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Kann ich meine Einwilligung ein Foto zu verwenden widerrufen?

Nein: Einwilligungen in die Verbreitung von Foto- und Videoaufnahmen sind nicht frei widerrufbar

Es ist dem Recht am eigenen Bild aus § 22 KUG immanent, dass jeder selbst über die Verbreitung von Ton-, Bild- und Videoaufnahmen von sich entscheiden darf. Ausnahmen gelten etwa wenn die Personen nur als Beiwerk erscheinen, § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG. Das OLG Koblenz hat in einem Hinweisbeschluss klargestellt:  Wenn einmal in die Verbreitung der Aufnahmen eingewilligt wurde, ist das nicht mehr frei widerrufbar. Im vorliegenden Fall ging es um einen Unternehmer, der einen anderen Unternehmer auf Löschung von Videos auf seinem YouTube-Kanal verklagte. Auf den Videos sieht man, wie der Beklagte gegenüber dem Kläger und weiteren Teilnehmern ein Seminar über Unternehmensoptimierung hielt. Das OLG Koblenz hat verschiedene Ansprüche aus dem nationalen und europäischen Recht geprüft: §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 7 III DSGVO.

Eine Einwilligung in die Verbreitung von Aufnahmen ist juristisch eine Willenserklärung, die §§ 104 ff. BGB finden Anwendung. Das bedeutet, die Einwilligung ist grds. sogar formfrei erteilbar, etwa mündlich. Das kann auch konkludent aus den Umständen des Einzelfalls erfolgen. Klassisches Beispiel: Wenn jemandem in einer Interviewsituation ein Mikrofon mit der Aufschrift eines Rundfunksenders vorgehalten wird und der Interviewte hineinspricht, kann das als Einwilligung an den Rundfunksender zur Aufnahme und Verbreitung des Materials verstanden werden. Im vorliegenden Fall kannten die beiden Parteien die Geschäftspraxis. Es war dem Kläger bekannt, dass der Beklagte die Veranstaltungsteilnehmer filmen und die Aufnahmen anschließend veröffentlichen wird. Darüber hinaus hat er auch eine schriftliche Einverständniserklärung abgegeben.

Das OLG Koblenz lässt zwar wichtige Gründe aus Umständen des Einzelfalls als Ausnahmen von der Bindungswirkung zu. Diese sind jedoch im entschiedenen Fall alle nicht einschlägig. Ein Ausnahmefall wäre etwa bei einer Distanzierung vom Geschäftspartner denkbar, aber auch dieser muss wiederum ein wichtiger Grund zugrunde liegen.

Die DSGVO genießt als europäisches Recht gegenüber dem nationalen Recht Anwendungsvorrang. Somit kann bei einem Verstoß gestützt auf die Regelungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten und anderen Vorschriften der DSGVO daneben kein nationales Recht geltend gemacht werden. Die zwei aus der DSGVO in Betracht kommenden Unterlassungsansprüche verneint das OLG Koblenz: Für den Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO fehlt es bereits an einem konkret eingetretenen Schaden. Daneben kann auch an das sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“, vorliegend konkret aus Art. 17 Abs. 1 lit. b DSGVO gedacht werden. (Teils wird dieser durch das Medienprivileg des Art. 85 DSGVO als vom nationalen Recht verdrängt angesehen.) Selbst bei Anwendbarkeit des Art. 17 Abs. 1 lit. b DSGVO scheitert der Anspruch jedoch: Voraussetzung wäre, dass neben der Einwilligung keine weitere Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten besteht. Rechtsgrundlagen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten sind in Art. 6 DSGVO festgelegt, dort ist auch die klassische Einwilligung zu finden. Jedoch findet sich dort auch die Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Durchführung eines Vertrages zwischen den beiden Parteien als mögliche Rechtsgrundlage. Diese ist hier einschlägig: Unionsrechtlich ist „Erfüllung eines Vertrages“ weit auszulegen. Da es zwischen den beiden Parteien offensichtlich darum ging, die Medienpräsenz der beiden Unternehmen zu erhöhen, lässt das OLG Koblenz an dem Vertragscharakter keine Zweifel zu. Somit kommt auch eine weitere eventuelle Interessenabwägung zugunsten des Klägers nicht in Betracht.

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Franziska Becker

Jüdemann Rechtsanwälte