030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

Schutz der Privatsphäre trotz Selbstöffnung des Partners

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch identifizierende Berichterstattung nach Selbstöffnung des Partners – BGH, Urteil vom 14.12.2021 –  Az.  VI ZR 403/19

BGH: Der Schutz der Privatsphäre entfällt nicht durch Selbstöffnung des Partners.

Die vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfasste Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu. Dabei werden insbesondere Angelegenheiten geschützt, die wegen ihres Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, etwa weil das Bekanntwerden als peinlich oder unangenehm empfunden wird. Der Schutz der Privatsphäre kann jedoch dann entfallen, wenn der Betroffene damit einverstanden ist, dass in der Regel als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden. Mit der Frage, ob durch die Selbstöffnung eines Lebenspartners der Schutz der Privatsphäre des anderen entfällt, beschäftigte sich der BGH mit Urteil vom 14.12.2021 –  Az.  VI ZR 403/19.

Die Beklagte veröffentlichte auf der von ihr betriebenen Internetseite bild.de einen Artikel mit dem Titel “Bei den Promi-Ladys herrscht Sex-Flaute!”. Darin gab sie unter anderem Äußerungen einer bekannten Moderatorin in Bezug auf die Auswirkungen familiärer und beruflicher Belastungen auf ihr Sexualleben wieder. Sie gab an, dass sie und ihr Lebensgefährte meistens viel zu müde seien, um zwischenmenschliche Zärtlichkeiten auszutauschen. In dem Artikel gab die Beklagte nicht nur den Namen der Moderatorin wieder, sondern auch den ihres langjährigen Lebensgefährten, der im Gegensatz zu seiner Partnerin keine in der Öffentlichkeit stehende Person ist. Durch die Berichterstattung unter voller Namensnennung fühlte er sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte daher auf Unterlassung.

Während das LG Berlin der Klage stattgab, hatte das Kammergericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Aus Sicht des KG habe das von der Berichterstattung beeinträchtigte Persönlichkeitsrecht des Klägers hinter dem Recht der Beklagten auf Freiheit der Berichterstattung zurückzutreten. Zwar liege keine eigene Selbstöffnung des Klägers vor, jedoch habe sich seine Lebensgefährtin mehrfach zu privaten Details aus dem Beziehungsleben öffentlich geäußert. Diese Äußerungen müsse sich der Kläger zurechnen lassen. Gegen das Berufungsurteil legte der Kläger erfolgreich Revision ein.

Der BGH hat entschieden, dass die Beklagte durch die Mitteilung in dem Artikel unter voller Namensnennung, der Kläger habe mit seiner Partnerin nur noch selten sexuellen Kontakt, in dessen Privatsphäre eingegriffen habe. Dabei sei unerheblich, dass seine Lebensgefährtin die wiedergegebenen Informationen über ihr Sexualleben selbst preisgegeben habe. Denn die Lebensgefährtin habe weder den Kläger im Zusammenhang mit den Äußerungen namentlich benannt, noch habe dieser selbst öffentlich gemacht, dass er als Partner der Moderatorin von deren „Sex-Flaute“ mitbetroffen sei. Eine Selbstöffnung der Moderatorin gegenüber der Öffentlichkeit hinsichtlich der Person ihres von der „Sex-Flaute“ mitbetroffenen Partners ergebe sich gerade nicht aus den Äußerungen. Dass der Kläger als Partner der Moderatorin recherchierbar sei, ändere nichts an der Rechtsverletzung

Ferner bestehe kein öffentliches Interesse daran, den in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Kläger im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die “Sex-Flaute” seiner Partnerin namentlich zu bennen und diesen aus seiner Anonymität herauszureißen. Aus Sicht des BGH solle durch die namentliche Nennung des Klägers vielmehr die Neugier der Leser befriedigt werden, wer den der von der “Sex-Flaute” betroffene Partern der bekannten Moderatorin sei. Damit sei der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht mangels eines berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit rechtswidrig.

 

Fragen zum Medienrecht und zum Presserecht – Wir helfen gerne. Kontaktieren Sie uns unverbindlich.

Jüdemann Rechtsanwälte