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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

23. April 2009

„Richtlinie 89/104/EWG – Markenrecht – Erschöpfung der Rechte des Markeninhabers – Lizenzvertrag – Verkauf von mit der Marke versehenen Waren unter Missachtung einer Bestimmung des Lizenzvertrags – Fehlende Zustimmung des Markeninhabers – Verkauf an Discounter – Schädigung des Ansehens der Marke“

In der Rechtssache C‑59/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 12. Februar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2008, in dem Verfahren

Copad SA

gegen

Christian Dior couture SA,

Vincent Gladel als Insolvenzverwalter der Société industrielle lingerie (SIL),

Société industrielle lingerie (SIL)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ilešič, A. Tizzano (Berichterstatter), A. Borg Barthet und J.-J. Kasel,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–      der Copad SA, vertreten durch H. Farge, avocat,

–      der Christian Dior couture SA, vertreten durch J.‑M. Bruguière sowie durch P. Deprez und E. Bouttier, avocats,

–      der französischen Regierung, vertreten durch B. Beaupère‑Manokha sowie durch G. de Bergues und J.‑C. Niollet als Bevollmächtigte,

–      der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. Dezember 2008

folgendes

Urteil

1      Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 und Art. 8 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Copad SA (im Folgenden: Copad) einerseits und der Christian Dior couture SA (im Folgenden: Dior), der Société industrielle lingerie (im Folgenden: SIL) und Herrn Gladel als Insolvenzverwalter der SIL andererseits betreffend den Verkauf von mit der Marke Christian Dior versehenen Waren an Copad durch SIL unter Verstoß gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags zwischen SIL und Dior.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3        Art. 5 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie bestimmt:

„(1)  Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)      ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)      ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)       Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, dass es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(3)       Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:

a)      das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;

b)      unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;

c)      Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;

d)      das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen.“

4        Art. 7 der ursprünglichen Fassung der Richtlinie lautete:

„(1)  Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.

(2)       Absatz l findet keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.“

5        Gemäß Art. 65 Abs. 2 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verbindung mit Anhang XVII Nr. 4 dieses Abkommens wurde die ursprüngliche Fassung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie für die Zwecke des Abkommens in der Weise geändert, dass der Ausdruck „in der Gemeinschaft“ durch die Worte „in einem Vertragsstaat“ ersetzt wurde.

6        Art. 8 der Richtlinie sieht vor:

„(1)  Die Marke kann für alle oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und für das gesamte Gebiet oder einen Teil des Gebietes eines Mitgliedstaats Gegenstand von Lizenzen sein. Eine Lizenz kann ausschließlich oder nicht ausschließlich sein.

(2)       Gegen einen Lizenznehmer, der hinsichtlich der Dauer der Lizenz, der von der Eintragung erfassten Form, in der die Marke verwendet werden darf, der Art der Waren oder Dienstleistungen, für die die Lizenz erteilt wurde, des Gebietes, in dem die Marke angebracht werden darf, oder der Qualität der vom Lizenznehmer hergestellten Waren oder erbrachten Dienstleistungen gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, kann der Inhaber einer Marke die Rechte aus der Marke geltend machen.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

7        Am 17. Mai 2000 schloss Dior mit SIL einen Markenlizenzvertrag für die Herstellung und den Vertrieb von Prestigemiederwaren unter der Marke Christian Dior, deren Inhaberin Dior ist.

8        Art. 8.2 § 5 dieses Vertrags bestimmt: „Der Lizenznehmer verpflichtet sich zum Zweck der Erhaltung des Bekanntheitsgrads und des Ansehens der Marke, nicht an Großhändler, Kollektivbetriebe, Discounter und Versand- oder Haustürhandel betreibende Vertriebsunternehmen zu verkaufen, soweit der Lizenzgeber nicht vorher schriftlich etwas anderes genehmigt hat. Der Lizenznehmer hat alle Vorkehrungen zu treffen, um die Einhaltung dieser Bestimmung bei seinen Auslieferern und Einzelhändlern durchzusetzen.“

9        Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten bat SIL Dior um die Erlaubnis, Waren dieser Marke außerhalb ihres selektiven Vertriebsnetzes in den Verkehr bringen zu dürfen. Mit Schreiben vom 17. Juni 2002 lehnte Dior dies ab.

