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BUNDESPATENTGERICHT

26 W (pat) 98/10
_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 048 471.3

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung     vom    8. Juni 2011   unter   Mitwirkung   des   Vorsitzenden   Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152
08.05
Gründe

I.

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat
die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamtes die
Anmeldung der Wortmarke 30 2008 048 471.3

CASA DEL ESPRESSO

für die Waren

,,Klasse 3: Reinigungsmittel, insbesondere für Kaffeemaschinen; pflanzliche Aro-
mastoffe für Getränke; Detergentien, außer zur Verwendung in Herstellungsver-
fahren und für medizinische Zwecke; Druckluft in Dosen zur Reinigung und Ent-
staubung; Fettentfernungsmittel, außer zur Verwendung in Herstellungsverfahren;
Fleckenentferner; Abflussreinigungsmittel;

Klasse 11: Filter (Teile von häuslichen Anlagen und Geräten); Wasserfiltrierge-
räte; Kaffeefiltergeräte; Kaffeemaschinen, elektrisch; Kaffeeperkolatoren, elek-
trisch; Kaffeeröster; Kaffeeröstmaschinen; Kochgeräte; Malzröster;

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Porzellan
und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Abfalleimer;
Becher; Chinaporzellan; Zuckerdosen; Kaffeedosen; Filter für den Haushalt; Iso-
liergefäße für Nahrungsmittel; Kaffeefiltergeräte, nicht elektrisch; Kaffeemühlen,
handbetrieben; Kaffeeperkolatoren (nicht elektrisch); Kaffeeservice; Kannen und
Krüge; Keramikerzeugnisse für den Haushalt; Kochgeschirr; Küchengefäße; Kühl-
taschen; Papier- oder Plastikbecher; Papierteller; Porzellan; Schneebesen; Spar-
büchsen, nicht aus Metall; Trinkgefäße“
-3-
unter Vorlage von Belegen mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich um
eine für die beanspruchten Waren nicht unterscheidungskräftige Sachangabe
handele, die gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei. Die Bezeichnung ,,Casa del …“
in Verbindung mit einer Warenbezeichnung habe sich in Deutschland inzwischen
als Bezeichnung für einen ansprechend gestalteten Verkaufsort für Waren der
benannten Gattung etabliert. Wortkombinationen wie z. B. ,,Casa del vino“, ,,Casa
del Pizza“, ,,Casa del oliva“ und ,,Casa del Habano“ seien zur Bezeichnung einer
Vertriebsstätte mit italienischem Flair gebräuchlich geworden. Bei den bean-
spruchten Waren handele es sich entweder um Geräte zur Herstellung von Kaffee,
deren Zubehör, Utensilien zur Wartung von Kaffeemaschinen oder Gefäße für die
Aufbewahrung oder das Servieren von Kaffee. Begegne der Verkehr ,,CASA DEL
ESPRESSO“ im Zusammenhang mit diesen Waren, werde er die Marke aus-
schließlich als Hinweis auf eine Verkaufsstätte und die dort erhältlichen Waren, die
mit Kaffee zu tun haben, jedoch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis begreifen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er
ist der Ansicht, der Begriff ,,Espresso“ beinhalte keine Qualitätsbezeichnung. Auch
wenn sich ,,CASA DEL…“ inzwischen in Deutschland für einen ansprechend
gestalteten Verkaufsort für Waren der nachfolgend genannten Art etabliert habe,
sei diese Bezeichnung von den tatsächlich dort vertriebenen Waren strikt zu tren-
nen. Der enge sachliche beschreibende Bezug zu einer Kühltasche, zu Papiertel-
lern, Schneebesen und Sparbüchsen, zu Reinigungsmitteln, Fettentfernungsmit-
teln, Fleckenentfernern, Kochgeräten, Malzröstern, Zuckerdosen, Isoliergefäßen
für Nahrungsmittel und Kochgeschirr erschließe sich nicht. Der durchschnittliche
inländische Verbraucher sei nur dann in der Lage, das Wort ,,CASA“ zuzuordnen,
wenn er des Italienischen, Spanischen oder Portugiesischen mächtig sei. Der
Anmelder beruft sich auf eine Reihe seiner Ansicht nach einschlägiger Voreintra-
gungen.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. Februar 2009 und
4. August 2010 aufzuheben.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in
der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Mar-
kenstelle dem angemeldeten Zeichen für die beanspruchten Waren die Schutzfä-
higkeit wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer
Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem
bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den
Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH
GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608,
Rdn. 62 – Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zei-
chen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f.,
Rdn. 51 – Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18
– FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem All-
gemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register
zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allge-
meinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59
– EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR
2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum
einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar be-
schreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unter-
scheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein
enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen
hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 – FUSSBALL WM 2006;
BGH GRUR 2001, 162 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das erforder-
liche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich solchen Angaben und
Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskenn-
zeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriff in sei-
ner ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel verste-
hen wird (vgl. Ströbele/Hacker, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8 m. w. N.). Ein Beispiel hier-
für stellen Angaben allgemeiner Verkaufsstätten dar, die zwar nicht zur unmittelba-
ren Beschreibung der dort vertriebenen Waren dienen, gleichwohl für diese Waren
jedoch keine unterscheidungskräftigen Angaben im Sinne konkreter betrieblicher
Herkunftshinweise darstellen (vgl. Ströbele/Hacker, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8
m. w. N.; vgl. BPatG GRUR 2007, 61 – Christkindlesmarkt; GRUR 2007, 58, 60 f.
– BuchPartner, GRUR 2003, 1051, 1052 – rheuma-world; BPatG PAVIS PROMA,
27 W (pat) 96/03 – TECHNOMARKT; BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 335/03
– Gardinenland; BPatG PAVIS PROMA, 24 W (pat) 256/03 – tabakwelt). Diese
Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall gegeben.

