Ein in der Region ansässiges Möbelunternehmen hatte mit “110 Jahre Familientradition” und “110 Jahre Möbeltradition” geworben und aus Anlass des “Jahrhundert”-Jubiläums entsprechende Sonderangebote gemacht. Ein Wettbewerbsverein hat darauf vom Möbelunternehmen die Unterlassung der Werbung verlangt.
Der Antrag war erfolgreich. Der 1. Zivilsenat entschied, dass die Werbung mit zutreffenden Hinweisen auf einen langzeitigen Bestand und Erfolg eines Unternehmens als sogenannte “Alters- oder Traditionswerbung” grundsätzlich zulässig sei, weil damit eine besondere unternehmerische Leistung hervorgehoben werde. Dies müsse jedoch auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Die Werbung sei im zu entscheidenden Fall irreführend, weil das werbende Unternehmen erst 1992 gegründet worden sei und damit gerade nicht auf eine 110jährige Geschichte zurückblicken könne. Es sei nicht ausreichend, dass es möglicherweise eine 110jährige Tradition in der Familie der Gesellschafter gebe oder es bei einem anderen, von Familienmitgliedern geführten Geschäft eine 110- jährige Möbeltradition gebe.
Werbung mit einer “110-jährigen Möbeltradition” enthalte eine Qualitätsaussage, die geeignet sei, die Kaufentscheidung der Verbraucher zu beeinflussen. Wenn ein Unternehmen daher mit einer solche Aussage werbe, muss es auch auf einen entsprechend langen Bestand zurückblicken können. Ist das nicht der Fall, ist jede Werbung damit unzulässig.
Quelle: Pressestelle des OLG Oldenburg
Der Volltext der Entscheidung:
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
Im Namen des Volkes Urteil 1 W 12/10 In dem einstweiligen Verfügungsverfahren Verein zur W… e. V., vertreten durch den Vorstand…, Antragsteller, Verfügungskläger und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: gegen Z… GmbH & Co. KG, D…, vertreten durch den Geschäftsführer … Antragsgegnerin, Verfügungsbeklagte und Beschwerdegegnerin, Prozessbevollmächtigte: hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts …, den Richter am Oberlandesgericht Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der 12. Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Oldenburg vom 08.03.2010 geändert. Der Verfügungsbeklagten wird es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken anzukündigen: „110 Jahre Z… Möbeltradition“, auch wenn dies wie aus den nachstehend in Fotokopie wiedergegebenen Anzeigen ersichtlich erfolgt. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens erster und zweiter Instanz. Kopien von Bl. 3 und 4 d.A. einfügen Gründe: I. Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in dem angefochtenen Beschluss vom 08.03.2010 Bezug genommen, mit dem die 12. Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Oldenburg einen Antrag der Verfügungsklägerin auf Unterlassung der im Tenor dargestellten Werbung abgelehnt hat. Gegen diesen, ihm am 12.03.2010 zugestellten Beschluss hat der Verfügungskläger am 16.03.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Der Verfügungskläger beantragt, Die Verfügungsbeklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss und beantragt, II. Das Rechtsmittel des antragsbefugten Verfügungsklägers ist begründet. Der im Wege einer einstweiligen Verfügung verfolgte Unterlassungsantrag ist zulässig. seine Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Verfügungskläger ist als rechtsfähiger Förderungsverband i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG grundsätzlich antragsbefugt. Dies gilt auch für den Streitfall im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten. Diese hat ihren Sitz in D… und handelt mit Wohnmöbeln. Ihr Einzugsbereich erstreckt sich im Westen bis über O… hinaus, im Osten bis über das Umland B…s hinaus. Dieser Einzugsbereich deckt sich regional in erheblichem Umfang mit dem der ebenfalls mit Wohnmöbeln handelnden Mitglieder des Verfügungsklägers. Denn zu seinen Mitgliedern gehört eine ausreichende Anzahl an Unternehmen und Verbänden, deren Interessen von dem beanstandeten Wettbewerbsverhalten der Verfügungsbeklagten berührt werden. Dazu hat der Verfügungskläger auch jeweils Wettbewerbsverhältnisse zwischen seinen repräsentativen Mitgliedern und der Verfügungsbeklagten glaubhaft gemacht. In der Sache beanstandet der Verfügungskläger zu Recht eine wettbewerbswidrige Werbung unter dem Aspekt einer irreführenden, weil inhaltlich falschen Angabe zu einer relevanten Eigenschaft des Unternehmens der Verfügungsbeklagten (§ 5 Satz 2 Nr. 3 UWG). Denn die Verfügungsbeklagte hat mit ihrer Werbung die Botschaft verkündet, dass sie wegen ihrer „110jährigen Möbeltradition“ ein „Jahrhundert“Jubiläum feiert und aus diesem Anlass u.a. Sonderangebote macht. Nach der Rechtsprechung ist eine Werbung mit zutreffenden Hinweisen auf einen langzeitigen Bestand und Erfolg des Unternehmens (sog. Alters oder Traditionswerbung) grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Werbung muss allerdings hinsichtlich ihrer zeitlichen Anknüpfungen richtig sein und die – auch im Streitfall hervorgehobene – Unternehmenskontinuität muss tatsächlich während des hervorgehobenen Zeitraums angedauert haben. Diese Anforderungen sind geboten, weil die sog. „Alterswerbung“ versteckte Qualitätssignale enthält, die geeignet sind, die Kaufentscheidungen der Verbraucher zugunsten des Werbenden zu beeinflussen (vgl. BGH GRUR 2003, 628, 629 – Klosterbrauerei). Das maßgebliche Qualitätssignal ist aus der Sicht des angesprochenen Publikums eine im modernen Wirtschaftsleben besonders seltene langzeitigkontinuierliche Aufrechterhaltung eines Unternehmens durch alle politischen und wirtschaftlichen Wirrungen innerhalb des angegebenen Zeitraums hindurch, in den (im Streitfall 1900 – 2010) zwei Weltkriege und einige Wirtschaftskrisen fielen. Wer unter diesen Umständen ein Unternehmen (jedenfalls im Familienverbund) überlebens oder zumindest wiederaufbaufähig erhalten hat, verdient aus der Sicht des Verkehrs Respekt und Vertrauen gerade auch in seine derzeitige unternehmerische Leistungskraft und die Qualität seiner Angebote. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist unanfechtbar, so dass es keiner besonderen Vollstreckbarkeitsanordnung bedarf. |