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So modisch man in hochhackigen Schuhen auch aussehen mag – wer mit den Absätzen seiner Schuhe in den Löchern einer ausgelegten Gummilochmatte hängen bleibt und stürzt, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. So das OLG Hamm in einem aktuellen Beweisbeschluss. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht läge nicht vor, da die von der Matte ausgehenden Gefahren für Theaterbesucher erkennbar und beherrschbar gewesen seien. 

Link zum Beschluss

Die Pressemeldung des OLG Hamm:

Mit Stöckelschuhen ins Theater …

Eine Besucherin, die mit den Absätzen ihrer Stöckelschuhe in einer
Schmutzfangmatte im Eingangsbereich eines städtischen Theaters
hängen bleibt und dann zu Fall kommt, kann die Stadt nicht auf Scha-
densersatz für erlittene Verletzungen in Anspruch nehmen, wenn die
Matte im Eingangsbereich klar erkennbar und bei vorsichtigem Gehen
– auch mit Stöckelschuhen – gefahrlos zu überqueren war. Das hat der
11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Hinweisbeschluss
vom 13.04.2016 entschieden und damit die Klägerin zur Rücknahme
ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Es-
sen vom 22.06.2015 (Az. 4 O 118/15 LG Essen) veranlasst.

Die Klägerin aus Marl besuchte gemeinsam mit ihrem Ehemann an
einem Abend im Mai 2014 eine Vorstellung des Cirque Éloize im Thea-
ter der beklagten Stadt Marl. Dabei trug sie Stöckelschuhe mit kleinflä-
chigen, mindestens 4,5 cm hohen Absätzen. Als sie zum Ende der
Vorstellungspause, die sie außerhalb des Theaters verbracht hatte, ins
Theater zurückkehrte, blieb sie mit den Absätzen ihrer Schuhe in den
Löchern der im Eingangsbereich ausgelegten Schmutzfangmatte, einer
Gummilochmatte, hängen und stürzte. Sie zog sich einen Mittelfuß-
bruch zu, in dessen Folge sie mehrere Monate arbeits-und sportunfä-
hig war. Die Klägerin hat gemeint, die beklagte Stadt habe ihre Ver-
kehrssicherungspflicht verletzt, weil die Gummilochmatte eine Stolper-
gefahr jedenfalls für die Besucher begründe, die Schuhe mit hohen
Absätzen trügen. Sie hat deswegen von der Beklagten 2.000 Euro
Schmerzensgeld sowie ca. 3.750 Euro materiellen Schadensersatz
verlangt.

Die Schadensersatzklage der Klägerin ist erfolglos geblieben. Wie be-
reits das Landgericht konnte auch der 11. Zivilsenat des Oberlandes-
gerichts Hamm keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der beklag-
ten Stadt erkennen. Die im Eingangsbereich des Theaters ausgelegte
Schmutzfangmatte stelle keine abhilfebedürftige Gefahrenquelle dar.
Die von der Matte ausgehenden Gefahren seien für Theaterbesucher
klar erkennbar und auch beherrschbar gewesen, so der Senat. Matten
der verwandten Machart lägen häufig in Eingangsbereichen von öffent-
lichen Gebäuden mit Publikumsverkehr, um Besucher vor Stürzen
durch Nässe und Verschmutzungen zu schützen. Ein Besucher, auch
des Marler Theaters, habe daher damit rechnen müssen, hinter der
Eingangstür eine Schmutzfangmatte zu überqueren, bevor er den nor-
malen Fußbodenbelag erreiche. Da Matten mit Löchern oder Schlitzen
erforderlich sein, um den Zweck einer Schmutzfangmatte zu erfüllen,
sei gerade mit derartigen Matten zu rechnen gewesen. Hinzu komme,
dass sich die schwarzgefärbte Schmutzfangmatte aufgrund ihrer Fär-
bung deutlich vom anschließenden Bodenbelag hervorgehoben habe,
wobei auch die Lochung der Matte klar sichtbar gewesen sei. Für die
Klägerin sei somit ohne weiteres zu erkennen gewesen, welchen Un-
tergrund sie im Eingangsbereich des Theaters habe überqueren müs-
sen und welche Gefahren dieser für die von ihr getragenen Stöckel-
schuhe barg.

Die Gefahrenquelle sei für die Klägerin auch beherrschbar gewesen.
Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die allgemeine Gefahrerhöhung,
die von kleinflächigen Absätzen von Stöckelschuhen ausgehe, na-
mentlich die Gefahr des Steckenbleibens in Löchern, Fugen oder sons-
tigen schmalen Öffnungen des Untergrundes, die Schuhträgerinnen zu
erhöhter Aufmerksamkeit und entsprechend angepasstem Verhalten
verpflichte. Dies insbesondere in Bereichen, in denen entsprechende
Gefahrenquellen erkennbar sein. Der Beschaffenheit der Schmutz-
fangmatte im Marler Theater habe die Klägerin durch eine vorsichtige
Gehweise mit ihren Stöckelschuhen Rechnung tragen können und
müssen.

Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom
13.04.2016 (11 U 127/15)

Christian Nubbemeyer, Pressedezernent

Quelle :OLG Hamm

 

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