Fotorecht Amateurfotograf – Ein Fall aus der täglichen Praxis ist der “Diebstahl” von Fotos, meist die Vervielfältigung und/oder öffentliche Zugänglichmachung von Lichtbildern oder Lichtbildwerken im Internet. Der Fotograf kann in diesem Fall nicht nur Unterlassungsansprüche gegen den Nutzer geltend machen, er hat auch Anspruch auf Schadenersatz, also auf die Zahlung einer angemessenen Lizenz.
Hat der Fotograf eine Lizenzpraxis, die sich auf dem Markt durchgesetzt hat (hat er ausreichend Kunden, die bereit sind, seine Preise zu zahlen) ist die Berechnung “einfach”. Was aber, wenn dies nicht der Fall ist ? Dann muss das Gericht den Schaden schätzen und verwendet hierzu möglicherweise auch die sog. MFM Tabelle, die jährlich die durchschnittlichen Fotografenhonorare erfasst.
Die Tabelle ist umstritten, wird aber von einigen Gerichten angewandt. Da die Tabelle aber nur professionelle Fotografen erfasst, haben Gerichte in der Vergangenheit bei Amateurfotografen Abschläge bei der Anwendung vorgenommen. Dies wird wohl in der Zukunft nicht mehr möglich sein, da der Bundesgerichtshof ein Urteil gefällt hat, wonach die MFM-Empfehlungen keine Anwendung finden, wenn Fotos nicht von professionellen Marktteilnehmern erstellt wurden. Der BGH folgt damit der Rechtsprechung u.a. des OLG München und des OLG Braunschweig. Da die MFM-Empfehlungen nicht anwendbar sind, war der Schadenersatz zu schätzen. Die Vorinstanz, dessen Schätzung nur beschränkt überprüfbar ist, stufte das Foto als einfache Fotografie ein. Hierfür sei ein Betrag von 100,00 EUR angemessen. Hinzu kam ein Zuschlag von 100 % wegen der unterlassenen Benennung des Fotografen als Urheber. Dies wurde vom BGH bestätigt.
Interessant ist, dass man dem Urteil entnehmen kann, dass ein professionelles Foto eines “Nichtprofessionellen” zu höheren Schadenersatzansprüchen führen kann. Das letzte Wort ist damit nicht gesprochen.
Sollten Sie Fragen zum Urheberrecht haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Kai Jüdemann
Fachanwalt für Urheber -und Medienrecht
Das Urteil:
BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 13. September 2018
I ZR 187/17
…
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 13. Oktober 2017 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nahm bei einer Veranstaltung des Beklagten in Chemnitz am 3. Oktober 2014 das nachfolgend eingeblendete Foto eines Sportwagens auf.
An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung
Er veröffentlichte dieses Foto auf Facebook. Der Beklagte verwendete das Foto in bearbeiteter und insbesondere mit Schriftzügen für seine Veranstaltung “T. E. ” am 8. August 2015 versehener Form, um damit auf seiner Webseite wie nachfolgend eingeblendet zu werben:
An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung
Nach Abmahnung durch den Kläger gab der Beklagte unter dem 12. Juni 2015 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung für den Fall der öffentlichen Zugänglichmachung oder Vervielfältigung des Fotos des Klägers ab, wobei er für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine vom Kläger nach billigem Ermessen zu bestimmende Vertragsstrafe versprach. Am 30. Juni 2015 konnte das mit der Werbung für die Veranstaltung des Beklagten versehene Foto auf der Seite www. .de aufgerufen werden.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten für die Veröffentlichung des Fotos auf dessen eigener Internetseite Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 450 €, weitere 450 € als Verletzerzuschlag in Höhe von 100% wegen fehlender Namensnennung und Abmahnkosten aus einem Streitwert von 10.000 € in Höhe von 887,03 €. Wegen der Verwendung des Lichtbilds auf der Internetseite www. .de verlangt der Kläger vom Beklagten eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.500 € und die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 571,44 € für die Aufforderung an die Betreiberin dieser Internetseite zur Entfernung des Lichtbilds. Außerdem begehrt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren von 258,17 € und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. August 2015 aus einem Gegenstandswert von 4.858,47 €.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 100 € und eines Zuschlags wegen fehlender Namensnennung von weiteren 100 € sowie von Abmahnkosten in Höhe von 571,44 € brutto aus einem Gegenstandswert von 6.000 €, also insgesamt zur Zahlung von 771,44 € verurteilt, zuzüglich Zinsen in der beantragten Höhe. Weitere 147,56 € hat es dem Kläger als Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Die Ansprüche wegen der Verwendung des Lichtbilds auf der Internetseite www. .de hat das Amtsgericht abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die im Hinblick auf diese Teilabweisung eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie zuzüglich Verletzerzuschlag in Höhe von insgesamt 200 € und auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 571,44 € brutto aus einem Gegenstandswert von 6.000 € gemäß § 97 Abs. 1 und 2, § 97a Abs. 3 Satz 1, § 72 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2, § 16, § 19a und § 13 UrhG. Zudem könne der Kläger weitere 147,56 € für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung verlangen.
