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Bereits dadurch,  dass ein Hausgenosse selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen kann, ergibt sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die seiner Alleintäterschaft.

So das AG München in einer aktuellen Entscheidung, die wir für unsere Mandanten erstreiten konnten.

Amtsgericht München

 Az.:       233 C 24497/13

 

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Constantin Film Verleih GmbH

Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, Gz.: 10PP063403

gegen

….

Rechtsanwalt Jüdemann Kai, Weiserstraße 10 – 12,10777 Berlin, Gz.: 208/10

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht Maixner am 30.05.2014 auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2014 folgendes

Endurteil

1.        Die Klage wird abgewiesen.

2.        Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  1.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten
      durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110  des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Be-
      trags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
       110  des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

 Der Streitwert wird auf 1.106,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten im Zuge einer be- haupteten Urheberrechtsverletzung .

Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte am Film “Igor” (Anlage K 1). Der
Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Dieser Anschluss ist mit einem nutzereigenen  Passwort WPA und WPA2 geschützt.

Die Klägerin behauptet, über den Internetanschluss des Beklagten sei am 06.02.2010 der Film
“Igor” über eine Tauschbörse illegal zum Download angeboten worden.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch  insgesamt nicht weniger als EUR 600,00 betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basisszinssatz hieraus seit dem 26.04.2013 sowie EUR 506,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins-satz hieraus seit dem 26.04.203 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte rügt die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts München. Er habe die Rechts-
verletzung nicht begangen. Der Beklagte lebe zusammen mit seinem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung. Der einzige PC des Beklagten sei am 06.02.2010 ausgeschaltet gewesen und er  sei zusammen mit seinem Mann an diesem Tag nicht zuhause gewesen. Ob der Computer des  Ehemanns angeschaltet gewesen sei, sei nicht festzustellen, da der Ehemann hierzu schweige.  Dem Mann sei das Filesharing im Übrigen ausdrücklich untersagt worden. Der Ehemann nutze  das Internet und habe auch früher mittels torrent Software Programme geladen, allerdings nur legalen Inhaltes.

Zur Ergänzung wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Amtsgericht München ist gemäß § 32 ZPO örtlich zu-
ständig.

1. )

Die Klägerin blieb mit ihrer Behauptung, der Beklagte habe die streitgegenständliche Rechtsver-
letzung begangen, beweisfällig. Dahingestellt belieben kann daher, ob die Rechtsverletzung über-
haupt vom Internetanschluss des Beklagten aus begangen wurde:

a)

Aus der vorgerichtlich  abgegebenen Unterlassungserklärung vom 25.05.2010 (Anlage K 4-2) geht  ein Anerkenntnis des Beklagten bezüglich der Täterschaft nicht hervor .

                                                                                                                                                                                               

b)

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die  zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche  Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt  sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Per- son habe die Rechtsverletzung begangen (BGH I ZR 121/08 “Sommer unseres Lebens”).

Eine Umkehr der Beweislast ist damit jedoch ebenso wenig verbunden wie eine Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Gegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu ver-schaffen. Von dem Anschlussinhaber kann im Rahmen des Zumutbaren substantiiertes Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen  und Umstände verlangt werden. Ihm obliegt aber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne,  dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf  der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss. Vielmehr genügt er seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass seine Hausgenossen selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die seiner Alleintäterschaft ergibt  (OLG Köln, NJW-RR 2012,1327; OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.2013, Az. 22 W 60/13).

Der Beklagte hat im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast hinreichend zu einem möglichen Alternativtäter vorgetragen. Nach der Einlassung des Beklagten hatte auch dessen Ehemann Zu-griff auf den Internetanschluss mit einem eigenen Computer. Der Ehemann nutze das Internet und habe auch fürher mittels torrent Software Programme geladen, allerdings legalen Inhaltes. Der Beklagte scheide hingegen bereits deswegen als Täter aus, da sein PC zum Tatzeitpunkt nicht eingeschaltet gewesen sei.

Damit hat der Beklagte die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die streitgegenständliche Rechtsverletzung genutzt  hat (BGH I ZR 74/12 “Morpheus”). Weiterer Vortrag war zur Entkräftung der tatsächlichen Vermutung nicht notwendig und kann bei lebensnaher Betrachtung vom Beklagten auch nicht erwartet  werden (AG München, Urteil vom 31.10.2013, Az. 155 C 9298/13). An den Beklagten dürfen im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast keine unmöglich zu erfüllenden Anforderungen gestellt werden.

Die Ansicht der Klageseite, der Beklagte habe vorgetragen, sein Ehemann habe ausschließlich  legale Downloads mittels torrent Programmen vorgenommen – der Ehemann scheide damit als Alternativtäter aus – ist unzutreffend. Der Beklagte läßt lediglich vortragen, dass der Ehemann  auch früher torrent Programme benutzt habe, jedoch nur für legale Inhalte. Mit “früher” bezeichnet  der Beklagte in diesem Zusammenhang erkennbar den Zeitraum vor der streitgegenständlichen  Rechtsverletzung.

Einen Beweis für die Täterschaft des Beklagten hat die Klägerin trotz entsprechenden Hinweises 

des Gerichts nicht angetreten.

2.)

Der Beklagte haftet auch nicht als Störer. Der Internetanschluss des Beklagten wurde unstreitig
hinreichend abgesichert (WPA2). Ein volljähriger Mitbewohner ist bezüglich möglicher illegaler In-
ternetnutzung weder zu belehren, noch zu überwachen – dies jedenfalls dann nicht, wenn keine
früheren Verletzungshandlungen des Mitbewohners bekannt sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom
05.03.2013, Az. 20 U 63/12). Solche, dem Beklagten bekannten früheren Rechtsverletzungen des
Ehemannes, werden nicht vorgetragen.

 

….

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