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Das Zeichen „Pferde – die Delphine des Nordens“ ist nicht eintragungsfähig, so aktuell das BPatG. Einer stehe das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.  Auch wenn Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen als andere Zeichen, sei zu berücksichtigen, dass solche Wortmarken vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Nicht unterscheidungskräftig seien demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen. Danach  fehle der Wortfolge „Pferde- die Delphine des Nordens“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Sie sei sprachüblich ohne Abweichung von grammatikalischen oder Rechtschreibregeln gebildet und enthale die Aussage, dass Pferde, also als Reit- und Zugtiere gehaltene hochbeinige Säugetiere mit Hufen, meist glattem, kurzem Fell, länglichem, großem Kopf, einer Mähne und langhaarigem Schwanz die Delphine des Nordens, also (zu den Zahnwalen gehörende) im Wasser, meist in Herden lebende Säugetiere mit schnabelartig verlängertem Maul seien. Damit stelltensie zwei auf den ersten Blick sehr unähnliche Tierarten gleich, wobei die Pferde zudem nördlichen Regionen zugeordnet werden. Die  beanspruchten Waren der Klassen 10 und 31 stünden im Zusammenhang mit therapeutischen Maßnahmen, bei denen Pferde als Therapiepferde zum Einsatz kommen können. Sie richteten sich in erster Linie an therapeutisches Fachpersonal sowie mit Gesundheitsmaßnahmen befasste Verbraucher, die über entsprechende Erfahrungen mit therapeutischen Behandlungen verfügen. Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klassen 41 und 44. Auch hier sind in erster Linie der Fachverkehr im Bereich der Pferdehaltung und Reittherapie sowie Verbraucher mit entsprechenden Vorkenntnissen und Erfahrungen angesprochen.

 

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Die Entscheidung:

 

BUNDESPATENTGERICHT

30 W (pat) 26/13

_______________

(Aktenzeichen)

Bundesadler

Verkündet am

22. Januar 2015

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 005 244.4

hat der 30. Senat (Marken- und Designbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2015 unter Mitwirkung des  Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Uhlmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortfolge

Pferde- die Delphine des Nordens

ist am 31. Mai 2012 zur Eintragung als Marke in das bei dem Deutschen Patent-und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen der

„Klasse 10: Apparate zur körperlichen Rehabilitation für medizinische Zwecke, Geräte für die Physiotherapie, medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengym-
nastik;

Klasse 31: lebende Tiere, nämlich Pferde für Therapiezwecke;

Klasse 41: Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte,
Tierdressur, Ausbildung von Pferden;

Klasse 44: Dienstleistungen eines Tierarztes, Dienstleistungen von Gesundheitszentren, Therapiedienste, Tierpflege, Tierzucht, Aufzucht von Pferden“

angemeldet worden.

Mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2012 und 16. Mai 2013, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 44 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortfolge sei sprachüblich gebildet und weise darauf hin, dass Pferde wie Delphine für Therapien eingesetzt werden könnten. Delphintherapien würden als unterstützende Therapie bei vielfältigen seelischen Erkrankungen eingesetzt. Daneben gebe es weitere tiergestützte Therapieformen wie die Lamatherapie oder die Pferdetherapie, auch Hippotherapie genannt. Pferde seien Delphinen in ihrer Intelligenz und Trainierbarkeit vergleichbar.

