Das Ausscheiden des GmbH- Gesellschafters- Kündigung, Austritt und Ausschluss
Von ausgesprochen hoher praktischer Relevanz ist die Thematik des Ausscheidens des GmbH- Gesellschafters. Diese hat zwei wesentliche Aspekte: einerseits ist es möglich, dass der Gesellschafter freiwillig aus der Gesellschaft ausscheidet (freiwillige Kündigung, Austritt), sein ausscheiden kann aber auch von den Mitgesellschaftern erzwungen werden (Ausschluss, Zwangseinziehung). Sowohl der freiwillige Austritt als auch das erzwungene Ausscheiden stellen komplexe Prozesse dar, für deren Wirksamkeit eine Reihe von Verfahrensvorschriften zu beachten sind. Sie wurzeln meistens in Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern und bergen haftungsrechtliche Risiken. Von besonderer Relevanz ist die Frage nach dem Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters. Zur erfolgreichen Bewältigung dieser Problematiken kann sich das Zurückgreifen auf rechtsanwaltliche Expertise als besonders wertvoll erweisen.
1. Das freiwillige Ausscheiden des Gesellschafters, Kündigung der Gesellschaftsanteile
Verschiedenste Gründe können den Gesellschafter dazu veranlassen, seine Gesellschafterstellung aufgeben zu wollen. Möglicherweise glaubt er nicht mehr an den geschäftlichen Erfolg des Unternehmens oder will eigenständig und in Konkurrenz zur GmbH geschäftlich tätig werden, aber auch Alter und Gesundheitszustand können entsprechende Gründe für das Ausscheiden darstellen.
Die ordentliche Kündigung des Gesellschaftsanteils ist nur dann möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich vorsieht. Oftmals ist dies allerdings dann mit sehr langen (Monate, manchmal Jahre) Kündigungsfristen und mit einem reduzierten Abfindungsanspruch verbunden.
Enthält der Gesellschaftsvertrag hingegen keine Regelungen zur ordentlichen Kündigung kommt nur eine außerordentliche Kündigung der Anteile in Betracht. Hierfür ist stets das Vorliegen eines wichtigen Grundes erforderlich, der die Fortdauer der Mitgliedschaft in der GmbH für den betroffenen Gesellschafter unzumutbar macht. Der wichtige Grund kann in der Sphäre des Gesellschafters, der GmbH oder der Mitgesellschafter liegen oder vom Gesellschaftsvertrag selbst geregelt sein.
Sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung haben die Verpflichtung der Gesellschaft, den betroffenen Geschäftsanteil zu verwerten zur Folge, was in der Regel durch einen Gesellschafterbeschluss erfolgt, der deren Einziehung zum Gegenstand hat. Im Gegenzug erhält der ausscheidende Gesellschafter eine Abfindung, deren Höhe sich der Rechtsprechung zufolge nach dem Verkehrswert der eingezogenen Geschäftsanteile richtet. Hierbei ist stets der Gesellschaftsvertrag zu beachten, welcher nicht selten konkrete Regelungen für die Berechnung der Abfindung enthält. In der Praxis erweisen diese Regelungen sich jedoch oftmals als zu streng, da sie den Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters zu sehr einschränken. Daher halten sie einer gerichtlichen Kontrolle im Streitfall meist nicht stand. Die Folge ist die Unwirksamkeit der gesellschaftsvertraglichen Abfindungsregelung und die Bemessung der Höhe der Abfindung nach dem Verkehrswert der Anteile.
2. Das unfreiwillige Ausscheiden des Gesellschafters, Einziehung, Zwangsabtretung, Ausschlussklage
Im Gegensatz zum freiwilligen Ausscheiden des Gesellschafters geht die Initiative für dessen unfreiwilliges Ausscheiden von den Mitgesellschaftern oder der GmbH aus und erfolgt gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters. Grund hierfür sind nicht selten persönliche Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern oder auch Vorwürfe der Untreue. Der Ausschluss des GmbH- Gesellschafters kann der Einziehung, der Zwangsabtretung oder der Ausschlussklage durch gerichtliches Urteil erreicht werden.
