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Google Bewertung entfernen – Löschung 1-Sternebewertung ohne Text (LG Hamburg vom 12.1.2018)

Anspruch auf Löschung einer 1-Sternebewertung ohne Text

Löschung 1-Sternebewertung: Jeder Gewerbetreibende dürfte sie kennen – Internettrolle, die ohne Kunden zu sein, Bewertungen abgeben. Programme wie „local scout“ laden hierzu ein. Solange die Bewertungen begründet werden, sind die Schreiber oftmals erkennbar, oder aber erkennbar niemals Kunden gewesen. Schwieriger ist es, wenn anonyme 1-Sternebewertungen abgegeben werden. Es war bisher schwierig dagegen vorzugehen. Nun hat das Landgericht Hamburg einem Gastwirt erlaubt, dagegen vorzugehen und damit die Rechte aller Unternehmer  gestärkt.

 

Löschung 1-Sternebewertung

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 12.01.2018 zu Az.: 324 O 63/17 entschieden, dass eine negative Bewertung mit nur einem Stern (ohne Text) einen Unterlassungsanspruch gegen das Bewertungsportal begründen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine Anhaltspunkte für einen Kundenkontakt mit dem Bewertenden ausgemacht werden können.

Der Sachverhalt

Der Entscheidung lag im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger wendete sich gegen eine Bewertung des von ihm betriebenen Gasthauses. Eine Rezensentin hatte das Gasthaus mit einem Stern bewertet, ohne dieser Bewertung einen Kommentar hinzuzufügen. Der Kläger forderte daraufhin Google auf, die Kundeneigenschaft des Rezensenten auf „Plausibilität“ zu prüfen. Google antwortete daraufhin, dass eine Rechtsverletzung nicht festgestellt werden könne.

Dagegen argumentierte der Kläger, dass der Durchschnittsrezipient der Bewertung die Aussage entnehme, dass die Rezensentin eine Kundin seines Gasthauses gewesen sei und sich die Bewertung auf reale Erfahrungen stütze.

Insoweit bestritt der Kläger aber den Kundenkontakt. Er habe die Bewertung keinem seiner Gäste zuordnen können, weshalb er davon ausgehe, dass es sich um die Bewertung eines Konkurrenten oder einer Person ohne Kundenkontakt handelte.

Nach Ansicht des Klägers hafte Google für die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts als mittelbare Störerin, weil Google ihre Prüfpflichten verletzt habe. Aufgrund der Beanstandung sei sie verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter zu ermitteln, insbesondere habe Google Kontakt mit dem Rezensenten aufzunehmen und ihn zu einer Stellungnahme aufzufordern.

Da Google diese Prüfungspflichten verletzt habe, beantragte der Kläger, Google zu verurteilen, es zu unterlassen, die 1-Stern-Bewertung in Deutschland zu verbreiten.

Die Entscheidung

Das LG Hamburg hat die Klage als begründet angesehen und dem Kläger den geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zugesprochen.

Wichtig ist die Entscheidung deshalb, weil es sich bei einer Sterneberwertung grundsätzlich um eine zulässige Meinungsäußerung handelt. Unzulässig wird die Meinungsäußerung erst, wenn tatsächliche Bezugspunkte fehlen, auf die sich eine Meinung stützt oder die tatsächlichen Bezugspunkte unwahr sind.

Vor diesem Hintergrund hatte etwa das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 17.08.2017 zu Az.: 022 O 560/17, ebenso wie das Landgericht Köln entschieden, dass die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung nicht voraussetzt, dass ihre tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Zusammenhang mit der Äußerung mitgeteilt werden. Daher sei die Vergabe lediglich eines Sternes ohne Begleittext grundsätzlich zulässig.

Einer solchen Auffassung hat das Landgericht Hamburg eine dezidierte Absage erteilt. Denn das Fehlen näherer Erkenntnisquellen über die Grundlage der Bewertung könne, so das LG Hamburg, nicht zu Lasten des Bewerteten gehen.

Sofern der Bewertete alle ihm zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten ausschöpft und keine Anhaltspunkte für einen Kundenkontakt mit dem Bewertenden ausfindig machen kann, treffe den Betreiber einer Bewertungsplattform insoweit eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, die ihn verpflichtet, die Anhaltspunkte für den Kundenkontakt zu ermitteln und gegebenenfalls darzulegen, indem sie den Bewerter anschreibt.

Da der Betreiber dieser Prüfungspflicht nicht nachgekommen sei, war der Unterlassungsanspruch nach Ansicht des LG Hamburgs begründet.

Rechtstipp

Vor dem Hintergrund der divergierenden Urteile bietet sich bei Verletzungen im Internet eine Klage vor dem Landgericht Hamburg an. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass nach der sogenannten „New York Times“-Entscheidung vom 02.03.2010 des BGH zu Az.: VI ZR 23/09 der entsprechende Gerichtsbezirk gemäß § 32 ZPO nur dann zuständig ist, wenn die Kenntnisnahme der Berichterstattung auch im Gerichtsbezirk erheblich näher liegt als ihre bloße Abrufbarkeit.

