030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

_______________________________________________________________________________________

Nr. 080/2012 vom 01.06.2012

Bundesgerichtshofs bestätigt Verurteilung des Axel-Springer-Verlages zur Zahlung einer fiktiven
Lizenz wegen werblicher Vereinnahmung von Gunter Sachs

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Axel-Springer-Verlag wegen einer werblichen Vereinnahmung des vor einem Jahr verstorbenen Gunter Sachs eine fiktive Lizenz in Höhe von 50.000 € zu zahlen hat.

Der Axel-Springer-Verlag verlegt unter anderem die „BILD am Sonntag“. In der Ausgabe vom 10. August 2008 befand sich auf der letzten Seite ein redaktionell aufgemachter Artikel, der mit drei Fotos des Klägers bebildert war. Auf einem großflächigen Foto ist der Kläger bei der Lektüre einer Zeitung mit dem „BILD“-Symbol zu erkennen. Die Bildinnenschrift lautet: „Gunter Sachs auf der Jacht „Lady Dracula“. Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch.“ Auch im Fließtext wird die Lektüre des Klägers herausgestellt.

Gunter Sachs hat den Axel-Springer-Verlag daraufhin auf Unterlassung und auf Zahlung einer Lizenzvergütung in Höhe von 50.000 € in Anspruch genommen. Das Landgericht Hamburg hat den Verlag zur Unterlassung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht Hamburg den Axel-Springer-Verlag darüber hinaus zur Zahlung einer Lizenzvergütung in der vom Kläger verlangten Höhe verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Axel-Springer-Verlages zurückgewiesen. Dass der Kläger während des Revisionsverfahrens verstorben ist, hatte auf das Verfahren keine Auswirkungen. Der Senat hat eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG)* darin gesehen, dass der Kläger durch die Abbildung und die begleitende Textberichterstattung ohne seine Zustimmung für Werbezwecke vereinnahmt worden ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Werbung sich nicht in einer als solchen erkennbaren Anzeige, sondern in einem redaktionellen Artikel befand. Der beklagte Verlag kann sich demgegenüber nicht auf ein überwiegendes Informationsinteresse berufen. Vielmehr hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers – so der Bundesgerichtshof – Vorrang gegenüber dem nur als gering zu veranschlagenden Interesse der Öffentlichkeit an der Neuigkeit, dass der Kläger auf seiner Jacht die Zeitung „Bild am Sonntag“ liest. Dabei hat der Bundesgerichthof auch berücksichtigt, dass der beklagte Verlag mit der Veröffentlichung des Fotos in unzulässiger Weise in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen hat. Durch Vereinnahmung des Klägers für die Werbung hat der Verlag einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der den Anspruch auf Zahlung der Lizenz begründet.

Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 234/10 – Playboy am Sonntag

LG Hamburg – Urteil vom 4. Dezember 2009 – 324 O 338/09 (AfP 2010, 193)

OLG Hamburg – Urteil vom 10. August 2010 – 7 U 130/09 (ZUM 2010, 884)

Karlsruhe, den 1. Juni 2012

*§ 22 KUG

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

§ 23 KUG

Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2)Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs