030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

Das DPMA hatte dem Wortzeichen “Rosenheim-Cops” jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen, da die angemeldete Bezeichnung insoweit den Inhalt bzw. das Thema der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichne.

Das BPatG hob die Entscheidung auf die Beschwerde des ZDF hin  auf, ” weil die hier angesprochenen Kreise ,,Rosen-
heim-Cops” wegen der ungewöhnlichen Zusammenstellung als Unterscheidungsmittel verstehen.” Die zu beurteilende Wortkombination wirke als Ganzes nicht lediglich als Sachangabe, sondern als betrieblicher Herkunftshinweis, weil der Aus-
druck ,,Cops” im Kontext mit ,,Rosenheim” nicht erwartet werde.

Fragen? Wir vertreten in allen Fragen zum Recht des geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts. Bitte sprechen Sie uns an!

 

 

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 025 990.0

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
10. Mai 2011 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und
Richterin am Landgericht Werner

BPatG 152
08.05

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen
Patent-   und   Markenamt     vom    29. Oktober 2010   und   vom
16. Februar 2011 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der
Wortmarke
Rosenheim-Cops

für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42 beantragt.

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit den im Tenor genannten Beschlüssen,
von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 MarkenG für

,,bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische
und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten;
Spielprogramme für Computer;         Bildschirmschonerprogramme;
Computer-Software; elektronische Publikationen (herunterladbar);
Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine,
Broschüren, Faltblätter, Programmhefte, Bücher, Kalender, Plakate
(Poster), auch in Buchform,
Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Kabelfernsehsendungen,
Rundfunk- und Hörfunksendungen sowie von Teleshoppinsendun-
gen; Übermittlung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations-

und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene
digitale und analoge Netze, sowie mittels Computer;
Unterhaltung durch Hörfunk- und Femsehsendungen/-programme;
Film-, Ton-, Videofilm- und Fernsehproduktion; Bereitstellung und
Veröffentlichung von elektronischen Publikationen, auch im Inter-
net, die nicht herunterladbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe
von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke);
Durchführung von Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen,
Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen
unterhaltender und bildender Art;
Entwurf und Entwicklung von Computersoftware”

zurückgewiesen, weil die angemeldete Bezeichnung insoweit den Inhalt bzw. das
Thema der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichne. Dass die
Marke teilweise humorvoll wahrgenommen werde, weil sie das Bild eines bairi-
schen Provinzpolizisten mit amerikanischen Großstadtcops oxymoronisch ver-
klammere, berühre den beschreibenden Charakter nicht (vgl. BPatG, BPatG, Be-
schluss vom 19. September 2007, Az: 32 W (pat) 5/06, BeckRS 2007, 19197 –
Heiße Ware auf Bestellung).
Nachweisbar sei eine Verwendung in Deutschland für ,,Motorrad-Cops” (eine RTL-
Sendung), ,,Chaos-Cops” (Stand-Up-Comedy), ,,Die Abenteuer der Kid-Cops Pauli
und Paulinchen”, ,,Glühweincops” (private Taschendieb-Wächter auf Weihnachts-
märkten) sowie ,,Ein Fall für die Fisch-Cops” (gefälschte Sushi).
Die Verkehrsdurchsetzung sei nicht ausreichend dargetan; die Anmelderin habe
nur eigene Publikationen vorgelegt.
Der Erinnerungsbeschluss wurde der Anmelderin am 23. Februar 2011 zugestellt.

Sie hat am 28. Februar 2011 Beschwerde eingelegt. Im Verfahren vor der Marken-
stelle hat sie vorgetragen, die Kombination des US-amerikanischen umgangs-
sprachlichen ,,cops” mit ,,Rosenheim” sei ungewöhnlich, weil im Deutschen der
umgangssprachliche Begriff für einen Polizisten ,,Bulle” sei. ,,Cop” werde für einen
deutschen Polizisten nicht einmal in der Umgangssprache verwendet; es werde
vielleicht verstanden, aber nicht benutzt. Gebe man ,,Cop” in die Suchmaschine
Google ein und filtert nach Seiten aus Deutschland, finde man an erster Stelle die
CO.P.S. Sicherheitsdienst GmbH, dann zwei Treffer, die sich auf eine Studie der
Universität Hohenheim zu einem meteorologischen Thema bezögen (Convective
and Orographically-induced Precipitation Study), an vierter Stelle die Erläuterung
des Begriffs auf Wikipedia, an fünfter Stelle einen Link zu einer Studie der Univer-
sität Stuttgart, an sechster Stelle der Link zur Serie ,,Die Rosenheim-Cops” der
Anmelderin, dann mehrere Treffer, sich auf einen neuen amerikanischen Film
(,,Die etwas anderen Cops”) bezögen und schließlich ein Link zu einer Gemein-
schaft von Online-Spielern (Cops-United), siehe Anlage 1.
Das zeige, dass ,,Cops” keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe
und stets mit einem US-amerikanischen Polizisten assoziiert werde. ,,Rosenheim-
Cops” sei eine willkürliche Zusammenstellung zweier Begriffe, die in ihrer Kombi-
nation einen phantasievollen Überschuss enthielten, der dem Gesamtbegriff zur
Eintragungsfähigkeit verhelfe. ,,Rosenheim-Cops” wirke originell und insoweit indi-
vidualisierend.
Ergänzend beruft sich die Anmelderin auf Verkehrsdurchsetzung. Die Serie ,,Die
Rosenheim-Cops” laufe seit 2002 im ZDF und werde mittlerweile in der 10. Staffel
(über 200 Folgen) ausgestrahlt. Die Serie verbuche anhaltend gute Quoten und
sei die erfolgreichste Serie des ZDF auf dem Sendeplatz um 19:25 Uhr. Am
4. Januar 2011 habe sie mit 5,27 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von
16,9 % und am 28. Dezember 2010 mit 4,99 Millionen Zuschauern einen Markt-
anteil von 17,1 % erreicht (siehe Anlagen 2 bis 4).
Die Serie werde auch auf DVD im Handel angeboten.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der
angemeldeten Marke steht weder § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen noch des-
sen Nr. 2, so dass die von der Anmelderin geltend gemachte Verkehrsdurchset-
zung dahinstehen kann.

1) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die
ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Be-
schaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Her-
kunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen
oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen die-
nen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder
verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428).

,,Rosenheim-Cops” setzt sich zwar ersichtlich aus dem bekannten Namen einer
oberbayrischen Stadt sowie dem geläufigen Begriff ,,Cops” für US-amerikanische
Polizisten zusammen.
Bei dieser Bezeichnung handelt es sich aber in ihrer Gesamtheit nicht um eine
glatt beschreibende Angabe. Unter die Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG
fallen nämlich nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die ange-
meldeten Waren bzw. Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis
auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Bei Zeichen aus meh-
reren Wörtern muss ein etwaiger beschreibender Charakter nicht nur gesondert
für jedes Wort, sondern auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt
werden. Erkennbare Abweichungen in der Formulierung von der Ausdrucksweise
im üblichen Sprachgebrauch führen von einer rein beschreibenden Bedeutung
weg.
Die Bezeichnung ,,Rosenheim-Cops” ist nicht sprachüblich gebildet. Üblicherweise
spräche man nämlich von ,,Rosenheimer …”.

Die Markenstelle spricht insoweit von einem Oxymoron, also einer rhetorischen
Figur aus zwei gegensätzlichen Begriffen, obwohl sich diese hier nicht ausschlie-
ßen, wie etwa in ,,alter Knabe”. Die Kombination eines US-amerikanischen Slang-
ausdrucks, der ,,copper” (Verhafter) verkürzt, und dem oberbayrischen Ambiente
Rosenheims ist jedenfalls ersichtlich gewollt und dient so als pointierter Titel.
Auch die von der Markenstelle herangezogenen Beispiele belegen dies. ,,Motor-
rad-Cops” ist ein Titel, wobei allerdings der Bezug zwischen US-Polizisten und
Motorrädern sogar ohne Auffälligkeiten hergestellt werden kann. Ebenso sind
,,Chaos-Cops” und ,,Kid-Cops” Titel. Als ,,Glühweincops” bezeichnen sich selbster-
nannte Aufpasser auf Weihnachtsmärkten gegen Taschendiebe; sie nutzen – ob
auch als Marke ist nicht erkennbar – ebenfalls den Gegensatz zwischen Glühwein
und US-amerikanischen Polizisten in individualisierender Form. ,,Fisch-Cops”
scheint aus ähnlichen Gründen im Titel eines Zeitungsberichts Verwendung zu
finden.
,,Rosenheim-Cops” ist auch nicht wie ,,Heiße Ware auf Bestellung” zu bewerten, da
es in dem von der Markenstelle zitierten Beschluss des 32. Senats um Pizzen
ging, die möglichst heiß geliefert werden sollten. Hier lag das Wortspiel also in der
Doppeldeutigkeit von ,,heiß”, nicht aber in Bezug auf den Kontext ,,Ware”.

2) Die Bezeichnung ,,Rosenheim-Cops” entbehrt auch nicht jeglicher Unterschei-
dungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche
die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stam-
mend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die
Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren
oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu
beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal infor-
mierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrau-
cher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Ausgehend
hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angespro-
chenen Verbraucher für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich ei-
nen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder
wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufi-
gen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden werden.
Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die hier angesprochenen Kreise ,,Rosen-
heim-Cops” wegen der ungewöhnlichen Zusammenstellung als Unterscheidungs-
mittel verstehen. Die zu beurteilende Wortkombination wirkt als Ganzes nicht le-
diglich als Sachangabe, sondern als betrieblicher Herkunftshinweis, weil der Aus-
druck ,,Cops” im Kontext mit ,,Rosenheim” nicht erwartet wird.

Dr. Albrecht                         Kruppa                              Werner