BGH-Urteil: Keine Lizenzansprüche bei satirischer Werbung mit Prominentennamen
In zwei aufsehenerregenden Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass Prominente nicht automatisch einen Zahlungsanspruch haben, wenn ihr Name ohne Zustimmung in einer satirisch überzeichneten Werbeanzeige verwendet wird. Die Urteile betreffen die Werbekampagnen der Zigarettenmarke „Lucky Strike“, in denen die Namen von Ernst August Prinz von Hannover (Az. I ZR 96/07) und Dieter Bohlen (Az. I ZR 223/05) aufgegriffen wurden – jeweils ohne vorherige Genehmigung der Betroffenen.
Hintergrund der Werbeanzeigen
Die Kampagne zielte auf eine ironisch-satirische Darstellung aktueller Ereignisse:
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In einem Fall warb das Unternehmen mit einer eingedrückten Zigarettenschachtel und der Schlagzeile „War das Ernst? Oder August?“ – eine Anspielung auf tätliche Auseinandersetzungen des Prinzen von Hannover.
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In einem anderen Motiv wurde ein Buchzitat mit geschwärzten Passagen gezeigt, versehen mit dem Satz: „Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher.“ Diese Anzeige spielte auf das teilgeschwärzte Enthüllungsbuch von Dieter Bohlen aus dem Jahr 2000 an.
Klage wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Beide Kläger sahen in der Nennung ihrer Namen in der Werbung eine unzulässige kommerzielle Ausnutzung ihrer Persönlichkeit. Sie forderten entsprechende Lizenzzahlungen – 60.000 € im Fall von Ernst August, 35.000 € im Fall von Bohlen. Die Vorinstanzen hatten den Klagen zunächst stattgegeben.
BGH: Satire in der Werbung ist von der Meinungsfreiheit gedeckt
Der I. Zivilsenat des BGH, zuständig für das Wettbewerbsrecht und den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wies jedoch die Klagen ab. Die zentrale Begründung: Die Werbemotive seien als satirische Beiträge zu werten, die aktuelle Geschehnisse aufgriffen. Eine ernsthafte Produktwerbung im Sinne einer ausdrücklichen Empfehlung durch die betroffenen Prominenten liege nicht vor.
Nach Auffassung des Gerichts greift in solchen Fällen die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ein, auch im Rahmen wirtschaftlicher Werbung. Satirische, unterhaltende Aussagen mit gesellschaftlichem Bezug genießen verfassungsrechtlichen Schutz – selbst dann, wenn sie humorvoll oder spöttisch sind.
Die Werbeanzeigen seien weder herabsetzend noch beleidigend gewesen. Auch hätten sie nicht den Eindruck erweckt, dass die genannten Prominenten die Zigarettenmarke „Lucky Strike“ aktiv bewerben oder mit ihr verbunden seien.
Bedeutung für Werbung, Prominentenrechte und Medienrecht
Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat weitreichende Auswirkungen auf den Umgang mit Prominentennamen in der Werbung. Es zeigt klar die Grenzen auf, innerhalb derer satirische Werbung zulässig ist – insbesondere dann, wenn gesellschaftlich relevante Ereignisse in ironischer Weise aufgegriffen werden, ohne dass eine direkte Produktwerbung vorliegt.
Für Werbetreibende bedeutet dies: Solange keine gezielte werbliche Vereinnahmung einer Person erfolgt und der Kontext eindeutig satirisch ist, kann die Verwendung prominenter Namen im Rahmen der Kunst- und Meinungsfreiheit zulässig sein.
Für Prominente wiederum unterstreicht die Entscheidung, dass nicht jede namentliche Nennung in einem kommerziellen Kontext automatisch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bedeutet – insbesondere dann nicht, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt und kein wirtschaftlicher Schaden oder Rufschaden nachweisbar ist.
Urteile vom 5. Juni 2008 – I ZR 223/05 und I ZR 96/07
OLG Hamburg – Urteil vom 29. November 2005 – 7 U 97/04
LG Hamburg – Urteil vom 23. September 2004 – 324 O 285/04
und
OLG Hamburg – Urteil vom 15. Mai 2007 – 7 U 23/05
LG Hamburg – Urteil vom 21. Januar 2005 – 324 O 970/03
Karlsruhe, den 5. Juni 2008
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs