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Rechtsanwalt Kai Jüdemann

Rechtsanwalt Moritz Ott

 

Das Urteil im Wortlaut:

 

LG Hamburg 24. Zivilkammer, Urteil vom 12.01.2018, 324 O 63/17

 

  • 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG

 

Tenor

  1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (im Einzelfall bis zu 250.000,00 EUR) und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen der Beklagten) zu unterlassen,

 

auf der Website www.g..de im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland folgende 1-Stern-Bewertung bezüglich des Unternehmens des Klägers wie folgt zu verbreiten

 

Abbildung

 

wie geschehen unter der URL https://www.g….com/…

 

  1. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar zu Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR und hinsichtlich Ziffer II. in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages;

 

und beschließt:

 

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Nutzer-Bewertung des Gastronomiebetriebes des Klägers auf der Website der Beklagten. Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung.

 

Der Kläger betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau das „Gasthaus H. M.“ in B..

 

Die Beklagte betreibt unter anderem unter den URLs www.g….de und www.g….com eine Suchmaschine und bietet darüber hinaus weitere Dienste an, darunter die Möglichkeit für Nutzer des Dienstes „G. Plus“, Bewertungen über Unternehmen zu verfassen, die auf der Website der Beklagten veröffentlicht werden. Die Bewertungen können neben einer Sternebewertung (1 bis maximal 5 Sterne) auch eine Freitextbewertung enthalten. Die Beklagte nimmt keine Vorab- oder sonstige redaktionelle Kontrolle der durch die Nutzer über die Bewertungsfunktion eingestellten Informationen vor.

 

 

Der Kläger wendet sich vorliegend gegen eine solche Nutzer-Bewertung des von ihm betriebenen Gasthauses. Zu dem Gasthaus sind aktuell 34 Bewertungen einzusehen, die zu einer Durchschnittsbewertung von 4,0 Sternen führen. Die streitgegenständliche, aus dem Screenshot in Anlage K1 ersichtliche Bewertung stammt von einer Nutzerin mit dem Profilnamen „A. K.“. Die Nutzerin hat das Gasthaus des Klägers mit einem Stern bewertet, dieser Bewertung jedoch keinen Kommentar hinzugefügt. Im sozialen Netzwerk „Facebook“ existiert ebenfalls ein Account mit dem Profilnamen „A. K.“. Ausweislich des Profils besucht die Facebook-Nutzerin eine knapp sieben Kilometer von dem Gasthaus entfernte Schule.

 

 

Der Kläger forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 03.01.2017 (Anlage K2) auf, unter anderem hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung die Kundeneigenschaft des jeweiligen Nutzers auf Plausibilität zu prüfen und – sollte diese nicht gegeben sein – die Bewertung zu löschen. Mit Antwort-Email der Beklagten vom 09.01.2017 (Anlage K3) teilte diese dem Kläger mit, dass sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung nicht tätig werde, da kein offensichtlicher Verstoß gegen ihre Richtlinien zur Entfernung von Inhalten bzw. keine unschwer zu erkennende Rechtsverletzung festgestellt werden könne.

 

 

Der Kläger ist der Auffassung, er werde durch die Bewertung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt; die Beklagte hafte hierfür wegen der Verletzung zumutbarer Prüfpflichten als Störerin auf Unterlassung.

 

 

Die Persönlichkeitsrechtsverletzung folge daraus, dass der Bewertung keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte zugrunde lägen. Der maßgebliche Durchschnittsrezipient entnehme der Bewertung, dass eine geschäftliche Tätigkeit des Klägers bewertet werde, da die Bewertung seinem, des Klägers, geschäftlichen Profil zugeordnet sei. Der Leser gehe mithin davon aus, dass die Bewerterin eine Kundin seines, des Klägers, Gasthauses gewesen sei und ihre Bewertung auf die dort erlebten, tatsächlichen Erfahrungen stütze. Fernliegend sei hingegen ein Verständnis, dass die Bewerterin keinerlei Berührungspunkte mit dem Gasthaus gehabt habe. Dieses Verständnis decke sich mit den Richtlinien der Beklagten für Rezensionen, in denen es – unstreitig – heißt: „Eine Rezension muss Ihre tatsächliche Erfahrung mit einem Unternehmen wiederspiegeln. Veröffentlichen Sie Rezensionen nicht, um die Bewertung (in Sternen) eines Unternehmens zu beeinflussen.“ Bei der vorliegenden Ein-Stern-Bewertung handele es sich zwar um eine Meinungsäußerung, diese sei jedoch mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte unzulässig. Der Kläger bestreitet einen Kundenkontakt zu der Bewerterin. Aufgrund des Fantasienamens „A. K.“ habe er, der Kläger, die Bewertung keinem seiner Kunden zuordnen können. Ihm und seinen Mitarbeitern sei auch keine Kundin mit diesem Namen bekannt. Er, der Kläger, habe die Aufträge und Rechnungen der letzten Jahre durchgesehen – über eine Gästedatenbank verfüge das Gasthaus nicht – und diesen Namen nicht gefunden, weshalb er davon ausgehe, dass es sich um die Bewertung eines Konkurrenten oder einer Person ohne Kundenkontakt handele.