Für den Wortbestandteil ,,Espresso“ lassen sich im Deutschen lexikalisch drei
Bedeutungen nachweisen: So bezeichnet ,,Espresso“ sehr dunkel gerösteten Kaf-
fee, in einer Spezialmaschine aus ,,Espresso“ zubereiteten, sehr starken Kaffee
und ein kleines Lokal, in dem ,,Espresso“ serviert wird (vgl. Duden – Deutsches
Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]).

Bereits die Markenstelle hat zutreffend und unter Vorlage von Belegen ausgeführt,
dass sich ,,CASA DEL…“ inzwischen in Deutschland als Bezeichnung für einen
ansprechend gestalteten Verkaufsort für Waren der nachfolgend genannten Art
etabliert hat. Dies stellt auch die Anmelderin nicht in Abrede. Bei Markenwörtern,
die einer der ursprünglichen Welthandelssprachen Englisch, Französisch, Italie-
nisch, Spanisch und Portugiesisch angehören, ist in ständiger Praxis von einer
grundsätzlichen Eignung zur Beschreibung auszugehen (Hacker/Ströbele, 9. Aufl.,
Rn. 332 zu § 8 Rn. 109, 332 zu § 8, EuGH, GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 32)
– Matratzen Concord/Hukla). Zumindest die am Handel mit Espresso und Espres-
somaschinen beteiligten Fachkreise werden die Bedeutung von ,,CASA DEL
ESPRESSO“ als ,,Verkaufsort für Espresso“ ohne Mühe erfassen. Die im Apo-
stroph geringfügig vom Italienischen abweichende Schreibweise der angemelde-
ten Wortfolge ist für das Verständnis des deutschen Durchschnittsverbrauchers
dabei unerheblich.

Für Waren, die der Herstellung oder dem Servieren von Espresso und espresso-
haltigen Getränken dienen oder üblicherweise an einer Vertriebsstätte für Es-
presso erhältlich sind, wird der Verkehr ,,CASA DEL ESPRESSO“ daher aus-
schließlich als Sachbegriff in seiner ursprünglichen Bedeutung zur Bezeichnung
einer Verkaufsstätte und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen. Dies trifft, wie
schon die Markenstelle ausgeführt hat, auf den überwiegenden Teil der angemel-
deten Waren zu. So sind im Handel insbesondere Abfalleimer erhältlich, die mit
speziellen Vorrichtungen für die ausschließliche Aufnahme von Plastikbechern
versehen sind, in denen üblicherweise auch in einer Spezialmaschine zubereiteter
,,Espresso“ zum Kauf angeboten wird. Kühltaschen können zur Kühlung und zum
Transport von Milch, Milchmischgetränken mit Espresso und Eis zum Einsatz
kommen. Isoliergefäße für Nahrungsmittel werden zum Transport von Heißgeträn-
ken benützt. Die Verwendung von Koch- und Plastikgeschirr, Schneebesen zum
Milchaufschäumen, Espressomaschinen und deren Zubehör ist in einer Verkaufs-
stätte für Espresso ebenfalls üblich. Auch speziell für Kaffeeflecken im Handel
erhältliche Fleckenentferner können typischerweise dort zum Einsatz kommen und
als Zubehör vertrieben werden. Für die ebenfalls beanspruchte Ware ,,Abflussrei-
niger“ scheint dies zunächst nicht ganz so nahe zu liegen, ergibt sich jedoch
daraus, dass Kaffeesatz selbst als Abflussreinigungsmittel empfohlen wird
(http://www.abfluss-verstopft.info/abfluss-reinigen-10-hausmittel/; http://www.frag-
mutti.de/tipp/p/show/category_id/2/article_id/1645/Abflussfrei-durch-
Kaffeesatz.html;        http://www.expli.de/anleitung/trick-kaffeesatz-zum-abfluss-
reinigen-1016/). Dass eine Verkaufsstätte für Espresso den dort anfallenden Kaf-