10      Trotz dieser Ablehnung und unter Verstoß gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verkaufte SIL mit der Marke Christian Dior versehene Waren an das als Discounter tätige Unternehmen Copad.

11      Daraufhin erhob Dior gegen SIL und Copad Klage wegen Markenverletzung vor dem Tribunal de grande instance de Bobigny, das entschied, dass die von SIL begangenen Verstöße gegen den Lizenzvertrag keine Markenverletzung begründeten und nur die vertragliche Haftung dieser Gesellschaft auslösten.

12      Die Cour d’appel de Paris wies die von Dior gegen dieses Urteil eingelegte Berufung zurück. Insbesondere entschied sie, dass die von SIL vorgenommenen Verkäufe keine Markenverletzung begründeten, da die Einhaltung der die Vertriebsmodalitäten betreffenden Bestimmung des zwischen SIL und Dior geschlossenen Lizenzvertrags nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften des nationalen Markenrechts falle, durch die Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie umgesetzt worden sei. Sie war gleichwohl der Ansicht, dass diese Verkäufe nicht zur Erschöpfung der Markenrechte von Dior im Sinne der nationalen Vorschriften zur Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie geführt hätten.

13      Copad legte bei der Cour de cassation ein Rechtsmittel gegen das Urteil der Cour d’appel de Paris ein und machte insbesondere geltend, dass die Markenrechte von Dior wegen des Inverkehrbringens der fraglichen Waren durch SIL erschöpft seien. Dior legte ein Anschlussrechtsmittel ein, mit dem sie rügt, dass die Cour d’appel de Paris jegliche Markenverletzung sowohl durch SIL und als auch durch Copad ausgeschlossen habe.

14      Da die Cour de cassation Zweifel hinsichtlich der Auslegung des anwendbaren Gemeinschaftsrechts hat, hat sie das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass der Markeninhaber die Rechte aus der Marke gegen einen Lizenznehmer geltend machen kann, der gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, nach der aus Gründen des Ansehens der Marke der Verkauf an Discounter untersagt ist?

2.      Ist Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass ein Lizenznehmer, der Waren unter einer Marke im Europäischen Wirtschaftsraum unter Missachtung einer Bestimmung des Lizenzvertrags, nach der aus Gründen des Ansehens der Marke der Verkauf an Discounter untersagt ist, in den Verkehr bringt, ohne Zustimmung des Markeninhabers handelt?

3.      Im Fall der Verneinung: Kann der Markeninhaber eine solche Bestimmung geltend machen, um sich dem erneuten Vertrieb der Waren zu widersetzen, indem er sich auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie beruft?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

15      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Bestimmung eines Lizenzvertrags, nach der es dem Lizenznehmer aus Gründen des Ansehens der Marke untersagt ist, Waren, die mit der Marke, die Gegenstand dieses Vertrags ist, versehen sind, an Discounter zu verkaufen, unter Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie fällt.

16      Copad, die französische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften schlagen dem Gerichtshof vor, diese Frage zu verneinen, und machen hauptsächlich geltend, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bestimmung nicht unter den in Art. 8 Abs. 2 abschließend aufgezählten Bestimmungen aufgeführt sei. Dior vertritt die gegenteilige Ansicht.

17      Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst zu prüfen, ob die Aufzählung von Bestimmungen in Art. 8 Abs. 2 erschöpfend ist oder lediglich Hinweischarakter hat.

18      Hierzu ist festzustellen, dass diese Vorschrift keinen Ausdruck wie „insbesondere“ enthält, der es erlauben würde, der Aufzählung lediglich Hinweischarakter zuzusprechen.

19      Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof gerade im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „insbesondere“ entschieden hat, dass die in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie genannten Fälle einen solchen Hinweischarakter haben (vgl. Urteile vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, Slg. 1996, I‑3457, Randnr. 39, sowie vom 4. November 1997, Parfums Christian Dior, C‑337/95, Slg. 1997, I‑6013, Randnr. 42).

20      Folglich ergibt sich entgegen der Auffassung von Dior aus dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie selbst, dass diese Aufzählung sehr wohl erschöpfend ist.

21      Nach dieser Klarstellung ist nun zu bestimmen, ob eine Klausel wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter eine der ausdrücklich in Art. 8 Abs. 2 aufgeführten Bestimmungen fällt.

