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Goldankaufaktionen in einem Bäckereicafe, die in zeitlichen Abständen durchgeführt und die mit Zeitungsanzeigen und Plakaten beworben werden, stellen unter bestimmten Voraussetzungen eine unzulässige Ausübung eines Reisegewerbes dar. Mit Urteil von letzter Woche hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes den Anspruch eines Mitbewerbers auf Unterlassen der Aktionen als begründet angesehen.

Zum Sachverhalt: Der klagende Händler betreibt in Schleswig-Holstein einen Einzelhandel mit Edelmetallen, Edelsteinen, Perlen und Schmuck. Er kauft auch Gold an. Außerhalb seines Geschäfts führt er in zeitlichen Abständen Ankaufaktionen an anderen Orten durch, die er jeweils in Zeitungen und durch Plakate ankündigt und die u.a. in einem Bäckereicafe stattfinden. Die Beklagte betätigt sich ebenfalls im Goldankaufgewerbe. Sie sieht die Aktionen des Klägers außerhalb seines Geschäftslokals als wettbewerbswidrig an und mahnte den Kläger ab. Dieser wiederum verlangt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Beklagten ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Der Kläger ist der Ansicht, dass er nicht wettbewerbswidrig handele, weil er kein Reisegewerbe betreibe.

Aus den Gründen: Die Goldankaufaktionen sind wettbewerbswidrig und damit zu unterlassen. Nach der Gewerbeordnung ist der Ankauf von Edelmetallen im Reisegewerbe verboten (§ 56 Abs. 1 Nr. 2a GewO). Der Kläger kauft gewerbsmäßig und zwar ohne vorhergehende Bestellung und außerhalb seiner gewöhnlichen Niederlassung Waren an und übt damit ein Reisegewerbe aus. Weil die Initiative zum Ansprechen des Kunden von dem Gewerbetreibenden ausgeht, erfolgt der Ankauf „ohne vorherige Bestellung“. Die Initiative zu den Verkaufsverhandlungen ist dem Unternehmer zuzuschreiben, der durch Ankündigungen in der Presse und durch Aushänge auf sich aufmerksam gemacht hat. Zwar mag es Fälle geben, in denen Kunden auf Grund von Bekanntmachungen die Ankaufsaktionen des Klägers gezielt aufsuchen und daher eine konkrete „Überrumpelungsgefahr“ nicht entsteht. Jedenfalls die (anderen) Kunden, die zufällig in der Bäckerei auf die Ankaufsstelle des Klägers treffen und in Vertragsverhandlungen eintreten, laufen Gefahr, überrumpelt zu werden.
Neben dem „Überrumpelungsschutz“ verfolgt das Reisegewerberecht auch das Ziel der Überwachung des Gewerbetreibenden. Es soll eine „Anbieterflüchtigkeit“ verhindert werden. Im Interesse der Kunden ist deshalb bei bestimmten Gewerbezweigen, wie dem Handel mit Gold, die Tätigkeit im Reisegewerbe verboten. Diese besonderen Gewerbe sollen zum Schutz vor unzuverlässigen Anbietern nur von einer Niederlassung aus betrieben werden, damit eine behördliche Kontrolle jederzeit möglich ist und der Kunde bei Bedarf auf den Unternehmer gegebenenfalls zur Rückabwicklung des Vertrages oder aus sonstigen Gründen zugreifen kann. Im vorliegenden Fall hat der Kläger an den Standorten keine feste Geschäftseinrichtung und damit keine Niederlassung. Es ist nicht sicher vorhersehbar, ob überhaupt und wann er in dem Bäckereicafe wieder anwesend sein wird.
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.04.2012, Aktenzeichen 6 U 6/11)

Quelle Pressemeldung des OGL