Influencer und geschäftliches Handeln
Influencer und geschäftliches Handeln: der Erfolg sozialer Netzwerke wie Instagram hat es Privatpersonen ermöglicht, die Reichweite ihrer Nutzer-Accounts sowie die Vorbildfunktion, die sie für viele ihrer Follower erfüllen, als Geschäftsmodell zu nutzen. Die Rede ist von sogenannten Influencern. Hierbei handelt es sich um Personen, die mittels eines privaten und reichweitenstarken Accounts in sozialen Netzwerken als Werbeträger für diverse Produkte fungieren. Wenn Unternehmenswebsites oder deren Namen auf den veröffentlichten Bildern mit Produkten verlinkt werden, stellt sich regelmäßig die Frage, ob diese als Werbung gesondert gekennzeichnet werden müssen, um nicht gegen §5a Abs.6 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) zu verstoßen. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die pauschale Einordnung der Verlinkung von Unternehmenswebsites auf Fotos von Influencern als Werbung verkennt allerdings den Zweck von sozialen Netzwerken, in denen die Interaktion zwischen den Nutzern und Influencern vielfach durch den Einsatz von Markierungen geschieht. So werden Anregungen und Kontakte ausgetauscht und letztlich die persönliche Meinung eines Influencers über die jeweiligen Produkte im Rahmen der freien Meinungsäußerung kundgetan. Letztere erfüllt ihren Sinn jedoch nur mit klarem Bezug zum hierfür verantwortlichen Unternehmen.
Der Zweck der Kennzeichnungspflicht ist der Schutz des Nutzers vor verschleierter Werbung. Markierungen in Fotos, die den Namen des herstellenden Unternehmens anzeigen und einen weiterführenden Link enthalten, stellen jedoch keine Werbung dar, vor der Nutzer geschützt werden müssten. Den Nutzern ist zumeist bewusst, dass Influencer mit ihrem Internetauftritt kommerzielle Interessen verfolgen und sie entscheiden sich bewusst dafür, die entsprechenden Fotos und Videos trotzdem anzusehen. Müssten sämtliche Beiträge mit entsprechenden Verlinkungen als Werbung gekennzeichnet sein, wie es das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 24.5.2018 forderte, droht eine Verwässerung des Werbebegriffes und es besteht die Gefahr, dass Nutzer tatsächliche kommerzielle Werbung nicht mehr als solche wahrnehmen.
Trotz der diesbezüglichen begrüßenswerten Klarstellung in der Entscheidung des Landgerichts München stellt sich nunmehr die Frage, ab wann reichweitenstarke Influencer, deren Nutzern das Bewusstsein ihrer kommerziellen Absichten unterstellt wird, ihre Veröffentlichungen nun überhaupt noch als Werbung kennzeichnen müssen, da ihre angeblich offensichtliche kommerzielle Natur selbst im Falle einer Gegenleistung vonseiten des Unternehmens das Erfordernis einer solchen Kennzeichnung nach dem UWG obsolet machen würde.
Mit Spannung sind daher künftige Entscheidungen in diesem hochaktuellen Rechtsbereich zu erwarten.
Das Urteil des Landgerichts München I vom 29.4.2019 (4 HK O 14312/18) hatte die Diskussion um Kennzeichnungspflichten von Internetbeiträgen sogenannter Influencer hinsichtlich einer möglichen, wettbewerbsrechtlich unzulässigen Schleichwerbung weiter angeheizt. Im genannten Fall hatte der Verband Sozialer Medien e.V. die Influencerin Cathy Hummels auf Unterlassung der weiteren Verbreitung von Beiträgen auf ihrem privaten Instagram-Account in Anspruch genommen, sofern diese kommerzielle Produkte enthielten und nicht als Werbung gekennzeichnet seien. Das LG München wies die Klage im Ergebnis ab.
Gemäß §5a Abs.6 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Sinn und Zweck der Kennzeichnungspflicht in werbenden Beiträgen ist das sogenannte Trennungsgebot, das im zuvor zitierten Absatz des UWG verankert ist. Es soll sicherstellen, dass redaktionelle Inhalte und Werbung als solche erkennbar und voneinander abgrenzbar sind, um eine unabhängige Entscheidung des Verbrauchers zu gewährleisten. Im Fernsehen geschieht dies regelmäßig mit der Bezeichnung „Werbung“, in Printmedien mit dem Hinweis „Anzeige“, um werbende Inhalte zu kennzeichnen.
Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt der Entscheidung 485.000 Follower in dem sozialen Netzwerk Instagram und zeigte sich auf den von ihr dort verbreiteten Fotos hauptsächlich mit Modeprodukten oder beim Yoga. Teilweise wies sie dabei mit sogenannten Tags auf die Hersteller der von ihr präsentierten Kleidung hin und verlinkte deren Website auf ihren Fotos. Hierfür erhielt die Beklagte von den Unternehmen zwar keine Gegenleistung, doch ist dies im UWG für die Annahme verbotener Werbung und einer daraus resultierenden wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit bei Erwähnung und Verlinkung kommerzieller Produkte ohne entsprechende Kennzeichnung nicht erforderlich.
Das Landgericht München I wies die Klage in seiner vielbeachteten Entscheidung ab und begründete dies insbesondere damit, dass die Verbreitung der genannten Fotos zwar ein gewerbliches Handeln darstelle, da durch die Posts das eigene Unternehmen sowie die Unternehmen der gezeigten Modeprodukte gefördert würden. Allerdings sei dieses gewerbliche Handeln für die angesprochenen Verkehrskreise im Wesentlichen erkennbar. Daher sei im vorliegenden Fall entscheidend, dass das Profil der Beklagten öffentlich, verifiziert und mit einem blauen Haken versehen sei und von einer großen Anzahl an Followern verfolgt werde, denen die kommerziellen Absichten eines solchen Internetauftrittes bewusst gewesen sein müssten.
Somit stimmte das Gericht in seiner Entscheidung zwar den vorherigen Gerichten in der Sache zu, dass die Präsentation von Fotos mit verlinkten Produkten einen kommerziellen Zweck verfolge und eine geschäftliche Handlung darstelle, stellt jedoch eine davon abweichende rechtliche Wertung an: Maßgeblich sei demnach die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns für die angesprochenen Verkehrskreise. Influencer müssten gleich behandelt werden wie Printmedien, die insbesondere in ihren Internetauftritten ebenfalls auf das Zeigen von nicht als Werbung gekennzeichneten Modeprodukten zurückgriffen. Somit wird eine Parallele von Influencern mit Frauenzeitschriften wie der „Brigitte“ gezogen.
Das Urteil bildet den vorläufigen Schlusspunkt in einer Reihe von Gerichtsentscheidungen, die sich in den letzten Jahren mit dem neuen Phänomen der Influencer-Werbung beschäftigen mussten. Im Mai 2018 urteilte das Landgericht Berlin (Urt. v. 24.5.2018; 52 O 101/18), dass Influencer stets gewerblich handelten und mit der vermeintlichen Darstellung ihres Privatlebens die Nutzer der sozialen Netzwerke bei ihren Kaufentscheidungen beeinflussten. Auch die Präsentation selbst gekaufter Artikel sei immer als Werbung zu kennzeichnen, sofern der entsprechende Account über eine Mindestreichweite von 50.000 Followern verfüge und wenn ein Link zur Website des beworbenen Unternehmens führe. Vielfach kritisiert wurde insbesondere, dass Nutzer nach dieser Entscheidung erst recht nicht mehr in der Lage seien, Werbung von der bloßen Präsentation mit kommerziellen Produkten zu unterscheiden, da fortan nahezu alles als Werbung deklariert werden müsse. Zudem hätten viele Influencer nie Kontakt mit einem Unternehmen der von ihnen vermeintlich beworbenen Produkte gehabt.
Im Januar 2019 schränkte das Kammergericht Berlin (Urteil v. 08.01.2019; 5 U 83/18) diese Rechtsprechung insofern ein, als dass nunmehr nicht jede Website-Verlinkung eines Unternehmens auf einem geposteten Foto zur Annahme des werbenden Charakters führe, sondern auf den Informationsgehalt des jeweiligen Posts und der Verlinkung abgestellt werden müsse. Stünde eine Verlinkung auf ein Produkt in redaktionellem Zusammenhang mit dem Inhalt des Postings, so sei dies keine Werbung. Solange lediglich die Meinungsäußerung des Influencers oder die Information der eigenen Fans über das Produkt im Vordergrund stehe, könne folglich nicht von einer unzulässigen, weil ungekennzeichneten Werbung ausgegangen werden.
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