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OLG Brandenburg: Konkreter Schaden Voraussetzung für DSGVO-Entschädigungsanspruch

Der Entschädigungsanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat in diesem Jahr an Konturenschärfe betreffend seine Voraussetzungen gewonnen, insbesondere betreffend die Anforderungen an die Darlegung eines Schadens.

Sowohl das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 25.2.2021, Az. 17 Sa 37/20), als auch das Oberlandesgericht Bremen (Beschluss vom 16.7.2021, Az. 1 W 18/21) und nun zuletzt auch das Oberlandesgericht Brandburg mit Beschluss vom 11.08.2021, Az. 1 U 69/20 haben bisher dieses Jahr entschieden, dass für den DSGVO-Entschädigungsanspruch durch den Anspruchsinhaber der Eintritt eines konkreten materiellen oder immateriellen Schadens dargelegt werden muss. Dem genüge ein Vortrag zu Verstößen gegen Bestimmungen der DSGVO oder ein bloß substanzloser Vortrag zu Beeinträchtigungen nicht.

In dem Berufungsverfahren vor dem OLG Brandenburg gegen ein Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 3.09.2020, Az. 1 O 241/18 ging es u.a. darum, dass der Berufungskläger bzw. Beklagte des Ausgangsverfahrens (nachfolgend: Beklagter) gegen offene Geldforderungen der Klägerin in fünfstelliger Höhe gegen ihn, u.a. im Rahmen der Aufrechnung einwandte, ihm stünde gegen diese noch eine Gegenforderung in Form eines Entschädigungsanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu. Die Klägerin habe Namen und Foto des Beklagten unerlaubt auf ihrer Webseite verwendet.

Das Gericht führte zunächst aus, dass der Anspruchssteller ihm Rahmen der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs beweisen müsse, dass ein Schaden durch einen DSGVO-Verstoß eingetreten sei:

„Dem Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass aus Art. 82 Abs. 3 DSGVO in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 146 Satz 2 zur DSGVO eine Beweislastumkehr für das Vorliegen eines Schadens folge. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut sowohl des Art. 82 Abs. 3 DSGVO als auch der Ausführungen im Erwägungsgrund Nr. 146 zur DSGVO bezieht sich die darin niedergelegte Nachweisobliegenheit des Verantwortlichen allein auf seine Verantwortlichkeit für die Umstände, die den Schaden herbeigeführt haben, nicht aber – auch – auf den Schaden selbst.“

Dafür reiche es indes nicht aus, wenn lediglich pauschal zu der Entstehung von Nachteilen für die berufliche Tätigkeit vorgetragen werde, ohne substantiiert und damit einlassungsfähig zu einem konkreten Schaden vorzutragen.

Das erkennende Gericht lehnte außerdem eine Vorlagepflicht zum EuGH ab, da die Berufung nicht daran scheitere, dass kein hinreichend erheblicher Schaden dargelegt wurde, sondern es an jeglichem Vorbringen zu einem entstandenen Schaden fehle:

„Entgegen der Ansicht des Beklagten bedarf es im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art. 82 Abs. 1, 3 DSGVO keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV. Das gilt auch im Lichte der vom Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 14.1.2021, 1 BvR 2853/19, zitiert nach juris) zum Bestehen einer diesbezüglichen Vorlagepflicht. Denn anders als in der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O.) zugrunde liegenden Fallgestaltung scheitert die Berufung hier nicht an der Annahme einer Erheblichkeitsschwelle für den Schadensbegriff des Art. 82 Abs. 1 DSGVO, sondern bereits daran, dass es an jeglichem Vorbringen zu einem dem Beklagten durch die geltend gemachte Rechtsverletzung entstandenen Schaden fehlt (vgl. OLG Bremen a. a. O.). Zudem gilt die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nur für Verfahren, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Eine solche liegt hier nicht vor, da dem Beklagten, dessen Beschwer den Betrag in Höhe von 20.000 € nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteigt, die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO offensteht, bei der es sich um ein innerstaatliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV handelt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.2.2019, 6 U 88/18, zitiert nach juris; vgl. auch: Henssler/Willemsen/Kalb/Tillmanns, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl., Art. 267 AEUV, Rn. 12, m. w. N.).“

Volltext der Entscheidung zu finden unter der URL: https://gerichtsentscheidungen.brandenburg.de/gerichtsentscheidung/19230

Text verfasst und Titelbild bearbeitet durch: Marc Faßbender

Bearbeitetes Titelbild basiert auf lizenzfreiem Werk von: „Pixabay“ (https://www.pexels.com/de-de/foto/rote-lichter-in-linie-auf-schwarzer-oberflache-158826/)