Sämtliche Waren könnten bei therapeutischen Maßnahmen mit Pferden zur Anwendung kommen, gleiches gelte für die Dienstleistungen. Die Wortfolge verfüge nicht über verblüffende Originalität und rege auch nicht zum Nachdenken an, weil sie unmittelbar als Sachhinweis auf derartige Therapieformen bzw. die Behandlung von Pferden für derartige Therapieformen verstanden werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 vom  20. Dezember 2012 und vom 16. Mai 2013 aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie vor, die Wortfolge sei keine Beschaffenheitsangabe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Es fehle ein Hinweis auf ein therapeutisches Verfahren. Auch fehle ihr ein enger beschreibender Bezug zu den Waren und Dienstleistungen. Sie sei sprachwidrig gebildet. Der angesprochene Verkehr werde die völlig unterschiedlichen Gattungen Delphine und Pferde miteinander vergleichen und feststellen, dass sie als Land- und Wassertiere keine Gemein-samkeiten hätten. Sodann werde er sich mit den Wesensmerkmalen der Gattungen auseinandersetzen und feststellen, dass Delphine lern- und trainierfähig
seien. An Therapien werde er in diesem Zusammenhang nicht denken. Die bean-
spruchten Geräte in Klasse 10 würden für eine Reittherapie nicht benötigt. Die be-
anspruchten veterinärmedizinischen Dienstleistungen hätten keinen Bezug zu ei-
ner tiergestützten Therapie für Menschen. Bei den Dienstleistungen der Klasse 41
werde der Verkehr die den Delphinen zugeschriebenen Eigenschaften der Lernfä-
higkeit auf Pferde übertragen. Auch hier bestehe keinerlei Zusammenhang mit einer Reittherapie. Die Verwendung des Slogans im Jahr 2009 gehe auf die Beschwerdeführerin zurück. Daraus folge nicht, dass der Slogan nicht auch als Unternehmenshinweis verstanden werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten
Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zei-
chen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienst-
leistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und
diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH
GRUR 2012, 610, Nr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, 611,
Nr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731,
Nr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Nr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, 1045,
Nr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, 826, Nr. 13 – Marlene-Dietrich-Bild-
nis II; GRUR 2010, 935, Nr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854,
Nr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin,
die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu ge-
währleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; GRUR 2006,
229, 230, Nr. 27 – BioID; GRUR 2008, 608, 611, Nr. 66 – EUROHYPO; BGH
GRUR 2008, 710, Nr. 12 – VISAGE; GRUR 2009, 949, Nr. 10 – My World). Da al-
lein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begrün-
det, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maß-
stab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt,
um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143,
Nr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, 1045, Nr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2012,
270, Nr. 8 – Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der betei-
ligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels
und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen
ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Nr. 24 – Matratzen Concord/Hukla;
GRUR 2004, 943, 944, Nr. 24 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Nr. 8 – Die Vision;
GRUR 2010, 825, 826, Nr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854,
Nr. 18 – FUSSBALL WM 2006).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens
(vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271,
Nr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 – DeutschlandCard;
GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417,
418 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2001,
1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen
der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Me-
dien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden
(vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 – FUSSBALL WM 2006;
GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zei-
ten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch
solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Nr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans, wie die
hier vorliegende Bezeichnung Pferde- die Delphine des Nordens, sind keine
strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH GRUR
Int. 2012, 914, Nr. 25 – WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH;
GRUR 2010, 228, Nr. 36 – Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 32,
44 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, Nr. 12 – My
World; BGH GRUR 2009, 778, Nr. 12 – Willkommen im Leben). Es wäre daher un-
zulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungs-
kraft ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH GRUR 2010, 228,
Nr. 38 – Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 35, 36 – DAS PRINZIP
DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die Wortfolge phantasievoll sein
und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkef-
fekt zur Folge habe, aufweisen müsse (EuGH GRUR 2010, 228,
Nr. 39 – Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 31, 32 – DAS PRINZIP
DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft).
Auch wenn Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist
jedoch zu berücksichtigen, dass solche Wortmarken vom Verkehr nicht notwendig
in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Nicht
unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in
sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der
Marke erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen
und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. EuGH GRUR 2004,
1027, Nr. 35 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2001, 1047,
1049 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BGH GRUR 2001, 735,
736 – Test it.).
2. Nach diesen Grundsätzen fehlt der Wortfolge „Pferde- die Delphine des Nor-
dens“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterschei-
dungskraft. Sie ist sprachüblich ohne Abweichung von grammatikalischen oder
Rechtschreibregeln gebildet und enthält die Aussage, dass Pferde, also als Reit-
und Zugtiere gehaltene hochbeinige Säugetiere mit Hufen, meist glattem, kurzem
Fell, länglichem, großem Kopf, einer Mähne und langhaarigem Schwanz die Del-
phine des Nordens, also (zu den Zahnwalen gehörende) im Wasser, meist in Her-
den lebende Säugetiere mit schnabelartig verlängertem Maul seien. Damit stellt
sie zwei auf den ersten Blick sehr unähnliche Tierarten gleich, wobei die Pferde
zudem nördlichen Regionen zugeordnet werden.

