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Trotz fehlender lexikalischer Nachweisbarkeit handelt es sich bei der Wortzusammensetzung „Genussakademie“ um

eine leicht verständliche Bezeichnung, die für die Vermittlung von Wissen (Akademie) zu einem  bestimmten

Thema (hier „Genuss“) steht und damit nicht unterscheidungskräftig ist. Ob das Zeichen zudem beschreibend i.S. von

§ 8 Abs.2 Nr. 2 MarkenG wurde von BPatG nicht mehr geprüft, liegt jedoch nahe.

 

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BUNDESPATENTGERICHT

27 W (pat) 163/10
_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 055 857.1

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
28. Juni 2011 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und
Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152
08.05

Gründe

I.

Der Anmelder hat am 27. August 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt
die Eintragung der Wortmarke

Die Genussakademie

für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:

35: Werbung       und       Geschäftsführung;   Verbreitung    von
Werbeanzeigen; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder
zu Werbezwecken; Bewerbung von Veranstaltungen; Marketing
(Absatzforschung), Marketingberatung, Organisation von Ausstel-
lungen für Werbezwecke, Fernsehwerbung und/oder Rundfunk-
werbung, Vermietung von Werbematerial und/oder von Werbeflä-
chen;

41: Veranstaltungsplanung (Unterhaltung), Veranstaltungsreali-
sierung   (Unterhaltung);    Produktion   und   Durchführung   von
Unterhaltungsveranstaltungen bzw. für das Fernsehen und/oder
Radio; Produktion von Filmen und Musikstücken; Veranstaltung
von Konzerten, Musikdarbietungen; Organisation und Veranstal-
tung von Musicalaufführungen, Live-Aufführungen zur öffentlichen
Unterhaltung; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbe-
texte); Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kultu-
relle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von kulturellen
Events und kulturellen Veranstaltungen; Organisation und Durch-
führung von Seminaren (Erziehung und Unterhaltung); Veranstal-
tung von Kochkursen und Kochseminaren; Veranstaltung von
Wettbewerben (Unterhaltung); Verpflegung;

43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Betrieb eines
Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés; Catering; Ver-
mietung von Versammlungsräumen“

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 1. September 2010 man-
gels Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das ist damit begründet, bei der
Wortzusammensetzung ,,Die Genussakademie“ liege ein beschreibender Hinweis
dahingehend vor, dass es sich um Dienstleistungen handle, die mit dem Genießen
zu tun hätten. Es liege also ein beschreibender Hinweis auf Art und Thematik der
beanspruchten Dienstleistungen vor. Es handle sich um eine verständliche, da
sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung aus Wörtern der deutschen All-
tagssprache. Eine Akademie sei eine Bildungseinrichtung, wobei damit sowohl die
Veranstaltungen dort als auch das Gebäude selbst bezeichnet werden könnten.
,,Genuss“ könne alles sein, was Freude oder Annehmlichkeiten bereite, also Mu-
sik, Literatur, Speisen und Getränke usw. ,,Die Genussakademie“ weise somit auf
Veranstaltungen hin, die sich mit dem Genießen jedweder Art befassten, der Wer-
bung dafür, dem Genuss selbst wie der Verpflegung von Gästen u. ä.

Es komme nicht darauf an, ob die Kombination lexikalisch nachweisbar sei, son-
dern wie sie ihrem Sinn nach verstanden werde. Alle vorliegend beanspruchten
Dienstleistungen könnten mit Genuss oder Informationen oder Schulung darüber
zu tun haben. Der Begriff könne bewusst weit gehalten sein, um ein möglichst
breites Feld abzudecken. Heute würden z. B. Essen angeboten mit klassischer
Musik, Lesungen u. v. m., so dass eine solche Veranstaltung bzw. ein solches Er-
eignis Genuss in jeder Beziehung bieten könne. Da Marken stets im Zusammen-
hang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen zu sehen seien,
ergebe sich jeweils aus dem Zusammenhang, worum es sich thematisch handle.

Dass der Begriff ,,Genussakademie“ bereits im genannten Sinn verwendet werde,
bestätigten auch die dem Beschluss beigefügten Internetauszügen. Das ange-
sprochene Publikum würde nicht davon ausgehen, dass es nur eine Institution
gebe, die Informationen über das Genießen oder Dinge zum Genießen selbst an-
biete.

