Ein rechtskräftig zur Ausreise verpflichteter Ausländer kann Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) beanspruchen, soweit er Opfer einer Gewalttat wird.
Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle eines 1988 geborenen Mannes, der nach eigenen Angaben aus Burundi stammt und dessen Asylantrag abgelehnt worden war. Der Kläger hält sich mit einer Duldung weiter in Deutschland auf. Die Abschiebung des Klägers ist aus tatsächlichen Gründen bislang nicht möglich, da seine Identität nicht geklärt ist.
Der Kläger wurde am 31.03.2007 in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Hamm durch einen Mitbewohner mit Messerstichen verletzt.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster (LWL) lehnte die Gewährung von Opferentschädigung im Hinblick auf die posttraumatische Belastungsstörung des Klägers ab: Es liege kein rechtmäßiger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vor. Eine Leistungsgewährung sei unbillig, da der Kläger seiner Ausreiseverpflichtung selbstverschuldet nicht nachkomme. Es sei davon auszugehen, dass er falsche Angaben zu seiner Person mache.
Das Sozialgericht Dortmund verurteilte den LWL, dem Kläger wegen der Folgen der Gewalttat Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren. Der Gesetzgeber habe mit dem neuen Zuwanderungsrecht zum 01.01.2005 geduldete Ausländer allgemein in den Schutzbereich des OEG einbeziehen wollen. Ein rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne des OEG liege auch vor, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen ausgesetzt sei, unabhängig von der Frage des Verschuldens. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei keine Unbilligkeit der Leistungsgewährung anzunehmen, zumal in Deutschland lebende Ausländer in den Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit fielen und den Staat eine entsprechende Schutzpflicht treffe.
Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 26.03.2010, Az.: S 19 (7) VG 356/08
Quelle: Justizportal des Landes Nordrhein-Westfalen