 

 

Die Beklagte hafte für die Verletzung seines, des Klägers, allgemeinen Persönlichkeitsrechts als mittelbare Störerin, da sie zumutbare (reaktive) Prüfpflichten verletzt habe. Sie sei aufgrund der Beanstandung verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter zu ermitteln, insbesondere die Bewerterin zu kontaktieren und zu einer Stellungnahme aufzufordern. Da er, der Kläger, in der Beanstandung ausdrücklich in Abrede genommen habe, dass es sich bei der Bewerterin um eine seiner Kundinnen handele, sei der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen gewesen, da es für die Bewertung offensichtlich an tatsächlichen Anknüpfungspunkten fehle. Dies besage auch die sog. „Jameda II-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs. An der Verbreitung einer Bewertung, die auf einer unwahren tatsächlichen Grundlage fuße, bestehe erkennbar kein berechtigtes Interesse. Es hätte der Beklagten oblegen, die Bewerterin anzuschreiben um aufzuklären, worauf diese die Bewertung in tatsächlicher Hinsicht stütze, die von der Beklagten aufgestellten Mutmaßungen seien hingegen ohne Belang. Diese Angaben hätte die Beklagte dann einer rechtlichen Prüfung unterziehen müssen, ob die Beanstandung des Klägers berechtigt sei. Dieses Vorgehen sei der Beklagten auch zumutbar gewesen. Ihm, dem Kläger, hingegen, sei eine direkte Kontaktaufnahme mit der Bewerterin nicht möglich, da der Dienst der Beklagten – dies ist unstreitig – eine solche nicht vorsehe.

 

 

Der Kläger beantragt,

 

 

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (im Einzelfall bis zu 250.000,00 EUR) und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen der Beklagten) zu unterlassen,

 

 

auf der Website www.g….de folgende 1-Stern-Bewertung bezüglich des Unternehmens des Klägers wie folgt zu verbreiten

 

Abbildung

 

 

wie geschehen unter der URL https://www.g….com/…

 

 

Die Beklagte beantragt,

 

 

die Klage abzuweisen.

 

 

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg. Insbesondere sei auch der besondere Gerichtsstand des § 32 ZPO nicht eröffnet. Weder die Parteien noch der Inhalt der Bewertung hätten irgendeinen Bezug zum Landgerichtsbezirk Hamburg. Die bloße Abrufbarkeit der in Rede stehenden Bewertung in Hamburg genüge nach der Rechtsprechung nicht.

 

 

Die Klage sei zudem unbegründet. Indem der Klageantrag („zu verbreiten“) auf eine Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin gerichtet sei, verfehle dieser schon die konkrete Verletzungsform, da sie, die Beklagte, unstreitig die Bewertung nicht selbst getätigt habe, sondern lediglich als Host-Providerin fungiere. Sie ermögliche Dritten lediglich die „Verbreitung“. Der Streitgegenstand stelle im Falle einer Störerhaftung im Verhältnis zur täterschaftlichen Verantwortung kein „minus“, sondern ein „aliud“ dar, sodass die Klage schon aus diesem Grunde unbegründet sei.

 

 

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass weder dem Kläger noch seinen Mitarbeitern eine Person mit dem Namen „A. K.“ bekannt sei. Vor dem Hintergrund des entsprechenden Facebook-Profils mit gleichem Namen, dessen Inhaberin in einem B. Krankenhaus tätig sei und eine nur knapp sieben Kilometer entfernte Schule besuche, sei es plausibel, dass die Nutzerin „A. K.“ das Gasthaus des Klägers tatsächlich besucht habe. Überdies werde mit Nichtwissen bestritten, dass weder der Kläger noch seine Mitarbeiter die junge Frau auf den auf Facebook eingestellten und aus Anlage B3 ersichtlichen Fotos wiedererkennen, und dass das dort veröffentlichte Bild einer Hochzeit nicht sogar auf dem Gelände des klägerischen Gasthauses aufgenommen worden sei.

 

 

Die streitgegenständliche Bewertung stelle eine zulässige Meinungsäußerung dar. Die Vergabe einer Sternebewertung bringe ein persönliches Werturteil der Bewerterin zum Ausdruck. In Bezug auf das Gasthaus des Klägers sei dies vorliegend so zu verstehen, dass die Bewerterin mit diesem nicht zufrieden gewesen sei; mehr sei der Bewertung nicht zu entnehmen. Es werde keine konkrete Anknüpfungstatsache herausgestellt, auf die sich die Bewertung beziehe. Der inkriminierten Bewertung lasse sich daher insbesondere nicht entnehmen, dass die Nutzerin Gast in der Wirtschaft des Klägers gewesen sei. Möglicherweise sei dies der Fall; vielleicht sei die Nutzerin jedoch auch nur in der Nähe des Gasthauses spazieren gegangen und ihr habe das Gebäude missfallen. Möglicherweise habe sich die Nutzerin auch nur an dem Namen des Gasthauses gestört. Die Hintergründe ließen sich einer Bewertung ohne Freitext schlichtweg nicht entnehmen. Dadurch unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von dem der „Jameda II-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden. Das dort streitgegenständliche Bewertungsportal „Jameda“ sei ein reines Ärztebewertungsportal, das zudem anders aufgebaut sei; insbesondere würden dort bestimmte Kategorien („Behandlung“, „Aufklärung“ etc.) bewertet, die Bewerter würden dort überdies als „Patienten“ bezeichnet. Der Bundesgerichtshof habe hieraus den Schluss gezogen, dass die dortigen Bewertungen eine tatsächlich stattgefundene Behandlung voraussetzten. Bei ihrer, der Beklagten, Bewertungsfunktion gebe es indes keine vorformulierten Kategorien. Vielmehr könne sich die Vergabe eines Sterns auf jegliche Wahrnehmung des Gasthauses stützen. Zu berücksichtigen sei im Rahmen der Abwägung ferner, dass sich die Bewertung auf die unternehmerische Tätigkeit des Klägers beziehe und mithin seine Sozialsphäre betreffe. Die Vergabe eines Sterns sei auch nicht beleidigend oder herabwürdigend. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, nur so dargestellt zu werden, wie er es möchte. Zudem stünden der inkriminierten Bewertung zahlreiche positive Bewertungen gegenüber; die Eingriffsintensität sei daher gering. Die Bewertungen würden der Sicherung der Meinungsvielfalt dienen. Daher sei es unzulässig, wenn ein Gewerbetreibender mit Laufkundschaft reine Sternchen-Bewertungen im Sinne eines „Rosinenpickens“ durch das pauschale Bestreiten eines Kundenkontakts mit Nichtwissen angreifen könnte.

