediglich eine Ordnungswidrigkeit in Betracht kommt und befindet sich der sichergestellte oder beschlag­nahmte Führerschein noch bei der Polizeidienststelle, ist seine Rückgabe an die betroffene Person unverzüglich im Einverneh­men mit der Staatsanwaltschaft zu veranlassen.

7.2.3 – Ausländische Führerscheine

Nummer 7.2.1 und 7.2.2 gelten auch für von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines ande­ren Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellte Führerscheine, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Handelt es sich um andere ausländische Führerscheine, die zum Zwecke der An­bringung eines Vermerkes über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sichergestellt oder beschlagnahmt worden sind (§ lila Absatz 6 StPO), gelten die Nummern 7.2.1 und 7.2.2 mit der Maßgabe, dass diese Führerscheine nach der Anbrin­gung des Vermerkes unverzüglich zurückzugeben sind.

8 – Bevorrechtigte Personen

8.1 Abgeordnete

Soweit von Ermittlungshandlungen Abgeordnete des Deut­schen Bundestages, der Gesetzgebungsorgane der Länder oder Mitglieder des Europäischen Parlaments aus der Bundes­republik Deutschland betroffen sind, wird auf das Rund­schreiben des Bundesministers des Innern vom 10. Januar 1983 (P II 5-640180/9, GMBI S. 37) verwiesen.

Danach ist es nach der Praxis der Immunitätsausschüsse in Bund und Ländern zulässig, nach Maßgabe von Nummer 191 Absatz 3 Buchstabe h, Nummer 192b Absatz l RiStBV Abge­ordnete zum Zwecke der Blutentnahme zur Polizeidienststelle und zu einem Arzt zu bringen.

Die Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheines eines Abgeordneten ist, sofern nicht die Durchführung dieser Maßnahme durch die jeweiligen Parlamente allgemein geneh­migt ist, nicht zulässig. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüg­lich fernmündlich zu unterrichten.

Mitglieder des Europäischen Parlaments aus anderen Mitglied­staaten der Europäischen Union dürfen im Bundesgebiet weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

8.2 – Diplomaten u. a.

Bei Personen, die diplomatische Vorrechte und Befreiungen ge­nießen, sind Maßnahmen nach §§81a, 81c StPO und die Be­schlagnahme des Führerscheins nicht zulässig (§§ 18, 19 GVG). Bei Angehörigen konsularischer Vertretungen sind sie nur unter gewissen Einschränkungen zulässig; danach kommt eine Immu­nität von Konsularbeamten und Bediensteten des Verwaltungs­- und technischen Personals nur dann in Betracht, wenn die Handlung in engem sachlichen Zusammenhang mit der Wahr­nehmung konsularischer Aufgaben steht (zum Beispiel nicht bei Privatfahrten). Soweit eine Strafverfolgung zulässig ist, werden bei Verdacht schwerer Straftaten gegen die zwangsweise Blutentnahme aufgrund einer Entscheidung der zuständigen Justizbehörden keine Bedenken zu erheben sein (vergleiche Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 17. August 1993 – P I 6-640005/1, GMBI S. 589 sowie Nummer 193 bis 195 RiStBV).

8.3 – Stationierungsstreitkräfte
8.3.1 – Grundsätze

Bei Mitgliedern der Stationierungsstreitkräfte und des zivilen Gefolges sowie deren Angehörigen sind Maßnahmen nach §§ 81a, 81c StPO grundsätzlich zulässig (vergleiche Artikel VII des NATO-Truppenstatuts), soweit die Tat

  • nach deutschem Recht, aber nicht nach dem Recht des Ent­sendestaates (dessen Truppe hier stationiert ist) strafbar ist,
    oder
  • sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht des Entsendestaates strafbar ist, jedoch nicht in Ausübung des
    Dienstes begangen wird oder sich nicht lediglich gegen das Vermögen oder die Sicherheit des Entsendestaates oder nur
    gegen die Person
  • oder das Vermögen eines Mitgliedes der Truppe, deren zivi­len Gefolges oder anderer Angehöriger richtet, und die deut­schen Behörden nicht auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit verzichten.

In allen anderen Fällen ist von der Anwendung der §§ 81 a, 81c StPO abzusehen, da das Militärrecht verschiedener Stationierungsstreitkräfte die Blutentnahme gegen den Willen der Be­troffenen für unzulässig erklärt.

8.3.2 – Erlaubnisse zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge

Auf Führerscheine, die Mitgliedern der Stationierungsstreit­kräfte oder des zivilen Gefolges von einer Behörde eines Entsen­destaates zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge erteilt wor­den sind, ist § 69b StGB nicht anwendbar (Artikel 9 Absatz 6a und b NTS-ZA). Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme eines Führerscheines ist deshalb nicht zulässig. Jedoch nimmt die Polizei den Führerschein im Rahmen der gegenseitigen Unter­stützung (Artikel 3 NTS-ZA) in Verwahrung und übergibt ihn der zuständigen Militärpolizeibehörde.

8.3.3 – Erlaubnisse zum Führen privater Kraftfahrzeuge

Führerscheine zum Führen privater Kraftfahrzeuge, die Mit­gliedern der Stationierungsstreitkräfte oder des zivilen Gefolges und deren Angehörigen im Entsendestaat oder von einer Be­hörde der Truppe erteilt worden sind, können ausnahmsweise in den Fällen, in denen die deutschen Gerichte die Gerichtsbarkeit ausüben, nach Maßgabe des § 69b StGB entzogen werden (Artikel 9 Absatz 6b NTS-ZA). Bis zur Eintragung des Ver­merks über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis kann der Führerschein sichergestellt oder nach § 111 a Absatz 6 Satz 2 StPO auch beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme ist jedoch nur anzuordnen, wenn die Militärpolizei erklärt, keine Ermittlungen führen zu wollen. Erscheint die Militärpolizei nicht oder nicht rechtzeitig, so ist unverzüglich eine Entschei­dung der Staatsanwaltschaft über die Beschlagnahme einzuho­len.

9 – Kosten

Die Kosten der körperlichen Untersuchung, der Blutentnahme und -untersuchung sowie der Urin- und Haarprobe und deren Untersuchung sind zu den Akten des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens mitzuteilen. Über die Pflicht der Kostentragung wird im Rahmen des Strafverfahrens oder des Bußgeld­verfahrens entschieden. Eine vorherige Einziehung unterbleibt.

10 – Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Juni 2010 in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass über die Einführung der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift über die Feststel­lung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und über die Sicherstel­lung und Beschlagnahme von Führerscheinen vom 4. Mai 2005 (DB1.1 S. 50) außer Kraft.

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 31. Mai 2015 außer Kraft.