feesatz, etwa im Rahmen einer PR-Aktion, seinen Kunden zusammen mit einer
Anleitung als Abflussreinigungsmittel anbietet, werden diese nicht als für die Ver-
kaufsstätte untypisch erachten und ,,CASA DEL ESPRESSO“ daher auch in die-
sem Zusammenhang ausschließlich als Bezeichnung der Vertriebsstätte, nicht
aber als Unterscheidungsmittel verstehen.

Im Rahmen des Üblichen liegt es ebenfalls, in einer Verkaufsstätte für Espresso
nicht nur Kaffee zu servieren und die benötigten Kaffeebohnen zum Kauf anzubie-
ten, sondern auch Espressomaschinen und deren Zubehör, insbesondere die zur
Reinigung von Vollautomaten erforderlichen Mittel wie beispielsweise Druckluft in
Dosen und Kaffeefettlöser zum Kauf anzubieten (vgl. http://www.casa-del-
espresso.de/;     http://www.tchibo.de/Cafissimo-Kaffeemaschinen-Kaffee-Kapseln-
c400003474.html; http://www.kaffischopp.de/Zubehoer:::50.html). Wie der letzte
Link zeigt, werden in derartigen Verkaufsstätten, zu denen auch ein Internet-Shop
zählen kann, u. a. Merchandising-Artikel zum Kauf angeboten. Bei den hier ange-
meldeten ,,Sparbüchsen (nicht aus Metall)“ kann es sich um solche Merchandi-
sing-Artikel    und/oder   Waren    in   Tassen-    oder   Kaffeehausform     (vgl.
http://www.enjoymedia.ch/spardose-kaffeebecher-p-3426.html?currency=EUR
(Anlage 4)) handeln, im Zusammenhang mit welchen der Verkehr ,,CASA DEL
ESPRESSO“ ebenfalls nicht als Herkunftshinweis wahrnehmen wird.

Das Bundespatentgericht hat in der Vergangenheit Marken mit den Wortbestand-
teilen ,,CASA“ (BPatG PAVIS PROMA, 32 W (pat) 71/00) und ,,Kaffeehaus“
(BPatG PAVIS PROMA, 29 W (pat) 33/99) ebenfalls das zu einer Eintragung erfor-
derliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen. Die Entscheidungen
,,la bella casa“ (BPatG PAVIS PROMA, 26 W (pat) 263/00), ,,casa natura“ (BPatG
PAVIS PROMA, 29 W (pat) 64/97) und ,,Casa Toscana“ (BPatG PAVIS PROMA,
26 W (pat) 249/00) haben demgegenüber entweder noch auf die beim Endver-
braucher voraussetzbaren Fremdsprachenkenntnisse abgestellt, ohne ein ggf. ab-
weichendes Sprach- und Fachverständnis der am Handel beteiligten Verkehrs-
kreise als maßgeblich zu berücksichtigen (vgl. hierzu inzwischen Hacker/Ströbele,

9. Aufl., Rn. 109, 332 zu § 8, EuGH, GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 32) – Matratzen
Concord/Hukla; BPatG MarkenR 2007, 527 – Rapido; EuGH GRUR 2010,
534 – 536 – PRANAHAUS), oder sie sind zu dem Schluss gelangt, dass sich die
konkrete Wortkombination gerade nicht zur Beschreibung der angemeldeten
Waren (wie ,,Casa Toscana“ für Möbel) eigne.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Fuchs-Wissemann                        Reker                  Dr. Schnurr