 

 

Sie, die Beklagte, habe auch keine zumutbaren Prüfpflichten verletzt. Sie sei unstreitig Host-Provider, sodass sie die Haftungsprivilegierung des § 10 TMG genieße diese sei auf Unterlassungsansprüche anwendbar. Auch ohne die Haftungsprivilegierung könne keine Störerhaftung angenommen werden. Es fehle jedenfalls an einem hinreichend konkreten Hinweis auf eine unschwer zu erkennende Rechtsverletzung. Das schlichte Bestreiten eines Kundenkontakts mit Nichtwissen durch den Kläger sei vorliegend nicht ausreichend. Auch die Grundsätze der „Jameda II-Entscheidung“ des BGH könnten aufgrund der gegebenen Unterschiede der Bewertungsplattformen und der bewerteten Einrichtungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden: Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient sei von direktem Kontakt geprägt, dem Arzt seien seine Patienten namentlich bekannt und er führe eine Patientenkartei. In einem Gasthaus hingegen herrsche weitgehend anonymer Publikumsverkehr. Vor diesem Hintergrund könne das Bestreiten eines Kundenkontakts keine Prüfpflichten des Diensteanbieters auslösen.

 

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2017 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

 

Der Klageantrag ist nach dem Begehren des Klägers dahingehend auszulegen, dass lediglich die Untersagung der Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beantragt wird. Die so verstandene Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

 

I.

 

 

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Hamburg gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Unter Berücksichtigung der durch den Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 02.03.2010 (VI ZR 23/09, New York Times, Juris Abs. 20) aufgestellten Maßstäbe, die die Kammer auch für die örtliche Zuständigkeit heranzieht, soweit es um die Auslegung des § 32 ZPO geht, muss die Kenntnisnahme der Berichterstattung auch im Gerichtsbezirk erheblich näher liegen als ihre bloße Abrufbarkeit. Dies ist vorliegend indes der Fall. Es ist davon auszugehen, dass das von dem Kläger betriebene Gasthaus bzw. Restaurant nicht nur von Gästen aus B. und dem unmittelbaren Umland, sondern auch von Gästen aus anderen Regionen, insbesondere Touristen aus ganz Deutschland, unter anderem aus H., besucht wird. Zudem gibt es gerade zwischen H. und B. besonders viele Berufspendler und Wochenendtouristen. Das Gasthaus des Klägers ist zudem in der Nähe des G. M. gelegen (vgl. Anlage B4), der ein beliebtes Naherholungsgebiet für B., aber auch für externe Besucher der Stadt darstellt. Es ist naheliegend, dass potentielle Gäste aus H. das Gasthaus entweder vorab gezielt im Internet – insbesondere über die Suchmaschine der Beklagten – suchen, beispielsweise um über die Kontaktdaten einen Tisch zu reservieren, oder bei der Suche nach einem geeigneten Restaurant in der betreffenden Umgebung auf das Gasthaus aufmerksam werden, und hierbei die Bewertungen zur Kenntnis nehmen. Denkbar ist ferner, dass Gäste aus H. das Gasthaus erst nach einem Besuch über die Suchmaschine der Beklagten suchen, etwa um eine eigene Bewertung zu verfassen, und hierbei auf die streitgegenständliche Bewertung stoßen.

 

II.

 

 

Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu. Die Beklagte ist vorliegend als mittelbare Störerin zu qualifizieren (hierzu 1.). Als solche haftet sie im Hinblick auf die streitgegenständliche Bewertung auf Unterlassung, weil sie die ihr obliegenden Prüfungspflichten verletzt hat (hierzu 2.).

 

1.