Diese Gleichstellung wirkt zwar als allgemeine Aussage zunächst ungewöhnlich.
Im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen
wird die Wortfolge jedoch von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichwohl
als werbende allgemeine Sachaussage unmittelbar verstanden.

a) Die beanspruchten Waren der Klassen 10 und 31 stehen im Zusammenhang
mit therapeutischen Maßnahmen, bei denen Pferde als Therapiepferde zum Ein-
satz kommen können. Sie richten sich in erster Linie an therapeutisches Fachper-
sonal sowie mit Gesundheitsmaßnahmen befasste Verbraucher, die über entspre-
chende Erfahrungen mit therapeutischen Behandlungen verfügen. Gleiches gilt für
die Dienstleistungen der Klassen 41 und 44. Auch hier sind in erster Linie der
Fachverkehr im Bereich der Pferdehaltung und Reittherapie sowie Verbraucher
mit entsprechenden Vorkenntnissen und Erfahrungen angesprochen.

b) Die Wortfolge „Pferde- Delphine des Nordens“ wurde schon zwei Jahre vor der
Anmeldung des Zeichens auf der Fachtagung „3. Bildungsforum Pferd“ vom
22. April 2010 als Schlagwort für die gestützte Therapie mit Pferden benutzt. Im
Jahr 2009 fand sie als Sachhinweis auf Therapiepferde Erwähnung sowohl in
Printmedien als auch im Hörfunk, wie sich aus den der Beschwerdeführerin über-
sandten Recherchebelegen des Senats ergibt (Pferdeforum 12/2009, Tagung Rei-ten als Schulsport … Andernorts sei die Therapie mit Delphinen im heilpädagogischen Bereich populär. Das Pferd böte jedoch mindestens dieselben therapeuti-schen Vorzüge und sei darüber hinaus kostengünstiger zu unterhalten. Bartels: „Das Pferd ist der Delphin des Nordens“; Einladung 3. Bildungsforum Pferd … „Unter dem Schlagwort „Pferde, die Delphine des Nordens“ werden Experten an-hand von praktischen Beispielen einen Einblick in das interessante Berufsfeld rund um das Pferd im Gesundheitsbereich geben“). Dass diese Benutzungen mittelbar auf die Beschwerdeführerin zurückzuführen sind, ist für den Verkehr nicht erkennbar und nimmt ihnen nicht die Qualität als Sachhinweis auf den therapeutischen Einsatz von Pferden.

c) Auf ähnliche Weise wie sogenannte Therapiepferde werden Delphine zu thera-
peutischen Zwecken eingesetzt. Die Delphintherapie ist eine vielfach beachtete,
wegen der mit ihr verbundenen hohen Kosten allerdings umstrittene Therapieme-
thode zur Unterstützung insbesondere bei seelischen Erkrankungen. Dabei be-
gegnen die Patienten, in der Regel Kinder und Jugendliche, in einem Wasserbec-
ken Delphinen, die mit ihnen freundlich interagieren. Eine der wesentlichen Vo-
raussetzungen für den Erfolg solcher Therapien ist warmes Wasser. Dies hat we-
niger mit den Bedürfnissen der Tiere zu tun als mit den Bedürfnissen der oft geis-
tig oder seelisch behinderten Patienten, die sich im Wasser wohl fühlen sollen.
Deshalb werden Delphintherapien vorwiegend in den warmen südlichen Ländern
bzw. im Mittelmeer und in der Karibik angeboten. An der Nordsee gibt es derartige
Angebote nicht. In Deutschland ist derzeit nur in Nürnberg eine Therapie mit Del-
phinen möglich, und zwar im Delphinarium des Nürnberger Zoos.

Wegen der mit der Therapie verbundenen hohen Reisekosten und der fehlenden
Möglichkeiten zu einer ortsnahen Anwendung in Deutschland bieten sich in kühle-
ren Regionen sogenannte Therapie- oder Heilpferde als praktische und kosten-
günstige Alternative zur Delphintherapie an.
Therapeutisches Reiten umfasst pädagogische, psychologische, psychotherapeu-
tische, rehabilitative und sozial integrative Maßnahmen, die über das Medium
Pferd umgesetzt werden. Man unterscheidet dabei zwischen heilpädagogischem
Reiten, heilpädagogischem Voltigieren und der Reit- und Hippotherapie. Beim heil-
pädagogischen Reiten steht die Arbeit mit dem Pferd im Vordergrund, bei der das
Reiten nur einen Teilbereich ausmacht. Durch die Pflege des Pferdes und den
Umgang mit dem Pferd soll die körperliche, emotionale, geistige und soziale Ent-
wicklung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit körperlichen, seeli-
schen und sozialen Entwicklungsstörungen und Behinderungen gefördert werden.
Beim heilpädagogischen Voltigieren werden Übungen auf dem Pferd ausgeführt,
das währenddessen an der Hand oder der Longe geführt wird. Der Bewegungs-
rhythmus hat lockernde, ausgleichende und angstlösende Wirkung.