Weitergehende Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Dazu hat es ausgeführt:
Der Beklagte habe das Recht des Klägers als Fotograf des Lichtbilds verletzt, indem er das Foto vervielfältigt und in bearbeiteter Form auf seiner Internetseite zum Zweck der Werbung für seine Veranstaltung am 8. August 2015 öffentlich zugänglich gemacht habe. Der danach vom Beklagten geschuldete Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sei mit 100 € im Hinblick auf die Qualität des Lichtbilds und die Wiedergabe des vom Kläger gewählten Motivs auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Nutzung durch den Beklagten angemessen bewertet. Wegen der fehlenden Nennung des Klägers als Urheber stehe diesem ein weiterer Betrag von 100 € zu. Für die berechtigte Abmahnung des Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 5. Juni 2015 könne der Kläger außerdem eine 1,3-Gebühr nach VV RVG 2300 aus einem Gegenstandswert von 6.000 € zuzüglich Auslagenpauschale von 20 € nach VV RVG 7002 und Um-satzsteuer gemäß VV RVG 7008, insgesamt also 571,44 €, beanspruchen. Der Gegenstandswert sei mit 6.000 € im Hinblick auf die Umstände des Sachverhalts angemessen und ausreichend bemessen.
Wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbilds des Klägers auf der Internetseite www. .de stünden dem Kläger dagegen keine Ansprüche gegen den Beklagten zu. In der Unterlassungserklärung vom 12. Juni 2015 habe sich der Beklagte strafbewehrt lediglich verpflichtet, das Foto nicht selbst öffentlich zugänglich zu machen oder zu vervielfältigen.
Die vom Amtsgericht zugesprochenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 157,56 € könne der Kläger verlangen, weil sich der Beklagte jedenfalls mit der Leistung der Abmahnkosten in Verzug befunden habe, als ihn der Kläger unter dem 30. Juni 2017 erneut anwaltlich zur Zahlung aufgefordert habe.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht über die Verurteilung durch das Amtsgericht hinausgehende Ansprüche des Klägers als unbegründet angesehen.
I. Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten wegen der Veröffentli-
chung des Fotos auf dessen eigener Internetseite bestehen allein in dem durch
das Berufungsgericht zuerkannten Umfang.
1. Der Kläger kann für die unberechtigte Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung seines Fotos durch den Beklagten auf dessen eigener Internetseite im Wege der Lizenzanalogie keinen über 100 € nebst Zinsen hinausgehenden Schadensersatz verlangen.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger das jedenfalls nach § 72 UrhG geschützte Foto am 3. Oktober 2014 aufgenommen hat. Durch die Vervielfältigung des Lichtbilds und die öffentliche Zugänglichmachung auf seiner Internetseite hat der Beklagte das Vervielfältigungsrecht (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1 UrhG) sowie das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a UrhG) desKlägers verletzt. Die Verletzung erfolgte, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, zumindest fahrlässig. Der Beklagte hätte seine fehlende Berechtigung jedenfalls erkennen können. Für die rechtswidrige Nutzung des Fotos kann der Kläger danach gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhGSchadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangen.
b) Der Schadensersatz für die Verletzung der Rechte aus § 16 Abs. 1, § 19a UrhG im Wege der Lizenzanalogie richtet sich gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG auf den Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Es lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgerichtdiesen Betrag im Streitfall auf 100 € bemessen hat.
aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Berechnung des nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geschuldeten Schadensersatzes auf Grundlage der Honorartabelle der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM-Tabelle) abgelehnt.