Im Unterschied zu anderen gewerblichen Schutzrechten beziehe das Ausschließ-
lichkeitsrecht an der eingetragenen Marke seine Rechtfertigung nicht aus einer
schützenswerten vorherigen Leistung. Sein Zweck liege vor allem darin, im Wett-
bewerb auf eine bestimmte unternehmerische Herkunft der betreffenden Waren
und Dienstleistungen hinzuweisen und damit deren betriebliche Zuordnung zu er-
möglichen. Nur soweit eine solche Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion
bejaht werden könne, sei es gerechtfertigt, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit da-
durch einzuschränken, dass eine Angabe oder ein Zeichen zu Gunsten eines Ein-
zelnen monopolisiert werde.

Der Anmelder hat gegen den ihm am 8. September 2010 zugestellten Beschluss
am 6. Oktober 2010 Beschwerde eingelegt, diese aber nicht begründet.
Der Senat hat am 22. Februar 2011 eine Frist zur Begründung bis 1. April 2011
gesetzt.

II.

1) Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden,
weil der Anmelder keinen dem entgegenstehenden Antrag, auch nicht hilfsweise,
gestellt hat und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für notwendig er-
achtet.
Der Anmelder hatte ausreichend Zeit, seine Beschwerde zu begründen.

2) Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg; einer
Registrierung des angemeldeten Zeichens steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entge-
gen.

Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer.
,,Genussakademie“ lässt sich zwar lexikalisch nicht nachweisen, ist aber in seiner
Aussage allgemein verständlich. ,,Akademie“ steht für eine Vermittlung von Wissen
(vgl. BPatG, Beschluss vom 11. Mai 2005, Az: 32 W (pat) 247/03 – webmasters
akademie). In entsprechenden Kombinationen mit ,,Akademie“ gibt der vorange-
stellte Bestandteil, hier ,,Genuss“, den Inhalt, das Thema oder die angesprochenen
Kunden an (Kunstakademie, Sportakademie, Sex-Akademie, Bar Akademie,
Weinakademie, Fahrakademie, Verkehrsakademie etc.). Die Markenstelle hat in
den Anlagen zum angefochtenen Beschluss sogar die Verwendung von ,,Genuss
Akademie“ durch verschiedene Personen bzw. Institutionen belegt.

Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen aus dem Bereich der Klas-
sen 35 und 41 verweist ,,Genussakademie“ auf das Thema der angebotenen Mar-
keting-Dienstleistungen sowie der Veranstaltungen. Bei den Dienstleistungen Er-
ziehung und Ausbildung zeigt ,,Genussakademie“ den Inhalt des in einer Akade-
mie vermittelten Wissens. Alle diese Dienstleistungen können Gegenstand von
Unterhaltungsangeboten sein. Da ,,Genuss“ nicht nur mit ,,Gaumengenüssen“ zu
tun hat, sondern auch mit Musik, Theater, Ausstellungen etc., gilt dies ebenso für
kulturelle Aktivitäten. Auch sportliche Betätigungen können Genüsse, etwa durch
den Aufenthalt in einer schönen Landschaft (Skifahren, Schwimmen etc.), vermit-
teln.
Im Rahmen der Klasse 43 bereiten die Verpflegungsdienstleistungen Genuss
durch gute Speisen und Getränke. Aber auch Beherbergungsdienstleistungen
können Genießer durch Ambiente oder sog. Wellnessangebote ansprechen.

Damit vermittelt ,,Genussakademie“ im Zusammenhang mit allen beanspruchten
Dienstleistungen den Eindruck einer Sachangabe über die Art der Angebote und
keinen Hinweis auf den Erbringer der Dienstleistungen. Somit fehlt der angemel-
deten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft.

Ob daneben auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der beschreibende Angaben vom
Markenschutz ausschließt, zum Tragen kommt, kann dahingestellt bleiben.

Soweit der Anmelder vor der Markenstelle geltend gemacht hat, das Deutschen
Patent- und Markenamt habe in der Vergangenheit Marken eingetragen, die der
angemeldeten entsprächen, ist dies aus Rechtsgründen nicht ausschlaggebend.
Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens sind keine Ermessensent-
scheidungen, sondern gebundene Entscheidungen. Die Eintragungsfähigkeit ei-
nes Zeichen ist daher allein auf der Grundlage des einschlägigen Rechts in der
Auslegung durch die zuständigen Gerichte zu beurteilen und nicht auf der Grund-
lage abweichender Entscheidungen.

Mangels Begründung der Beschwerde ist nicht ersichtlich, was der Anmelder an
dem angefochtenen Beschluss beanstandet, so dass hierauf nicht eingegangen
werden kann.

Dr. Albrecht                         Kruppa                               Werner

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