Bei der Hippotherapie wird das Pferd zur Physiotherapie und Ergotherapie einge-
setzt. Der Patient sitzt auf dem Pferderücken, das Pferd bewegt sich in der Gang-
art Schritt, die Bewegungsimpulse des Pferdes werden auf Becken und Wirbelsäu-
le des Menschen übertragen. Der Bewegungsapparat des Patienten muss sich
neu einpendeln. Dies beeinflusst die Muskelspannung positiv, die gesamte Hal-
tung des Oberkörpers wird geschult, das Balancegefühl verbessert. Die Methode
wird häufig bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt. Hier kommen Hilfsmittel
zur Anwendung, um dem häufig bewegungseingeschränkten Patienten den Auf-
enthalt auf dem Pferd erst zu ermöglichen oder ihn vor Stürzen zu sichern. Das
Therapeutische Reiten hat sich zu einem wichtigen Berufs- und Ausbildungsfeld
der Reitbranche entwickelt. Hippotherapeut ist kein staatlich anerkannter Ausbil-
dungsberuf, sondern wird als Weiterbildung im Bereich therapeutisches Reiten an-
geboten. Es gibt aber eine Vielzahl von Ausbildungsangeboten, wie die Recherche
des Senats ergeben hat. Daneben existieren weitere Ausbildungsangebote für das
heilpädagogische Reiten und die Ergotherapie mit Pferden. Die Pferde, sog. The-
rapiepferde, werden für die Therapien ebenfalls speziell gezüchtet und trainiert.
Da der angemeldete Slogan im Zeitpunkt der Anmeldung bereits als einprägsame
und griffige Wortfolge für therapeutisches Reiten als kostengünstige und ortsnahe
Alternative zu der teuren und aufwendigen Delphintherapie auf einer Fachtagung
und in mehreren Medien verwendet worden ist, hat jedenfalls der angesprochene
Fachverkehr schon zu diesem Zeitpunkt mit der Wortfolge einen werbenden Sach-
hinweis auf das therapeutische Reiten verbunden und wird sie auch heute nicht
als betrieblichen Herkunftshinweis eines einzigen Anbieters der beanspruchten
Waren und Dienstleistungen verstehen.

Im Einzelnen:

aa) Die in Klasse 10 beanspruchten Apparate zur körperlichen Rehabilitation für
medizinische Zwecke, Geräte für die Physiotherapie, medizinischen Geräte für
Körperübungen und Krankengymnastik können in der Hippotherapie als Hilfsmittel
zum Einsatz kommen. So gibt es Aufstiegshilfen in Form von Rampen oder Fla-
schenzügen, um gehbehinderten Menschen den Auf- und Abstieg auf das Pferd
zu ermöglichen oder zu erleichtern. Auch gibt es spezielle Sättel für Behinderte
und sonstige Hilfsmittel wie Stützpolster, verlängerte Gerten, Befestigungsgürtel,
die die oft hilflosen Patienten unterstützen oder sichern und dadurch deren Teil-
nahme an der Therapie überhaupt erst ermöglichen (Fachbeitrag Hilfsmittel in der
Hippotherapie von T…, Therapeutisches Reiten 2/2011).

bb) Für die in Klasse 31 beanspruchten „Pferde für Therapiezwecke“ enthält die
Wortfolge die Aussage, dass es sich um Pferde handelt, die für eine Therapie ge-
eignet sind, die ähnliche Anwendungsbereiche, Zielsetzungen wie eine Delphin-
therapie hat, diese also in kühleren nördlichen Regionen wie Deutschland erset-
zen kann.
cc) Zu der Dienstleistung in Klasse 41 „Herausgabe von Texten, ausgenommen
Werbetexte“ weist die beanspruchte Wortfolge einen engen Sachbezug auf. Denn
für die Texte, die Gegenstand dieser Dienstleistung sind, werden jedenfalls die an-
gesprochenen Fachverkehrskreise die Wortfolge als beschreibenden Hinweis auf
deren gedanklichen Inhalt aus dem Bereich der Hippotherapie verstehen. Daher
steht sie auch in einem engen sachlichen Bezug zu der Verlagsdienstleistung mit
entsprechenden Texten. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs (GRUR 2013, 522, 523 – Deutschlands schönste Seiten) vor allem dann,
wenn das in Rede stehende Zeichen geeignet ist, einen weiten Themenbereich
abzudecken und den Inhalt einer Vielzahl unterschiedlicher Druckschriften zu um-
schreiben. Dies ist bei der angemeldeten Wortfolge der Fall. Pferde können ähn-
lich wie Delphine in vielfacher Weise dressiert werden und sind bei vielfältigen
seelischen und körperlichen Erkrankungen auf unterschiedliche Weise einsetzbar.
Gleichzeitig sind beim Einsatz bestimmte Gefahren zu vermeiden. Die auf der
Homepage der Beschwerdeführerin abrufbare Dissertation der Beschwerdeführe-
rin „Pferdegestützte Interventionen (PGI) zur Gesundheitsförderung des Men-
schen Einsatzvoraussetzungen, Anforderungen, Belastungsmomente Ausbildung
und Leistungsprüfung des Pferdes“ hat ein ausführliches Literaturverzeichnis, das
bereits die Breite des Themenkreises zeigt.

