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Eine interessante Entscheidung für das Adhäsionsverfahren in , die ich bei dem Kollegen Burhoff fand (Link unten). Hintergrund waren im Adhäsionsverfahren geltend gemachte Ansprüche wegen der Verletzung einer Marke. Das Landgericht setzte den Streitwert mit 5.000,00 EUR fest. Verständlicherweise legte der Kollege, der den Streitwert eher bei 175.000,00 EUR sah, Beschwerde ein. Da ein unbezifferter Antrag gestellt wurde, lag die Festsetzung im billigen Ermessen des Gerichts. Das Gericht hat unter Berücksichtigung des § 142 MarkenG eine geringeren Wert von 5.000,00 EUR angenommen.

Oberlandesgericht Hamm

Beschluss vom 16.2.2012
III-3 Ws 31/12
….
wegen Volksverhetzung pp.

Auf die Beschwerde des Verteidigers vom 8. September 2011 gegen die Festsetzung des Streitwertes der ersten kleinen Strafkammer II des Landgerichts Detmold vom 7. September 2011 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16. Februar 2012 durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter gemäß § 33 Abs. 8 RVG nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm, des Beschwerdeführers, des Nebenklagevertreters sowie der Angeklagten zu 1)
beschlossen:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe
Die erste kleine Strafkammer II des Landgerichts Detmold hat den Streitwert für das Adhäsi-onsverfahren auf 5.000 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde.

Die zulässig erhobene Beschwerde (§§ 32 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG) ist unbegründet. Im Ergebnis ist der vom Landgericht festgesetzte Streitwert von 5.000,00 € nicht zu beanstanden.

Die Adhäsionsklägerin hat Rechte aus dem MarkenG sowie der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke geltend gemacht. Neben einem bezifferten Zahlungsantrag (2.628 € nebst Zinsen, Antrag zu 4.) hat sie noch einen Unterlassungsantrag (Antrag zu 1.), einen Auskunftsantrag (Antrag zu 2.) sowie einen Feststellungsantrag (Antrag zu 3.) gestellt. Einen Gegenstandswert für die unbezifferten Anträge hatte die Adhäsionsklägerin weder innerhalb der Anträge noch in der Begründung angegeben. Lediglich im Rahmen der Begründung des bezifferten Antrages, bei dem es um die Kosten der Abmahnung ging, hat die Adhäsionsklägerin für die Berechnung dieser Kosten einen Gegenstandswert von 175.000,00 E zugrunde gelegt.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Danach wird die Gebühr im Adhäsionsverfahren nach dem Wert des zuerkannten Anspruchs erhoben (Nr. 3700 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Da die Kammer allerdings nicht über den Anspruch entschieden hat und das Adhäsions-verfahren stattdessen auf eine vergleichsähnliche Weise beendet wurde, richtet sich die Bestimmung des Gegenstandswertes nach den für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, zu denen das Adhäsionsverfahren zählt (vgl. OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2011, 390), geltenden Vorschriften.

Bei allen unbezifferten Anträgen handelt es sich um Ansprüche im gewerblichen Rechtsschutz, deren Wert sich nach billigem Ermessen bestimmt (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Auflage, § 3, Rdnr. 16 m.w.N.).

Beim Unterlassungsanspruch ist bei dessen Wertberechnung die Beeinträchtigung des Rechtes der Adhäsionsklägerin, also ihre voraussichtliche Umsatzschmälerung bzw. der drohende Schaden maßgeblich (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, GKG Anh. I § 48 (§ 3 ZPO), Rdnr.121 m.w.N.). Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass das Gericht den Streitwert bei Verfahren nach dem Markengesetz für eine wirtschaftlich schwache Partei wie die von dem Beschwerdeführer vertretene Adhäsionsbeklagte zu 1), der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wurde, gemäß § 142 MarkG mindern kann.

Der Gegenstandswert des Auskunftsantrages beträgt in der Regel einen Bruchteil desjenigen Anspruchs, dessen Geltendmachung die Auskunft erreichen soll, wobei die Schätzung nach objektiven Anhaltspunkten der Klagebegründung bei Einreichung zu erfolgen hat (vgl. Zöller-Herget, a.a.O.; Münchener Kommentar zur ZPO — Wöstmann, 3. Auflage, § 3 Rdnr. 38; Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, GKG Anh. I § 48 (§ 3 ZPO), Rdnr. 24 m.w.N.).

Bei dem Feststellungsantrag geht es um die Feststellung eines ziffernmäßig noch unbestimmten Schadenersatzanspruchs, der sich maßgeblich erst nach Auskunftserteilung beziffern lässt, weswegen der Gegenstandswert nach dem Interesse der Klägerin zu schätzen ist (vgl. Hartmann, a.a.O., Rdnr. 55). Dabei kann auch die zweifelhafte Realisierbarkeit eines späteren Leistungsantrages berücksichtigt werden (vgl. Zöller-Herget, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hält der Senat trotz Addition der für die einzelnen Anträge maßgeblichen Gegenstandswerte den von der Kammer festgesetzten Gegenstandswert von insgesamt 5.000 € im Ergebnis für angemessen. Bei der im Hinblick auf die unbezifferten Anträge vorzunehmenden Schätzung hat der Senat dabei u.a. folgende Umstände berücksichtigt:

– die Umsatzschmälerung der Adhäsionsklägerin dürfte gegen Null tendieren, da sie die von den Angeklagten hergestellten Buttons nicht vertreibt und offensichtlich auch nicht vertreiben würde,
– aufgrund der für jedermann offen zu Tage tretenden äußersten Geschmacklosigkeit der betreffenden Buttonmotive bzw. ihrer z.T. menschenverachtenden Aussage kann nahezu ausgeschlossen werden, dass ein klar denkender Mensch die Adhäsionsklägerin für deren Urheber hält bzw. gehalten hat,
– der von dem Beschwerdeführer vertretenen Adhäsionsbeklagten zu 1) ist Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden, so dass sie einen Antrag auf Streitwertermäßigung gem. § 142 MarkenG hätte stellen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Die Gerichtsgebührenfreiheit nach § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG gilt nur für das Antragsverfahren (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 4. Auflage, § 33, Rdnr. 30; KG Beschl. v. 21.04.2009, 1 Ws 45/09, BeckRS 2009, 12724). Kosten werden nicht erstattet, § 33 Abs. 9 Satz 2, 2. Halbsatz RVG.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Der Antrag des Nebenklagevertreters vom 15. Februar 2012, die ihm bis zu diesem Tag gewährte Stellungnahmefrist bis zum 22. Februar 2012 zu verlängern, wird abgelehnt, da die allgemeine Begründung des für den am letzten Tag der Stellungnahmefrist gestellten Antrages hierfür nicht ausreicht.

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