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Schadensersatzanspruch aufgrund unberechtigter Schutzrechtsverwarnung wegen angeblicher Markenrechtsverletzung durch Google Adwords – OLG Frankfurt, Urteil vom 10.02.2022 – Az. 6 U 126/21

OLG Frankfurt: Eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung wegen angeblicher Markenrechtsverletzung durch Google Adwords kann einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und einen Schadensersatzanspruch auslösen.

Beide Parteien bieten kieferorthopädische Leistungen an und sind auf diesem Gebiet Wettbewerber. Bei der Eingabe des Unternehmenskennzeichens des Beklagten bei Google erschien eine Anzeige der Klägerin, in der ihr kieferorthopädisches Angebot beworben wurde. Die Werbung wurde dabei in einem vom Suchergebnis abgetrennten Block angezeigt und war als “Anzeige” gekennzeichnet. Der Beklagte vertrat die Ansicht, die Klägerin selbst habe sein Unternehmenskennzeichen als Keyword für ihre Anzeige genutzt und sah darin eine Markenrechtsverletzung. Er mahnte die Klägerin ab und begehrte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Die Klägerin reagierte darauf mit abweisenden anwaltlichen Schreiben und begehrte gerichtlich den Ersatz der Rechtsanwaltsgebühren. Das LG Gießen gab der Klage teilweise statt, woraufhin der Beklagte Berufung eingelegt hat.

 

Das OLG Frankfurt entschied mit Urteil vom 10.02.2022 – Az. 6 U 126/21, dass die Schutzrechtsverwarnung des Beklagten unberechtigt erfolgt sei und einen Eingriff in  in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin darstelle. Die Schutzrechtsverwarnung sei schon deshalb rechtswidrig, weil es der klägerischen Werbeanzeige an einer kennzeichenmäßigen Verwendung im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG fehle. Erscheine eine Werbeanzeige in einem von den Suchergebnissen eindeutig getrennten sowie entsprechend gekennzeichneten Werbeblock und enthalte diese selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte, liege regelmäßig keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vor.

 

Ferner sei dem verständigen Internetnutzer bewusst, dass auch Dritte bezahlte Anzeigen bei Suchmaschinen schalten würden und er erwarte daher in einem von der Trefferliste räumlich oder auf andere Weise deutlich abgetrennten und mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichneten Werbeblock nicht nur Angebote des Markeninhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen. Es bedürfe daher in der Regel keiner Hinweise auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung  oder  geschäftliche Bezeichnungen zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber. Dies sei hier vorliegend der Fall. Der Beklagte hätte zudem bei einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung die fehlende Rechtsverletzung der Klägerin erkennen können, so dass er fahrlässig und somit schuldhaft gehandelt habe.