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Die  Bewerbung eines Tees durch Abbildung von Früchten auf der Verpackung, die nicht Bestandteile des Tees  sind, verstößt gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, sofern nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass es sich nur um Aromen oder „Geschmack“  handelt.
Eine aktuelle Entscheidung des LG Düsseldorf:

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16.3.2012
38 O 74/11
Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen für einen Tee wie nachfolgend abgebildet mit der Bezeichnung „HIMBEER-VANILLE ABENTEUER“ und/ oder der Abbildung von Himbeeren Vanilleblüten zu werden bzw. werben zu lassen, wenn keine Bestandteile von Himbeeren und Vanille im Produkt enthalten sind:
„Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden“
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

1
Tatbestand:
2
Der Kläger ist der X und befasst sich unter anderem damit, verbraucherrelevante Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu unterbinden.
3
Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „A Himbeer-Vanille Abenteuer“ einen Früchtetee in der aus dem Klageantrag zu 1. ersichtlichen Aufmachung und Gestaltung. Zutaten sind Hibiskus, Äpfel, süße Brombeerblätter, Orangenschalen, Hagebutten, Zitronenschalen, Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren sowie „natürliches Aroma mit Vanillegeschmack“ und „natürliches Aroma mit Himbeergeschmack“.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit der Verpackungsaufmachung gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB und § 5 UWG. Der Verbraucher erwarte beim Anblick der Verpackung einen Tee, der Bestandteile von Vanille und Himbeeren enthalte. Da tatsächlich nur natürliches Aroma mit Vanille- und Himbeergeschmack enthalten sei, sei die Aufmachung im Hinblick auf die Produktbezeichnung und die abgebildeten Himbeeren und Vanilleblüten irreführend.
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Neben der Unterlassung verlangt der Kläger die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
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Der Kläger beantragt,
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wie erkannt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, es handele sich um ein aromatisiertes teeähnliches Erzeugnis, dessen Aufmachung den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ (LML Tee) entspreche. Im Hinblick auf die auch auf der Vorderseite befindliche Angabe „Früchtetee mit natürlichen Aromen“ und „Früchtetee-Mischung mit natürlichen Aromen“ erwartet der angesprochene Verbraucher nicht, dass Teile der abgebildeten Früchte tatsächlich enthalten sind, sondern lediglich die Geschmacksrichtung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung des im Tenor zu 1. beschriebenen Verhaltens gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 4 Nr. 11 UWG, 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB.
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Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Kläger zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlich begründeter Unterlassungsansprüche berechtigt ist und es sich bei § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB um eine gesetzlich Vorschrift handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
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§ 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB bestimmt unter anderem, dass es verboten ist, unter irreführender Aufmachung Lebensmittel in Verkehr zu bringen, wobei eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn zur Täuschung geeignete Bezeichnungen und Aufmachungen über die Zusammensetzung des Lebensmittels verwendet werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Früchtetee trägt die Bezeichnung „A Himbeer-Vanille Abenteuer“ die Angabe „Himbeer-Vanille“ deutet darauf hin, dass diese zwei Elemente in dem Lebensmittel tatsächlich vorhanden sind. Jeder Verbraucher weiß, dass es Früchte mit der Bezeichnung „Himbeere“ und ein Gewürz mit der Bezeichnung „Vanille“ gibt. Die schriftbildlich hervorgehobenen Bezeichnungen finden eine Bekräftigung durch die im Blickfang der vorderen Packungsseite aufgedruckten Himbeeren und Vanilleblüten. Zudem findet sich in dem siegelartigen Rundaufdruck der Hinweis: „Nur natürliche Zutaten“.
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Der Leser muss demnach bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung der Packung den Eindruck gewinnen, bei den Angaben „Himbeere“ und „Vanille“ handele es sich um die erwähnten natürlichen Zutaten. Die zudem wesentlich kleiner gehaltene Angabe „Früchtetee mit natürlichen Aromen“ ist nicht geeignet, den so geschaffenen Eindruck zu korrigieren. Ein Früchtetee kann, wie die von der Beklagten selbst vorgelegten Bewerbungen von Konkurrenzprodukten zeigen, durchaus als Inhaltsstoffe Teile von Himbeeren und Vanille enthalten. Der Zusatz „mit natürlichen Aromen“ kann im Hinblick auf die bereits erwähnte Angabe „nur natürliche Zutaten“ nur so verstanden werden, dass Aromen hinzugefügt wurden, die soweit Himbeeren und Vanille in Rede stehen, aus diesen Pflanzen gewonnen wurden. Unstreitig ist dies jedoch nicht der Fall: Das Aufgussgetränk enthält weder irgendeinen Bestandteil von Himbeeren oder Vanille als Zutat, noch ein aus diesen Pflanzen gewonnenes Aroma, sondern lediglich Aromen, die ihrer Geschmacksrichtung nach Himbeeren und Vanille entsprechen, ohne irgendeinen „natürlichen“ Bezug zu diesen Pflanzen aufzuweisen.
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Die konkret den Streitgegenstand bildende Packungsaufmachung entspricht auch nicht der von der Beklagten vorgelegten Änderung der LMLTee. Im Teil D Nr. 4 wird eine deutlich erkennbare Angabe für den Fall von ausschließlich oder überwiegendem Einsatz von Aromen gefordert. Beispielhaft werden die Angaben „mit … -Geschmack“ oder „mit … Aroma“ aufgeführt.
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Die Beklagte hat aber auf der Verpackung weder mit „Himbeer-Vanille-Geschmack“ noch mit „Himbeer-Vanille-Aroma“ geworben.
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Entsprechendes gilt im Hinblick auf Nr. 4 Teil D Abs. 1 der LMLTee, nach dessen Regelung aromatisierte teeähnliche Erzeugnisse unter Hinweis auf die Aromatisierung bezeichnet werden, z.B. Kräutertee aromatisiert oder Früchtetee aromatisiert, wobei auf die Geschmacksrichtung hingewiesen wird, z.B. aromatisierter Kräutertee-Schwarze Johannisbeere. Das Lebensmittel „A Himbeer-Vanille Abenteuer“ wird nicht als aromatisierter Früchtetee mit einer bestimmten Geschmacksrichtung bezeichnet, sondern wesentlich mit natürlichen Zutaten und natürlichen Aromen.
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Aus diesen Gründen lassen sich auch die Ausführungen des Landgerichts Frankfurt in der vorgelegten Entscheidung nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragen.
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Neben der Unterlassung schuldet die Beklagte gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die Erstattung der in ihrer Höhe nicht streitigen Kosten der Abmahnung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt. Maßgeblich ist insoweit das Interesse des Klägers. Der Kläger hat sein Interesse unbeanstandet mit 15.000,00 € bezeichnet. Bezüglich der etwaigen Auswirkungen des Verbots für die Beklagte fehlt es an nachvollziehbaren Angaben zu Umsätzen, die mit dem fraglichen Produkt erzielt werden. Allein der Umstand, dass die Beklagte plant, den Rechtsstreit bis zum Bundesgerichtshof zu treiben, falls sie unterliegt, rechtfertigt nicht die Festsetzung eines höheren als des festgesetzten Wertes.