(1) Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 – Pressefotos; Urteil vom 16. August 2012 I ZR 96/09, ZUM 2013, 406 Rn. 30
Einzelbild).
Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Rn. 25 = WRP 2009, 319 Whistling for a train; BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30 – Einzelbild). Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf die Intensität der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 39 f. = WRP 2010, 927 – Restwertbörse I). Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (vgl. Forch, GRUR-Prax 2016, 142, 144).
Maßgebliche Bedeutung kommt einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers zu (LG Kassel, GRUR-Prax 2010, 560; Forch, GRUR-Prax 2016, 142, 143). Fehlt es daran, liegt es für die Festsetzung einer angemessenen Lizenzgebühr nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem maßgeblichen Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 27 – Pressefotos; BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30 Einzelbild, st. Rspr.).
(2) Das Berufungsgericht war danach nicht gehalten, die MFM-Empfehlungen bei seiner Schadensschätzung heranzuziehen.
Es erscheint bereits fraglich, ob die von der Mittelstandsvereinigung Fotomarketing, einer Interessenvertretung der Anbieterseite, einseitig erstellten MFM-Empfehlungen branchenübliche Vergütungssätze enthalten (vgl. BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 36 – Restwertbörse I).
Jedenfalls ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts dafür ersichtlich, dass die MFM-Empfehlungen üblicherweise zur Bestimmung der Vergütung für eine Nutzung von Fotografien im Internet Anwendung finden, die nicht von professionellen Marktteilnehmern erstellt worden sind (vgl. auch OLG Braunschweig, GRUR 2012, 920 [juris Rn. 45]; OLG München, GRUR-Prax
2014, 87 = ZUM-RD 2014, 165 [juris Rn. 6]; Forch, GRUR-Prax 2016, 142, 143).
bb) Das Berufungsgericht hat den Schadensersatz unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls rechtsfehlerfrei mit 100 € bemessen.
(1) Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu. Die tatrichterliche Schadensschätzung unterliegt nur
einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 44 = WRP 2016, 66 – Tauschbörse II, mwN).
(2) Diesen Anforderungen hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensschätzung stand. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger von dem Beklagten für die unberechtigte Nutzung seines Lichtbilds im Internet einen Betrag von 100 € verlangen kann.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, vorliegend handele es sich um ein einfaches Foto. Mit dem Betrag von 100 € sei die Qualität dieses Lichtbilds und die Wiedergabe des vom Kläger gewählten Motivs auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Nutzung der öffentlichen Zugänglichmachung durch den Beklagten angemessen berücksichtigt. Der Kläger teile keine Umstände mit, aus denen geschlossen werden könne, dass vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls einen 100 € übersteigenden Betrag als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.