 

 

Die Beklagte ist mit Blick auf die streitgegenständliche Bewertung und die durch ihre Verbreitung gegebene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers verantwortlich und haftet insoweit auf Unterlassung. Zwar haftet die Beklagte vorliegend nicht als unmittelbare Störerin bzw. Täterin, weil sie die in Rede stehende Bewertung weder selbst verfasst noch sich zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 27.03.2012, VI ZR 144/11 – RSS-Feeds, Juris Tz. 18; Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Tz. 20). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 = GRUR 2016, 855, Tz. 17, m.w.N.). Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die in Rede stehende Sternebewertung (eins von fünf) nicht zu Eigen gemacht. Unstreitig findet keine Vorab-Prüfung der auf der Website der Beklagten eingestellten Bewertungen statt. Die Beklagte präsentiert die Bewertung auch nicht als eigene, sondern stellt sie für den durchschnittlichen Nutzer erkennbar als Bewertung der „A. K.“ dar. Eine Haftung als Täterin scheidet damit aus. Die Beklagte kann jedoch als Host-Provider vorliegend als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Internetdienstes zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Tz. 20). Als Störer ist verpflichtet, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH, a.a.O., Juris Tz. 21 m.w.N.). Indem die Beklagte wie geschehen die Bewertungen Dritter auf ihrer Website verbreitet, trägt sie willentlich und adäquat-kausal zu möglichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beurteilten bei.

 

 

Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (so BGH, GRUR 2016, 855, Tz. 19 – m.w.N).

 

2.

 

 

Die Beklagte hat vorliegend die sie als Störerin treffenden Prüfpflichten verletzt.

 

a)

 

 

Zwar kann als Beitrag für eine Störerhaftung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Die Haftung als mittelbarer Störer darf aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 22 – m.w.N).

 

 

Die Beklagte ist hiernach zur Vermeidung einer Haftung als mittelbare Störerin zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Sie ist aber verantwortlich, sobald sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider jedoch mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung im Streit steht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 23, 24 – m.w.N).

 

b)

 

 

Die Beklagte wäre nach diesen Grundsätzen verpflichtet gewesen, nach Erhalt des Abmahnschreibens des Klägers vom 03.01.2017 (Anlage K2), spätestens aber nach Zustellung der Klageschrift den Sachverhalt weiter zu ermitteln und anschließend zu bewerten. Denn hierdurch ist der in Rede stehende Rechtsverstoß hinreichend konkret gefasst und war im erforderlichen Maße unschwer zu bejahen. Indem die Beklagte es anschließend dennoch unterließ, mit der Nutzerin „A. K.“ in Kontakt zu treten, hat sie die ihr zukommenden Prüfungspflichten verletzt.

 

aa)

 

 

Die Abmahnung vom 03.01.2017 (Anlage K2) war hinreichend konkret gefasst. Die Fundstelle der Äußerung war durch die Nennung der URL, die zu den Bewertungen des Gasthauses des Klägers führte, ohne Weiteres auffindbar. Die in Rede stehende Bewertung war durch die Angabe des Nutzernamens und des Zeitpunkts ihrer Veröffentlichung (seinerzeit „vor 3 Monaten“), der den einzelnen Bewertungen auch auf der Website der Beklagten jeweils beigefügt ist, eindeutig identifizierbar.

 

 

Der Kläger hat bereits in seiner Abmahnung auch hinreichend deutlich gemacht, worauf er die behauptete Rechtswidrigkeit der Bewertung stützte. Er nimmt in der Abmahnung in Abrede, dass ein Kundenkontakt zwischen ihm und den Verfassern der abgemahnten Bewertungen – mithin auch der „A. K.“ – stattgefunden habe, beziehungsweise bestreitet diesen mit Nichtwissen. In der Klageschrift hat er diesbezüglich weiter ausgeführt, dass er anhand des Nutzernamens „A. K.“ die Bewertung keinem seiner Kunden habe zuordnen können. Ihm und seinen Mitarbeitern sei auch keine Kundin mit diesem Namen bekannt. Er, der Kläger, habe die Aufträge und Rechnungen der letzten Jahre durchgesehen und diesen Namen nicht gefunden. Er gehe deshalb davon aus, dass es sich um die Bewertung eines Konkurrenten oder einer Person ohne Kundenkontakt handele. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger schon in der Abmahnung die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend gemacht und insoweit auf die „Jameda II-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs verwiesen, aus der sich die Rechtswidrigkeit ergäbe.

 

bb)

 

 

Auf dieser behaupteten Grundlage war der Rechtsverstoß für die Beklagte auch unschwer zu bejahen. Denn sofern die Behauptung des Klägers, dass es zu der Nutzerin „A. K.“ keinen Kundenkontakt gegeben habe, zutrifft, verletzt die Bewertung den Kläger offensichtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, da dieser keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte zugrunde liegen.

 

(1)

 

 

Der Kläger ist Mit-Betreiber des bewerteten Gasthauses „H. M.“ und als solcher von der Bewertung des Gasthauses betroffen.

 

(2)

 

 

Die in Rede stehende Bewertung ist für das Gasthaus und mithin auch für den Kläger als dessen Mit-Betreiber abträglich und greift daher in den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Durch die unkommentierte Vergabe lediglich eines von fünf möglichen Sternen bringt die Nutzerin zum Ausdruck, dass sie das Gasthaus – oder wenigstens einen das Gasthaus betreffenden, nicht näher bezeichneten Aspekt – als unzureichend bzw. ungenügend ansieht. Diese Einschätzung ist offenkundig geeignet, den Kläger als Betreiber des Gasthauses in seiner Ehre und seinem sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen und sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.

 

(3)

 

 

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist auch rechtswidrig. Insoweit sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs-)Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen.