22      Da diese Vorschrift sich auf Bestimmungen eines Lizenzvertrags bezieht, die die „Qualität der vom Lizenznehmer hergestellten Waren“ betreffen, ist daran zu erinnern, dass die Hauptfunktion der Marke nach ständiger Rechtsprechung darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Damit die Marke ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs, das der EG-Vertrag errichten will, erfüllen kann, muss sie nämlich die Gewähr bieten, dass alle Waren oder Dienstleistungen, die sie kennzeichnet, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lässt (vgl. insbesondere Urteile vom 23. Mai 1978, Hoffmann-La Roche, 102/77, Slg. 1978, 1139, Randnr. 7, vom 18. Juni 2002, Philips, C‑299/99, Slg. 2002, I‑5475, Randnr. 30, sowie vom 17. März 2005, Gillette Company und Gillette Group Finland, C‑228/03, Slg. 2005, I‑2337, Randnr. 26).

23      Somit erlaubt es Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie dem Markeninhaber gerade in Fällen von Verstößen des Lizenznehmers gegen Bestimmungen des Lizenzvertrags, die insbesondere die Qualität der hergestellten Waren betreffen, die Rechte aus der Marke geltend zu machen.

24      Wie die Generalanwältin in Nr. 31 ihrer Schlussanträge hervorhebt, beruht die Qualität von Prestigewaren wie denjenigen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht (in diesem Sinne auch Urteil Parfums Christian Dior, Randnr. 45).

25      Da Prestigewaren hochwertige Artikel sind, ist die luxuriöse Ausstrahlung, die von ihnen ausgeht, ein wesentliches Element dafür, dass die Verbraucher sie von anderen ähnlichen Produkten unterscheiden können.

26      Daher ist eine Schädigung dieser luxuriösen Ausstrahlung geeignet, die Qualität der Waren selbst zu beeinträchtigen.

27      In diesem Zusammenhang ist daher zu prüfen, ob der Verkauf von Prestigewaren durch den Lizenznehmer an Discounter, die nicht dem durch den Lizenzvertrag errichteten selektiven Vertriebsnetz angehören, im Fall des Ausgangsverfahrens eine derartige Schädigung darstellen kann.

28      Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Besonderheiten und Modalitäten eines selektiven Vertriebssystems – anders als Copad und die Kommission meinen – an sich geeignet sind, die Qualität derartiger Produkte zu wahren und ihren richtigen Gebrauch zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 1980, L’Oréal, 31/80, Slg. 1980, 3775, Randnr. 16).

29      Die Errichtung eines selektiven Vertriebssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das nach dem Wortlaut des zwischen Dior und SIL geschlossenen Lizenzvertrags „insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des Kundenkreises, der Werbung, der Darstellung der Waren und der Geschäftspolitik“ sicherstellen soll, dass die Waren in den Verkaufsstellen in einer ihren Wert angemessen zur Geltung bringenden Weise dargeboten werden, ist nämlich – wie Copad anerkennt – geeignet, zum Ansehen der fraglichen Waren und somit zur Wahrung ihrer luxuriösen Ausstrahlung beizutragen.

30      Daraus folgt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Verkauf von Prestigewaren durch den Lizenznehmer an Dritte, die nicht dem selektiven Vertriebsnetz angehören, die Qualität dieser Waren selbst beeinträchtigt, so dass in diesem Fall eine Vertragsklausel, die diesen Verkauf untersagt, als in den Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie fallend angesehen werden muss.

31      Es ist Sache des zuständigen nationalen Gerichts, zu prüfen, ob der Verstoß des Lizenznehmers gegen eine Bestimmung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter Berücksichtigung der Umstände des von ihm zu entscheidenden Rechtsstreits die luxuriöse Ausstrahlung von Prestigewaren schädigt und damit ihre Qualität beeinträchtigt.

32      Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen einerseits die Art der mit der Marke versehenen Prestigewaren, der Umfang und der systematische oder aber sporadische Charakter der Verkäufe dieser Waren durch den Lizenznehmer an Discounter, die nicht dem selektiven Vertriebsnetz angehören, und andererseits die Art der von diesen Discountern üblicherweise vertriebenen Waren und die in deren Branche üblichen Vertriebsformen.

