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Erklärt man ausdrücklich oder konkludent seine Einwilligung in die Veröffentlichung von Fotos, Interviews etc. ist man daran grundsätzlich daran gebunden. Nach Ansicht des LG Münchens etwa reicht es aus, einem Journalisten ein Interview zu geben und sich fotografieren zu lassen, um konkludent auch in eine Veröffentlichung einzuwilligen. Ähnlich entschied auch der BGH in dem Fall des Fotos einer Hostess auf einer Veranstaltung (BGH, Urteil vom 11. November 2014, Az.: VI ZR 9/14).

Die Betroffene habe aufgrund des Charakters der Veranstaltung und des prominenten Gastgebers damit rechnen müssen, dass auf der Veranstaltung Foto- und Filmaufnahmen gemacht würden. Auch sei sie in Ausübung ihres Berufs und nicht in einer peinlichen oder unangenehmen Situation abgelichtet worden.

Die Veröffentlichung peinlicher Situation hätte die Dame also nicht dulden müssen. In dem von dem Landgericht München entschiedenen Fall hätte die Einwilligung widerrufen werden können, wenn sich die Lebensumstände des Betroffenen erheblich geändert hätte. 

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Urteil des Landgericht München I vom 12.Dezember 2007

Az.: 9 O 13832/07

URTEIL

….

wegen Schmerzensgeld und Feststellung

erlässt das Landgericht München I, 9. Zivilkammer, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Steiner sowie die Richter am Landgericht Schütz und Dopheide aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2007 folgendes

Endurteil:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte zu 1) verlegt das Magazin xx.  In der Ausgabe Nr. xxxerschien ein Artikel im Rahmen einer Reihe xxx.  Autoren dieses Artikels waren die Beklagten zu 2) und 3) .

Der Kläger hat 2004 einen Aufenthalt in Indien verbracht und Ayurveda-Behandlungen in Anspruch genommen. Während dieses Aufenthalts hat er gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) Angaben über seine Ayurvedabehandlung gemacht und sich auch fotografieren lassen. Über den Kläger wird in dem streitgegenständlichen Artikel berichtet. Auch ein Foto des Klägers ist auf S. 56 des Magazins abgedruckt. Hinsichtlich der Einzelheiten der streitgegenständlichen Berichterstattung wird auf die Anlage K1 verwiesen.

Der Kläger trägt vor, er habe seine Angaben nur unter dem Vorbehalt gemacht, dass ihm der Artikel vor der Veröffentlichung vorgelegt und von ihm freigegeben wird. Dies sei ihm auch zugesichert worden. Er habe auch nicht damit rechnen müssen, dass der Artikel erst 2 Jahre nach den Recherchen veröffentlicht werde. Durch die Veröffentlichung sei der Eindruck entstanden, er habe sich 2006 in Indien aufgehalten. Tatsächlich sei er aber aufgrund eines Unfalls 2006 längere Zeit arbeitsunfähig gewesen. Der Artikel habe daher zu Schwierigkeiten mit seinem Arbeitgeber geführt. Er sei außerdem im Pharmazievertrieb tätig, so dass durch die Berichterstattung über ihn in Zusammenhang mit alternativen Heilmethoden ebenfalls berufliche Probleme entstünden.

Vorprozessual hat der Kläger den Abdruck einer Gegendarstellung verlangt. Die Beklagte zu 1) hat angeboten, dem Kläger eine Bescheinigung über den Zeitpunkt des Aufenthaltes zu erteilen.

Der Kläger hat daher beantragt:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 10.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs.1 BGB hieraus seit 21.11.06 sowie außergerichtliche, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 399,72 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch die Veröffentlichung des Artikels xxx in der xx Ausgabe des Nachrichtenmagazins xxx entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten haben beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagten tragen vor, es sei nicht vereinbart worden, dass dem Kläger der Artikel vor der Veröffentlichung hätte vorgelegt werden sollen. Bin solches vorgehen sei auch unüblich. Ihm sei lediglich zugesagt worden, dass er ein freies Ansichtsexemplar der Veröffentlichung erhalten werde.

Im übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen weder Ansprüche auf materiellen Schadenersatz aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht noch auf immateriellen Schadensersatz unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers wurde nicht verletzt, da von einer wirksamen Einwilligung auszugehen ist.