 

i.

 

 

Maßgeblich für die Abwägung ist zunächst der Aussagegehalt, den die Bewertung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat. Die Äußerung ist vorliegend zwar detailarm, indessen ist sie nicht in einem Maße vieldeutig, dass sie gar nicht als eigenständige Behauptung eines bestimmten Sachverhalts verstanden wird (vgl. auch BVerfG, GRUR-RR 2011, 224, 225). Zwar geht aus der Bewertung selbst nicht unmittelbar hervor, worauf die Nutzerin „A. K.“ ihre Bewertung stützt. Der maßgebliche Durchschnittsrezipient geht jedoch aufgrund des Kontextes, in dem die Bewertung steht, naheliegender Weise davon aus, dass hier eine als Gast des Gasthauses des Klägers gemachte Erfahrung bewertet wird. Denn die Angaben sind dem Eintrag „Gasthaus H. M.“ zugeordnet. Der durchschnittliche Leser nimmt deshalb an, dass die Bewerterin dort Gast war und ihre Bewertung auf die dort gemachten Erfahrungen stützt. Als nicht fernliegend ist auch ein Verständnis dahingehend anzusehen, dass die Bewerterin zwar nicht Gast war, aber zumindest in sonstiger Weise in Kontakt mit dem Gasthaus stand, beispielsweise dergestalt, dass ein telefonischer Kontakt zur Reservierung eines Tisches stattgefunden hat, oder dass die Bewerterin als Passantin zumindest einen Eindruck von dem Gasthaus und womöglich sogar von dem dortigen Service gewonnen hat, den sie ihrer Bewertung zugrunde liegt. Fernliegend ist dagegen ein Verständnis, wonach die Bewerterin keinerlei eigene Berührungspunkte – welcher Art auch immer – mit dem Gasthaus gehabt hat.

 

ii.

 

 

Bei der streitgegenständlichen Bewertung – der Vergabe lediglich eines Sternes ohne Begleittext – handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung – anders als eine Tatsachenbehauptung – nicht dem Beweise zugänglich ist, sich insbesondere nicht mit dem Kriterium ‚wahr oder unwahr‘ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also einen Vorgang oder Zustand an einem vom Kritiker gewählten Maßstab misst (vgl. BVerfG NJW 1983, 1415; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rz. 4). Die durch die bloße Vergabe eines Sternes zum Ausdruck kommende Bewertung des Gasthauses des Klägers als ungenügend beruht auf einer persönlichen Wertung der Nutzerin.

 

 

Zwar genießen Meinungsäußerungen einen sehr weiten Schutz. Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit grundsätzlich zurück, es sei denn, die in Frage stehende Äußerung stellt sich als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar oder enthält einen Angriff auf die Menschenwürde des Betroffenen. In anderen Fällen bedarf es einer abwägenden Prüfung im Einzelfall, ob die Vermutung für die Freiheit der Rede durch gegenläufige Belange des Persönlichkeitsschutzes überwunden wird (vgl. BVerfG NJW 2006, 3769, 3772 – Babycaust). Die zugunsten der Beklagten streitende Meinungsäußerungsfreiheit findet jedoch – soweit es um Äußerungen in den Medien geht – dort ihre Grenze, wo es für eine bestimmte und einen anderen belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt (vgl. Soehring, Presserecht, 5. Auflage § 20 Tz. 9b). Fehlen also tatsächliche Bezugspunkte, auf die sich eine Meinung stützt oder sind die tatsächlichen Bezugspunkte unwahr, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem kollidierenden Schutzgut zurücktreten.

 

 

iii.

 

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der streitgegenständlichen Bewertung um eine unzulässige Meinungsäußerung, denn prozessual ist vorliegend zugrunde zu legen, dass für diese keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte bestehen.

 

 