Damit hält sich das Berufungsgericht im Rahmen des ihm bei der Schadensermittlung durch § 287 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens. Entgegen der Ansicht der Revision ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zur farblichen und kompositorischen Ausgewogenheit des Fotos, zu den Proportionen und zur Wahl des Bildausschnitts sowie zur Tiefenschärfe und Beleuchtung unberücksichtigt gelassen hat. Es konnte vielmehr auf Grundlage der vorgelegten Farbabbildung davon ausgehen, dass der Kläger ohne kompositorische Inszenierung das Fahrzeug schlicht so fotografiert hatte, wie es ohne weiteres im Wege eines Schnappschusses anlässlich der Veranstaltung am 3. Oktober 2014 fotografiert werden konnte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich aus der dem Berufungsgericht vorgelegten und von ihm gewürdigten Abbildung des Fotos zahlreiche Elemente ergeben, die gegen eine professionelle Gestaltung sprechen. Dies sind der abgeschnitten und störend in das Bild links hereinragende Einkaufswagen, der darüber befindliche abgeschnittene gelbe Rahmen mit dem ebenfalls abgeschnittenen Buchstaben “e” in offenbar orangener Farbe, der von dem Motiv des Sportwagens am rechten Bildrand wegweisende Pfeil, das über der Wind-schutzscheibe unmotiviert angebrachte grüne Notausgangsschild, die blauen Elemente in dem im Hintergrund des Fahrzeugs zu erkennenden Schaufenster sowie der etwa ein Fünftel bis ein Viertel des gesamten Bildes einnehmende Vordergrund aus Straßenasphalt mit einem weißen Richtungspfeil. Alle diese Elemente sind – offenbar aus ästhetischen Gründen – in der als Verletzungsform beanstandeten Veröffentlichung des Fotos des Klägers auf der Internetseite des Beklagten nicht wiedergegeben. Unter diesen Umständen lässt es keinen Ermessensfehler des Berufungsgerichts erkennen, dass es von der vom Kläger beantragten Beweisaufnahme zur professionellen Qualität des Fotos Abstand genommen hat (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es ist nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass das Berufungsgericht für die Beurteilung der Qualität der Fotografie besondere Fachkunde hätte in Anspruch nehmen müssen.
2. Wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft kann der Kläger gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhG eine weitere Entschädigung in Höhe von 100 € verlangen. Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung (hier das Vervielfältigen und öffentliche Zugänglichmachen der Fotografie) zu zahlen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 36 bis 40 = WRP 2015, 972 – Motorradteile, mwN). Es lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgericht auch diesen Betrag im Streitfall auf 100 € bemessen hat.
3. Der Kläger kann nach § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG ferner den Ersatz von Aufwendungen für die Abmahnung wegen der Veröffentlichung des Lichtbilds auf der eigenen Internetseite des Beklagten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen verlangen. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Bemessung des Gegenstandswerts der Abmahnung durch das Berufungsgericht mit 6.000 € nichtrechtsfehlerhaft. Die Revision legt nicht dar, dass das Berufungsgericht dabei wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Für den Gegenstandswert der Abmahnung ist es ohne Bedeutung, dass der Beklagte außergerichtlich zunächst urheberrechtliche Ansprüche des Klägers zurückgewiesen hat. Die gewerbliche Nutzung des Fotos durch den Beklagten ist vom Berufungsgericht bei der Bemessung des Gegenstandswerts berücksichtigt worden.
4. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der Kläger könne gemäß § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 BGB Ersatz für die zur vorgerichtlichen Rechtsverfolgung aufgewendeten Anwaltskosten in Höhe von 147,56 € verlangen. Der Beklagte habe sich bei der erneuten anwaltlichen Zahlungsaufforderung durch den Kläger mit der Zahlung der Abmahnkosten für die Bereitstellung des Lichtbilds auf seiner eigenen Internetseite in Höhe von 571,44 € in Verzug befunden. Der Betrag von 147,56 € ergebe sich mit 104 € aus einer 1,3 Gebühr nach Nr. 2300 RVG VV und einem Gegenstandswert bis 1.000 €, zuzüglich 20 € Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG VV sowie 19% Umsatzsteuer in Höhe von 23,56 €. Das wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
II. Wegen Veröffentlichung des Fotos auf der Internetseite www.de kann der Kläger weder die Zahlung einer Vertragsstrafe noch die Er-
stattung von Rechtsanwaltskosten verlangen.
