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OLG Hamburg zu Kontrollpflichten eines Hostproviders

Im Falle massiver Verletzungen von Persönlichkeitsrechten aufgrund von beleidigenden oder verleumdenden Äußerungen ist in erster Linie der Äußernde selbst in der Verpflichtung, die Äußerungen zu unterlassen und ggf. weitere Ansprüche wie auf Geldentschädigung zu erfüllen. Im Falle eines gerichtlichen Vorgehens können die Betroffenen einen Titel gegen den Schädiger erlangen. Für die Betroffenen ist dieser Prozess derweil belastend und gerade im Internet verbreiten sich Nachrichten schnell und unkontrollierbar. Was aber wenn das nicht reicht? In bestimmten Fällen können auch Host-Provider wie Betreiber von Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken selbst in der Pflicht sein, die Äußerungen zu entfernen.

So erließ nun das OLG Hamburg mit Beschluss vom 02. April 2020, Az.: 7 W 120/19 auf die Beschwerde des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine einstweilige Verfügung betreffend der Entfernung der streitgegenständlichen Äußerungen zugunsten des Antragstellers. Dabei entschied das Gericht, dass Host-Provider als möglicherweise mittelbare Störer dann spezifische Prüf- und ggf. Entfernungspflichten treffen, wenn sie durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt haben. Ein Rechtsverstoß kann in diesem Sinne auf der Hand liegen bei Kinderpornographie, Aufruf zur Gewalt gegen Personen, offensichtlichen Personenverwechselungen, Vorliegen eines rechtskräftigen Titels gegen den unmittelbaren Störer, Erledigung jeglichen Informationsinteresses durch Zeitablauf oder eindeutiger Schmähkritik (BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16 = BGHZ 217, 350 (363f.) – „Haftung Suchmaschine“).

Jedoch gelten für die Pflichten der Host-Provider strenge Anforderungen. Die Beanstandung muss so konkret gefasst sein, dass ein Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Ist dies der Fall, so müssen die Provider den gesamten Sachverhalt ermitteln. Dafür müssen sie etwa eine Stellungnahme des Verantwortlichen einholen. Auch bei Werturteilen wird die Verpflichtung ausgelöst, wenn sie mit der Begründung beanstandet wird, sie baue auf einem unrichtigen tatsächlichen Bestandteil auf und entbehre daher jeder tatsächlichen Grundlage.

Dies wurde in der vorliegenden Konstellation bejaht. Antragsteller war ein Anwalt, der angeblich Verfahren einer Mandantin mittels einen Spendenfonds finanziert haben soll. Der genaue Hintergrund blieb in dem jedoch Beschluss unklar. In den beanstandeten Äußerungen hieß es u.a. der Anwalt habe das Geld „abkassiert“. Das Gericht sah die Äußerungen als dazu geeignet an, den Antragsteller in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Der Rechtsanwalt würde als gänzlich „unlauter“ und „unzuverlässig“ erscheinen.

Der Antragsteller mahnte den vorgerichtlich Host-Provider zweimal ab, wobei der zweiten Abmahnung eine einstweilige Verfügung beigefügt war, aus der ein Verbot der beanstandeten Äußerungen ersichtlich war. Dadurch wurden die Prüfpflichten der Antragsgegnerin ausgelöst, denen sie nicht nachkam.