Insbesondere ist prozessual davon auszugehen, dass ein Besuch der Nutzerin „A. K.“ in dem Gasthaus des Klägers – oder ein irgendwie gearteter anderweitiger Kontakt – nicht stattgefunden hat. Der Kläger hat in Abrede genommen, dass die Nutzerin Kundin in seinem Gasthaus war. Dies hat er auch nicht lediglich pauschal verneint, sondern er trägt weiter vor, dass weder ihm noch seinen Mitarbeitern eine Kundin mit dem Namen „A. K.“ bekannt sei. Er habe überdies die Aufträge und Rechnungen der letzten Jahre durchgesehen und diesen Namen dort nicht gefunden – eine Gästedatenbank werde nicht geführt. Vor dem Hintergrund dieses Vorbringens trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der tatsächlichen Anknüpfungspunkte für die in Rede stehende Meinungsäußerung. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nicht jeder Gast in Auftragsbüchern oder Rechnungen erfasst wird, da eine Vielzahl der Gäste anonym bleiben dürfte. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vorliegend mehr hätte tun können, als Rechnungen und Aufträge zu durchsuchen und seine Mitarbeiter zu befragen, um herauszufinden, ob die Nutzerin tatsächlich einmal Gast bei ihm gewesen ist. Da die Begründung nicht mit einem Freitext versehen ist, in dem beispielsweise Details des behaupteten Besuches offenbart werden, fehlt es für den Kläger an weiteren Anhaltspunkten, mithilfe derer er einen Besuch der Nutzerin darüber hinaus hätte überprüfen können. Die Beklagte ist ihrer (sekundären) Darlegungslast hinsichtlich eines eventuellen Besuches der Nutzerin vorliegend nicht nachgekommen. Die von der Beklagten dargelegte bloße Möglichkeit eines Besuches, da es eine Facebook-Nutzerin mit identischem Nutzernamen gebe, die eine etwa sieben Kilometer von dem Gasthaus entfernte Schule besuche, ist freilich nicht ausreichend. Es kann bereits nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass es sich bei beiden Nutzerinnen um dieselbe Person handelt. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde der Wohnort der Facebook-Nutzerin allenfalls ein äußerst schwaches Indiz dafür darstellen, dass sie das Gasthaus des Klägers tatsächlich besucht haben könnte. Auch der Umstand, dass sich der Kläger zu der von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Behauptung, dass weder der Kläger noch seine Mitarbeiter die junge Frau auf den auf Facebook eingestellten Fotos wiedererkennen, und dass das Bild einer Hochzeit nicht sogar auf dem Gelände des klägerischen Gasthauses aufgenommen worden sei, nicht erklärt hat, führt nicht dazu, dass das Gegenteil gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Denn gem. § 138 Abs. 2 ZPO obliegt es dem Kläger lediglich, sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Die in Rede stehenden, durch das Bestreiten insinuierten Mutmaßungen hat die Beklagte indes nicht selbst behauptet. Es ist zudem – wie bereits dargelegt – nicht einmal erkennbar, ob das Facebook-Profil derselben Nutzerin zuzuordnen ist, wie das G. Plus-Profil, mit dem die streitgegenständliche Bewertung verfasst worden ist.

 

 

Es kann vorliegend dahinstehen, ob bereits der Umstand, dass prozessual davon auszugehen ist, dass die Nutzerin „A. K.“ keinen eigenen Kontakt zu dem Gasthaus des Klägers hatte, zur Unzulässigkeit der in der streitgegenständlichen Bewertung zum Ausdruck kommenden Meinungsäußerung führt. Hierfür spricht indes die auch von dem Kläger in Bezug genommene „Jameda II-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs. In dieser hat der Bundesgerichtshof mit Blick auf die dort in Rede stehende Bewertung auf einem Ärztebewertungsportal ausgeführt, dass die Interessen des bewerteten Arztes überwiegen, wenn der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zu Grunde liegt (BGH, GRUR 2016, 855 Tz. 36). Es bestehe weder ein berechtigtes Interesse des Nutzers, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, noch ein berechtigtes Interesse des Host-Providers, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren (BGH, a.a.O.). Die Kammer ist der Ansicht, dass diese Erwägungen auch auf andere Bewertungsportale und die Bewertungen anderer Einrichtungen im Grundsatz übertragbar sind. Dem steht nicht entgegen, dass ein Arzt, der über eine Patientenkartei verfügt, und dem daher regelmäßig mehr Mittel zur Verfügung stehen, zu überprüfen, ob zu dem Verfasser einer Bewertung – sofern dieser die Bewertung unter seinem Klarnamen veröffentlicht – ein Patientenkontakt stattgefunden hat, als beispielsweise – wie vorliegend – der Wirt eines Gasthauses, dessen Kunden häufig anonym bleiben dürften. Das Fehlen näherer Erkenntnisquellen kann sich indes nicht zu Lasten des Bewerteten auswirken. Sofern er, wie vorliegend der Kläger, geltend macht, sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft und hierbei keine Anhaltspunkte für einen Kundenkontakt mit dem Bewertenden ausgemacht zu haben, trifft die Beklagte insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Um dieser nachkommen zu können, obliegt es ihr gerade, die Beschwerde an den Verfasser der Bewertung zur Stellungnahme weiterzuleiten (hierzu s.u.).

 

 

Ob trotz des oben dargestellten Verständnisses des Durchschnittsrezipienten von der streitgegenständlichen Bewertung auch andere, von einem eigenen Kontakt der Bewerterin zum Gasthaus des Klägers unabhängige Umstände hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte für die in Rede stehende Meinungsäußerung bieten können, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn solche sind weder ersichtlich noch von der Beklagten substantiiert dargelegt worden. Zwar weist die Beklagte unter Bezugnahme auf die aus den Anlagen B6 und B7 ersichtlichen Entscheidungen des Landgerichts Köln und des Landgerichts Augsburg zu Recht darauf hin, dass die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung nicht voraussetzt, dass ihre tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Zusammenhang mit der Äußerung mitgeteilt werden. Jedoch hätte es der Beklagten jedenfalls oblegen, deren Vorliegen nunmehr zu ermitteln und gegebenenfalls darzulegen, indem die Nutzerin angeschrieben wird. Insbesondere das Fehlen tatsächlicher Bezugspunkte, auf die sich eine Meinungsäußerung stützt, kann ein maßgebliches Indiz dafür darstellen, dass eine Äußerung auch dann nicht mehr zu rechtfertigen ist, wenn es sich nicht um Schmähkritik handelt (vgl. BVerfG NJW 2012, 1643 – Grüne Gentechnik BVerfG, Beschl. v. 04.08.2016, 1 BvR 2619/13, Rn. 13). In der Wirkung derselbe Effekt ergibt sich, wenn sich herausstellt, dass die Tatsachenbehauptung, auf die sich eine Meinungsäußerung stützt, unwahr ist (vgl. EGMR, AfP 2014, 430; BVerfG, NJW 2012, 1643; BGH, GRUR 2016, 855 Tz. 24). Daher verlangt die Rechtsprechung im Prozess die Offenbarung und gegebenenfalls den Nachweis der Richtigkeit der tatsächlichen Bezugspunkte der umstrittenen Äußerung (Soehring/Hoene, a.a.O., § 20 Tz. 9b).