33      Im Übrigen ist hinzuzufügen, dass die in den vorstehenden Randnummern dieses Urteils dargelegte Auslegung des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie nicht durch die Argumentation von Dior in Frage gestellt wird, nach der eine Bestimmung eines Lizenzvertrags, die den Verkauf an Discounter aus Gründen des Ansehens der Marke untersagt, unter andere Bestimmungen fallen kann als solche, die sich auf die „Qualität der Waren“ beziehen, nämlich die ebenfalls in dieser Vorschrift genannten Bestimmungen, die das „Gebiet, in dem die Marke angebracht werden darf“, oder die „Qualität der … Dienstleistungen“ betreffen.

34      In diesem Zusammenhang ist zum einen darauf hinzuweisen, dass Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 zu lesen ist, der sich auf das „Gebiet eines Mitgliedstaats“ bezieht, so dass der Begriff „Gebiet“ im Sinne dieser Vorschriften nur eine geografische Bedeutung haben kann und daher nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er sich auf eine Gesamtheit von zugelassenen Marktteilnehmern bezieht, die einem selektiven Vertriebsnetz angehören.

35      Hinsichtlich der zweiten von Dior in Betracht gezogenen Möglichkeit ist zum anderen festzustellen, dass sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwar weder aus der Richtlinie noch aus den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts ein zwingender Grund ergibt, der dagegen spräche, Leistungen, die im Rahmen des Einzelhandels erbracht werden, unter den Begriff „Dienstleistungen“ im Sinne der Richtlinie zu fassen, dass dies aber erfordert, dass die Marke für diese Dienstleistungen eingetragen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, C‑418/02, Slg. 2005, I‑5873, Randnr. 35).

36      Aus den Akten, die dem Gerichtshof vorgelegt wurden, ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Marke Christian Dior im Fall des Ausgangsverfahrens für irgendeine Art von Dienstleistung eingetragen worden wäre.

37      Angesichts dieser Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Markeninhaber die Rechte aus der Marke gegen einen Lizenznehmer geltend machen kann, der gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, nach der aus Gründen des Ansehens der Marke der Verkauf von Waren wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden an Discounter untersagt ist, sofern nachgewiesen ist, dass dieser Verstoß aufgrund der besonderen Umstände im Fall des Ausgangsverfahrens den Prestigecharakter schädigt, der diesen Waren eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht.

Zur zweiten Frage

38      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, unter welchen Umständen das Inverkehrbringen von mit der Marke versehenen Waren durch den Lizenznehmer, der damit gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, die den Verkauf an Discounter untersagt, als ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie erfolgt angesehen werden muss.

39      Copad und die Kommission machen hierzu geltend, die Zustimmung des Markeninhabers könne nur im Fall eines Verstoßes gegen eine der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie aufgeführten vertraglichen Bestimmungen als ausgeschlossen angesehen werden. Dior und die französische Regierung sind hingegen der Ansicht, jeder Verstoß des Lizenznehmers gegen den Lizenzvertrag verhindere die Erschöpfung der Rechte, die eine Marke ihrem Inhaber verleihe.

40      Zur Beantwortung dieser Frage ist daran zu erinnern, dass die Art. 5 bis 7 der Richtlinie nach ständiger Rechtsprechung dahin auszulegen sind, dass sie eine umfassende Harmonisierung der Vorschriften über die Rechte aus der Marke enthalten und die Rechte von Inhabern von Marken in der Gemeinschaft festlegen (Urteile vom 16. Juli 1998, Silhouette International Schmied, C‑355/96, Slg. 1998, I‑4799, Randnrn. 25 und 29, und vom 20. November 2001, Zino Davidoff und Levi Strauss, C‑414/99 bis C‑416/99, Slg. 2001, I‑8691, Randnr. 39).

41      Insbesondere gewährt Art. 5 der Richtlinie dem Markeninhaber ein ausschließliches Recht, das es ihm u. a. gestattet, Dritten zu verbieten, mit seiner Marke versehene Waren einzuführen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen. Art. 7 Abs. 1 enthält eine Ausnahme von diesem Grundsatz, indem er vorsieht, dass Erschöpfung des Rechts eintritt, wenn die Waren vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht wurden (Urteile Zino Davidoff und Levi Strauss, Randnr. 40, vom 8. April 2003, Van Doren + Q, C‑244/00, Slg. 2003, I‑3051, Randnr. 33, und vom 30. November 2004, Peak Holding, C‑16/03, Slg. 2004, I‑11313, Randnr. 34).