I. Unstreitig hat der Kläger Angaben gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) gemacht und sich auch fotografieren lassen, in dem Bewusstsein, dass dies für einen Artikel im Magazin der Beklagten zu 1) geschah. Die Bereitschaft, Fragen durch Journalisten zu beantworten und sich von ihnen fotografieren zu lassen, kann nicht anders gedeutet werden, als dass der Kläger auch sein stillschweigendes Einverständnis zur Veröffentlichung eines Artikels gibt, in dem die Angaben und Bilder Verwendung finden. Eine solche konkludente Einwilligung kann zwar nur für eine solche Veröffentlichung angenommen werden, die nicht in einem Missverhältnis zu der Bedeutung steht, die der Betroffene selbst der Thematik beimisst (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1198). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Abweichung des Rahmens der Darstellung von der Vorstellung des Klägers ist nicht ersichtlich.

II. Geht man von einer konkludent erteilten Einwilligung aus, so hat der Kläger den Umstand, dass diese unter einem Vorbehalt stand, zu beweisen. Hierfür hat der Kläger keinen Beweis außer seiner eigenen Vernehmung als Partei angeboten. Die Voraussetzung für eine Parteivernehmung liegen jedoch nicht vor. Es ist nicht der Anfang eines Beweises für einen Vorbehalt erbracht, vielmehr lässt sich aus dem unstreitigen Sachverhalt gerade die unbeschränkte konkludente Einwilligung entnehmen.

III. Auch der zeitliche Abstand zwischen Recherche und Veröffentlichung ändert hieran nichts.

1. Anhaltspunkte für eine konkludente Befristung der Einwilligung sind nicht ersichtlich. Bei einer Berichterstattung über Ayurveda-Behandlungen handelt es sich nicht um ein aktuelles Thema, bei dem davon auszugehen ist, dass die Beteiligten von einer zeitnahen Veröffentlichung ausgehen mussten.

2. Der reine Zeitablauf ohne eine konkludente Befristung führt nicht zum Erlöschen der Einwilligung. Grundsätzlich bindet eine einmal erteilte Einwilligung den Betroffenen. Eine grundsätzlich erteilte Einwilligung erlischt nicht ohne weiteres durch Zeitablauf (Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 252). Zwar ist ggf. ein Widerruf der Einwilligung möglich. Ein solcher Widerruf ist vor der streitgegenständlichen Veröffentlichung nicht erklärt worden. Ein Erlöschen aufgrund Zeitablaufs ist zwar in einer Entscheidung des OLG Frankfurt angenommen worden. Dieser Entscheidung lag aber ein zeitlicher Abstand von 5 Jahren zugrunde (OLG Frankfurt, AfP 1987, 526). Auch für das Widerrufsrecht wird ein erforderlicher zeitlicher Abstand von mindestens 3-5 Jahren angenommen (OLG München, AfP 1989, 570, 571). Folglich kann bei einem zeitlichen Abstand von lediglich zwei Jahren nicht von einem Erlöschen rein durch Zeitablauf ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung von einer naheliegenden Veränderung der persönlichen Verhältnisse ausging. Hier haben sich die Lebensumstände aber nicht grundlegend geändert. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger erst nach seinem Indienaufenthalt seine Stelle im Pharmavertrieb aufgenommen hat. Vielmehr ist in dem streitgegenständlichen Artikel bereits vom Kläger als „Außendienstmitarbeiter“ die Rede. Auch erfolgte der Sachvortrag hinsichtlich der Schwierigkeiten bzgl. der Unvereinbarkeit des Tätigkeitsfeldes des Klägers mit dem Inhalt des Artikels erst in der mündlichen Verhandlung und wurde auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr sprechen die vorgelegten Dokumente (Anl. K2-K7, K9) ausschließlich den zeitlichen umstand an. Der Umstand, dass der Kläger 2006 arbeitsunfähig krank war und es deshalb zu Schwierigkeiten mit seinem Arbeitgeber kommen könnte, war für die Beklagten in keiner Weise erkennbar oder vorhersehbar.

Zwar kann die Einwilligung auch durch Verwirkung erlöschen (Prinz/Peters aaO). Voraussetzung für die Verwirkung sind aber ein Zeit- und ein Umstandsmoment. Schon das Zeitmoment reicht nicht aus. Bei einem zeitlichen Abstand, der schon zu gering ist, um ein Widerrufsrecht auszuüben, kann nicht von einem ausreichenden Zeitmoment für eine Verwirkung ausgegangen werden. Ferner ist bloßes Untätigbleiben von Seiten der Beklagten kein ausreichendes Umstandsmoment, welches den Rückschluss zulässt, die Beklagten würden von der Einwilligung keinen Gebrauch mehr machen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

 

Quelle der Entscheidung: www.kanzlei-prof-schweizer.

 

 

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