 

(4)

 

Der Rechtsverstoß ist im vorliegend zu bewertenden Einzelfall auch in dem erforderlichen Maße offensichtlich, um die Pflicht der Beklagten zur Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts auszulösen. Denn an der Verbreitung einer Bewertung, die auf einer unwahren tatsächlichen Grundlage fußt und für die auch ansonsten keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte bestehen, besteht offensichtlich kein berechtigtes Interesse. Ohne diese Anknüpfungspunkte ist die Äußerung daher offenkundig rechtswidrig. Hierauf hat auch der Kläger in seiner Abmahnung hingewiesen und insoweit einschlägige Rechtsprechung zitiert.

 

cc)

 

Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand von der Beklagten zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Host-Provider verpflichtet ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen Nutzers (vgl. zum Umfang der Prüfungspflichten für Hostprovider ausführlich BGH, GRUR 2016, 855, Tz. 38 ff., m.w.N.).

 

 

Zugunsten der Beklagten ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der von ihr zur Verfügung gestellten Bewertungsmöglichkeit um ein von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell handelt, das dem Verbraucherschutz dient und dem der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG zukommt. Der zu erbringende Prüfungsaufwand darf diesen Betrieb deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren. Andererseits ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass das Bereithalten von Bewertungsmöglichkeiten schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt (vgl. auch BGH, a.a.O., Tz. 40, m.w.N.). Die Beklagte musste deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Auch ist die angegriffene Bewertung geeignet, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Gasthäusern und Gastronomiebetrieben nachteilig zu beeinträchtigen.

 

Die Abwägung dieser Umstände ergibt im zu beurteilenden Einzelfall, dass die Beklagte hier verpflichtet war, ernsthaft zu versuchen, sich die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen, um die Berechtigung der Beanstandung des Klägers klären zu können. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, nach dem Hinweis des Klägers in der Abmahnung die Bewerterin anzuschreiben und so aufzuklären, worauf sie ihre Bewertung in tatsächlicher Hinsicht stützt. Diese Angaben hätte sie dann einer rechtlichen Prüfung dahingehend unterziehen müssen, ob die Beanstandung des Klägers berechtigt ist. Auch der Umstand, dass es neben der streitgegenständlichen Bewertungen weitere, insbesondere auch positive Bewertungen des Gasthauses des Klägers gibt, die insgesamt zu einer deutlich besseren Durchschnittsbewertung von 4,0 Sternen führen, lässt die Prüfungspflichten der Beklagten nicht entfallen. Denn dies relativiert nicht die Abträglichkeit der in Rede stehenden Bewertung. Indem die Beklagte es schon unterließ, die Bewerterin auf die Abmahnung des Klägers hin zu kontaktieren, hat sie die ihr zukommenden Prüfungspflichten verletzt, so dass sie auf Unterlassung haftet.

 

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagten diese Prüfungspflicht nicht zumutbar wäre. Dass die Prüfung ihren wirtschaftlichen Bestand gefährden würde, ist nicht erkennbar. Allein der Umstand, dass es auf der Website der Beklagten eine Vielzahl Bewertungen gibt, führt angesichts des mit dem angebotenen Dienst verbundenen gesteigerten Risikos für Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht dazu, dass der Umfang der Prüfungspflichten abzusenken wäre. Im Übrigen ist der Beklagten eine Kontaktaufnahme mit dem Bewerter zur Aufklärung des Sachverhalts problemlos möglich, weshalb sie insoweit über weitreichendere Erkenntnismöglichkeiten verfügt als der Kläger. Denn eine direkte Kontaktaufnahme des Bewerteten zum Bewerter sieht der Dienst der Beklagten unstreitig nicht vor.

 

3.

 

Es besteht auch die für den Verfügungsgrund erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstbegehung indiziert, es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.

 

4.

 

Der Klageantrag erfasst – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch die konkrete Verletzungsform. „Verbreiten“ meint vorliegend nicht nur den Fall, in dem die Beklagte eine eigene Bewertung oder eine Bewertung eines Dritten, die sie sich zu Eigen macht, verbreitet, sondern erfasst auch den vorliegenden Fall, in dem die Beklagte eine fremde Bewertung als Host-Provider über ihre Website zum Abruf bereithält (vgl. auch BGH, GRUR 2016, 855). Soweit die Beklagte sich auf urheberrechtliche Rechtsprechung beruft, ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Verbreitens im urheberrechtlichen Sinne, da das Verbreiten gem. § 17 UrhG ein eigenes Nutzungsrecht darstellt, anders auszulegen ist, als im äußerungsrechtlichen Sinne.

 

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 sowie aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.