42      Es zeigt sich somit, dass die Zustimmung, die einem Verzicht des Inhabers auf sein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 5 der Richtlinie gleichkommt, das entscheidende Element für die Erschöpfung dieses Rechts ist und daher auf eine Weise geäußert werden muss, die einen Willen zum Verzicht auf dieses Recht mit Bestimmtheit erkennen lässt. Ein solcher Wille ergibt sich in der Regel aus einer ausdrücklichen Erteilung dieser Zustimmung (vgl. in diesem Sinne Urteil Zino Davidoff und Levi Strauss, Randnrn. 41, 45 und 46).

43      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch auch hervor, dass die Erschöpfung dieses ausschließlichen Rechts in einigen Fällen zum Tragen kommt, wenn die Waren von einer Person in den Verkehr gebracht werden, die wirtschaftlich mit dem Inhaber der Marke verbunden ist. Dies gilt insbesondere für Lizenznehmer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, C‑9/93, Slg. 1994, I‑2789, Randnr. 34).

44      In einer solchen Situation hat nämlich der Lizenzgeber die Möglichkeit, die Qualität der Waren des Lizenznehmers dadurch zu kontrollieren, dass er besondere Klauseln in den Lizenzvertrag aufnimmt, die den Lizenznehmer verpflichten, seine Weisungen zu befolgen, und die ihm die Möglichkeit einräumen, sich ihrer Befolgung zu vergewissern.

45      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs reicht eine solche Möglichkeit aus, damit die Marke ihre wesentliche Funktion erfüllen kann, die – woran in Randnr. 22 dieses Urteils erinnert wurde – darin besteht, zu gewährleisten, dass alle mit dieser Marke versehenen Waren unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger, Randnrn. 37 und 38).

46      Folglich muss das Inverkehrbringen von mit der Marke versehenen Waren durch einen Lizenznehmer grundsätzlich als mit der Zustimmung des Inhabers der Marke im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie erfolgt angesehen werden.

47      Zwar folgt hieraus, dass sich der Inhaber der Marke unter solchen Umständen nicht auf die Schlechterfüllung des Vertrags berufen kann, um gegen den Lizenznehmer seine Rechte aus der Marke geltend zu machen. Entgegen dem Vorbringen von Copad kommt der Lizenzvertrag jedoch keiner absoluten und unbedingten Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen von mit dieser Marke versehenen Waren durch den Lizenznehmer gleich.

48      Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie räumt nämlich dem Markeninhaber ausdrücklich die Möglichkeit ein, seine Rechte aus der Marke gegen einen Lizenznehmer geltend zu machen, wenn dieser gegen bestimmte Klauseln des Lizenzvertrags verstößt.

49      Diese sind, wie sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, in Art. 8 Abs. 2 abschließend aufgezählt.

50      Wie die Generalanwältin in Nr. 47 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, steht folglich nur ein Verstoß des Lizenznehmers gegen eine dieser Bestimmungen der Erschöpfung des Rechts, das die Marke ihrem Inhaber verleiht, im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie entgegen.

51      Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Lizenznehmer, der mit der Marke versehene Waren unter Missachtung einer Bestimmung des Lizenzvertrags in den Verkehr bringt, ohne die Zustimmung des Inhabers der Marke handelt, wenn nachgewiesen ist, dass diese Bestimmung einer der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie genannten Bestimmungen entspricht.

Zur dritten Frage

52      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Inhaber der Marke sich, wenn das Inverkehrbringen von Prestigewaren, bei dem der Lizenznehmer gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstoßen hat, als mit der Zustimmung des Markeninhabers erfolgt angesehen wird, dennoch auf eine solche Bestimmung berufen kann, um sich einem erneuten Vertrieb der Waren zu widersetzen, indem er sich auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie beruft.

53      Dior und die französische Regierung sind der Ansicht, dass der Verkauf von mit der Marke Christian Dior versehenen Waren an einen Discounter außerhalb des selektiven Vertriebsnetzes eine Schädigung des Ansehens der Marke darstelle, die die Anwendung des Art. 7 Abs. 2 rechtfertigen könne. Copad und die Kommission machen hingegen geltend, der Verkauf solcher Waren an Discounter beschädige das Ansehen der Marke nicht.