Die Einziehung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter, wobei der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht hat. Gem. § 34 GmbHG müssen die Voraussetzungen der Einziehung vor der Beschlussfassung in dem Gesellschaftsvertrag geregelt sein. Gesellschaftsverträge enthalten oftmals Regelungen über eine Einziehung aus wichtigem Grund oder für den Fall, dass in das Vermögen des betroffenen Gesellschafters die Zwangsvollstreckung betrieben wird. Die Einziehung führt zur Vernichtung des betroffenen Gesellschaftsanteils, daher ist im Folgenden zur Vermeidung der Unrichtigkeit des Gesellschaftsvertrages das Fassen eines Beschlusses über eine Kapitalaufstockung erforderlich.
Auch die Zwangsabtretung kann nur erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen zuvor im Gesellschaftsvertrag geregelt sind und ein wichtiger Grund vorliegt. Im Gegensatz zur Einziehung muss nach der Fassung eines Zwangsabtretungsbeschlusses diese jedoch noch vollzogen werden. Dies kann durch notariell beglaubigten Anteilserwerb erfolgen, was jedoch die Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters voraussetzt. Da dieser in der Praxis regelmäßig jegliche Kooperation verweigert, wird sich die Vollziehung in der Regel nur mittels gerichtlicher Entscheidung erreichen lassen. Nach erfolgter Zwangsabtretung wächst der Geschäftsanteil einem Mitgesellschafter, einem Dritten oder aber der GmbH selbst zu.
Sowohl im Falle der Einziehung als auch im Falle der Zwangsabtretung erhält der betroffene Gesellschafter eine Abfindung (entweder von der GmbH oder vom Übernehmer der Anteile im Falle der Zwangsabtretung). Hinsichtlich der Höhe der Abfindung sind die Gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu beachten.
Die Ausschlussklage kommt dann in Betracht, wenn ein wichtiger, den Ausschluss des betroffenen Gesellschafters rechtfertigender Grund vorliegt und der Gesellschaftsvertrag keine Regelung zur Einziehung oder Zwangsabtretung enthält. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn den Mitgesellschaftern der Verbleib des betroffenen Gesellschafters in der GmbH nicht mehr zumutbar ist. In einem ersten Schritt beschließen diese den Ausschluss mittels Beschlusses und erheben anschließend Ausschlussklage gegen den betroffenen Gesellschafter.
Sowohl Einziehung als auch Zwangsabtretung und Ausschlussklage sind hochkomplexe Prozesse, bei denen eine Vielzahl von verfahrensrechtlichen Besonderheiten zu beachten sind. Verfahrensfehler haben leicht die Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse zur Folge. Auch verlieren sich die Parteien oftmals in langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten. Aus diesen Gründen ist die Hinzuziehung rechtsanwaltlicher Unterstützung in jedem Fall empfehlenswert.
Wir beraten und unterstützen sie kompetent und umfassend zu den gesellschafts- und strafrechtlichen Aspekten von Austritt und Ausschluss, insbesondere:
– Gestaltung des Gesellschaftsvertrages zur Frage der Kündigung und Einziehung/Zwangsabtretung von Anteilen
– Beratung im Vorfeld entsprechender Schritte, Risikobewertung, ausloten von Möglichkeiten
– Vorbereitung entsprechender Beschlüsse und Beauftragung von Notaren
– Strategien zur Haftungsvermeidung und Aushandeln von Ausscheidungsvereinbarungen
– Gerichtliche Vertretung von Gesellschaft und Gesellschaftern bei Streitigkeiten über Kündigung oder Einziehung/Zwangsabtretung sowie die Durchführung von Schiedsverfahren
– Gerichtliche Durchsetzung von Abfindungsansprüchen
– Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz, Vorgehen gegen Zwangsausschluss, Widerspruch gegen die Gesellschafterliste mittels einstweiliger Verfügung
– Strafrechtliche Vertretung bei Untreuevorwürfen
Rechtsanwalt Dr. André Howe