dd) Für die Dienstleistungen „Tierdressur“ und „Ausbildung von Pferden“ wird die
Wortfolge als Hinweis auf die Art und die Ziele der Ausbildung, nämlich zum Ein-
satz bei der Therapie von Erkrankungen und Behinderungen verstanden werden.
Die Notwendigkeit, Pferden, die bei derartigen Therapien zum Einsatz kommen,
eine Ausbildung zu geben, wird in den einschlägigen Mitteilungen immer wieder
betont (Deutsches Kuratorium für Therapeutisches Reiten e. V., Das Pferd im The-
rapeutischen Reiten, Anforderungen, Auswahl, Ausbildung FNverlag, 2015;
T… und W…, Sicherheit in der Hippotherapie, Thera-
peutisches Reiten 2/2011; www.orenda-ranch.com: Das Therapiepferd).
ee) Für die Dienstleistungen eines Tierarztes steht die Bedeutung der Wortfolge
als Hinweis auf die Spezialisierung des Arztes auf die Behandlung von Pferden
und seine besondere Erfahrung mit Therapiepferden im Vordergrund. Im Bereich
der Tierarztpraxen gibt es nicht nur Spezialisierungen auf bestimmte Tierarten,
sondern auch für konkrete Einsatzgebiete wie Springpferde oder Rennpferde. Der
Fachverkehr aus dem Bereich der Pferdehaltung und –zucht, der mit derartigen
Fachrichtungen vertraut ist, wird den Slogan nicht als Hinweis auf eine bestimmte
Tierarztpraxis, sondern auf eine Spezialisierung der Praxis auf die besonderen Be-
dürfnisse von Therapiepferden verstehen.

ff) Die „Dienstleistungen von Gesundheitszentren“ können Therapeutisches Rei-
ten, „Therapiedienste“ können Therapien mit Pferden zum Gegenstand haben. Die
Dienstleistung „Tierpflege“ kann therapeutische Anwendungen bei der Pflege von
Pferden anbieten, sodass die Wortfolge auch hier als Hinweis auf den Einsatz von
Therapiepferden verstanden werden wird. Bei der sozialpädagogischen Anwen-
dung steht der allgemeine Umgang mit und die Pflege von Pferden im Vorder-
grund, bei der die Patienten durch den Kontakt mit Pferden in ihrer seelischen,
geistigen und sozialen Entwicklung gefördert werden sollen (www.reit-eldorado.at:
Einheit heilpädagogisches Reiten und Voltigieren mit Fokus auf dem gewünschten
Thema, gemeinsames Vorbereiten der Pferde, gruppendynamische Übungen, Ein-
zelsequenzen, Bodenarbeit oder Wanderung, anschließend gemeinsames Weg-
räumen der Ausrüstung und Versorgen der Pferde).

gg) Die Dienstleistungen „Tierzucht“ und „Aufzucht von Pferden“ schließlich kön-
nen die Zucht von für die Therapie geeigneten Pferden zum Inhalt haben. Thera-
piepferde sollten eine bestimmte Wesensart haben. Züchter werben mit der Eig-
nung ihrer Tiere als Therapiepferd (www.burishof.de: Fjordpferdezucht: Wir schät-
zen die Fjordis (…) wegen ihrer Ausgeglichenheit und ihrer Robustheit als ideale
Lehr- und Therapiepferde). Daher ist die Wortfolge auch diesem Bereich nur als
beschreibender Sachhinweis auf die Ausrichtung der Züchtung von Therapiepfer-
den, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis auf einen einzigen Züchter ge-
eignet.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus-
übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens aus-
drücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergan-
gen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Ver-
fahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.

Unterschriften

 

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