54      In diesem Zusammenhang ist zunächst daran zu erinnern, dass die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in Art. 7 Abs. 2 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, die in Randnr. 19 des vorliegenden Urteils angeführt ist, zeigt, dass der Fall der Veränderung oder Verschlechterung des Zustands der mit der Marke versehenen Waren nur als ein Beispiel dafür genannt wird, welche Gründe als berechtigte Gründe in Frage kommen (Urteile Bristol-Myers Squibb u. a., Randnrn. 26 und 39, und Parfums Christian Dior, Randnr. 42).

55      So hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Schädigung des Rufes der Marke für einen Markeninhaber grundsätzlich ein berechtigter Grund im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie sein kann, sich dem Wiederverkauf der Prestigewaren zu widersetzen, die von ihm oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht wurden (vgl. Urteil Parfums Christian Dior, Randnr. 43, und Urteil vom 23. Februar 1999, BMW, C‑63/97, Slg. 1999, I‑905, Randnr. 49).

56      Verkauft ein Lizenznehmer an einen Discounter Waren unter Verstoß gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags wie diejenige, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, so ist folglich das von dem Lizenzvertrag erfasste berechtigte Interesse des Markeninhabers daran, gegen Discounter geschützt zu sein, die nicht dem selektiven Vertriebsnetz angehören und die diese Marke zu geschäftlichen Zwecken in einer Weise benutzen, die ihren Ruf schädigen könnte, gegen das Interesse des Discounters abzuwägen, die betreffenden Waren unter Verwendung der für seine Branche üblichen Vertriebsformen weiterverkaufen zu können (vgl. entsprechend Urteil Parfums Christian Dior, Randnr. 44).

57      Stellt das nationale Gericht fest, dass der Verkauf durch den Lizenznehmer an einen Dritten nicht geeignet ist, die Qualität der mit der Marke versehenen Prestigewaren in Frage zu stellen, so dass das Inverkehrbringen dieser Waren als mit der Zustimmung des Inhabers der Marke erfolgt angesehen werden muss, ist es daher Sache dieses Gerichts, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob das Ansehen der Marke dadurch geschädigt wird, dass der Dritte die mit der Marke versehenen Waren unter Verwendung der in seiner Branche üblichen Vertriebsformen weiterverkauft.

58      Hierbei sind insbesondere der Adressatenkreis, an den die Waren weiterverkauft werden sollen, und, wie die französische Regierung vorschlägt, die spezifischen Umstände des Verkaufs von Prestigewaren zu berücksichtigen.

59      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die dritte Frage zu antworten, dass der Inhaber der Marke, wenn das Inverkehrbringen von Prestigewaren durch den Lizenznehmer als mit seiner Zustimmung erfolgt angesehen werden muss, obwohl der Lizenznehmer dabei gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstoßen hat, eine solche Bestimmung nur geltend machen kann, um sich unter Berufung auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie dem Weiterverkauf der Waren zu widersetzen, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nachgewiesen ist, dass ein solcher Weiterverkauf dem Ansehen der Marke schadet.

Kosten

60      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 8 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Markeninhaber die Rechte aus der Marke gegen einen Lizenznehmer geltend machen kann, der gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt, nach der aus Gründen des Ansehens der Marke der Verkauf von Waren wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden an Discounter untersagt ist, sofern nachgewiesen ist, dass dieser Verstoß aufgrund der besonderen Umstände im Fall des Ausgangsverfahrens den Prestigecharakter schädigt, der diesen Waren eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht.

2.      Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Lizenznehmer, der mit der Marke versehene Waren unter Missachtung einer Bestimmung des Lizenzvertrags in den Verkehr bringt, ohne die Zustimmung des Inhabers der Marke handelt, wenn nachgewiesen ist, dass diese Bestimmung einer der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie genannten Bestimmungen entspricht.

3.      Muss das Inverkehrbringen von Prestigewaren durch den Lizenznehmer als mit der Zustimmung des Markeninhabers erfolgt angesehen werden, obwohl der Lizenznehmer dabei gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstoßen hat, kann der Inhaber der Marke eine solche Bestimmung nur geltend machen, um sich unter Berufung auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 dem Weiterverkauf der Waren zu widersetzen, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nachgewiesen ist, dass ein solcher Weiterverkauf dem Ansehen der Marke schadet.

Unterschriften