1. Der Beklagte hat das Lichtbild auf der Internetseite www. .de weder selbst noch durch einen unselbständig handelnden Dritten öffentlich zugänglich gemacht.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Internetseite www. .de werde nicht vom Beklagten, sondern von einem Diensteanbieter im
Sinne von § 10 TMG betrieben. Auf dieser Seite könnten unbekannt bleibende Nutzer Inhalte einstellen. Dementsprechend habe die Betreiberin dem Kläger nicht mitteilen können, wer das Lichtbild mit dem Schriftzug zur Werbung für die Veranstaltung des Beklagten auf ihrer Seite eingestellt habe. Das Berufungsgericht hat angenommen, anhand der bekannten Tatsachen könne nicht die Überzeugung gewonnen werden, dass der Beklagte das Foto auf www. .de selbst oder durch einen unselbständig handelnden Dritten eingestellt habe. Dafür reiche nicht aus, dass dadurch seine Veranstaltung beworben worden sei und er daraus wirtschaftlichen Nutzen ziehe.
b) Die Revision meint, es sei lebensfremd und verstoße gegen Erfahrungssätze (§ 286 ZPO), dass das Berufungsgericht annehme, das mit dem Werbeaufdruck für die Veranstaltung des Beklagten versehene Bild des Klägers sei nicht von diesem selbst oder auf seine Veranlassung von einem Dritten auf www. .de eingestellt worden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass auf dieser Internetseite außer dem Bild auch noch eine Beschreibung der Veranstaltung in Textform veröffentlicht worden sei. Es spreche bereits ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Werbende dafür verantwortlich sei, wenn ein mit seinem Werbeaufdruck versehenes Bild nicht nur auf seiner eigenen, sondern auch noch auf einer fremden Internetseite verwendet werde.
c) Damit legt die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar. Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass das Lichtbild mit einem Werbeaufdruck des Beklagten veröffentlicht wurde und damit für dessen Veranstaltung geworben wurde. Den vom Kläger behaupteten typischen Geschehensablauf, der Grundlage eines prima-facie-Beweises für eine Verantwortlichkeit des Beklagten sein könnte, gibt es nicht. Im Internet veröffentlichte Inhalte können grundsätzlich von jedermann beliebig reproduziert werden. Im Hinblick auf das mit dem Werbeaufdruck versehene Foto auf der Internetseite des Beklagten liegt nicht fern, dass ein an Tuning-Events interessierter Dritter von sich aus dieses Foto verwendet haben könnte, um in einem entsprechenden Forum andere Interessierte auf die vom Beklagten angekündigte Veranstaltung aufmerksam zu machen. Das gilt insbesondere bei Veröffentlichungen in Termin und Veranstaltungskalendern im Internet. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Veröffentlichung auf www. .de weder selbst noch durch einen Dritten veranlasst, sei erfahrungswidrig. Daran ändert auch nichts, dass durch diese Veröffentlichung die wirtschaftlichen Interessen des Beklagten gefördert wurden.
2. Durch die das Urheberrecht des Klägers an dem Foto verletzende Handlung eines Dritten hat der Beklagte keine Vertragsstrafe verwirkt.
a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat sich der Beklagte in der Erklärung vom 12. Juni 2015 strafbewehrt nur dazu verpflichtet, eigene Verletzungshandlungen zu unterlassen, aber ausdrücklich ausgeschlossen, für das Handeln fremder Dritter einstehen zu wollen. Die Unterlassungserklärung des Beklagten sei dem Kläger mit einem Rechtsanwaltsschreiben übersandt worden, in dem ausgeführt worden sei, die vom Kläger vorformulierte Unterlassungserklärung werde nicht abgegeben, weil danach auch verboten sein solle, “dass die Nutzung der Bilder (durch Dritte) von unserem Mandanten zugelassen wird (‘sonst nutzen zu lassen’)”; das gehe indes über das erforderliche Maß hinaus, weil der Beklagte einen solchen Verstoß weder begangen habe noch dies zu befürchten sei. Dementsprechend sei die vom Beklagten am 12. Juni 2015 abgegebene Unterlassungserklärung darauf beschränkt gewesen, das Foto des Klägers “ohne Einwilligung der Unterlassungsgläubigerin öffentlich zugänglich zu machen oder zu vervielfältigen”. Der Kläger habe das Angebot des Beklagten auf Abschluss der Vertragsstrafenvereinbarung in dieser Form mit Schreiben vom 15. Juni 2015 angenommen.
b) Ohne Erfolg wendet die Revision gegen diese Beurteilung ein, das Unterlassungsversprechen eines urheberrechtlichen Störers sei dahingehend auszulegen, dass es auch die Verpflichtung umfasse, den durch das Einstellen von Fotografien in das Internet geschaffenen Störungszustand zu beseitigen, soweit dies dem Beklagten möglich und zumutbar sei (vgl. BGH, Urteil vom 18. Sep-tember 2014 I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 66 = WRP 2015, 356 CT-Paradies).
aa) Ausgangspunkt für die Bestimmung der vertragsstrafenbewehrten Unterlassungspflichten des Beklagten ist die Auslegung der Vertragsstrafenvereinbarung. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrags richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (BGH, Urteil vom 13. November 2013 I ZR 77/12, GRUR 2014, 595 Rn. 28 = WRP 2014, 587 Vertragsstrafenklausel).
Die Auslegung individueller Vertragsstrafenvereinbarungen ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (BGH, GRUR 2015, 258 Rn. 56 CT- Paradies, mwN).
bb) Derartige Fehler weist die Auslegung des Berufungsgerichts nicht auf.
(1) Bei der Auslegung vertraglicher Unterlassungspflichten ist davon auszugehen, dass es regelmäßig dem Parteiwillen entspricht, der Schuldner wolle vertraglich keine weitergehenden Unterlassungspflichten übernehmen, als diejenigen, die zum Ausschluss des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 2003 – I ZR 222/00, GRUR 2003, 889 [juris Rn. 19 f.] = WRP 2003, 1222 – Internet-Reservierungssystem). Der Schuldner eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs ist im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren nur verpflichtet, auf selbständig handelnde Dritte einzuwirken, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt und bei denen er mit gegebenenfalls weiteren – Verstößen ernstlich rechnen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2018 – I ZB 86/17, GRUR 2018, 1183 Rn. 11 = WRP 2018, 1346). Im Streitfall fehlt es nach den fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls an der zweiten Voraussetzung.
(2) Die Auslegung des Berufungsgerichts erweist sich zudem schon im Hinblick auf den von der Vorformulierung des Klägers gerade abweichenden Wortlaut der Unterlassungserklärung und die dazu abgegebenen Erläuterungen der Rechtsanwälte des Beklagten als richtig. Dass diese Auslegung auch dem Verständnis des Klägers entsprach, ergibt sich aus der Annahmeerklärung des Klägers vom 15. Juni 2015, in dem dieser betont, die Unterlassungspflicht des Beklagten erstrecke sich auch auf die Veröffentlichung des Bilds durch Dritte “auf Veranlassung Ihrer Mandantschaft”. Danach ist der Kläger bei Annahme der Unterlassungserklärung selbst davon ausgegangen, dass die Unterlassungserklärung keine vom Beklagten nicht veranlasste Veröffentlichung der Bilder durch Dritte umfasste.
c) Stellt danach die Veröffentlichung des Fotos durch selbständig handelnde, fremde Dritte schon keine Zuwiderhandlung gegen die Vertragsstrafenvereinbarung dar, so ist für den eingeklagten Anspruch auf Vertragsstrafe und auf Erstattung in diesem Zusammenhang angefallener Anwaltskosten unerheblich, ob der Kläger den Beklagten auf die Verwendung des Fotos auf der Seite www. .de aufmerksam gemacht und ihn zur Entfernung aufgefordert hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Nutzung auf www. .de
etwa mit Hilfe der Bildersuche bei Google für den Beklagten einfach festzustellen gewesen wäre.
d) Hat der Beklagte nicht für die Zugänglichmachung der Fotografie auf der Internetseite www. .de einzustehen, so hat er dem Kläger auch keine Rechtsanwaltskosten zu erstatten, die diesem für die Abmahnung des Betreibers jener Internetseite entstanden sind.
III. Die Revision ist danach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch Kirchhoff Schwonke
Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 30.12.2016 – 108 C 6092/16 –
LG Leipzig, Entscheidung vom 13.10.2017 – 5 S 47/17 –
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Quelle der Entscheidung: BGH